Beiträge von Gaius Iulius Caesoninus

    Caesoninus konnte ein Strahlen in seinem Gesicht nicht verhindern, als er seine Dankesworte los wurde. "Danke, Senator! Hab tausend Mal Dank dafür! Deine Fürsprache bedeutet mir viel und ich werde sie nicht vergessen. Dafür sollst du etwas bei mir gut haben, gemäß dem Prinzip Leistung für Gegenleistung. So denn es etwas geben sollte, wo ich dir behilflich sein kann, zögere nicht es mir zu sagen." Macer hatte in der Tat Recht damit, dass sich mit derartigen Gesten ein feines Netz an Beziehungen entspinnen konnte, was gegenseitige höhere Sympathien und Unterstützung anging. Man konnte dies als nützliche Investition sowohl für Macer, als auch Caesoninus sehen. Für Macer war es die Spekulation darauf, in Zukunft auf Caesoninus zählen zu können, während Caesoninus als Beginner bereits sagen könnte, die Stimme eines angesehenen Senators hinter sich zu wissen. Um es mit den Worten eines ganz gewissen Griechen zu sagen: -----> "Alle gewinnen!"


    Senator Centho hatte durchaus schon eine Fürsprache an den Kaiser gerichtet und ihrer beiden Vetter Iulius Dives ebenfalls dazu aufgefordert es ihm gleichzumachen, doch von all dem wusste Caesoninus nichts. So zog sich kurz etwas in ihm zusammen, als Macer nach weiteren Unterstützern fragte und da er gerade jetzt nicht vor dem Purgitier schwächeln wollte, beschloss er sich spontan eines Tricks zu bedienen. "Oh, ja das habe ich! Ich erhalte Unterstützung von mehreren Seiten und bin daran dies auszubauen für mein Ziel!" antwortete er und meinte damit all die Leute, die ihm auf seinem Weg bisher geholfen hatten und damit in seinem Bestreben den Cursus Honorum erfolgreich zu beschreiten. Seine Familie die Gens Iulia z.B. oder Octavius Maro, der Caesoninus bisher regelmäßig Unterricht in militärischen Belangen in der Casa Octavia erteilt hatte. Oder Senator Claudius Menecrates und die Factio Praesina über die sich Caesoninus bereits öffentlich etwas profilieren hatte können. Oder Pontifex Flavius Gracchus, der Caesoninus seinen Werdegang als Aedituus ermöglicht hatte und aktuell ebenfalls höhere Tore des Kultes für ihn aufschloss. Oder aber auch Annaeus Florus Minor einfach nur für seine Freundschaft mit Caesoninus, womit er darauf hoffte in ihm später einmal stets einen loyalen Verbündeten gefunden zu haben, ganz so wie er es auch für ihn tun wollte.
    Mit Bezug auf all diese Leute beantwortete Caesoninus für seine Begriffe die Frage Macers zufriedenstellend, ohne dass er ihn anlog.
    "Da wir gerade bei diesem Thema sind, interessiert es mich gerade wie das in Bezug auf deine Person von sich gegangen ist. Darf ich dich darum bitten mir zu erzählen wie das mit dem Ordo senatorius bei dir so damals war, oder hattest du ihn von deinem Vater geerbt?"
    Derartige persönliche Schnippsel in einem Gespräch interessierten Caesoninus auch immer. Sie lockerten alles etwas auf wie er fand und vielleicht waren sie auch ein nützlicher Kitt, um einander besser kennenzulernen und eines Tages vielleicht sogar so etwas wie Freunde sein zu können.

