Gutta nickte und wandte sich dann an den Senator.
"Und du, Senator Aelius Quarto, ist es dein Wunsch, den hier anwesenden Lucius Claudius Marcellus an Kindes Statt anzunehmen?"
Gutta nickte und wandte sich dann an den Senator.
"Und du, Senator Aelius Quarto, ist es dein Wunsch, den hier anwesenden Lucius Claudius Marcellus an Kindes Statt anzunehmen?"
Auf ein solches Zeichen würde die Tochter des Procurator lange warten, denn ihr Status änderte sich ohnehin nicht und irgendwie etwas mitzureden hatte sie auch nicht.
Als die beiden Herren nun vor den Praetor traten, stand Gutta auf und machte zwei Schritte nach vor. Seine Stimme erhob sich und die folgenden Worte waren an das Auditorium gerichtet. "Volk von Rom! Der ehrenwerte Procurator Aquarum Lucius Claudius Marcellus hat den Wunsch geäußert, sich und die Seinen unter die Patria potestas des ehrenwerten Senator und Consular Lucius Aelius Quarto zu stellen. Es existieren keine Gesetze und keine Ansprüche, welcher Art diese auch sein mögen, die ihm das verwehren könnten." Damit sollte einem jeden hier klar sein, dass der Claudier selbst unter keiner patria potestas stand.
Dann sah Gutta zum Claudier. "Ich frage dich, Lucius Claudius Marcellus, ist es wirklich dein Wunsch, den hier anwesenden Senator Lucius Aelius Quarto als deinen Vater anzuerkennen? Willst du ihn ehren wie deinen leiblichen Vater, so wie es Sitte und Recht ist?" Salbungsvoll waren die Worte, aber jeder hier sollte wissen, worum es geht.
Heute war wieder ein Gerichtstag, an dem der gewählte Praetor Urbanus Titus Renius Gutta Recht sprechen sollte... mit Hilfe seiner Juristen, die sich dezent im Hintergrund hielten. Als ersten Tagesordnungspunkt hatte er die Adrogatio des Claudius Marcellus ansetzen lassen, denn einen Konsular lässt man nicht warten wie einen gewöhnlichen Bittsteller. Ein Fingerwink und der Scriba des Praetors setzte sich in Bewegung und verlautbarte, so dass es ein jeder hören konnte.
"Der ehrenwerte Senator Aelius Quarto und der ehrenwerte Procurator Aquarum Claudius Marcellus!"
Ehrenwert waren natürlich nur solche Persönlichkeiten, die anderen wurden einfach nur aufgerufen.
"Nicht doch." winkte Gutta ab. "Ich werde alles in die Wege leiten. Erwartet mich in der Gerichtshalle." Immerhin wollte Gutta noch einige Vorbereitungen treffen, das Schreiben vorgefertigt, den Scriba herumscheuchen etc etc. So etwas konnte anstrengend sein und Gutta mochte keine Anstrengungen am frühen Morgen.
"Eine Adrogation also..." wiederholte Gutta unnötigerweise, während er nachdenklich mit den Fingern seiner linken Hand seine Unterlippe knetete.
"Natürlich kann ich das jetzt nicht sofort initiieren. Meine Juristen würden mich köpfen, wenn ich das tun würde." Juristen... Rechts- und Wortverdreher, aber leider unerlässlich. "Immerhin ist eine Adrogation ein bedeutender Einschnitt, sowas muss publik gemacht werden. In der nächsten Stunde aber beginnt der Gerichtstag. Wenn ihr es wünscht, lasse ich meinen Scriba anweisen, dass ihr zuerst an die Reihe kommt."
Das gespielte Lächeln wich nicht aus Guttas Gesicht. "Aber nicht doch. Wenn solch hoher Besuch die Hallen beehrt..." schleimte Gutta rückgratlos vor sich hin, wähnte er sich doch in diesem Moment und durch diesen Besuch in einer Position, die für ihn eines Tages nutzbringend sein könnte. Man sagte ja so schön, eine Hand wäscht die andere.
Den Begleitern des Senators nickte er zu, den ehemaligen Quästor hatte er natürlich schon mal gesehen, die liebreizende Tochter hingegen noch nicht und sie interessierte ihn auch nicht, denn sein Geschmack war eher üppiger, er mochte Frauen mit großen... Augen. Als der Senator jedoch sein Anliegen darbrachte, konnte man seine Überraschung deutlich sehen.
"Oh..." begann er. "Das ist natürlich eine Überraschung." sprach Gutta zur Überbrückung, während dessen Gehirn fieberhaft nach einem Grund nachdachte, warum ein Patrizier sich von einem Plebejer, wenn auch einem hochgestellten, einem Consular adoptieren lassen wollte. Ob der Claudius zum Volkstribun kandidieren wollte? Das wäre ein plausibler Grund und das erste Mal wäre es auch nicht. Es war aber nun an der Zeit, ein geschäftiges, professionelles Gesicht zu machen und seine Arbeit zu tun, befand er. "Dazu müsste ich aber erst wissen, ob Claudius noch unter patria potestas steht."
