Beiträge von Iulia Stella

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    Original von Cnaeus Decimus Casca
    Während ich mich noch an den Muscheln gelabt hatte – natürlich hatte ich auch das Garum dabei nicht vergessen – frönte ich noch ein wenig dem Wein und schaute mich dabei um. Muckel stand neben mir, bereit den Teller mit den nunmehr Schalen an die zuständigen, vorbeieilenden Sklave weiter zu reichen. Auch er trank immer wieder von dem Massiker, den ich ihm überlassen hatte und trotz seines dunklen Teints konnte man meinen, er hätte recht rosige Wangen bekommen. Der Blick gen Sonne zeigte mir auch, dass es inzwischen Zeit war, dass meine Geliebte eintraf, doch ließ diese noch auf sich warten. Ob es wohl an der Zeit war, sich Sorgen zu machen?
    Um dem ein wenig vorzubeugen, machte ich mich nach dem Mahl wieder auf den Weg, denn sicherlich gab es noch recht viele Eindrücke, welche aufgenommen und niedergeschrieben werden wollten. Muckel, inzwischen wieder ohne Weinbecher, folgte mir auf Schritt und tritt, als ich durch die Menschenmenge flanierte, mit lässig auf den Rücken gelegten Armen. Dabei nickte ich mal dem einen, mal dem anderen zu. Am Brunnen blieb ich wieder stehen, um ihn zu betrachten, dann machte ich mich auf und stieß unverhofft auf eine junge Dame (Iulia Stella), welche wohl soeben noch in ein Gespräch verwickelt schien. Doch eigentlich war es nicht ich, der auf sie traf, sondern mein Sklave, der mit einigen Notizen beschäftigt, einfach gegen die junge Frau gelaufen war und sie somit mit der Schulter touchiert hatte. Muckel schreckte auf, blickte ebenso entschuldigend wie betroffen drein, als ich es aber letzten Endes war, der das Wort ergriff. “Verzeih‘ meinem ungeschickten Sklaven!“, bat ich eilig. “Mitunter kann er ein arges Trampeltier sein!“ Muckel trat einen Schritt beiseite und verneigte sich leicht. Ich lächelte freundlich und auch ein wenig neugierig. “Mein Name ist Decimus Casca,“ erklärte ich, unwissend darüber, dass mich noch ein recht zartes Knoblaucharoma umwölkte, welches von den Muscheln stammte. “Es ist mir eine Freude!“ Ob es für die junge Frau auch eine Freude war, musste sich noch herausstellen.


    Ich war noch etwas in Gedanken und in meinen schönen Gefühlen versunken, nachdem Annaeus Florus erst gerade das Fest verlassen hatte, da wurde ich von der Seite leicht angerempelt. Bevor ich aber irgend etwas sagen konnte, entschuldigte sich bereits ein männlicher Gast für das schändliche Verhalten seines Sklaven.
    Der Gast wirkte ganz freundlich, doch umströmte ihn ein leichter Geruch von Knoblauch und da ich Knoblauch nicht besonders mochte, musste ich mich etwas zusammennehmen um mir dies nicht anmerken zu lassen.


    Guten Abend, Decimus Casca. Das Verhalten deines Sklaven sei dir und ihm in diesem Fall verziehen! Ich bin Iulia Stella eine Cousine des Gastgebers.
    Das iulische Verhalten was die genauen Verwandtschaftsverhältnisse anging hatte ich mir schnell angewöhnt, da es das Leben viel einfacher machte.


    Als ich hörte, dass es Florus ernst meinte mit seiner Werbung um mich, schlug mir mein Herz bis zum Hals. Ich griff nach einer seiner Hände, die er mir bereitwillig überliess und ich drückte sie so fest, dass ich schon fürchtete, ich könnte ihm Schmerzen bereiten.