    Caesoninus klatschte in die Hände. "Gut, dann ist das also beschlossen! Ich denke wir sollten jetzt eine Weile Gras über die Sache wachsen lassen und erst einmal zwei oder drei Wochen nichts unternehmen. Dann kann man ja ein kleines Abendessen geben, wo man darauf achten könnte, dass deine Kline vielleicht neben Stellas Stuhl ist und ihr euch so einmal unterhalten könntet."
    Das wäre einmal ein erster Gedanke seinerseits.
    "Dann bliebe noch die Frage wen wir einladen wollen. Ich denke dieses Mal versuchen wir das Gegenteil vom heutigen Tag mit einer weit höheren Personenanzahl. Ich würde vorschlagen, dass auf jeden Fall Manius, du und ich dabei sein sollten und natürlich Stella. Dann noch eventuell Iulia Phoebe und Iulia Aviana, falls sie wollen, aber da fragen wir einfach, oder Manius? Dann, um die Runde abzuschließen schlage ich weiters vor, dass nochmal jeder von uns drei mindestens eine weitere Person zusätzlich einladen wird, dann sollten wir mehr als genug Leute sein und es ist bestimmt wieder einmal lustig eine größere Cena zu geben. Ich weiß schon wen ich einladen möchte, ich werde Botschaften an Octavius Maro und Octavia Flora senden, ich bin ganz gut mit ihnen bekannt. Wie steht es mit euch? Habt ihr schon Ideen wen ihr mitbringen wollt? Du sagtest etwas von Senator Centho, Lucius, soll er auch kommen? Und keine Angst wegen Iulia Stella, sie wäre die letzte die dich von der Bettkante stößt." meinte Caesoninus und zwinkerte ihm zu.

    Caesoninus freute sich, dass sie nun einen Plan hatten, wie man die Societas einstweilen wieder aufrichten könnte in Dives' Abwesenheit. Wenn er sich richtig erinnerte, sollte das so ja auch vor einer Weile in der Factio Praesina der gleiche Fall gewesen sein. Da hatte der Betrieb auch beinahe still gelegen, ehe Senator Claudius Menecrates erschienen war und die Zügel buchstäblich in die Hand genommen hatte.


    Gespannt wartete er auf das Mitgliedsverzeichnis. "Oh, das macht doch nichts!" winkte er ab, als Casca sich entschuldigen wollte. Anschließend hörte er dich die Ausführungen seines Gegenübers an, bis der Sklave mit den geforderten Unterlagen erschien und Caesoninus sie selbst studieren konnte. Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht beim Betrachten der Liste. Alles nötige stand hier schwarz auf weiß, um jeden problemlos kontaktieren zu können. Ja Vetter, gepriesen sei deine Genauigkeit in allem, was du anfasst!
    Dann sah er hoch. "Einen Stilus und eine Wachstafel bitte! Ich möchte mir die Namen für später notieren für die Briefe, falls das in Ordnung ist!"

    Zumindest für Caesoninus fiel die Antwort des Annaäers auf seine Frage nicht vollends befriedigend aus. Bloß weil man jemanden einfach so mal in der Öffentlichkeit sah, konnte man nicht gleich unsterblich verliebt sein, das konnte er sich einfach nicht vorstellen.
    Wer das dachte war wohl entweder ein völliger Diletant, oder hatte in seinem Leben noch nicht so viel reale Bekanntschaft mit Frauen gehabt. Nach dieser Formel müsste Caesoninus selbst wohl schon mindestens hundertmal schwerst in wen verschossen gewesen sein, doch dem war nicht so. Hätte ein Brautwerber ihn bei der Werbung um seine imaginäre Tochter so geantwortet, er hätte den Freier abgewiesen. Doch das war Florus Minors Sache, das ging ihn nichts an, solange er sich anständig gegenüber seiner Familie benahm und das machte der Annaäer zweifellos, da machte Caesoninus sich keine Sorgen.