ZitatOriginal von Lucius Aelius Quarto
Er wandte sich an einen Scriba und bat darum, dass man sie zum amtierenden Praetor Urbanus vor ließ.
Der Scriba ließ sich auch nicht lange bitten und brachte die Herren und das nette Fräulein auch gleich zum Praetor Titus Renius Gutta, welcher vor lauter "Geschäftigkeit" kaum wußte, wo er anfangen sollte und deshalb in Anbetracht seines nervösen Magens einfach nichts tat. Das aber tat er mit absoluter Inbrunst und Überzeugung. Dennoch war der Schreibtisch nicht aufgeräumt, sondern hübsch drapiert lagen ein paar Schriftsätze und Papyri herum, irgendwo sicher auch eine Togaliberausgabe der wichtigsten Gesetze und zu guter Letzt zierte eine Büste von einer ägyptischen Frau, vermutlich eine Königin, den rechten oberen Eck des Tisches (vom Praetor aus gesehen). Immerhin stellte er was dar und wenn Parteien kamen sollten diese nicht auf falsche (oder warens doch richtige?) Gedanken kommen.
"Ja bitte? Wer stört?" Der Scriba huschte zum Praetor und murmelte was in dessen Ohr, alsdann Gutta dann etwas gespielt ein Lächeln zustandebrachte. "Senator Aelius! Welche Freude... Der Gemahlin geht es bestens?" begrüßte Gutta seinen (allerdings rangmäßig höherstehenden) Senatskollegen.
Die Decemviri litibius iucandis des Imperium Romanum geben bekannt:
Aufgrund eines Versäumnisses vergangener Amtszeiten wurden die Hinterlassenschaften einiger verstorbener Bürger des Imperium Romanum bisher nicht nach den geltenden Gesetzen des Imperium Romanum an die berechtigten Erben übertragen. Aufgrund des Sonderstatus dieser Erbfälle wird das gängige persönliche Benachrichtigungsverfahren hierfür ausgesetzt und durch eine kummulative Bearbeitung ersetzt.
Im Nachfolgenden werden alle dies betreffenden Erbfälle samt der erbberechtigten Bürger aufgelistet. Erbberechtigte Personen sind dazu angehalten, den Decemviri litibus iucandis mitzuteilen, ob sie gewillt sind das ihnen zustehende Erbe anzunehmen. Hierfür möge ein durch den Erbberechtigten persönlich gesiegeltes Schriftstück mit Angabe des Erbfalles samt vollständigem Namen des Verstorbenen und vollständigem Namen des Erbberechtigten bis zu den Kalenden des Iunius im Jahre DCCCLVII A.U.C. (1.6.2007/104 n.Chr.) zur Basilica Ulpia zu Rom gesandt werden. Bei mehrfacher Berechtigung zur Erbannahme genügt ein Schriftstück mit Auflistung aller Erbfälle.
Jeder Erbberechtigte hat nach geltendem römischen Gesetz das Recht, sein Erbe auszuschlagen, gleichsam zieht die Annahme eines Erbes keinerlei Verpflichtungen nach sich. Ein Versäumnis der Meldung bis zur angegebenen Frist kommt dem Ausschlagen des Erbes gleich, der nicht angenommene Erbteil wird dann dem Gesamterbe des Verstorbenen und damit der Erbmasse eventuell weiterer Erbberechtigter hinzugefügt. Schlagen alle Erbberechtigten das Erbe aus, so geht die Erbmasse an den Staat über.
Die Decemviri litibius iucandis des Imperium Romanum geben bekannt:
Aufgrund eines Versäumnisses vergangener Amtszeiten wurden die Hinterlassenschaften einiger verstorbener Bürger des Imperium Romanum bisher nicht nach den geltenden Gesetzen des Imperium Romanum an die berechtigten Erben übertragen. Aufgrund des Sonderstatus dieser Erbfälle wird das gängige persönliche Benachrichtigungsverfahren hierfür ausgesetzt und durch eine kummulative Bearbeitung ersetzt.
Im Nachfolgenden werden alle dies betreffenden Erbfälle samt der erbberechtigten Bürger aufgelistet. Erbberechtigte Personen sind dazu angehalten, den Decemviri litibus iucandis mitzuteilen, ob sie gewillt sind das ihnen zustehende Erbe anzunehmen. Hierfür möge ein durch den Erbberechtigten persönlich gesiegeltes Schriftstück mit Angabe des Erbfalles samt vollständigem Namen des Verstorbenen und vollständigem Namen des Erbberechtigten bis zu den Kalenden des Iunius im Jahre DCCCLVII A.U.C. (1.6.2007/104 n.Chr.) zur Basilica Ulpia zu Rom gesandt werden. Bei mehrfacher Berechtigung zur Erbannahme genügt ein Schriftstück mit Auflistung aller Erbfälle.
Jeder Erbberechtigte hat nach geltendem römischen Gesetz das Recht, sein Erbe auszuschlagen, gleichsam zieht die Annahme eines Erbes keinerlei Verpflichtungen nach sich. Ein Versäumnis der Meldung bis zur angegebenen Frist kommt dem Ausschlagen des Erbes gleich, der nicht angenommene Erbteil wird dann dem Gesamterbe des Verstorbenen und damit der Erbmasse eventuell weiterer Erbberechtigter hinzugefügt. Schlagen alle Erbberechtigten das Erbe aus, so geht die Erbmasse an den Staat über.