    Ich bin überglücklich, dies zu hören Florus! Seit unserer kurzen Begegnung auf der Tribüne des Wagenrennens am Strand habe ich dich nicht mehr aus meinem Kopf bekommen. gestand ich ihm im Flüsterton. Und doch musste ich nun Iulia Phoebe noch ansprechen. Aber immer wieder ist dazwischen Iulia Phoebe aufgetaucht, oder ihre Mutter machte entsprechende Andeutungen, so dass ich nicht wusste, was ich nun fühlen sollte. Doch nun bin ich umso erleichterter, dass dein Interesse mir gilt!


    Ich zog seine Hand zu mir und legte meine Wange dagegen um seine Berührung geniessen zu können, doch sogleich liess ich die Hand dann wieder los. DAS ging nun doch einen Schritt zu weit. Immerhin konnte jedermann uns zusehen und eine solche Zärtlichkeit wäre hier definitiv unangebracht gewesen, zumal Florus noch nicht einmal mit einem männlichen Iulier über seine Absichten gesprochen zu haben schien.


    Da meine Eltern verstorben sind und ich in Hispania bei einer Grosstante aufgewachsen bin, nehme ich an, dass hier in Rom der Dominus der richtige Ansprechpartner wäre. klärte ich daher auch diese Frage so gut ich konnte.


    Ein schwieriges Gespräch? Es tut ihm Leid? Was bei den Göttern der Unterwelt sollte DAS denn heissen! Ich hatte Florus die ganze Zeit über schon direkt angesehen und ich war mir sicher, dass er in meinem Gesicht gesehen hatte, was ich dachte. Umso froher war ich, dass er sogleich weiterredete.


    Und zu meiner grossen Freude sprach er nun endlich das aus, was ich mir schon die ganze Zeit gewünscht hatte! Lucius Annaeus Florus Minor wollte mich! MICH! Die kleine unscheinbare und manchmal schrecklich schusselige Iulia Stella!


    Ich danke dir für diese netten Worte, Annaeus Florus. sprach ich als erste Antwort neutral. In meinem Gehirn schlugen die Gedanken und Gefühle gerade Purzelbäume und ich wusste beim besten Willen nicht, was ich antworten sollte.

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    Original von Lucius Annaeus Florus Minor
    Ich stellte mich so neben Iulia Stella, dass ich das Buffet und den Weg von dort zu uns komplett im Blick hatte und auch jeder Gast uns so sehen konnte und damit klar war, dass wir zwar ein Gespräch führten, aber niemand auch nur im Ansatz anrüchige Gedanken hegen konnte.


    Dann blickte ich wieder hinunter zu Stella. Ihr Haar war perfekt zu Zöpfen geflochten und diese dann kunstvoll zusammengefügt und mit verschiedenen Haarnadeln an der richtigen Stelle fixiert. Jede Nadel hatte ein anderes Motiv als Abschluss. Ein Pinienzapfen, eine Hand, eine Göttin die vermutlich Venus darstellte, eine Perle und ein Edelstein den ich nicht benennen konnte. Ich widerstand dem Wunsch, ihr Haar zu streicheln und reichte ihr stattdessen den Teller, den Iulia Phoebe für mich gefüllt hatte.


    Hier bitte, ich habe dich entführt bevor du einen Teller nehmen konntest. Bitte nimm meinen. Ich kann jetzt nicht essen.


    Florus setzte sich nicht neben mich sondern blieb stehen. Ich lehnte mich also noch hinten an die Kühle Steinmauer, welche den Hortus zu den nächsten Gebäuden hin abtrennte und blickte wieder hoch zu ihm, als er mir seinen Teller anbot.


    Danke, das ist sehr freundlich. Doch warum mögt ihr nichts essen? Wir sind doch auf einem Fest? Was könnte denn so wichtig sein, dass ihr es mit mir besprechen müsst und es euch den Appetit auf alle diese Köstlichkeiten verdirbt?


    Ich wusste ja, dass die Mutter des Annaeus eine Iulia gewesen war, aber mir war in diesem Moment noch nicht klar, was er denn besprechen wollte. In meinem Herzen keimte eine Hoffnung, doch mein Kopf sagte mir deutlich, dass dies unmöglich war.


