Beiträge von Tiberius Valerius Flaccus

    Tiberius war immer noch absolut erstaunt. Man hatte ihn nach seiner für ihn immer noch etwas unwirklichen Erhebung zum Pontificat nun auch in das eingeweiht, was ihm persönlich als ein Allerheiligstes an sich galt. Die alten sakralen Gesetze. Sicher, die ursprünglichen Spruchformeln, schon lange nicht mehr in Gebrauch und durch so praktische wir schnöde moderne Instrumente ersetzt, waren seit langer Zeit allgemien bekannt. Es hatte sich jedcoh heraus gestellt, dass es sich damit nicht erledigt hatte.

    Und so schritt Tiberius durch das Archiv der Regia und wusste kaum wo er anfangen sollte.

    Tiberius empfing den eminenten Gast direkt nachdem man ihm geöffnet hatte. Besuch vom ab Epistulis bekam man schließlich nicht ale Tage. Obwohl, überlegte er sich, sowas dürfte in nächster Zeit häufiger vorkommen.


    "Geschätzter Procurator. Salve. Du kannst dir sicher vorstellen, dass ich außerordentlich erbaut bin, dich zu sehen. Ich hoffe, dein Weg hierher war halbwegs erträglich. Erfrischungen?"


    In seinem Unterbewusstsein kam Tiberius das ganze immer noch arg unwirklich vor. Sicher müsste eigentlich jemand anderes gemeint sein. Ein anderer Tiberius Valerius Flaccus, der ihm selbst zufällig zum verwechseln ähnlich sah und zufällig auch hier in der Gegend wohnte. Unvermeidlich war es also sicher, dass in den nächsten Tagen das Missverständnis aufgeklärt werden und Tiberius erklärt würde, es handele sich um einen bedauernswerten Irrtum, ganz unangenehm wirklich, aber er sollte trotzdem natürlich die Urkunden, die der Procurator da in der Hand hatte bitte umgehend wieder heraus geben.

    Aber nein. Das hier war real und Tiberius riss sich zusammen. Wie lange sollte er denn noch herum laufen wie ein ungläubiges Mondkalb.

    Tiberius war einigermaßen erschüttert. Pontifex. Ordo Se... Senatorius. Senatorius. Er war geneigt zu glauben, heute morgen aus Versehen gewisse Substanzen, die den Geist bei manchen gar übertrieben zu erweitern pflegen, konsumiert zu haben. Allein, dies war die Realität. Scharf umrissen, klar und unglaublich. Und es kostet ihn natürlich alle Contenance, die er aufbringen konnte, dass ihm nicht der Mund bis zum Boden offen stand. Er räusperte sich.


    "Geehrter Augustus. Ich danke dir für deine Großzügigkeit und dein Vertrauen. Es ist eine schwere und verantwortungsvolle Aufgabe, die du mir gibst - dessen bin ich mir bewusst - und ich werde sie mit aller Demut und mit meinem besten Bemühen erfüllen. Und dich nicht enttäuschen."


    In seinem Kopf schwirrte noch eine Bootsladung anderer Gefühle herum. Freude, Selbstzufriedenheit, bestätigte Überheblichkeit, Versagensängste und Furcht vor dem Unbekannten. Nichts davon war jedoch geeignet vor dem Augustus ausgebreitet zu werden. Deswegen beließ Tiberius es einstweilen dabei.

    Tibierus musste ordentlich arbeiten, um die Contenance zu wahren. Bot ihm der Augustus hier sogar die Erhebung in den Ordo Senatorius an? Den Traum, den er schon begraben hatte? In seinem Kopf raste es fieberhaft. Jetzt nur nichts falsches oder dummes sagen. Das Angebot war weitreichend, in dem Sinne, dass es von der Position eines Abteilungsleiters bis zum Pontifex - einem ordentlichen diesmal - reichte. Nun, er durfte sicher nicht gierig wirken. Allerdings war die Beschreibung der pontificischen Aufgaben und wie sie sich zum Recht verhielten natürlich korrekt. Die Pontifices waren die ursprünglichen Hüter des römischen Rechts. Lange bevor sich die Magistrate oder gar der Kaiser in diese Rolle gestellt hatten, beriet dieses ehrwürdige Gremium über die Institutionen des Gemeinwesens und erkundeten, was im wahrsten Sinne des Wortes. Es wäre eine Reise zu den Quellen. Und das war für Tiberius eine enorme Verlockung.