Die Decemviri litibius iucandis des Imperium Romanum geben bekannt:
Aufgrund eines Versäumnisses vergangener Amtszeiten wurden die Hinterlassenschaften einiger verstorbener Bürger des Imperium Romanum bisher nicht nach den geltenden Gesetzen des Imperium Romanum an die berechtigten Erben übertragen. Aufgrund des Sonderstatus dieser Erbfälle wird das gängige persönliche Benachrichtigungsverfahren hierfür ausgesetzt und durch eine kummulative Bearbeitung ersetzt.
Im Nachfolgenden werden alle dies betreffenden Erbfälle samt der erbberechtigten Bürger aufgelistet. Erbberechtigte Personen sind dazu angehalten, den Decemviri litibus iucandis mitzuteilen, ob sie gewillt sind das ihnen zustehende Erbe anzunehmen. Hierfür möge ein durch den Erbberechtigten persönlich gesiegeltes Schriftstück mit Angabe des Erbfalles samt vollständigem Namen des Verstorbenen und vollständigem Namen des Erbberechtigten bis zu den Kalenden des Iunius im Jahre DCCCLVII A.U.C. (1.6.2007/104 n.Chr.) zur Basilica Ulpia* zu Rom gesandt werden. Bei mehrfacher Berechtigung zur Erbannahme genügt ein Schriftstück mit Auflistung aller Erbfälle.
Jeder Erbberechtigte hat nach geltendem römischen Gesetz das Recht, sein Erbe auszuschlagen, gleichsam zieht die Annahme eines Erbes keinerlei Verpflichtungen nach sich. Ein Versäumnis der Meldung bis zur angegebenen Frist kommt dem Ausschlagen des Erbes gleich, der nicht angenommene Erbteil wird dann dem Gesamterbe des Verstorbenen und damit der Erbmasse eventuell weiterer Erbberechtigter hinzugefügt. Schlagen alle Erbberechtigten das Erbe aus, so geht die Erbmasse an den Staat über.
* in diesen Thread
Zwischen tausenderlei Blüten und bunten, zarten Farben mischte sich der Duft nach den vielgestaltigen Gewächsen der Natur, gewunden von kundigen Händen, für diesen einen Tag gesammelt und zusammengestellt, um den Geist der Feiernden zu erheben, und zu feiern, dass das Getreide nun seine Blüten geöffnet hatte, ein sicheres Zeichen für einen gesunden Wuchs und eine reich zu erwartende Ernte. Ganz Rom hatte sich auf diesen Feiertag vorbereitet, und auch wenn die floralia zumeist als ein plebejisches Fest galten, so mochte es doch auch viele Patrizier geben, die sich von der ausgelassenen und lockeren Stimmung dieses Tages anstecken ließen. Ein munteres Lachen und das Summen vieltausender Stimmen erfüllte die urbs aeterna seit dem frühen Morgen, und die lupae trugen an diesem Tag ihre feinsten Tuniken und die beste Schminke, konnten sie doch gerade heute auf gute Geschäfte hoffen, wenn der Fruchtbarkeit so gehuldigt wurde.
Aber auch Musikanten wussten den Feiertag der Flora für sich einzusetzen, so manche Münze wechselte den Besitzer, um feierliche Lieder zu Ehren der Göttin anstimmen zu lassen und so den Segen der Fruchtbarkeit für das folgende Jahr auf das eigene Haus herabzurufen. Schauspieler führten fröhliche Stücke, oft mit viel Witz vorgetragen, an den Ecken der größeren Straßen auf, und wer sich nicht in den circus begeben hatte, um den traditionellen Tierhatzen auf Hasen und Ziegen beizuwohnen, fand bei den zotigen Witzen und oftmals gewagten Kostümen der Schauspieler einiges an Unterhaltung. Während sich eine Gruppe an schon zum Mittag angeheiterter junger Männer durch die feiernden Menschen drängte und aus vollen Händen Erbsen- und Bohnensamen über die Köpfe der Umstehenden warf, weil es zum gesitteteren Ausstreuen wohl nicht mehr reichte, wurden andernorts schon die Gebete zu Floras Ehren gesprochen. Zwischen ehrwürdige Matronen mischten sich hierbei die grell gekleideten Prostituierten, die Flora als ihre besondere Schutzgöttin verehrten, und nicht wenige der höher stehenden Frauen rückte von den käuflichen Liebesdienerinnen ab, sehr zur Erheiterung der jederzeit zu Spott und Lachen bereiten jungen Römer.
Doch solche kurzen Episoden konnten den Feiernden kaum die Laune verderben, die Sonne schien, am strahlend blauen Himmel zeigte sich kein überflüssiges Wölkchen, und wie es aussah, waren die Götter den Feiernden an diesem schönen Tag gewogen - vielleicht war es nicht die sittenstrenge Iuno, welche allzu genau auf die Menschen blickte, eher der Freund vieler Frauen und ihr Gemahl, Iuppiter, doch eine von schlechtem Wetter ungestörte Feier mochte sich allemal abzeichnen.
