Ygrid hatte es gehasst, diesen römischen Fetzen anziehen zu müssen. Aber sie hatte keine Wahl. Mit den Hosen, die sie trug, hätte sie wahrscheinlich noch mehr Aufsehen erregt. Wenigstens hatte sie ihren Umhang von zu Hause dabei, den sie um sich schlingen konnte und der sie auch nachts wärmte. Sobald als möglich, wollte sie wieder ihre Hosen zurück. Dann, wenn sie die Stadt wieder verließen.
Nun aber waren sie erst einmal auf dem Weg dorthin. Sie saß neben Arwid vorne auf dem Wagen. Unterwegs hatten sie diese beiden Männer aufgelesen. Ein seltsames Gespann; Der Jüngere ein Ubier, der Ältere hüllte sich in Schweigen, was seine Herkunft betraf. Vielleicht hatte ihn seine Sippe ausgeschlossen, so dass er aus diesem Grund einsam umher wandern musste. Ygrid jedenfalls hatte die beiden von Anfang an misstrauisch beäugt. Allerdings wäre es gelogen gewesen, wenn sie behauptete hätte, diesen Neidhart nicht auf eine gewisse Weise attraktiv zu finden. Aber ein Ubier?
Endlich hatten sie die Tore der Stadt erreicht. Es ging nur schleppend auf der Straße voran. Vor und hinter ihnen reihten sich Fuhrwerk an Fuhrwerk. Dazwischen drängten sich Menschen, die teilweise fremdartig wirkten und dementsprechend gekleidet waren. Hin und wieder drangen einige bekannte Wortfetzen an ihr Ohr. Viele jedoch unterhielten sich in einer Sprache, derer sie nicht mächtig war.
Großes Misstrauen hegte sie auch gegen die Soldaten am Tor. Hier musste sie einfach auf Arwid vertrauen, der sich mit ihnen unterhielt. Als sie vom Wagen steigen musste, hatte er sie ‚Liebste‘ genannt. Trotz der unberechenbaren Situation am Tor hatte sie sich geschmeichelt gefühlt und gehofft, dass hinter diesem Wort mehr steckte, als nur reine Maskerade. Sie würde alles tun, damit daraus mehr werden konnte.
Nach den Minuten am Tor, die wie Stunden gewirkt hatten, fuhren sie endlich in die Stadt. Für ihre Verhältnisse war es dort atemberaubend! Als sie mit Arwid über den Markt lief, musste sie immer wieder stehen bleiben. Die Römer hatten hier eine riesige Halle gebaut, in der regelmäßig Handel getrieben werden konnte und in der sie Waren entdeckte, von denen sie bis dahin nicht einmal geträumt hatte. Arwid hatte sie zwar am Morgen gewarnt, sich nicht vom "römischen Tand" blenden zu lassen. Aber das hier war einfach zu verlockend!