    Bitte, nennt mich doch Stella. Immerhin gehören wir doch fast zur gleichen Familie. Eure Mutter war ja auch eine Iulia, wenn unsere Familienarchive nicht ganz falsch geführt wurden.


    Ohne dass ich etwas überlegte, nahm ich den mir angebotenen Arm und liess mich zu der Bank geleiten, auf welche Florus vorhin gezeigt hatte. Sie war vom Buffet aus direkt einsehbar, aber dennoch so weit abgelegen, dass es sicherlich gut möglich war, eine Unterhaltung ungestört zu führen. Ich freute mich auf einige Augenblicke sittsamer Zweisamkeit mit dem Mann, von dem ich in der letzten Zeit oft geträumt hatte. Vielleicht war er ja wirklich an mir interessiert?


    Ich werde mich setzen, wenn ihr nichts dagegen habt. sagte ich und tat dies auch sofort, ohne seine Antwort abzuwarten. Ich rutschte aber so weit auf eine Seite, dass es neben mir auch noch Platz gehabt hätte.

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    Original von Iulia Phoebe
    Iulia hatte keine Ahnung was sie jetzt tun, oder sagen sollte. Sie konnte nur stumm wie ein Fisch ihren Teller mit Florus Minor austauschen.


    Doch das Schicksal nahm ihr die Entscheidung ab, was jetzt als nächstes zu tun wäre, denn in diesem Moment platzte Stella in diese traute Zweisamkeit. Iulia atmete auf, den Göttern sei dank! Jetzt konnte sie ihrem aktuell sehnlichsten Wunsch folgen und verschwinden, ohne dass Florus alleine am Fest wäre. "Stella! Wie schön, dass du auch hier bist! Ich hatte dich schon gesucht. Doch entschuldigt mich jetzt ihr beiden, ich muss mich zurückziehen." und mit diesen Worten ließ sie Florus Minor und Stella alleine, ohne dabei groß auf Stellas Miene, oder ihren Tonfall geachtet zu haben. Sie hatte sie nur als Fluchtmöglichkeit wahrgenommen und dementsprechend auch gleich genutzt.


    In diesem Moment verstand ich die Welt nicht mehr. Gerade eben noch sah es so aus, als würde Iulia Phoebe mir meinen Traummann vor der Nase wegschnappen, da machte sie mir nun den Platz frei? War ich denn seit dem Abend der letzten Cena mit dem Annaeus völlig irre geworden und verstand plötzlich gar nichts mehr?


    Ich blickte hoch ins Gesicht des Mannes, der mir beim Wagenrennen am Strand für einige Augenblicke so nah gewesen war. Es war ein schönes Gesicht, jugendlich aber bereits schon genügend kantig, dass man erkennen konnte, welche Ausdruckskraft es versprühen konnte, wenn es notwendig war. Die kurzen braunen Haare, die leichten Anzeichen eines Bartes, den er sich morgen früh sicherlich wieder wegrasieren lassen würde, die braunen Augen, welche in diesem Moment genau in meine blickten.


    Ist alles in Ordnung, Annaeus Florus? fragte ich nun plötzlich ganz sanft, als ob jemand einen Eimer Wasser über einem erst gerade entzündeten Feuerchen ausgeleert hatte. Meine Wut, meine ... ja, es musste Eifersucht sein ... waren verflogen, als ich in diese Augen sah.


    Als ich näher kam sah ich, wie rot Iulia Phoebe geworden war und dabei spürte ich beinahe, wie ich grün anlief. Mir wurde speiübel, als ich daran dachte, dass Phoebe in diesem Moment vielleicht dieselben Dinge fühlte, wie ich in den vergangenen Nächten.
    Und dann noch diese kindische Anmache mit dem Teller, bei allen Göttern, konnte Phoebe sich denn nichts besseres ausdenken als überrennen und dann Essen anbieten?
    Ohne es zu merken, war ich in der Zwischenzeit im Rücken von Phoebe angekommen und an die beiden herangetreten.


