Beiträge von Gaius Iulius Caesoninus

    Ein volles Jahr war es inzwischen her, dass Caesoninus damals an das Tor der Domus Purgitia geklopft hatte, um den Senator um ein Tirocinium Fori zu bitten. So hatte Purgitius Macer zugestimmt und Caesoninus war seither dreihundertfünfundsechzig Tage lang sein Tiro, sein politischer Lehrling, gewesen.


    Viel hatte er in dieser Zeit gelernt und erlebt. Er hatte Diskussionen geführt, Aufgaben bekommen, die es zu lösen galt und tiefere Einblicke in die Geschicke des Senats gewonnen und erfahren was es hieß ein Politiker zu sein. Jetzt war er auf jeden Fall schlauer als zuvor und das Ende seines Tiro Foris bedeutete auch, dass es für Caesoninus bald schon ernst werden würde mit der Politik. Das nächste Ziel hieß für ihn Vigintivirat, die erste Stufe des Cursus Honorum. Doch zuerst galt es einmal seine Lehrzeit ordentlich zu beenden, weshalb er sich bei Macer zu ihrem letzten regulären Termin einfand. "Salve, Senator! Hier bin ich!"

    Caesoninus hatte sich gewissenhaft um seinen Part bei der Vorbereitung der Zeremonie gekümmert. Ganz gemäß den Befehlen des claudischen Praefectus Urbi hatte er zusammen mit einem Contubernium Urbaner die Absperrungen und das Podest errichtet. Das Podest bestand aus hartem latinischen Eichenholz und Caesoninus hatte es zusammen mit seinen urbanischen Leuten mehrmals intensiv auf seine Belastbarkeit hin geprüft, damit auch ja nichts passieren konnte während des Festaktes. Dieses Podest könnte mühelos einen Elefanten tragen, soviel war sicher. Ach was, zwei Elefanten gleich!
    Auch die Absperrungen waren alle aufgebaut und überprüft worden. Es entsprach alles den üblichen Standartanforderungen und Sicherheitsbestimmungen. So gab es für Caesoninus nichts weiter zu tun, als die Weihe als Zuseher zu verfolgen, da bei der Besänftigung der Genii Loki selbst er keine Rolle spielen würde. Dies hatte Avianus Schwester übernommen, anscheinend eine dieser Aufgaben, die schon verteilt gewesen waren bei seiner ersten Ankunft, denn gewiss hätte er sich diese Chance nicht entgehen lassen. Als erfahrener Aedituus des Tempels der Venus Genetrix war er ja mehr als fähig dazu und seine Leute vom Tempel hätten ihm gewiss gerne als Opferhelfer beiseite gestanden, doch Caesoninus vergönnte Iulia Aviana diesen einen öffentlichen Auftritt. So konnte der Rest Roms wenigstens sehen, dass es wieder sehr viel mehr öffentlich aktive Iulier gab in der Stadt als nur ihn selbst.


    So stand also Caesoninus an seinem Platz, um die Zeremonie zu verfolgen. Als Mitglied der Baukommission würde er heute vermutlich kaum gebraucht werden, weshalb er mit einem entspannten Ablauf des Geschehens für ihn rechnete.

    Caesoninus musste grinsen. "Da sieht man einmal wieder, wie leicht man von harten politischen Beispielen in erquickliche philosophische Denkspiele abgleiten kann. Ich denke, wären wir Platon und Aristoteles, wir könnten jetzt bestimmt noch stundenlang darüber diskutieren, was konkret jetzt besser ist; jedem ein Ei, oder gleich ein ganzes Huhn zu schenken, doch ich habe verstanden, was du mir im Grunde beizubringen gedacht hast und ich stimme dir zu. Es gibt vermutlich kein anderes Ding im Kosmos, das so viele verschiedene Betrachtungsweisen und Seiten hat, wie eine Abwägung."
    Na, das war ja wieder einmal ein fruchtbarer Termin beim Senator gewesen! Macer hatte ihm einiges neu aufzeigen können, beispielsweise die Kontroversen von Wahlversprechen und die unendlichen Möglichkeiten dessen, wie man Gesagtes interpretieren und auslegen konnte.


