Allein mit seinen Gedanken bewegte sich ein junger Römer langsam entlang der gut ausgebauten Straße, an der sich die großen und wichtigen Städte der germanischen Provinzen wie unförmige Perlen an einer unregelmäßigen Schnur aufreihten.
Seit seine Reise begonnen hatte, war eigentlich noch gar nicht so viel Zeit vergangen, auch wenn er sich Zeit ließ und für die Strecke bisher sicherlich viel länger gebraucht hatte als manch andere. Denn auch wenn er diese Reise freiwillig angetreten hatte, wusste er um die Konsequenzen und wollte daher das Ende der Reise ein wenig aufschieben.
Gestartet war der junge Römer auf einem Landgut westlich der Colonia Agrippinensium, jenem Ort an dem er bisher sein ganzes Leben verbracht hatte. Der junge Titus, so der Name des Römers, war auf dem Landgut geboren worden und hatte dort jahre lang mit seiner Mutter gelebt. Das Landgut gehörte der Familie seiner Mutter, die, da er ein Sohn ohne Vater war, auch seine einzige Familie war.
Nach dem Tod seiner Mutter vor einige Jahren war er die meiste Zeit des Jahres über das einzige Familienmitglied, dass auf dem Landgut lebte, denn nur wenige Mitglieder seiner Familie lebten in Germania. Zwischen all den Angestellten, Sklaven und sonstigen Menschen, die auf dem Landgut ein und aus gingen, hatte sich Titus nie als 'Herr des Hauses' gefühlt, da er viel zu jung war um etwaige Verantwortung zu übernehmen. Sein Leben verlief daher bisher recht sorgenfrei und er hatte es stets genossen in den Tag hineingelebt.
Doch dieses leichte Leben war nun vorbei. Vor einigen Tagen hatte der Verwalter des Landguts dem jungen Mann einen Brief übergeben. Dieser stammte von seiner Mutter und war bereits vor einigen Jahren geschrieben, jedoch auf ihre Anweisung hin noch nicht übergeben worden.
Der Brief enthielt einige sehr emotionale Abschnitte, die seine Mutter ganz offensichtlich erst kurz vor ihrem Tod niedergeschrieben hatte und die dafür sorgten, dass er sich nach dem lesen erst einmal einige Tage in seinem Zimmer verkroch.
Doch viel wichtiger war eine Passage, die ihm eine Information übermittelte, die er vor allem in seiner Kindheit immer wieder von ihr erfragt hatte, die sie ihm jedoch nie gegeben hatte.
Es war nicht viel, nur wenige Sätze, doch diese hatten dazu geführt, dass der junge Titus sein Zuhause hinter sich gelassen und sich auf den Weg gemacht hatte.
Als sich der aktuelle Tag langsam seinem Ende zuneigte, erreichte er sein nächstes Etappenziel: Confluentes. Hier würde er die Nacht und vielleicht den folgenden Tag verbringen, ehe er weiter ziehen würde.