    Ach sieh an, Lucius Annaeus Florus Minor und meine Cousine Iulia Phoebe. Willkommen im Haus der Iulii, Annaeus Florus, aber wie ich sehe hat die Begrüssung ja schon Phoebe übernommen.


    Erst als ich gesprochen hatte bemerkte ich, wie sehr meine Sätze vor Sarkasmus trieften und in welchem Mass meine Stimme dies noch unterlegte. Das war für mich völlig ungewöhnlich, doch eigentlich war es auch für Iulia Phoebe völlig ungewohnt, derart viel Scham oder Erregung zu zeigen, dass sie rot anlief. Scheinbar hatten die vergangenen Tage und Wochen doch einige Veränderungen bei den jungen iulischen Damen hervorgerufen.


    Ich war noch nicht wirklich weit gekommen auf dem Fest, gerade erst eingetreten, hatte noch niemanden getroffen den ich kannte, als es auf der Seite des Buffets gewaltig rummste. Als ich herumfuhr sah ich Iulia Phoebe und ... NEIN, das durfte nicht sein ... Annaeus Florus Minor! Ich hatte nach dem Rennen am Strand ehrlich gedacht, dass Annaeus Florus doch etwas für mich empfand, doch seither hatten wir uns nicht wieder getroffen und es beschlich mich das Gefühl, dass vielleicht die Servilia es geschafft hatte, ihn in Richtung von Iulia Phoebe zu ziehen. Und nun sah ich sie zusammen beim Buffet! Offenbar war Phoebe ein Teller entglitten, vermutlich weil sie ihre Hände nicht von Florus lassen konnte!


    Alle möglichen Flüche sammelten sich in meinem Kopf, als ich sah, wie Annaeus Florus sich seiner Toga entledigte und diese an einen Sklaven abgab. Das war nun aber wirklich aussergewöhnlich! Gäste taten dies im Normalfall nicht an einem Fest. Was konnte das nur bedeuten?


    Vorsichtig machte ich mich auf den Weg, langsam in Richtung des Geschehens. Ich wollte mehr wissen, Gewissheit erlangen!

    Auch Stella war aufgefallen, dass etwas im Gange war und auch sie hatte es am Ende herausgefunden, dass Caesoninus ein Fest plante. Sie hatte es sich nicht nehmen lassen, den jungen Iulier gleich selbst zu stellen und ihn zu fragen, ob sie auch eingeladen sei, wenn er schon in der Domus ein Fest gäbe. Seit sie bei der früheren Cena mit dem Annaeus Florus mit ihrem Wutausbruch ungestraft davongekommen war, fühlte sie sich nicht mehr wie ein kleines Kind, sondern wie eine erwachsene Frau und dies gab ihr mehr Selbstvertrauen, was sich auch auf ihren Auftritt auswirkte.


    Selbstbewusst hatte sie sich die Haare heute machen lassen und ein Kleid ausgewählt, welches etwas mehr Schultern und Rundungen zeigte als sie früher für gut befunden hätte. Noch immer war ihr Auftritt im Vergleich mit anderen Frauen züchtig, aber sie versteckte sich nicht mehr.


    So trat sie nun in den Hortus, den Kopf hoch, den ganzen Körper gespannt, eine würdige Dame und nicht länger ein kleines Mädchen.
    Es waren schon viele Leute anwesend und sie blickte sich zuerst um, wen sie denn kannte.

    Ich war ziemlich erstaunt ob der Kondolenz des Senators, war es für mich doch schon eine Ewigkeit her, dass mein Vater verstorben war. Trotzdem freute es mich, dass in der Familie solche Worte auch länger noch ausgesprochen wurden.


    Danke, Dominus. antwortete ich daher und da ich dafür meinen Blick angehoben hatte, senkte ich ihn sogleich wieder, während ich darauf wartete, dass der Senator mich wieder in die Reihe der Familienmitglieder zurücktreten liess.