    Auch das mit der Reform des Volkstribunats hatte er verstanden. "Also wäre das Sache eines Konsuls, das Amt zu reformieren, bei näherer Betrachtung macht es durchaus Sinn, als wenn es ein amtierender ebensolcher tun würde, das hieße ja aktiv an den eigenen Befugnissen und Beschränkungen herumpfuschen, an die man eigentlich noch bis Amtsende halten sollte."

    Es brauchte nicht lange und schon bald erschienen die ersten "hohen Tiere" der anderen Factiones. Caesoninus stand auf, um sie zu begrüßen. Der erste war Claudius Gallus von der Aurata, der da vor ihm stand. "Salve, mein Freund! Wie geht es dir?" begrüßte er ihn herzlich. Nicht lange danach und der nächste kam auf sie zu; Caesoninus' politischer Lehrmeister, Consular Purgitius Macer von der Russata.
    Trotz ihrer häufigen Treffen im Zuge seines Tiro Foris hatten sie sich außerhalb davon bisher kaum privat getroffen, wie es Caesoninus kurz durch den Kopf schoss. Auch das hier war heute eher "geschäftlich" als privat, ging es doch um Sportpolitik.


    Auch Macer begrüßte er: "Salve, Senator! Ich hoffe die Anreise verlief angenehm und ohne Zwischenfälle!" Wer wusste immerhin, was sich der hungernde Plebs so alles einfallen lassen konnte, wenn die Sänfte eines Senators an ihnen vorbeizog. An alle gewandt sagte er dann: "So, jetzt sind wir ja schon fast vollständig versammelt für unser kleines Trainingsrennen.Ich möchte nur noch etwas warten, da ich denke, dass Senator Claudius Menecrates auch noch zu uns stoßen wird. Weiters ist auch noch unsicher, ob nicht vielleicht auch der Imperator Caesar Augustus kommt, da ich ihm eine Einladung zugesandt hätte, jedoch keine Antwort bis jetzt vom Palatin zurückgekommen ist. Sollte dem so sein, dass er kommt, so wird natürlich er das Rennen eröffnen wollen."
    Caesoninus warf kurz einen prüfenden Blick, ob sich schon neue Leute an den Zugängen zum Stadion bemerkbar machten, doch leider nein. Dann wieder zurück an Gallus und Macer gewandt: "Was meint ihr, wie lange wir noch mit dem Beginn des Rennens warten sollten für den Fall, dass der Augustus nicht erscheint?"

    Interessant, so wie sich das hier anhörte, musste die Societas ja an allen Ecken und Enden stagnieren, was Caesoninus doch ein wenig verwunderte. "Aber was ist mit einem Stellvertreter, oder sowas in der Art? Willst du mir etwa sagen, dass die Societas so völlig ohne Haupt und Führung dasteht, in Abwesenheit meines Vetters? Wer führt aktuell die Tagesgeschäfte, oder organisiert den öffentlichen Auftritt und die Durchführung der Zeremonien nach außen hin? Laut Satzung sollte es doch einen Vicarius Magistris geben, oder?"


    Aber wenigstens gab es da noch Casca, seiner Aussage nach in der Verwaltung und im Archiv der Claudiana et Iuliana tätig. Das hieß wohl, dass wenigstens er dafür sorgte, dass die Dinge -mindestens auf Sparflamme- weiterliefen, der Verein konnte sich wirklich glücklich schätzen ihn zu haben, angesichts seiner aktuellen Lage. Ob er dafür später wohl einmal Dank von Seiten von Dives erhalten würde? Doch durch das bisherige Gespräch war Caesoninus jetzt schon neugierig darauf auch andere Vereinsmitglieder kennenzulernen, denn es interessierte ihn der aktuelle innere Aufbau der Societas immer mehr. Gab es personelle Lücken? Casca hatte ja schon angedeutet, dass sie gerne noch ein paar "Tatmenschen" hier hätten. Für derlei konnte Caesoninus gewiss Beschäftigung für sich hier entdecken.