    Doch ein anderer angesprochener Aspekt war durchaus interessant und über den hatte Caesoninus selbst bisher auch noch keinen Gedanken verschwendet. Wem unterstanden die Mädchen eigentlich? "Das kann ich dir ehrlich gesagt auch nicht beantworten unter wessen Patria potestas Iulia Stella steht. Zumindest in meiner Gegenwart wurde das nie erwähnt, doch irgendwer wird sie ja innehaben müssen. Ich kann mich da gerne für dich umhören und dir dann Bescheid sagen. Und im Zweifelsfall wäre der Senator als ranghöchster Iulier immer noch die beste Wahl für eine Anfrage. Aber das klären wir. Abgesehen davon würde dich rechtlich nichts davon abhalten jetzt schon ihr den Hof zu machen, falls du willst können wir es gerne auch noch einmal mit einer etwas offizielleren Cena zu einem anderen Zeitpunkt versuchen, auch auf die Gefahr hin, dass du nicht viele Worte mit ihr wechseln wirst können bei einer höheren Personenanzahl, jedoch bestimmt mehr als heute." Caesoninus grinste. "Vielleicht hätten wir das gleich versuchen sollen, Manius hier hat mich übrigens auf die Idee gebracht." sagte er und deutete auf seinen Verwandten.

    Caesoninus bekam von all den negativen Gedanken des Decimers über seine und die Rolle der Societas nichts mit, er betrachtete dies alles viel mehr aus einem ganz anderen Blickwinkel. Für ihn stellte Casca ein verlässliches und gutes Mitglied dar, das im Rahmen seiner Möglichkeiten die Geschäfte aufrecht erhielt und die Societas und ihre aktuelle Personalstruktur bildete eine Herausforderung die es zu meistern galt. So machte Cascas Vorschlag am meisten Sinn und Caesoninus war da inhaltlich voll bei ihm.


    Das ist eine gute Idee! Wir halten eine Versammlung ab, um einen neuen provisorischen Magister zu wählen, der solange im Amt bleiben wird, bis mein Vetter Iulius Dives nach Rom zurückkehrt. Anschließend hat er dann das Recht zu bestimmen, ob er wieder die Leitung übernehmen will, oder ob er sie an den Provisor abgeben möchte und dieser dann permanentes Oberhaupt wird, was hälst du davon? Ich werde es auch später gleich meinem Vetter Iulius Centho weitermelden, soweit ich weiß ist er ja auch Mitglied. Wieviele Mitglieder gibt es noch? Falls du willst könnte ich alle benachrichtigen."

    Ein weiteres Mal demonstrierte Annaeus Florus, wie sehr ihn Stella vereinnahmte in seinem Denken, doch wenn Caesoninus so nachdachte, dann hatte er bisher noch gar nicht erfahren woher eigentlich diese Begeisterung kam. "Du hast mir nie erzählt woher eigentlich deine Fixierung auf Iulia Stella kommt. Du hast sie ja bisher nur eher selten gesehen oder mit ihr gesprochen, woher kommen also diese Emotionen? Wenn du sie so sehr haben willst wieso gehst du dann nicht zu Senator Iulius Centho und bittest um ihre Hand?"

    Das war ja schon mal kein schlechtes Zeugnis auf jeden Fall!


    "Es freut mich, dass ich deine Erwartungen erfüllen konnte, Senator. Ich werde über deine Worte nachdenken und es in Betracht ziehen einen Rhetor aufzusuchen, um die logischen und strukturellen Mängel meiner Reden aufzubessern. Doch da wäre noch etwas..." kurz unterbrach Caesoninus und befeuchtete mit der Zunge nochmal seine Lippen bei geschlossenem Mund, ein Zeichen davon, dass er sich nicht sicher war, ob es angemessen war weiterzusprechen. Doch er war bislang so weit gekommen, weshalb er es doch riskierte.
    "Consular Purgitius, meinst du, dass meine Leistungen ausreichend waren für ein Empfehlungsschreiben deinerseits an die kaiserliche Kanzlei um den Ordo senatorius an mich?"

    Caesoninus konnte sein Glück kaum fassen. Das Problem löste sich von selbst! Fortuna war ihm wahrlich hold.