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    Original von Lucius Annaeus Florus Minor
    Im Hintergrund hörte ich die Erfolgsmeldungen der Albata, mehrfach weitergegeben durch die Kommentatoren des Organisators. Doch meine Augen blieben weiter an Iulia Stella hängen. Sie hatte ihren Blick nicht von mir abgewandt und in mir keimte die Hoffnung, dass meine Wünsche nicht ganz hoffnungslos waren.


    Im Gedränge, welches entstand als die Wagen immer näher kamen und die Zuschauer auf der Tribüne sich nach vorne lehnten um möglichst schnell einen Blick auf die heranbrausenden Gefährte zu erhaschen, fasste ich sorgfältig wieder nach Stellas Hand. Ich fand sie genau dort, wo ich sie erwartet hatte. Ständig gefasst darauf, dass sie diese sofort wieder zurückziehen würde, umfasste ich eine ihrer Hände und drehte mich dann so, dass Iulia Phoebe diese kleine Geste unmöglich sehen konnte.


    Als die Wagen sich langsam (oder war es eher sehr schnell?) der Tribüne näherten, drehte sich Florus leicht zwischen Phoebe und mich. Ich spürte, wie seine Hand die meine suchte und gleich darauf auch fand. Die vorhin verspürte Wärme durchfloss meinen Körper erneut und ich fühlte mich wiederum wohl und geborgen. Es war schön, dass dieser Mann meine Hand hielt und nicht die von Phoebe, also liess ich ihn gewähren und zog meine Hand nicht zurück.


    Meine Erkundigungen der vergangenen Tage, seit der Cena in der Domus Iulia mit der Servilia, hatten ergeben, dass auch die Mutter des Annaeus Florus eine Iulia gewesen war. So stand es in unseren Familienarchiven. Ein Besuch im Ulpianum hatte mir dann gezeigt, dass Annaeus Florus Senior ein äusserst bekannter und erfolgreicher Mann gewesen sein musste. Das Kaiserhaus hatte ihn im Ulpianum geehrt und sein Andenken gewürdigt, obwohl er nicht sehr lange als Senator dienen konnte bevor er verstarb. Es wurde aber auch klar, dass er seine Familie von ganz weit unten bis in den Senatorenstand hochgearbeitet hatte und das wollte schon sehr viel über den Vater des Annaeus Florus aussagen.


    So fühlte ich mich diesem eigentlich fremden Mann nicht mehr ganz so fremd gegenüber und genoss seine Berührung weit mehr als ich in der Öffentlichkeit des ausgetragenen Rennens zeigen konnte.

    Als Caesoninus mich ansprach war ich auf einen Schlag beruhigt. Keine Spur war in seiner Stimme zu hören, dass er mir meinen Ausbruch von zuvor noch nachtragen würde. Ich erhob mich, nickte ihm zu und verabschiedete mich dann vom Gast.


    Lucius Annaeus Florus Minor, es war mir eine Ehre, Iulius Caesoninus während seiner Abwesenheit zu vertreten.


    Dann wandte ich mich dem Drachen zu, der so unerwartet und ungefragt dazu gekommen war, neigte leicht mein Haupt und wandte mich zum Gehen.
    Als ich an Caesoninus und Avianus vorbei ging, neigte ich auch für sie kurz den Kopf.
    Einen angenehmen Abend wünsche ich den Herren.


    Dann schaute ich zu, dass ich ganz schnell in mein Cubiculum kam. Eine Dame rannte zwar nie, aber manchmal eilte sie und das tat ich in diesem Moment.

    Am späteren Abend, als ich nach der komischen Cena endlich wieder meine Ruhe hatte und mich in mein Cubiculum zurückziehen konnte, fand ich trotzdem keine Ruhe. Mir schossen tausend Gedanken durch den Kopf.


    Warum hatte Caesoninus mich rufen lassen, wenn doch die Servilia auch im Hause war?


    Warum hatte Caesoninus mich alleine rufen lassen und nicht daran gedacht, wie unschicklich das war?