    "Falls du noch Hilfe in der Verwaltung brauchst, so kann ich dir da natürlich gerne zur Hand gehen, wenn du magst", sprach er, "Andererseits könnte ich natürlich auch gerne etwas für die Öffentlichkeitsarbeit machen. Für meine Factio, die Praesina, habe ich z.B. schon ganze Rennen zusammen mit anderen Ställen organisiert, vielleicht warst du ja sogar bei meinem letzten im Circus Flaminius, Veneta vs Praesina, dabei?"

    Caesoninus neigte leicht den Kopf als Zeichen des Respekts, als er antwortete: "Ich habe keine weiteren Fragen mehr, Senator, hab vielen Dank. Ich kümmere mich sofort darum."
    Dann fand er Zeit seinen guten Bekannten Octavius Maro zu begrüßen: "Salve Maro! Es freut mich, dass wir wieder zusammenarbeiten! Danke für das Contubernium, ich laufe nur schnell zu meinem Neffen wegen der Informationen, die der Praefectus Urbi erwähnte, anschließend bin ich sofort wieder bei dir!" Und schon lief er los, um Avianus zu suchen.


    Während er so über die Baustelle lief und sich umsah, kam es ihm irgendwie komisch vor, dass er als Zivilist diesen Soldaten(!) hier irgend etwas anschaffen konnte, das fühlte sich anders an, als wenn man regulär ein militärisches Kommando inne hatte. So wusste er jedoch nicht, wie weit diese Befehlsgewalt ging. Dass Claudius Menecrates zuvor schon diese Frage beantwortet hatte, konnte er natürlich nicht wissen. Als er seinen Verwandten erspähte, winkte er ihm schon von weiten und rief: "Hallo Manius!"
    Als er näher bei ihm war, begann er in normaler Lautstärke fortzufahren: "Na du bist aber heute früh aus dem Haus, ich hab dich gar nicht gehen gehört. Aber ja... der Praefectus Urbi hat angeordnet, dass du mich in den aktuellen Stand der Dinge einweihen solltest, dann kanns auch schon losgehen."
    Es war angenehm für Caesoninus, dass so viele ihm bekannte Gesichter auf der Baustelle anzutreffen waren.

    Es war durchaus logisch, was Macer sagte, doch teils war Caesoninus dann doch anderer Meinung als die große Öffentlichkeit, deren Standpunkt der Senator ja soeben dargelegt hatte. "Das hat meines Erachtens durchaus Hand und Fuß, dass man keine Straße versprechen und am Ende nur abgerissene Häuser liefern kann, aber wenn wir bei diesem Ei-Vergleich bleiben, dann finde ich wäre das eine bodenlose Dummheit und Engstirnigkeit, wenn man jemandem das wirklich vorwerfen wolle. Denn was ist besser, wenn man einem armen Mann ein Ei gibt, oder ein Huhn? Oder ihm bloß einen Fisch überlässt, oder ihn lehrt zu angeln? Ich finde, da kommt es auf den Subtext an. Wenn ich etwas ankündige, dann jedoch ein anderes, doch dafür besseres Ergebnis liefere, so sehe ich das viel mehr als "Erwartung übertroffen" und durchaus positiv an, da man von einem Huhn mehr hat, als bloß von einem Ei. Doch bemüht man dein anderes Beispiel, Senator und jemand hat zwar den Leuten das Obdach beraubt, jedoch im Austausch dafür nicht einmal die versprochene Straße geliefert, so sehe ich weder einen Nutzen für die Enteigneten, noch für die wählende Öffentlichkeit, die ja nicht die angekündigte Straße benutzen kann, ergo würde auch ich dieses Versprechen als gescheitert ansehen."


    Die weiteren Ausführungen fand er auch sehr interessant. "Vielleicht kann ich ja einmal dafür sorgen, dass das Amt des Volkstribuns reformiert wird. Was denkst du, Senator, ab welchem Amt könnte man derartige größere Reformen innerhalb des Senats anregen? Wenn man Praetor ist? Oder gewesener Volkstribun? Oder vielleicht sogar als ein aktiv Amtierender?"