    Jetzt waren nur noch Avianus, Florus Minor und er selbst im Raum, neben Stellas Ornatrix, die ebenfalls von ihm hinausgeschickt wurde, dann als sie nur noch zu dritt waren setzte er sich und wandte sich in Richtung des Annaäers. Der Moment der Wahrheit war gekommen. Avianus konnte gerne zuhören, wenn er wollte, er kannte ja jetzt die Details.
    "Erzähl, was ist hier passiert?"
    fragte er den unerfolgreichen (Nicht-)Verkuppelten.

    Caesoninus befand es dieses Mal nicht für nötig, effektvoll mit einem weißen Tuch zur Eröffnung des Rennens herumzuwedeln, wo doch sowieso niemand hier war, den man damit beeindrucken hätte können, sodass er von seinem Platz aus dann hinunter auf die Fahrbahn brüllte: "Aurigae!" und ihnen dann ein Zeichen gab, was als Beginn verstanden werden konnte. Die Fahrer schnalzten mit ihren Zügeln, die Pferde wieherten und das zweite Rennen von Caesoninus war gestartet.


    Es war kein schlechter Start für die Praesina und die Russata. Direkt nach dem Start war Bagoas schon ziemlich bald in Führung gegangen, dicht gefolgt von Syennesis, der alle anderen Fahrer hinter sich ließ und -den anfangs noch vor ihm fahrenden- Hermippus von der Aurata unsanft aus der Bahn drängte. Hermippus indes schaffte es seinen dritten Platz vorerst behaupten zu können, während Amasis sich wohl von seinem Vordermann dahingehend inspirieren hatte lassen, dass auch er seine Rösser gefährlich nah an Rianorixs Wagen heranlaufen ließ, bis dieser die Nerven verlor und zur Seite lenkte und Amasis ihn überholen konnte. Tanco bildete das undankbare Schlusslicht. Er war im Staub der anderen verschwunden.


    Die Reihenfolge nach Runde Eins:
    1) Bagoas
    2) Syennesis
    3) Hermippus
    4) Amasis
    5) Rianorix
    6) Tanco


    Erwartungsgemäß positionierte sich Syennesis ziehmlich weit vorne beim Renngeschehen, was Caesoninus zuversichtlich für einen positiven Ausgang, seine Person betreffend, stimmte. Rianorix hingegen dümpelte wieder einmal irgendwo weiter hinten herum, auch das war eine Tatsache, die Caesoninus im ersten Trainingsrennen und bei Aurelius Lupus' Rennen am Strand von Ostia beobachten hatte können. Drei Mal hintereinander, da bestand Handlungsbedarf. So neigte er seinen Kopf in Richtung Claudius Menecrates und murmelte: "Rianorix ist schon wieder fast Letzter, da muss etwas getan werden.

    Caesoninus stand dort oben am Kapitol und begann den Worten des Pontifex zu lauschen, während er zuerst ihn und hernach die Ewige Stadt unter ihnen betrachtete. Er fand dies war ein wunderbarer Ort für eine erste Lektion. Die Sonne wärmte sie beide mit ihren Strahlen, während die Vögelein ihr Liedchen sangen und die hinter sie stehenden Tempel des kapitolischen Hügels die richtige und angemessene heilige Atmossphäre bereiteten und davon kündeten, dass es etwas größeres gab, größer als alles sterbliche Leben zusammen. So stand Caesoninus also da und passte gut darauf auf, auch ja keines der flavischen Worte zu verpassen, während sein Blick inzwischen vollkommen auf das Forum Romanum und den Tempeln dort ruhte.
    Am Platz unter ihnen wuselte es wie in einem Ameisenhaufen, geschäftig liefen kleine Pünktchen von Links nach Rechts und auch die eine, oder andere Sänfte konnte sich nicht Caesoninus' Blick entziehen. Hier oben war man so abgeschottet von der restlichen Welt. Man konnte zur Ruhe kommen und sich seinen eigenen Gedanken widmen. Oder den Göttern, je wie man wollte.