    Warum waren die Türen des Tricliniums verschlossen worden aber niemand war drinnen geblieben?


    Was wollte die Servilia plötzlich vom Annaeus?


    Wollte dieser wirklich Iulia Phoebe heiraten?


    Warum schmerzte mich dieser Gedanke?


    Als ich dann, viel später, doch endlich in Schlaf versank, war dieser unruhig und von Bildern durchsiebt. Lucius Annaeus Florus, Iulia Phoebe, Florus und Phoebe zusammen, Florus mit mir zusammen ... Ich schrak auf, ungewohnt warm und feucht war mir, nicht bloss weil es draussen eine fast schon sommerliche Nacht war, sondern auch an Orten wo ich es sonst nur bei der Lektüre gewisser Schriften kannte, welche uns Damen eigentlich verboten waren.


    Lucius Annaeus Florus ... Ich schlief wieder ein und verbrachte eine sehr unruhige, wenn nicht gar beunruhigende Nacht.

    Im Trubel des beginnenden Finalrennens war es überhaupt nicht einfach, sich nach unten zu Iulia Phoebe und dem Annaeus durchzudrücken. Trotzdem gelang es mir am Ende doch und obwohl es mir unklar war ob ich nicht lieber auf der anderen Seite gestanden hätte, fand ich mich unvermittelt an der Seite von Lucius Annaeus Florus wieder. Iulia Phoebe stand auf der anderen Seite.


    Der Annaeus hatte scheinbar seine Augen nicht von mir genommen, denn er blickte genau in die Meinen, als ich so plötzlich neben ihm stand. Ein seliges Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit, als er meine Hände nahm und mich noch näher zu sich heranzog, damit in der wogenden Menschenmenge nicht plötzlich wieder sich jemand zwischen uns drängeln würde.


    Guten Tag, Lucius Annaeus Florus, hallo Phoebe! versuchte ich gegen den Lärm des heranpreschenden Rennens zu rufen.


    In meinem Kopf kreisten allerlei Gedanken. Warum waren seine Augen bei mir und nicht bei Phoebe, wenn er doch um ihre Hand anhalten sollte? Warum fühlte ich mich bei seiner Berührung plötzlich so wohl und aufgehoben, obwohl er meine Hände sofort wieder losgelassen hatte? Warum kribbelte es in meinem Bauch, jetzt wo ich ihm so nahe stand wie noch nie zuvor?

    Als ich durch die Servilia dem Hausherrn vorgestellt wurde, neigte ich mein Haupt noch etwas mehr zum Boden. Danach jedoch, als er mich ansprach und begrüsste, trat ich ungewohnt selbstsicher aus der Reihe zu ihm hin. Es erfüllte mich auch ein wenig mit Stolz, dass der Hausherr mich noch in diesem Moment ein erstes Mal kennenlernen wollte.


    Vor ihm hingetreten senkte ich meine Augen wieder und schaute seine Füsse an.


    Eure Rückkehr freut mich ausserordentlich, Lucius Iulius Centho. Meine Grosstante hat immer nur Gutes von euch erzählt. Es ist mir daher eine grosse Freude, dass ich mich in dieser Domus aufhalten darf.

    Etwas erleichtert atmete ich auf, als Caesoninus und Avianus wieder zu uns kamen. Mein Martyrium mit dem Drachen hatte ein Ende.


    Dass ich natürlich an diesem Abend einige Dinge gehört hatte, zumindest von Seite der Servilia, welche mich hinten und vorne nicht erfreuten, das war mir in diesem Moment noch nicht bewusst.


    Die Freundlichkeit und das Gastrecht verboten es mir, mich zu erheben und mich zu empfehlen, also blieb ich noch sitzen und spielte meine Rolle als junge iulische Dame in Anwesenheit einer älteren Matrone, iulischer Herren und eines Gastes weiter.