    Mit angehaltenem Atem hatte Caesoninus das Ende der zweiten Vorrunde verfolgt. Syennesis und Braecus hatten es in das Finale geschafft! Gleich zwei Fahrer von der Praesina! Er war mehr als zufrieden mit dem Ergebnis. Dann war die große Unterbrechung. Er vertrieb sich die Zeit mit dem Naschen der da und dort angebotenen Leckereien, unterhielt sich mit dem einen, oder anderen Bekannten und sah sich unterdessen nach den anderen Leuten um, die er vor allem zu Beginn des renntages gesehen hatte, Iulia Stella und Iulia Phoebe, z.B., oder die Senatoren, doch keinen von ihnen konnte er in der Menge ausmachen.


    Dann war es Zeit zum letzten Mal an den Start zu gehen und so fand sich auch Caesoninus wieder auf seinem Platz auf der Tribüne in der Nähe des Zieleinlaufs ein. Dann startete das Rennen!
    Braecus und Syennesis waren gleich zu Beginn ungewohnt weit hinten, doch zum Glück waren sie nicht Schlusslicht, diese Ehre gebührte der Albata, Recht so!

    Vom Cubiculum aus ging es wieder die Treppe hinunter und zurück ins Triclinium. Unterwegs fragte Caesoninus seinen Verwandten: "Weil du vorher erwähntest, dein Vater würde mir mehr vertrauen, als dir, wieso denkst du das? Gewiss glaubt er auch an dich, bedenke doch nur, was du schon alles geschafft hast! Dein Tribunat in Germanien und jetzt das Tiro Fori bei Senator Claudius! Das ist doch schon Mal was!"


    Später dann, als sie das Triclinium erreichten trat Caesoninus ein. "Salvete, hier sind wir wieder und..." mit einem Ruck blieb er stehen, die Augen kurz geweitet, als ihm plötzlich gewahr wurde, dass Stella und Florus Minor beileibe nicht alleine waren. Im Hintergrund bemerkte er Stellas Ornatrix und bei den beiden in der Nähe des Essens... Servilia Gemina!


    Na toll, da war Caesoninus' schöner Verkuppelungsplan wohl mehr als gründlich gescheitert, wenn es sich Iulia Phoebes Mutter hier breit gemacht hatte, anstatt den beiden eine ungestörte Atmossphäre zu bieten, wo sie sich näherkommen konnten. Doch vielleicht war es gar nicht ganz so schlimm, die Miene der Servilierin jedenfalls wirkte glücklich, schon Mal ein gutes Zeichen. "Oh, Servilia! Ich wusste gar nicht, dass du auch hier bist!" sagte er mehr aus Automatismus, denn aus ehrlicher Freude.

    Caesoninus musste Avianus Recht geben, dass es nüchtern betrachtet merkwürdig aussehen konnte, doch andererseits... "Ja, wie gesagt, es weiß ja ansonsten niemand etwas davon, also halb so schlimm."


    Dann sprang Caesoninus auf und klatschte in die Hände. "So, lange genug gewartet, schätze ich. Das war jetzt sogar schon fast zu lange für eine bloße Mitteilung und die beiden hatten ja jetzt Gelegenheit sich etwas kennenzulernen, also ab mit uns zurück zur Festgesellschaft, nicht wahr?" meinte er wieder besser gelaunt, nachdem er einen kurzen Moment grüblerisch gewesen war und steuerte die Tür des Cubiculums an.

    Einen Moment überlegte er das Gesagte von Avianus, dann: "Hmm, ja, das wäre auch keine schlechte Idee gewesen, aber du kennst das ja, es waren Saturnalien, wir hatten getrunken und das für eine wunderbare Idee gehalten und hinterher denkt man ja auch nicht mehr darüber nach, ob es sinnvoll ist, sondern nur noch daran, wie man es machen könnte, du kennst das ja mit "Schnapsideen" im wahrsten Sinne des Wortes." sagte er mit einem beinahe schon entschuldigendem Lächeln. "Und im weiteren mache ich mir keine Sorgen, dass etwas passieren könnte, Stella ist die Tugend in Person und ich kenne Annaeus Florus und weiß, dass er ein grundsolider Kerl ist. Das höchste, was passieren wird ist, dass jeder im jeweils anderen Eck des Raumes sitzt und sie ein halbwegs ordentliches Gespräch ins Laufen zu bringen versuchen und im übrigen weiß ja niemand davon, dass sie dort unten alleine sind, bzw. Florus Minor überhaupt da ist, also keinerlei Folgen für niemanden", versicherte er Avianus. Natürlich, wenn er seinem Vater davon berichten würde, würde dieser Caesoninus die Hölle heiß machen, aber abgesehen davon gab es für niemand sonst Probleme, oder Rufschäden.