Viele Römer hatten es aber auch durch unblutige Opfer verstanden, sich den Göttern als ehrerbietig und fromm zu erweisen, immer wieder konnte man eine Taube in den Himmel aufsteigen sehen, die Tische der Priester bogen sich von selbstgebackenen Köstlichkeiten, die als Opfergaben dienten. So mochte es an diesem schönen Tag für einen jeden möglich sein, etwas zu finden, was dem persönlichen Geschmack des Feierns entsprach - oder aber man wurde durch die ausgelassene, fröhliche Stimmung einfach angesteckt, und konnte auf diesem Weg seinen persönlichen Gefallen an den Floralia finden.
...Es war ein großes Spektakel und an verschiedenen Stellen im Circus wurden den Jägern weitere Speere gereicht, mit denen sie versuchten die fliehenden Tiere zu treffen. Bald waren es schon ein Dutzend kleine Lichter, die im Circus-Oval lagen und sich nicht mehr bewegten. Hier und da erlischte eine Fackel im Staub der Rennbahn. Das Gewinsel der Tiere war aufgrund der schreienden Masse nicht zu vernehmen, die die Jäger mit Rufen anpeitschte auch die letzten Füchse zu treffen, die versuchten einen Zufluchtsort zu finden oder aber panisch umherliefen. Das Publikum schrie so heftig, dass einer der Verfolger im Taumel der Jagd seinen Speer gerade so schleuderte, dass er einen seiner Kollegen traf, der daraufhin blutend zu Boden fiel. Der Ädil Memmius erschrak. Man hatte ihm bereits bei Amtsantritt vorgeworfen, dass er nicht den Göttern geopftert habe, vergaß es aber mit der Zeit. Nun jedoch schien sich der Zorn der Himmlischen bei den Spielen zu entladen, die Memmius ausrichten ließ. Die ersten Zuschauer begannen schon Gerüchte zu streuen, und so begab es sich, dass die Karriere des Sempronius Memmius aufgrund seiner Untaten durch die Götter beendet werden sollte. So deutete es zumindest das gemeine Volk, wodurch nun wieder der Amtskollege Lucius Ausonius Mucianus zum Liebling avencierte, der zuvor so geprellt worden war.
All dies waren aber nur die politischen Gerangel, wie sie täglich in Rom geschahen. Ceres jedoch würde dem Volk, das an jenem Tag mit Speisen und Unterhaltung beschenkt worden war, sicherlich gut gediehene Feldfrüchte bescheren.
...Und mit Einbruch der Dunkelheit war es soweit. In großen Käfigen aus Holz brachte man nun die Füchse in den Circus. Die Tiere wirkten verstört und einige versuchten mit dem Maul die Fackel zu erreichen, die ihnen auf den Rücken gebunden war, was jedoch aufgrund der sorgfältigen Befestigung vergebens war.
Unter dem Geschrei des Publikums traten nun auch die Jäger auf die Rennbahn des Circus Maximus, der am heutigen Abend fast den Eindruck eines Spektakels im Amphitheater hätte hinterlassen können.
Schon bald wurde an der Vorderseite eines jeden Käfigs ein Feuer entzündet und der Lärm des Publikums wuchs. Als man an den Käfigen die schmalen Luken öffnete, versuchten die Füchse aus Furcht vor dem nahen Feuer aus ihrem Gefängnis zu entkommen. Doch beim Verlassen durch die enge Luke des Käfigs entzündete sich die auf den Rücken gebundene Fackel am Feuer, das zuvor am Käfig gelegt worden war. Mit Panik ströhmten nun die Füchse aus ihren Käfigen und den Zuschauern bot sich ein Bild von hundert rennenden Lichtern quer durch den Circus, als würden Glühwürmchen aufgeregt tanzen.
Jetzt nahmen auch die Jäger ihre Speere wurfbereit in die Hand und begannen die Hatz auf die eilenden Feuer.
Unter dem schallenden Jubel der Masse gab der Ädil Sempronius Memmius das Zeichen nun auch Feigen verteilen zu lassen, die er vom Geld, was dem Amtskollegen Mucianus unterschlagen worden war, bezahlt hatte.
Bald schon sah man die ersten kleinen Feuer im Oval des Circus, die sich nicht mehr bewegten...
Die letzten sieben Tage hatte die Frühjahrsonne die Straßen Roms bereits erhitzt. Und in jenen sieben Tagen waren die Bürger der Stadt in die Theater gepilgert, in denen die szenischen Darstellungen der Ludi Cereales aufgeführt worden waren. Ein jeder, besonders die Bevölkerung des Landes, hatte Ceres um das Wachstum der Ähren in dieser Zeit gebeten.
Die plebeischen Ädilen, denen die Ausrichtung der Spiele traditionsgemäß zufiel, hatten für ein ausgeglichenes Programm und einen regen Wechsel der Theaterbühnen der Stadt gesorgt. Gaius Sempronius Memmius hatte sich dabei besonders in Szene gesetzt und sich dem Volke präsentiert, während sein Amtskollege Lucius Ausonius Mucianus in dessen Schatten stand, obwohl er gar dieselbe Summe für die Spiele aufgebracht hatte.