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    Original von Lucius Annaeus Florus Minor
    Ich suchte derweil noch immer die Tribüne über mir nach bekannten Gesichtern ab, als ich mit einem Mal in die Augen von Iulia Stella blickte. DA war SIE! Doch als sie wie zufällig auch zu mir hinunter sah, blickte sie ganz schnell auf eine andere Seite, als wäre ihr der Augenkontakt unangenehm.


    Schau, da oben ist Stella! rief ich über die Schulter zu Iulia Phoebe, als gerade das Finalrennen gestartet wurde.


    Gerade als der Finallauf ausgerufen wurde und der Lärm auf den Tribünen wieder begann anzuschwellen erblickte ich unter mir plötzlich ein bekanntes Gesicht: ANNAEUS FLORUS!
    Ein Reflex liess mich schnell wegschauen, als sich unsere Augen so unerwartet traffen, doch dann drehte ich langsam den Kopf wieder in seine Richtung.


    Keine Ahnung ob er sich durch meinen Reflex hatte abschrecken lassen. Immerhin war er ja in Begleitung von Iulia Phoebe da und nicht mit mir.


    Ein Stich fuhr mir durch den Magen.

    Als Mitglied der Familie, aber nicht nahe verwandt, wurde auch ich am heutigen Tag ganz schnell herbeigerufen um alles für die Rückkehr des mir noch unbekannten Senators vorzubereiten.


    Da es einige Dinge zu erledigen gegeben hatte, waren auch wir jüngeren und entfernter verwandten Damen eingespannt worden, um Arbeiten zu erledigen oder Dinge auf dem Mercatus zu beschaffen.


    Nun standen wir, den Umständen entsprechend hastig zurechtgemacht aber dennoch herausgeputzt soweit es unsere Ornatrices eben noch bewerkstelligen konnten, aufgereiht bereit und erwarteten die Rückkehr des Hausherrn. Ich war gespannt, was für ein Mann er wohl war und wie er mich in seinem Hause dulden würde. Freudig? Abweisend? Gelangweilt? Desinteressiert? Alles war möglich.

    Während der Drache mit dem Annaeus anfing über eine mögliche Hochzeit von Phoebe mit ebendiesem zu reden, bemerkte ich, wie es in mir zu brodeln anfing. Was genau passierte war mir nicht bekannt, aber es war mir gar nicht recht, dass der Drache den Annaeus für ihre Phoebe haben wollte.


    Dennoch gelang es mir in dieser Situation ruhig zu bleiben und nicht zweimal am gleichen Abend denselben Fehler zu machen.


    Ich wartete also ruhig ab, ob sich heute noch eine Möglichkeit ergeben würde, mit dem Annaeus zu reden, oder ob der Drache den ganzen Abend für sich einnehmen würde.

    Nachdem Servilia Gemina den Abend so an sich gerissen hatte, setzte ich mich still in einen Stuhl, etwas abseits des Tisches und zurückversetzt, da ich nun definitiv nicht mehr die Gastgeberin war.


    Allerlei Gedanken gingen mir durch den Kopf. Florus war bei unserem ersten Zusammentreffen nicht gerade auf den Kopf gefallen. Weshalb hatte er sich denn vorhin so förmlich und komisch verhalten? Das war doch keine Begrüssung gewesen, eher ein Gestammel. Woher kam das nur? Hatte ich ihn etwa verunsichert mit meinem Auftritt? Oder lag es an der Situation, dass ihn Caesoninus so einfach sitzen gelassen hatte?


    Egal, jetzt war der Drache da. Doch, nein, ja, doch, Florus sah zu mir hinüber. Was hatte er denn gerade gesagt? Phoebe sei eine wunderbare Tochter? Hatte er es etwa auf Iulia Phoebe abgesehen? Verständlich wäre es ja, sie war wunderschön und eloquent und gebildet. Was sollte das, warum zog sich jetzt mein Bauch zusammen? Ich hatte doch nichts Schlechtes gegessen? Da, Florus sah mich wieder an! War es vielleicht doch nicht so, dass er Phoebe mochte?


    Gedanken über Gedanken, alle flüchtig, alle so verwirrend ...