    Als Gracchus damit begann die einzelnen Götter zu nennen, deren Tempel man von hier aus sehen konnte, folgte Caesoninus ihnen der Reihe nach. Die meisten fand er auf Anhieb, besonders diejenigen, die näher am Kapitol standen. Es war schon unglaublich wieviele verschiedene Götter eigentlich in Rom verehrt wurden. Wieder so ein Umstand über den man im Alltag nicht nachdachte. Hinzu kamen dann noch all die Geistwesen, die auch ihrerseits Verehrung erfahren wollten, doch waren diese weniger greifbar für die Sterblichen, namen- und gestaltenlos wie sie waren.
    Caesoninus empfand Gracchus' Stimme als sehr angenehm. Er hörte ihm gerne zu. Auch stimmte er ihm bisher in allem Gesagten zu. Auch Caesoninus selbst dachte meist nicht an die Götter, oder den Kult, wenn der Alltag ihn gepackt hatte und unbedeutende, jedoch sehr nah stehende Umstände und kurzfristige Dinge die Sicht auf das große Ganze und die höheren Zusammenhänge der Welt verdeckten.


    Doch wer machte das andererseits auch schon, wenn es galt Geld nachhause zu bringen, Mäuler zu stopfen, Rechnungen zu bezahlen, Waren einzukaufen, die Sklaven zu beaufsichtigen und auch sonst 100% zu funktionieren, um hart genug für seinen Arbeitgeber zu arbeiten, den eigenen Betrieb am laufen zu halten, oder seine Magistratur befriedigend ausfüllen zu können? Selbst die ehrwürdigen Herren Pontificies waren wohl nicht gegen dieses menschliche Laster resistent, wo das organisieren von Opferhelfern, das Studieren heiliger Schriften und Kultbücher und die Hilfe und Beratung anderer Menschen ja im Grunde genauso Arbeit war, wie alles andere auch.


    Als Gracchus eine Pause einlegte, fand Caesoninus es an der Zeit, dass wohl auch er einmal etwas sagen sollte. "Ich verstehe, was du meinst. Also ob bewusst, oder unbewusst, wir kommunizieren fortwährend mit den Göttern, genauso wie wir mit unseren Mitmenschen permanent kommunizieren über Blickrichtung, Mimik und Gestik und doch dabei keine Worte verwenden, oder uns nicht einmal bewusst ist, dass diese anderen Menschen überhaupt in unserer Nähe sind. Ich werde deinen Ratschlag gerne versuchen und morgen darauf achten, wie oft ich mit dem Kult und den Göttern in Berührung komme. Ich stelle mir vor, dass das dahingehend geschehen wird, dass ich an ihren Tempeln vorbeilaufen, den Weg eines Pontifex, oder eines Aedituus kreuzen, oder ihre Bildnisse passieren werde. Man denke nur an einen profanen Trinkbrunnen, dessen Quellaustritt wie das Gesicht eines Wassergottes geformt ist, aus dem das Wasser plätschert. Oder wenn ich morgen hören würde, wie ein Händler nach einem gelungenen Geschäftsabschluss den Göttern dankt in einem formlosen Ausruf, dann ist das ja auch in gewisser Weise eine niedere kultische Handlung. Bedenkt man es genauer, so bin ja auch ich als Aedituus ein ständiger Sender des Kults und die Leute kommen damit in Berührung, wenn sie auf mich treffen, oder?"

    Die Wege der Götter waren wirklich unergründlich. Caesoninus hatte Florus und Stella alleine in einen Raum gelassen in der Absicht sie sich so ungestört näher kommen zu lassen und jetzt bei seiner Rückkehr musste er feststellen, dass ein riesengroßer Klotz von Servilia Gemina bei ihnen saß und die beiden vermutlich eher voneinander weg, als zueinander hin getrieben hatte, so wie er Iulia Phoebes Mutter kannte. Er musste unbedingt von Florus Minor erfahren, was genau passiert und wie groß womöglich der angerichtete Schaden von Servilia Gemina war.