Das Volk jedoch feierte den Memmius und genoss die Spiele und die freie Kost in den Stätten der Unterhaltungskunst.
Heute aber fanden die Cerealia ihren Abschluss und die Feierlichkeiten ihren Höhepunkt. Den ganzen Tag hatte der Circus Maximus Wagenrennen gesehen, einige Nachwuchstalente zeigten ihren Mut und ihr Können, andere nur, dass sie ihr Training fortsetzen sollten.
Am Ende triumphierte ein Italiker aus dem Süden. Er kam aus einer der zahlreichen Landstädte; woher genau, das interessierte an diesem Tage niemanden so wirklich, außer vielleicht hohe Mitglieder der großen Factiones, die nach Nachwuchs Ausschau hielten.
Vielmehr gab man sich auch heute der ausgelassenen Stimmung dieses plebeischen Festes hin, dem nur vereinzelt Patrizier beiwohnten, und aß und trank, was durch die Ädilen geboten wurde.
Am Abend, als die Dämmerung einbrach und die untergehende Sonne die Backsteinbauten Roms für eine Zeit in ein warmes Orange hüllte, strömten besonders viele Besucher in den Circus.
Man erwartete die große Hetzjagd der Füchse...
Das Voropfer folgt und der Sacerdos bietet der kapitolinischen Göttertrias Früchte und Wein dar, auf dass sie sich gnädig zeigen möge im folgenden Opfer. Nach der kultischen Reinigung der anwesenden Helfer gebietet der Herold noch einmal mit einem lauten "Favete linguis!*" Ruhe, dann wird das Pergament mit den Traditionellen Weiheformeln geöffnet.
"Dir zu Ehren, Iuppiter Optimus Maximus, Dir zu Ehren, göttliche Iuno, Dir zu Ehren, göttliche Minerva!
Euch zu Ehren, erhabene Götter unseres Reiches, Euch zu Ehren sei dieses Amphitheater errichtet!
Dir zu Ehren, Iuppiter Optimus Maximus, Dir zu Ehren, göttliche Iuno, Dir zu Ehren, göttliche Minerva!
Euch zu Ehren, erhabene Götter unseres Reiches, zu Eurer Freude mögen die Spiele und Darbietungen in dieser Arena stattfinden!
Dir zu Ehren, Iuppiter Optimus Maximus, Dir zu Ehren, göttliche Iuno, Dir zu Ehren, göttliche Minerva!
Euren Schutz erbitten wir, das römische Volk, für diesen Hort der Freude!
Dir zu Ehren, Iuppiter Optimus Maximus, Dir zu Ehren, göttliche Iuno, Dir zu Ehren, göttliche Minerva!
Euch zu Ehren, erhabene Götter unseres Reiches, Euch zu Ehren sei dieses Amphitheater errichtet!"
Ein Minister trägt die mola salsa heran, ein anderer den Wein. Beides nimmt Natta entgegen und weiht damit nacheinander die Opfertiere für Iuppiter, Iuno und Minerva. Anschließend folgt das rituelle Entkleiden der Rinder - der Sacerdos zieht dabei sein Opfermesser mit der stumpfen Seite über den Rücken jeden Tieres und entfernt dabei nicht nur die wollene dorsule, sondern auch die bunten Bänder um den Kopf. Nachdem das geschehen ist stellen sich die drei Cultrarii, die Schlächter, mit ihren Äxten vor und drei Popae, Opferhelfer, mit ihren Opferhämmern hinter die Tiere. Da der Iuppiter höchster Gott des Reiches ist, ist sein Opfertier das erste, welches sterben muss. "Agone?" fragt daher der Popa hinter dem Ochsen und als Orphidius Natta den Opferbefehl, das traditionelle "Age!" erwidert, saust der Hammer nieder und der Cultrarius schwingt die Axt.
Nacheinander fallen der Ochse für Iuppiter und die beiden Kühe für Iuno und Minerva Hammer und Axt zum Opfer. Ihre Körper schlagen mit dumpfem Laut auf dem Boden auf. Die ersten Zuschauer in den hinteren Rängen des Amphitheaters munkeln schon, dass Minerva nicht zufrieden ist, da ihre Kuh viel zu langsam zu Boden gegangen ist, da treten die Opferhelfer an die Tiere heran und beginnen sie auszunehmen. Routiniert schneiden sie die vitalia, die lebenswichtigen Organe der Rinder heraus und legen sie in die Schalen, welche dem Sacerdos zur Begutachtung vorgelegt werden.
Orphidius Natta weiß nicht genau, wie groß die Donatio der Stadtverwaltung an den Cultus Deorum war, doch anscheinend ausreichend, um den Segen der Götter zu kaufen. Er begutachtet die Eingeweidestücke in den Schalen, eine nach der anderen. Als auch die Gaben für Minerva durch seine Hände und unter seinen prüfenden Augen hindurch gegangen sind, wendet er sich der Tribühne des Amphitheaters zu und erhebt seine Stimme.