    Dann, als es an die Sache mit der Erklärung des Umstands ging, der Caesoninus so dringend weggeführt haben wollte, machte Avianus eine gute Vorlage, auf die Caesoninus aufbauen konnte. "Keine schlechte Idee! Das werden wir ihr so sagen, doch in so einer Sache muss ich deinen alten Herrn sowieso noch konsultieren in der Angelegenheit um eine nette Hühnerzucht in Misenum in direkter Nachbarschaft zu Onkel Proximus' Weinberg, das ich zu erwerben gedenke. Das Geschäft steht praktisch schon, ich brauche nur noch die Zustimmung deines Vaters, um es ganz abzuschließen!"

    Caesoninus konnte schon spüren, wie der vor kurzem zusammengedrehte Hirnknoten sich langsam wieder zu lösen begann. Geschichte interessierte ihn über die Maßen! Besonders, wenn es RÖMISCHE Geschichte war.
    Er fand den Ansatz von Flaccus gelungen, dass er ihnen die ohnehin allgemein bekannten Ansätze ersparen wollte, so hatten sie viel mehr Zeit für die speziellen Dinge, um deretwegen sie ja immerhin heute hier waren. So lauschte er ihm mit Interesse und hin und wieder musste er auch schmunzeln.
    Wie recht er nur damit hatte, dass die römischen Könige keine Gottkönige gewesen waren, gleich einem Pharao, oder einem persischen König! Nicht umsonst waren sie ja am Ende vom eigenen Volk aus der Stadt gejagt worden und überhaupt, was hatte das wohl schon bedeutet, damals, König über so ein kleines und beschränktes Provinznest wie Rom mit seinen Lehmhütten, gewesen zu sein, wo doch direkt im Norden die großen und mächtigen Städte der Etrusker gelegen hatten? Der kleinste etruskische Stadtvorsteher war ja schon ein größerer Mann, als der römische König gewesen! In den Augen der Griechen waren Römer von damals jedenfalls Barbaren gewesen, doch wer war das nicht, der nicht Griechisch sprach?
    Flaccus hingegen behauptete, dass die Römer nach ihrer eigenen Ansicht nach den Barbarenstatus mit Verabschiedung des erwähnten Mordgesetzes abgelegt hätten; Si qui hominem liberum dolo sciens morti duit patricidas esto.


    "Wer einen freien Menschen mit Vorsatz und wissentlich dem Tod gegeben hat, soll ein Vatermörder sein...mit anderen Worten also es ist ein Verbrechen einen freien Mann, oder eine Frau zu töten, jedoch geht es völlig in Ordnung einem unfreien Menschen das Leben zu nehmen, der doch genauso denkt und fühlt wie ein freier. Im Falle eines besitzfremden Sklaven also würde das ganze nicht auf Mord, sondern auf bloßen Schadensersatz hinauslaufen, weil man das Eigentum eines anderen "beschädigt" hat. Ein paar Münzen wechseln den Besitzer und fertig." antwortete Caesoninus. "Passiert das alles aber hingegen mit einem freien Menschen, so soll mit ihm nach dem Gesetze das gleiche passieren, wie mit Vatermördern, wohingegen ich diesen Nachsatz etwas unsinnig finde, denn wenn du deinen Vater ermordest, bist du des Mordes ja genauso schuldig, wie wenn du einen Fremden auf dem Gewissen hast und beide sind so oder so tot, weshalb ich wohl an dieser Stelle eher geschrieben hätte, was mit einem Mörder generell passiert, da Vatermord ja sowieso in die große Überkategorie "Mord" fällt, was natürlich so oder so ein riesengroßes, unentschuldbares Verbrechen ist und mit höchster Schande und Fluch beladen sein soll."