    Er nahm sich zusammen, setzte sich kerzengerade hin und antwortete mit genau abgewogenen Worten:


    "Deine Einschätzung, dass die pontificische Position die bei Weitem beste Kombination bietet, ist unbestreitbar. Und wenn ich zu Diensten sein kann, indem ich eine Chance erhielte, die fehlende Stelle in diesem ehrenwerten Gremium einzunehmen, würde ich dies mit aller Dankbarkeit und Demut annehmen, ehrenwerter Augustus und mich den Herausforderungen und Prüfungen stellen, die darob kommen mögen."


    Er fragte sich, ob nicht auch politische Ideen bei dem Angebot des Augustus mitschwingen mochten. Natürlich hatte jener die unbestreitbare Kontrolle über dieses Gremium. Allerdings waren darin Männer versammelt, die von hoher Abkunft waren und sich selbstverständlich aus eigenem Recht dort sahen. Für einen Aufsteiger - und ein solcher wäre Tiberius - lag dies etwas anders. Zwar war er selbstbewusst und andere mochten sagen, arrogant genug, um sich diese Aufgabe zuzutrauen.

    Allerdings würde er seine ganze Position allein dem Augustus verdanken, für die dieser von Tiberius absolute Loyalität und Gefolgschaft erwarten würde. Nun, das konnte der Herr der Welt haben. Dafür würde Tiberius mit Einfluss, Prestige, der Möglichkeit sich mit seinem Lebensinhalt zu beschäftigen, dem Neid seiner einstweiligen Standesgenossen und der Herablassung seiner eventuellen neuen bezahlt. Ein absolut akzeptabler Handel, wie er fand. Wenn es denn soweit kam. Glauben würde er es erst, wenn er seine Ernennung in der Hand hielt. Konnte auch alles eine Finte sein, aber eigentlich schätzte Tiberius den Herrn der Welt nicht so ein.

    Tiberius senkte bescheiden den Blick. Anscheinend würde es der Herr der Welt vorziehen ihn auf die kultische Bahn zu lenken. Nun war er wieder am Zug.


    "Wo ich dem Gemeinwesen am nützlichsten bin, Augustus, mag man mich hin postieren. Allerdings würde ich dir hierzu zu bedenken geben, dass die Juristerei mein Fachgebiet ist. Und in deiner Kanzlei sind die hervorragendsten Juristen des Erdkreises tätig. Man bewundert nicht nur die Fähigkeiten der a cognitionibus. Traditionell gilt in der juristischen Zunft der Chef der Libellkanzlei als der größte unseres Standes. Und man lernt am besten von den besten, geehrter Augustus.*"


    Außerdem sah er im Cultus nicht so wirklich die großen Sprünge vor sich. Sicher, er käme wahrscheinlich von der Stellung eines geringeren Pontifex heraus. Aber die Möglichkeiten waren doch begrenzt. Viele der religiösen Ämter erforderten senatorischen, wenn nicht sogar gleich patrizischen Stand. Dies sagte Tiberius so allerdings natürlich nicht. Der Imperator würde ihm wahrscheinlich nicht ganz zu Unrecht Impertinenz oder mangeldenen Respekt vor den ehrwürdigen Institutionen vorwerfen.


    Sim-Off:

    Im Tabularium sieht es etwas so aus, als wär der a libellis ein sehr überbezahlter Sekretär. War er aber spätestens seit Hadrian nicht mehr. Viele der besten Juristen des 2. Jahrhunderts waren da zugange. Zum Beispiel Papinian oder Ulpian.

    Ah, der Augustus kam zur Sache. Tiberius konnte sich gut vorstellen, dass er für eine letztlich doch nicht besonders wichtige Angelegenheit, wie die seine nicht allzu übermäßig viel Zeit verbringen wollte.


    "Das ist eine gute Frage, Augustus. Ich gehe dort hin, wo ich am nützlichsten für das Gemeinwesen sein kann, natürlich. Aber wenn du mich nach meinen persönlichen Präferenzen fragst:" Er nahm noch einen Schluck von dem Wein. "Eine Laufbahn auf dem Cursus Honorum war schon aufgrund meiner bescheideneren Herkunft ein jedenfalls unwahrscheinliches Ziel. Und jetzt da mein guter Patron und Fürsprecher Flavius Gracchus sich auf unbestimmte Zeit in den Ruhestand verabschiedet hat... Nun, sagen wir, dass sich die kleine Erfolgsaussicht damit erledigt haben dürfte. So realistisch muss ich in meiner Lage schon sein.