"Die göttliche Trias, Iuppter Optimus Maximus, Iuno und Minerva, ist der Stadt Mantua und ihren Bewohnern gewogen. Gerne werden Sie über dieses zu Ihren Ehren errichtete Bauwerk wachen und ihm und dem Geschehen darin Ihren göttlichen Segen zu Teil werden lassen! Litatio!"
Nach der Annahme des Opfers werden die vitalia auf die glühenden Kohlen gegeben. Grauer, nach verbranntem Fleisch riechender, Rauch steigt auf und zieht durch die Arena. Während die Fleischstücke langsam vor sich hin kokeln, schaffen Helfer die Reste der Opfertiere dorthin zurück, wo noch vor kurzem die drei Rinder auf den Beginn der Zeremonie warteten.
Der Sacerdos beendet den Ritus und verlässt schließlich als letzter des Cultus Deorum das Rund des Amphitheaters. Auf dem Altar dampfen noch immer die letzten Reste des Opferfleisches für die Götter. Orphidius Natta fühlt sich durch den guten Verlauf und seine erste Theaterweihung beschwingt. Er nimmt sich vor, am Abend noch einmal jenes kleine Etablissement aufzusuchen, vielleicht würde er sich solchermaßen gestärkt heute in die Bruderschaft der Sieben eintragen können, denn am Vorabend war er für diese Leistung einfach zu müde von der Reise gewesen.
* Hütet eure Zungen!
Eigentlich müsste Orphidius Natta nicht auf die Fanfaren warten, die das Opfer ankündigen. Der Beifall auf die Rede des Magistraten ist auch unter den Zuschauerrängen zu hören. Dann öffnet sich die Pforte hinaus ins Rund des Theaters, die Tibicines, die Flötenspieler, beginnen ihr Lied und die kleine Prozession schreitet hinaus ins helle Sonnenlicht. Hinter Natta entsteht eine kleine Lücke, denn dem Ochsen gefällt es anscheinend ganz gut in den dunklen Gängen und es braucht ganze drei Männer, die ihn anschieben, um ihn dazu zu bewegen die Arena zu betreten. Schnell halten die Sklaven die beiden Kühe etwas zurück, so dass sie im gleichen Abstand dem Ochsen folgen wie dieser dem Sacerdos und die Verzögerung daher nicht auffällt, sondern es aussieht, als wäre sie geplant. Orphidius Natta bemerkt von all dem nichts, sondern versucht seine Begeisterung ein wenig zurück zu halten und angemessen würdevoll durch das Rund zu schreiten. Er betritt zum ersten Mal in seinem Leben ein Amphitheater aus den Gängen heraus. Tempel hat er schon einige geweiht, auch so manches Staatsgebäude, doch ins Amphitheater kommt er normalerweise nur als Zuschauer. Die Menschen auf den Rängen scheinen wie in einer anderen Welt, ein bisschen abgehoben, vor allem diejenigen, welche die Sonne in ihrem Rücken haben.
Vor dem Altar kommt der Zug zu stehen. Die Opfertiere werden mit ihren Zugseilen an im Boden eingelassenen Eisenringen befestigt, die tripolitanischen Sklaven stellen das Podest ab und den foculus oben drauf. Nachdem die Kohlen entzündet sind und auch das Kultpersonal seine Positionen eingenommen hat, ertönen die Fanfaren erneut, um den Beginn des Opfers anzukündigen und Ruhe zu fordern.
Orphidius Natta schlägt eine Falte seiner Toga über den Kopf und tritt auf das Podest hinauf. Einige Sekunden vergehen in Schweigen, dann greift er in ein von einem Minister gehaltenes Kästchen und streut schließlich die Räucherung aus Lorbeer, Kassia und Weihrauch über die Kohlen. Weißgrauer Rauch steigt auf und schwebt hinauf in den hellblauen Himmel über Mantua, ist jedoch schon nach wenigen Schritt Höhe nicht mehr zu sehen.
"Iuppiter Optimus Maximus, göttliche Iuno, göttliche Minerva - gewährt uns die Gunst Eurer Anwesenheit an diesem Tag da Euch dieses Bauwerk zugesprochen werden soll!"
Während um ihn herum eine Menge Tempeldiener mit hektischen Vorbereitungen beschäftigt sind, steht der Sacerdos publicus Orphidius Natta seelenruhig vor den drei Opfertieren und klappt das Ohr einer Kuh nach vorne um sich zu vergewissen, dass sie auch dahinter ordentlich gekalkt ist. Der kleine Tross des Cultus Deorum, der groß genug ist um eine ansehnliche pompa zu bilden, hält sich irgendwo in den Gängen des neuen Amphitheaters auf und wartet auf seinen Einsatz nach der Eröffnungsrede. Die drei Tiere, ein Ochse und zwei Kühe, sind weiß gekalkt und strahlen im Licht der Fackeln und Öllampen geradezu unheimlich. Eine Abordnung tripolitanischer Sklaven hält sich bereit nicht nur das kleine Podest, sondern auch den tragbaren Altar für das Voropfer, den sogenannten foculus, hinaus vor den Altarstein im Amphitheater zu tragen. Popae, Cultrarius und Ministri tragen die Schüsseln und Kannen mit den Voropfergaben, halten weitere Schüsseln mit Weihrauch und die mola salsa, halten Schriftrollen und alles, was man sonst für ein großes Opfer braucht. Ein Popa schimpft einen Minister aus, dem gerade eine silberne Schüssel auf den staubigen Boden gefallen ist und ein Herold übt die Tonleiter hinauf und hinunter um seine Stimme vorzubreiten.