    Die Andeutungen der Servilierin in Richtung Avianus ließen zumindest nichts gutes zu denken zu. Was war das wohl für eine Sache, in der sie unbedingt Centho sprechen wollte? Vielleicht würde ihn das Florus näher erläutern können. Er musste ihn sprechen, am besten allein. Also ran ans Reduzieren der Personenanzahl innerhalb des Tricliniums!
    Caesoninus' Blick ruhte kurz auf Iulia Stella, ehe er sagte: "Danke Stella für deine freundliche Hilfe. Du darfst dich zurückziehen", dann setzte er sich. Dabei zerbrach er sich bereits den Kopf darüber, wie er wohl Servilia Gemina loswerden könnte. Sie konnte er ja nicht so ohne weiteres wegschicken. Nun, vielleicht schon, doch war er sich totsicher, dass es in ihrem Fall hinterher böses Blut geben würde.

    Caesoninus setze sich, wie so oft schon zuvor geschehen, auf seinen gewohnten Platz, während der Purgitier ihn indes fragte, wie sie seine Lehrzeit bei ihm bestmöglich abschließen könnten.
    Er hatte da durchaus eine Idee, doch war es noch zu früh, den Senator damit gleich beim hinsetzen zu überfallen, sodass er anstatt dessen antwortete:


    "Ich freue mich und bin sehr dafür dankbar, dass ich mein Triocinium Fori bei dir ableisten habe dürfen. Ich kann von jetzt an sagen, dass ich viel über Politik und die Taktiken eines Senators gelernt und dabei den einen, oder anderen sehr nützlichen Einblick in die Denkweise eines Politikers gewonnen und somit erfahren habe, wie man vielleicht auf dem politischen Parkett überleben kann, ohne allzu größere Schnitzer. Zum Abschluss dieser für mich überaus fruchtreichen Lehrzeit, wäre ich sehr erfreut darüber, falls ich dich um eine Art Abschlussbewertung meiner Zeit als dein Tiro bitten dürfte. Worin ich dich beeindrucken konnte, wie meine Leistungen so waren und auf welchen Feldern ich mich noch zu verbessern habe, oder gerne auch sonstige Anmerkungen deinerseits."

    Da Caesoninus Glaucons Locken nicht besonders interessierten und wie diese von einem offensichtlich männerinteressierten Meister geschnitten wurden, blieb er lieber bei Cerretanus (den er zudem auch besser kannte, als einen der beiden anderen) und sah lieber dem Lehrling dabei zu, wie dieser sich an den Haaren des Germanicers zu Schaffen machte.
    "Oh, natürlich! Probier dein neues Erscheinungsbild doch gleich aus hinterher, vielleicht erliegt dir eine! Also dir und deinem fabelhaften neuen Haar!" grinste er.


    Seine Bemerkungen über "interessant" bzw. "uninteressant" bei der Vorstellung der Anwesenden fand Caesoninus seinerseits...nun, "interessant", ließ es doch einen zwangsläufig zwei Schlüsse daraus zu ziehen. Entweder, er brauchte dringend jemanden im Bett, oder sein Bekannter war auf Brautschau. Bei der Erwähnung von Iulia Stella und Cerretanus' Schlussbemerkung, sagten Caesoninus schon eher, dass er wohl auf der Suche nach einer geeigneten Braut war, ein Gedanke, an den Caesoninus seinerseits noch keine Minute verschwendet hatte. Wenn er so nachdachte, dann wusste er auch gar nicht so recht, wer sich jetzt aller so für seine Cousinen interessierte. Gut, da war im Falle von Iulia Stella Annaeus Florus Minor, aber sonst? Und bei Iulia Phoebe kannte er gar keine Namen, was angesichts bei einer Mutter wie der ihren auch kein Wunder war, denn wer wollte schon eine Gorgone mit der kreischenden Stimme einer Sirene und dem Umfang eines Berges zur Schwiegermutter haben?