    Heute war der Tag des angedachten Trainingsrennens zwischen gleich drei Rennställen gekommen.
    Caesoninus war ganz aufgeregt, nicht so sehr wegen des Rennens selbst, denn dieses Mal würde es ja unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden und es war ja auch schon sein zweites, auf die Beine gestelltes Rennen. Nein, viel mehr, ob der Kaiser heute kommen und zusehen würde, denn auf Caesoninus' Einladungsbrief hin, war bislang noch keinerlei Reaktion aus dem kaiserlichen Palast erfolgt. Entweder konnte man dies als Ablehnung betrachten, oder es war aus Sicherheitsgründen keine erfolgt und der Imperator Caesar Augustus würde plötzlich und überraschend auftauchen, das konnte er zu diesem Zeitpunkt leider noch nicht sagen.


    Caesoninus sah sich im leeren Domitianstadion um. Wie seltsam die Arena auf ihn wirkte mit ihrer extremen Größe und all den verwaisten Rängen, während sich langsam die Fahrer der einzelnen Factios eintrafen und Vorbereitungen zu treffen begannen. Und hier sollte gleich ein Rennen stattfinden? Ganz anders war das alles, im Vergleich zu Caesoninus' erstem Rennen, wo die Zuschauerplätze brechend voll gewesen waren und Gebrülle, Jubel und Gejohle das Rund erfüllt, ja schon erschüttert hatte. So jedoch herrschte Stille.
    Caesoninus setzte sich hin und wartete auf das Eintreffen der übrigen Funktionäre der teilnehmenden Factios. Sobald alle vollzählig versammelt seien, würde Caesoninus zusammen mit ihnen entscheiden wollen, wie lange sie noch auf ein evt. Eintreffen des Imperator Caesar Augustus warten würden, ehe das Rennen begann. Denn falls er käme, würde ja gewiss er das Rennen eröffnen wollen, wie er sich dachte.

    Wie schon beim kürzlichen Rennen Veneta vs. Praesina von Claudius Menecrates gewünscht, war Caesoninus Mitglied in der Baukommission zur Errichtung der neuen Station der Urbaner in der Subura geworden, in der er bei der Überwachung und Organisation des Projekts mithelfen sollte. Heute war sein erster Tag als Teil dieses Unterfangens. Dank der zugestellten Nachricht wusste er, wohin es gehen würde, also machte er sich zur rechten Zeit auf und ging los.
    Seit der Entführung von Octavia Flora hatte Caesoninus die Subura nicht mehr betreten, sie erschien ihm seither als ein noch finsterer und gewissenloserer Ort, als die sie ohnehin schon bekannt war. Zu allem Überfluss merkte er auch, dass ihre einstige Verfolgungsjagd ihn und Octavius Maro teils durch genau jenes Gebiet geführt hatte, wo jetzt die Station stehen sollte. Im Gehen machte sich da ein noch mulmigeres Gefühl in ihm breit. Doch Halt, nicht aufregen, sagte er zu sich selbst. Immerhin war das ja genau der Grund, wieso der Claudier eben so einen Militärposten in "Roms Rattenloch" haben wollte, dass Subjekte wie Rabastos, dieser Bastard, in Zukunft keinerlei Rückzugsmöglichkeiten mehr haben würden.


    Dann endlich kam er am Ort des Geschehns an. Neugierig betrachtete er die umtriebigen Arbeiten, ehe er auch schon den Claudier erspähte. So begab er sich zu ihm hin und grüßte: "Salve Consular, ich melde mich zum Dienst. Wie kann ich helfen?"

    Ich will mich auch hier nochmal an dieser Stelle offiziell zurückmelden, da ich die vergangene Woche prüfungsbedingt anderweitig beschäftigt war.


    Außer beim Tiro Fori in der Domus Prgitia, dem Juristenkurs in der Casa Valeria und Lupus' Rennen sollte ich jetzt in allen meinen offenen Threads geantwortet haben, sollte ich wider Erwarten trotzdem einen übersehen haben, bitte ich um eine Erinnerungs-PN.