    Hat dies allerdings dazu geführt, dass ich alle Ambitionen aufgegeben hätte? Nein. Das wäre auch nicht besonders, sagen wir, römisch nicht wahr? In jedem Fall wäre mein weiteres Fortkommen durch meinen Stand vor einigermaßen unüberwindliche Hindernisse gestellt, sodass ich dich bescheiden um eine Standeserhebung bitten müsste, wenn dies nicht zu vermessen ist. Und wenn du mich nun fragst, ob ich die religiöse oder säkulare Laufbahn bevorzuge, dann kann ich dir antworten, dass mein Herz an der Juristerei hängt. Dabei ist es so, dass seit der Zeit des vergöttlichten Augustus das Recht neben den ehrenwerten Magistraten auch auf der Säule des Kaisers ruht. Der Weg zur Ämterlaufbahn erscheint mir praktisch verschlossen. Daher hinge mein Herz an einer ritterlichen Karriere in deiner Kanzlei, Augustus."


    Und von da aus konnte man ja immer noch sehen, was sich ergab. Schon um eine ritterliche Standeserhebung zu bitten, war ihm nicht geheuer gewesen und hatte einiges an Überwindung und Vorformulierung in seinem Kopf vor diesem Gespräch gebraucht, aber nun war er nicht unzufrieden mit seinen Worten.

    "Doch genau der." antwortete Tiberius.

    "Mein bescheidenes Werk. Erschaffen aus dem hehren Bedürfnis, den Leuten unser wunderbares Recht ein bisschen näher zu bringen. Und aus Langeweile natürlich.", nahm er mit einem ironischen Grinsen die Pompösität aus dem Satz.

    "Ich jedenfalls war sehr erfreut, mal wieder was neues zu Mancipatio zu lesen. Die Leute und Kollegen machen sich nicht mehr so viel Gedanken über die traditionellen Sachen. Was sehr schade ist. Dabei kann es so unterhaltsam sein, darüber zu lesen und zu spekulieren, was die altvorderen so gemeint haben könnten.

    Ah ich glaube dein Tschai ist fertig."

    "Salve Augustus. Ja das haben sie in der Tat. Meiner Gesundheit geht es vorzüglich."

    Tiberius nahm sich zu Feier des tages einen Schluck von dem kaiserlichen Wein. Wann hatte man sonst schon mal die Gelegenheit.

    "Und ich war höchst erfreut, deine Einladung zu erhalten, vielen Dank. Es ist schön zu sehen, wenn die Arbeit, die man sich macht, von höchster Stelle wertgeschätzt wird, in der Tat."

    Er war froh, sich mental auf diese Situation vorbereitet zu haben. die Kunst war, nicht zu stammeln wie ein Schuljunge, andererseits aber auch nicht überheblich zu wirken und vor allem nicht kriecherisch herum zu schleimen. Eine feine Balance, die man da zu wahren hatte. Wie für die allermeisten Römer, war der Kaiser für Tiberius natürlich ein Mysterium, jedenfalls was die Persönlichkeit anging. Bevorzugte er Schmeichelei? Manche Leute, die er in hohen Positionen vorgefunden hatten, bevorzugten Ehrlichkeit, je gröber vorgetragen desto besser. Das gab ihnen ein Gefühl von Authenzität. Aber war so etwas hier überhaupt möglich? Tiberius hatte sich deshalb entschlossen, die goldene Mitte zu wählen und harrte des Kaisers nächster Worte.

    Tiberius ließ sich von dem Prätorianer in das Audienzzimmer führen und versuchte dabei angestrengt nicht gar zu sehr den Eindruck selbstzufriedener Überheblichkeit zu verströmen, sondern mit gemessener Würde und dezent sein Entrée zu machen. Das hier war sein Moment. Wenn er es richtig anstellte. Er war nicht zum ersten Mal hier drin, im Zentrum der Welt. Insofern war das Terrain nicht völlig unvertraut, was seinen Nerven durchaus half. Aber nie war es wichtiger gewesen. Die Nervosität stieg.

    "Ah daher. Ja das ergibt Sinn. Tiberius Valerius Flaccus"


    Tiberius schüttelte die Hand und verengte kurz die Augen.


    "Gehe ich dann richtig in der Annahme, dass ich dir zu deinem Werk über die Mancipatio gratulieren darf? Ich hatte da neulich so ein Werk von einem Iunius Tacitus in der Hand."

    Das war eine gute Frage

    "Gaius, was trinke ich hier?"

    Jener hob die Schultern. "Der Händler nannte es "Tschai". Oder etwas in der Richtung. Ich hab es noch nie gehört."

    "Mhm ich auch nicht. Du vielleicht mein Freund?" Er winkte Gaius dem anderen auch einen Becher aufzubruehen.

    "Vielleicht schmeckt es dir ja besser." Tiberius verengte die Augen. "Ich glaube nicht, dass man uns vorgestellt hat, aber ich meine, dich vom Sehen zu kennen?"