    Dann kam ein erfreulicherer Part, da Cerretanus ihn zu sich zur Cena einlud, eine willkommene Abwechslung vom Alltag! "Ich komme gerne! Ich danne für deine Einladung. Nur wir, oder gedenkst du auch andere einzuladen?"
    Je nach Cerretanus' Antwort wollte Caesoninus seine Begleitung auswählen (wenn er überhaupt eine mitbrachte). Er war schlau genug darauf zu kommen, dass der Germanicer diese Einladung vielleicht mit dem Hintergedanken ausgesprochen hatte, dass er Stella mitnehmen würde, doch Caesoninus wusste nicht, ob sie wollte und ob es überhaupt schicklich war, wo sie ihn ja überhaupt nicht kannte und so weiter.

    Offenbar hatten Caesoninus' verzweifelte Anfeuerungsrufe irgendetwas im Äther bewirkt, denn die Götter erhörten offenbar sein Flehen und sein Sehnen, denn wider Erwarten begannen Syennesis (und sogar Braecus, Wunder, oh Wunder) sich langsam aber sicher nach vorne zu arbeiten. Gewiss, noch waren sie entfernte Schemen, doch Caesoninus' Blick lief ununterbrochen zwischen den Fahrern und der Anzeigetafel hin und her und was sich dort bemerkbar machte, entlockte ihm wahre Freude. Die beiden grünen Pferdchen wurden fortwährend nach vorne gezogen, ja sie schafften es sogar zwei gegnerische Fahrer zu überholen!
    Wenn Caesoninus nicht alles täuschte war die Praesina plötzlich Zweite mit gleich zwei Fahrern! Laut rief er seine Begeisterung darüber hinaus und feuerte seine Leute noch angeregter an: "PRAE-SINA! PRAE-SINA! PRAE-SINA!"

    Innerlich musste Caesoninus mitleidsvoll den Kopf schütteln über die Zustände in dieser altehrwürdigen Societas mit ihren noblen Zielen. Das alles bloß, weil die Leitung verwaist war. Er fand schon, dass das dringend geändert gehörte, um die Claudiana et Iuliana wieder "hochseetauglich" zu bekommen. Nur wie? Doch besser einmal, dass er mehr über die Zustände erfuhr. Was er dabei so hörte war, dass Cascas Aufgabengebiete wie das Archiv und die Verwaltung anscheinend ganz gut in Schuss waren, immerhin etwas.


    Witzig fand er dann seine Reaktion, als Caesoninus sein Engagement bei der Factio Praesina erwähnte. Casca reagierte ungehalten über seine Frage, ob er beim Rennen dabei gewesen war. Anscheinend war er kein Freund der Praesina. Mit einem amüsierten Lächeln hatte Caesoninus eine Braue gehoben und ihn kurz so angesehen. Ähnliches hatte er früher schon bei Florus Minor erlebt, diese fast schon sklavische Treue zum eigenen Rennstall und die Ansicht, dass es ein todeswürdiges Sakrileg sei, wenn man Rennen anderer Ställe besuchte. Caesoninus selbst sah das alles viel gelassener, vielleicht aber auch, weil die Iulier schon von je her auf verschiedene Ställe aufgeteilt waren. Er zumindest ließ sich bloß wegen seiner Factiozugehörigkeit nicht davon abhalten auch andere Rennen zu besuchen, immerhin war das sein gutes Recht als freier Römer sich unterhalten zu lassen.


    Doch dieses kurze gedankliche Intermezzo Caesonuns' währte nicht lange, da Casca anschließend gleich wieder auf die Geschäftsbelange der Societas Claudiana et Iuliana zurücklenkte und dabei die Frage in den Raum stellte, ob er nicht gerne etwas Obst und/oder eine Erfrischung wollte. "Gerne, es wäre mir ein Vergnügen, danke!"
    Anschließend widemete er sich auch wieder der zuvor in den Raum geworfenen Frage. "Kommen wir also zu der Frage der Öffentlichkeitsarbeit. Ich könnte als erste Betätigung für die Societas gewiss gerne ein paar Trommeln rühren und Bekannte von mir fragen, ob sie nicht auch beitreten wollen, doch zuvor müssten wir uns auch der Frage stellen, ob und wie sinnvoll es wäre neue Leute anzuwerben, wenn es niemanden auf der Ebene der Vereinsleitung gibt, der das alles steuern und den Neumitgliedern Aufgaben zuteilen könnte, oder nicht? Wir sollten auch darüber nachdenken, ob es nicht vielleicht sogar schädlich wäre für das Ansehen der Societas, wenn wir neue Leute ins Boot holen würden, diese jedoch dann nichts zu tun hätten, oder?"