    Bei den drei genannten Ausnahmen versuche ich morgen nachzuliefern. ;)

    An diesem Morgen war Caesoninus schon besonders früh auf den Beinen gewesen. Nicht weil er das vorgehabt, oder sich extra von einem Sklaven wecken lassen hätte, sondern daher, weil er vor lauter Aufregung frühmorgens, als die Sonne noch nicht einmal über den Horizont gelugt hatte, aufgewacht war und dann nicht mehr einschlafen hatte können. Heute wäre der erste Tag jenes von Senator Flavius Gracchus angekündigten "kultischen Tiro Foris!" Dies war -soweit ihm bekannt- kein Regelamt bzw. keine gängige Ausbildungsmöglichkeit und daher hatte Caesoninus auch keine Ahnung, was auf ihn zukam. Erwartete der Flavier, dass er sich Schreibutensilien mitnahm? Wie sollte er überhaupt vor ihm am Kapitol erscheinen? Im vollen Togenornat mit Sklaventross und Sänfte, oder einfach normal gekleidet und zu Fuß alleine kommend? Sollte er kultisches Gerät vom Venustempel mitbringen? Wäre das ein erster Test wie weit er mitdachte? Oder war das alles gar nicht vonnöten und er wollte schlicht mit ihm in einem religiösen Umfeld ein erstes Gespräch führen und weiter nichts?


    Fragen über Fragen und Caesoninus wusste die Antwort auf keine einzige von ihnen. Demgemäß hibbelig geisterte er nach dem Aufstehen im Haus umher, bis Sol in seinem feurigen Streitwagen endlich am Himmel erschien und langsam damit begann über die sieben Hügel zu steigen, während in den Tälern dazwischen noch der Morgennebel hing und das Haus begann zu erwachen. Caesoninus ließ sich ordentlich waschen und aufputzen, er legte frische Kleidung an und achtete auf einen akuraten Faltenwurf der Toga. Dann, kurz vor Mittag begann er sich auf dem Weg zu machen, um pünktlich am vereinbarten Treffpunkt anwesend sein zu können. Da Flavius Gracchus Patrizier und Mitglied der oberen Zehntausend in Rom war, hatte sich Caesoninus doch noch für eine Anreise per Sänfte und einem Sklaventross entschieden. In diesem Sklavenbündel waren auch zwei Scribae und ein iulischer Bibliothekarssklave dabei, falls doch schreiberische, oder literarische Erfordernisse auftreten sollten. So zog Caesoninus' "Karawane" vom Esquilin auf direktem Wege hinunter zum Argiletum und von da an weiter auf das Forum Romanum. Dort herrschte schon reges Treiben, wie er aus der Sänfte heraus beobachten konnte. Am Vormittag musste eine Sitzung des Senats stattgefunden haben, denn es waren selbst jetzt noch auffallend viele Purpurtogenträger am Platz zu erspähen (oder zumindest mehr als üblich). Vom Forum aus ging es dann endlich hinauf auf den kapitolischen Hügel. Dort, in der Nähe des Endes der Rampe, an der, dem Forum Romanum zugewandten Ecke der Kapelle der Hygieia, blieben die Sklaven stehen und Caesoninus stieg aus, um die übrige Distanz zu Gracchus zu Fuß zu überbrücken.


    Er ging auf den Senator zu und begrüßte ihn: "Salve Senator, hier bin ich für meine erste Lektion!"

    Es freute Caesoninus, dass alles relativ reibungslos vonstatten ging, trotz der Abwesenheit des Vereinsmagisters. Casca gefiel sich wohl in seiner Rolle als Aushilfschef und Caesoninus bereitete es Vergnügen ihn in dieser Rolle beobachten zu können. Auch wenn er ihn vor einigen Momenten erst kennengelernt hatte, schätzte er ihn an seinem bisherigen Verhalten als jemanden ein, der normalerweise noch nicht die autoritären Lasten eines Anführers schultern musste, dem jedoch gewiss gewachsen wäre. Das, was er dann auf Caesoninus' Frage hin antwortete, deckte sich großteils auch mit seiner eigenen Meinung. Caesoninus dachte, dass sie beide bestimmt gut miteinander auskommen würden, was ihn sehr freute.