Orphidius Natta lässt das Ohr der Kuh zufrieden wieder herunter klappen und wendet sich um, um seine Position im Opferzug einzunehmen. Die Reise nach Mantua war nicht ohne Anstrengung gewesen, doch den Abend zuvor hat er in einem netten kleinen Etablissement mit Aussicht auf Glückseeligkeit verbracht und war daher an diesem Morgen bestens gelaunt. Es wird zwar noch etwas dauern, bis das Opfer stattfindet, doch die Abordnung des Cultus Deorum ist bereit.
Nachdem die Opfergaben an die große Göttin übergebeben worden waren, beschloss der Priester das Opfer, indem er in den Sprechgesang der Eunuchen einstimmte.
"Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!"
"Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!"
Schließlich wandte der Sacerdos sich ab, hinter ihm folgten die Tempeldiener, und während sie sich in den Tempel hinein zurück zogen, kam in die Menschenmenge auf dem Opferplatz Bewegung. An den Seiten wurden Tücher von Tischen genommen, welche bisher einfache Speisen, Brot, Obst und Eintopf, und Krüge und Becher voll gemischten Weins verborgen hatten. Grillspieße wurden innerhalb weniger Minuten rasch aufgebaut, das Feuer darunter in rußgeschwärzten Schalen geschürt und mehrere Säue herbeigeschafft. Die Trommler und Tubenspieler begannen einen schnellen Rythmus, welcher den Platz in eine volksfestartige Stimmung tauchte und schon waren auch die ersten Straßendarsteller parat und boten Kunststücke und Lieder dar. Obwohl bereits den ganzen Tag über in der Stadt Feststimmung herrschte, so waren die Megalesia nun auch offiziell eröffnet.
WiSim: Zu den Megalesia (Cultus Deorum).
Ein tief tönender Laut, jene die solch ein merkwürdiges Tier bereits gehört hatten mochten es vielleicht mit dem Trompeten eines Elefanten vergleichen, ertönte aus einer Tuba und gebot Schweigen. Die Musik setzte aus, Trommler und Trompeter hielten inne, die Litanei der Eunuchen verklang in Gemurmel, schließlich in Stille, nur leise klirrten die Schellen, wenn sie sich bewegten.
"Magna Mater! Megale Meter!", donnerte die Stimme des Priesters über den Platz, musste vom Palatin aus fast über die ganze Stadt hinwegrollen. Noch waren seine Worte im Nachhall inbegriffen, da folgten die Euchnuchen.
"Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!"
Synchron folgte der Schlag der Trommeln.
"Große Göttin Mutter der Welt!"
"Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!"
"Unser Dank sei dir gewiss!"
"Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!"
"Unser Dank für Jahrhunderte!"
"Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!"
"Jahrhunderte der Vergangenheit!"
"Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!"
"Jahrhunderte der Zukunft!"
"Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!
Das Voropfer wurde zelebriert, Erdfrüchte und dunkler Wein waren der Göttin angedacht, fortwährend begleitet von den Worten der Kultmänner, welch auch nicht verstummten, als der Priester das rituelle Häuten des Opfertieres durchführte.
"Große Göttin!"
"Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!"
"Unser Gabe für Dich!
"Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!"
"Deine Gunst für uns!"
"Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!"
"Große Mutter!"
"Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!
Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!"
Ohne, dass von außen sichtbar gewesen wäre, dass das Signal gegeben wurde, schlug ein Helfer die Kuh mit einem Knüppel auf den Hinterkopf, ein anderer ließ das Beil in ihre Kehle hernieder fahren. Blut schoss aus der Wunde, platschte übertönt durch die Worte der Eunuchen auf den Stein und spritzte zu den Seiten. Kaum wuchs die Lache an, erreichte auch der kaum noch lebendige Körper des Tieres mit dumpfem Schlag den Grund und ließ den Boden um sich herum erzittern.
"Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!
"Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!"
Die Eingeweide wurden dem Tier entnommen und durch den Priester betrachtet. Noch eben ward er in das Studium der Vitalia versunken, da riss er die Arme empor, übertönte mit lauter Stimme die Litanei.
"Die Große Mutter hat unsere Bitte erhört!"
"Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!
Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!"