    Was taten die Kerle von der Praesina nur! Sie waren immer noch vorletzter, Caesoninus wurde Angst und bang. Sie konnten sich zwar gegen die Albata behaupten, doch das änderte nichts an ihrer aktuellen Platzierung als Vorletzte. Was taten sie nur!
    Sogar Syennesis war dieses Mal nicht viel besser als Braecus. Gerade er, der bisher immer eine leuchtende Fackel der Schnelligkeit in der Praesina gewese war! In der Hoffnung auf ein Zeichen des Himmels feuerte Caesoninus seine Leute an und rief:
    "Los Praesina! Los! PRAE-SINA! PRAE-SINA! Los, ihr schafft das! PRAE-SINA!"


    Keine Ahnung, ob das irgendetwas helfen würde, doch so bewahrte sich Caesoninus wenigstens für sich selbst den Schleier der Illusion, dass er irgendwie beigetragen hatte zur hoffentlich baldigen Verbesserung der Rennpositionen von Syennesis und Braecus.

    Es freute Caesoninus ungemein, dass es Menecrates doch noch zu dem Trainingsrennen geschafft hatte. Weniger erfreulich waren seine Nachrichten jedoch. Es war sonnenklar, dass der Imperator Caesar Augustus nicht erscheinen würde, wenn er sogar so ein wichtiges Projekt wie die Weihung der neuen Station der Urbaner in der Subura ausließ. Da konnten sie genauso gut auf die griechischen Kalenden warten, als auf den Kaiser, denn die würden sich eher einstellen.


    "Salve, Senator Claudius Menecrates, mich freut es, dass du uns mit deiner Anwesenheit beehrst, doch was die kaiserlichen Belange angeht so...", Caesoninus kräuselte den Mund und sah kurz zu den Fahrern auf der Rennbahn. Dann zuckte er die Schultern. "Ach, ich denke, wenn er sogar das Stationsprojekt ausfallen lässt, brauchen wir nicht länger zu warten, beginnen wir!" Und mit diesen Worten wandte sich Caesoninus in Richtung der Plätze, von denen aus die Funktionäre gleich das Rennen verfolgen könnten.

    Caesoninus grinste. Ja so ein Haarschnitt konnte durchaus eine beabsichtigte Typveränderung nach außen hin manifestieren, wenn man eine solche denn anstrebte. Oder sie gewahrte die bloße Reinheit und Sittlichkeit nach außen hin, damit man nicht Gefahr lief als verlotterter Landstreicher angesehen zu werden, wo man bei seinem langen verfilzten Haar und Bart schon nicht mehr wusste, ob das noch Haar, oder schon die Tunika darunter war.


    Cerretanus ließ sich also die Haare für eine kleine Typveränderung schneiden, nicht schlecht, manchmal war das Ergebnis dann sogar besser als das alte Aussehen. "Alle Achtung, die Mädels werden bestimmt auf dich fliegen, wenn die hier erst mit dir fertig sind", zwinkerte er ihm zu. Als dann Cerretanus nach seinen Begleitern fragte, drehte er sich kurz um, um den bunten Haufen zu begutachten, ehe er ihm antwortete: "Also das in der Mitte ist Magister Frisenius, der Ladeninhaber. Aber den kennst du ja sowieso. Der den er gerade die Haare schneidet ist ein Mann namens Glaucon, der Vermesser werden will und die Schönheit in der Nähe von ihnen ist Iulia Stella, meine Verwandte."