    Dann jedoch ging es an die bereits eingemachteren Dinge. Was wollte Caesoninus hier in der Societas? Auch wenn ihm im ersten Moment kein konkreter Posten einfiel, den er ausfüllen könnte, so würde sich schon etwas finden lassen. Immerhin war es ihm so ja auch schon bei den Luperci und der Factio Praesina ergangen. "Hm, ich denke das klügste wird sein, dass ich mich einmal mit den Tagesaufgaben der Societas vertraut mache und die Leute und die Umstände hier kennenlerne, anschließend werden wir bestimmt besser wissen, wie ich der Claudiana et Iuliana zu Diensten sein kann. Wenn du mir die Frage erlaubst, was ist denn deine Aufgabe hier?" Vielleicht würde Cascas Antwort auch schon ausreichen für einen erhellenden Funken in den Überlegungen, wie er der Societas am nützlichsten sein könnte und er war auch zugegebenermaßen neugierig darauf, mehr über den Decimer zu erfahren.

    Caesoninus freute sich, dass Menecrates ihm eine so wichtige Aufgabe zukommen lassen wollte. Er warf sich in die Brust und zögerte nicht zu versichern: "Hab vielen Dank für dein Vertrauen, Senator! Ich werde dich nicht enttäuschen und meine Pflichten in dieser Baukommission gewissenhaft erfüllen! So bitte ich nur noch darum, dass du mir den Namen des Leiters dieses Kommitees nennst, damit ich mich mit ihm über das Projekt und meinen konkreten Tagesaufgaben dort in Verbindung setzen kann!" Wenn er nichts vergessen hatte im Moment, wäre das seine erste öffentliche Funktion in dieser Kommission, abgesehen vom Götterkult. Doch an diesen hatte sich Caesoninus schon so sehr gewöhnt, dass er ihn für ihn schon zum Alltagsgeschäft zählte, auch wenn er sein religiöses Tagewerk immer noch mit viel Freude und Eifer erfüllte.

    Während sie so im Raum saßen und warteten, hatte Caesoninus jetzt genug Zeit, um in aller Ruhe mit Avianus zu reden und ihn ins Bild zu setzen. "Also, es ist so, dass Lucius Annaeus ein ehrlich begründetes Interesse an Iulia Stella hat und voll in sie verschossen ist. Doch bisher hatten sie noch nie die Gelegenheit, sich einmal in Ruhe miteinander zu unterhalten, weshalb ich während der letzten Saturnalien beim gemeinsamen Trinken mit Lucius Annaeus die Idee hatte, ihnen so eine Situation zu verschaffen. Du weißt schon, ich würde mit Florus gemütlich bei einer privaten Cena zusammensitzen, als mich eine dringende Angelegenheit wegruft und ich sofort los muss. Doch da es unhöflich wäre, meinen Gast direkt nach dem Kommen wieder heimzuschicken, oder gar alleine zu lassen, rufe ich ein Familienmitglied herbei, das ihm solange Gesellschaft leisten solle, bis ich zurück bin, in diesem Fall eben Stella. So könnten sie sich ohne Zwang ein wenig kennenlernen, während Stella ihre Pflicht als einzig verfügbare Gastgeberin im Haus erfüllt und Florus sich ein besseres Bild von ihr machen kann, verstehst du?"
    Caesoninus machte eine Pause. Der Plan hörte sich auf dem Papier immer noch gut an, auch wenn Stella grob fahrlässig aus der Reihe getanzt war mit einem Benehmen, dass er gerade ihr am allerwenigsten zugetraut hätte.
    Er seufzte: "Tja, das wäre der Plan. Ich schlage vor, wir warten noch ein paar Minuten und denken uns solange aus, was denn jetzt so wichtig war, dass wir weg mussten, solange können sie noch etwas miteinander reden. Möchtest du mir solange ein wenig von deinen Erlebnissen erzählen? Ich freue mich übrigens dich wiederzusehen, auch wenn du mit deinem ungeplanten Auftauchen ein wenig Chaos in die Angelegenheit gebracht hast" sagte er und grinste ihn an.