Angenehm warm legten sich die Strahlen der Frühlingssonne über Rom, erwärmten die Pflastersteine der Straßen und Foren und wurden vom weißen Marmor der maiestätischen Gebäude reflektiert. Ein buntes, reges Treiben breitete sich mit jeder Stunde über die Stadt aus, nicht etwa das übliche Durcheinander von Händlern, welche auf die Märkte strebten, von Klienten, welche sich zu ihren Patronen aufmachten, begleitet von ihren eigenen Klienten, nicht etwa von frühen Einkäufern oder Beamten, auch nicht Handwerkern auf ihren Wegen zwischen den Baustellen - es war das feierliche, ausgelassene Treiben nicht nur eines, sondern gleich mehrerer Feiertage. Die Megalesia zu Ehren der Magna Mater, bisweilen auch Kybele genannt, hatten ihren Einzug ins Imperium Romanum gehalten - gefeiert seit über dreihundert Jahren, seit die Sibyllinischen Bücher den Import der Magna Mater ins römische Götterpantheon bestimmt hatten. Die dunkle Göttin hatte dem Römervolk geholfen die punischen Feinde im zweiten punischen Krieg in Schacht zu halten und das Volk hatte ihr dies mit ewig währendem Danke und jenen jährlichen Festtagen der Megalesia vergolten.
Überall in der Stadt, auf vielen Plätzen und Foren, nutzten die Straßenkünstler die Ruhe und Freizeit der Bürger, um sich ein paar Münzen zu verdienen, spielten ihre, oft satirischen, Theaterstücke auf, boten Darbietungen aus Tanz und Musik, erfreuten die Massen mit ihren Kunstücken und Jonglagen, bisweilen auch wagemutigen Aktionen - einer von ihnen spannte ein Seil zwischen zwei Insulae und vollführte obenauf allerlei Posen während seine Tochter auf der Straße darunter ihn anpries und die Kollekte eintrieb - oder trugen Verse aus Dichtung und Epen vor. Die öffentlichen Darbietungen würden die Nachmittage und Abende füllen, Aufführungen in den Theatern der Stadt, szenische Darbietungen und musische Genüsse, aber auch der ein oder andere Gladiatorenkampf mit bekannten Kämpfern und womöglich ein kleines Wagenrennen zum Abschluss der Feierlichkeiten.
Der öffentliche Auftakt zu den Ehrentage der Magna Mater begann jedoch am Nachmittag dort, wo sie auch den Rest des Jahres über zum Verweilen eingeladen war, vor dem ihr geweihten Tempel auf dem Mons Palatinus. Dort würde nicht nur das öffentliche Opfer stattfinden, sondern auch das durch den Staat ausgerichtete Fest, an welchem alle Einwohner Roms teilhaben konnten. Auf dem Vorplatz des Gebäudes hatten sich bereits die Tempeldiener der Magna Mager aufgereiht, Eunuchen allesamt, gewandet in lange, bunte Tuniken und farbige Stofftücher, um ihre Hand- und Fußgelenke waren Schellen gebunden, die bei jeder der zahlreichen Bewegungen klirrend erklangen. Unablässig schwankten die Körper der Männer hin und her, ihre Arme schwangen auf und ab und ihre Kehlen formten die rituellen Gesänge, mit welchen sie sich in Trance versetzten.
"Oh-ou, Magna Maaa-ter, Me-gale meeee-ter!
Oh-ou, Me-gale meee-ter, Magna Maaa-ter!
Eine kleine Pompa zog um den Tempel herum, angeführt von sechs muskulösen, dunkelhäutigen Nubiern, welche auf ihren Schultern eine Lade mit einer Statuengruppe trugen, welche die Kybele darstellte, die auf einem von Löwen gezogenen Wagen thronte, die hausgemauerte Krone auf ihrem Kopf, in Händen Szepter und Füllhorn schwingend. Nicht nur die Kybele war lebensecht bemalt, mit Edelsteinen und Einlagen aus Elfenbein verziert, auch die Löwen glänzten von Gold überzogen in den Strahlen der Sonne. Dem Göttinnenbild folgte ein in groben blau-schwarzfarbenen Wollstoff gekleideter Priester, sein weißfarbenes Haar wurde ebenfalls bedeckt von einem schwarzfarbenen Tuch und obwohl auch er im Rythmus der Schellen und Trommeschläge leicht schwankte, so war sein Blick doch aufmerksam und konzentriert. Viel zu selten, so befand er persönlich, wurde der großen Muttergöttin die ihr zustehende Aufmerksamkeit zuteil, darum sollte an diesen Tagen alles perfekt ablaufen. Nach dem Priester wurde die schwarze Kuh geführt, die goldfarbenen Hörner hoben sich strahlend vom dunklen Fell ab, die roten Wollbinden um ihren Kopf glänzten beinahe wie Blutfäden. Dahinter folgten Tempeldiener, dann die ausgelassen mit den Händen auf ihre Trommel schlagenden oder die dunkel klingenden Tuben blasenden Musikanten, schließlich noch mehr bunt gewandete Eunuchen - Tempelpersonal aus den anderen Tempeln der Magna Mater - und schließlich der Zug der Bürger, die sich der Prozession für eine mehr oder minder lange Strecke angeschlossen hatten, grob aufgereiht nach ihrer gesellschaftlichen Stellung. Vor dem Opferstein zerstreute sich die Menge, die Priester bezogen dahinter Stellung, die Bürger sammelten sich in einem bunten Mosaik im Halbkreis vor dem Tempel, die sechs Nubier trugen das Bildnis der Göttin die Tempelstufen hinauf und stellten es oben auf dem Podest ab.