Beiträge von Grian

    Das schwache Licht einer einzigen Ölfunzel, die der Dukelheit des Raumes nicht viel abzuringen vermochte, bemerkte ich schließlich. Er musste da sein, sonst würde die Öllampe ja nicht brennen. Vielleicht schlief er bereits, weil er es womöglich gewesen war, der sich den ganzen Nachmittag übergeben hatte. Vielleicht wäre ein Kamillentee doch hilfreich gewesen, sinnierte ich, während ich unsicher durch den Türspalt lugte.


    Dann endlich ein Lebenszeichen. Der Dominus musste einfach nur gedöst haben und war nun aufgewacht. Er wirkte überrascht, mich noch zu sehen. Vielleicht hatte er geglaubt, der Sklavenhändler hätte mich schon längst mitgenommen. Zum Glück hatte ich mich für den Rest des Nachmittags gut versteckt gehalten. So konnte ich ihn vielleicht jetzt doch noch umstimmen.


    „Dominus, ich…äh“, fing ich an, doch ich verlor schnell wieder den Mut, als Dominus Casca erwähnte, dass er mich suchen lassen wollte. Verdammt, es war ihm also richtig ernst! Ich erstarrte. Auch dann als er mich zu sich winkte, bekam ich keinen Schritt vor den anderen. Aber irgendwie schaffte ich es dann doch. Äußerst beklommen kam ich seiner Bitte nach. Als ich auf halben Weg zu seinem Bett stand und er mir sagte, er müsse mit mir reden, spürte ich eine heftige Erschütterung in mir, als hätte mich jemand mit einer Keule niedergeschlagen. Mir kamen die Tränen und ich begann zu zittern. Jetzt gleich würde er mir sagen, dass er meiner überdrüssig war und mich an den Kerl von heute Nachmittag verhökert hatte. So ein Mist! Hier hatte ich doch alles und mit der Zeit hatte ich mich auch richtig wohl gefühlt. Obwohl manche der Sklaven echt bescheuert waren.


    Er winkte mich noch näher zu sich hin. Doch dann sollte ich noch seinen Becher mitbringen und ihn vorher auffüllen. Zitternd wandte ich mich zu dem Tablett, dass auf einer Kommode stand und auf dem eine Kanne und ein Becher standen. Ich füllte den Becher mit dem Wein-Wasser-Gemisch aus der Kanne. Dabei verschüttete ich fast die Hälfte, weil ich so aufgeregt war. Ich atmete erst mal tief durch, bevor ich mich zu ihm auf den Weg machte.


    Oh Mann, sein Gesicht sprach Bände! Eine total finstere Miene! Was hatte ich nur getan, dass er so sauer auf mich war?
    Als ich dann neben seinem Bett angekommen war, reichte ich ihm zunächst den Becher. „Bitte, Dominus!“ Für einen kurzen Moment trafen sich unsere Augenpaare. Ich schluckte schwer. Bisher hatte ich versucht meine Tränen zurückzuhalten. Aber das wurde immer schwieriger. Schließlich brach es aus mir heraus. Ich begann zu heulen, warf mich vor seine Füße und begann zu jammern. „Bitte Dominus, bitte tu das nicht! Ich werde von jetzt ab, auch immer sehr fleißig sein, so dass du dich nie mehr wegen mir beklagen musst!“

    Diesmal konnte ich mich nicht vor der Arbeit drücken. Etwas Seltsames lag in der Luft. Ich hatte es ja nur mit einem halben Ohr mitbekommen, was passiert war. Dominus Cascas Mutter sei erkrankt hieß es. Und als pflichtbewusster Sohn wollte er natürlich sofort zu ihr. Allerdings wohnte die Gute nicht direkt hier um die Ecke, sondern in in Pireus oder so ähnlich. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wo dieses Pireus lag. Bis mir Sidonius, der syrische Custos schließlich verriet, dass Pireus eigentlich Priäus hieß und das der Hafen von Athen war. Aha! Hautsache nicht dumm sterben, dachte ich mir.
    So scharfsinnig, wie ich nun mal war wusste ich sofort, dass wohl demnächst eine Schiffsreise anstand! Hafen = Schiff!


    Ich war noch nie auf einem Schiff gewesen. Das war bestimmt waaahnsinnig aufregend! Bei der Gelegenheit dachte ich wieder einmal an Silas, der immer davon geträumt hatte, mal auf einem großen Schiff zu fahren. Wo er nur war und wie es ihm dort ging? Ich schob die Melancholie beiseite, denn es gab noch irre viel zu tun! Die Wäsche des Dominus musste noch gewaschen werden, seine Koffer packten sich auch nicht von alleine. Auf Muckel zu hoffen tat ich mir erst gar nicht an, denn der Kerl war dermaßen verpeilt. Am Ende fehlte die Hälfte der Sachen von Dominus Casca.


    Was mich ja ein wenig stutzig machte bei der ganzen Sache, es hieß es immer nur Dominus Casca und sein Leibsklave reisen nach Piräus. Und was war mit mir? Er wollte mich doch nicht am Ende hier lassen? Ich, die Stütze seines Haushalts, ohne die hier absolut gar nichts lief! Naja, das war jetzt vielleicht ein bisschen weit hergeholt. Aber dennoch, Dominus Casca würde etwas fehlen, wenn er mich nicht mitnahm! Ich musste ihn nur noch davon überzeugen, das dem tatsächlich so war!


    Ein paar Mal hatte ich versucht, einfach ins Atrium hineinzuplatzen, getreu dem Motto: ‚Tarra, hier bin ich‘. Beim ersten Mal hatte ich nur einige Gesprächsfetzten mitbekommen.


    Zitat

    Original von Gnaeus Decimus Casca


    “Naja… wir müssen zumindest aufbrechen!“, sagte ich dann für die Umstände doch recht diplomatisch.
    “Ja…. Ich meine… ja…. Domina Mena ist ja auch recht zäh….“, stellte nun Muckel seine Gedanken in den Raum.


    Entsetzt blieb ich stehen und machte keinen Schritt weiter. ‚Hä was, wer muss brechen?‘ schoss es mir durch meine Gedanken- Wir waren doch noch gar nicht auf dem Schiff! Wenn sich das nicht nach einer bösen Magen-Darm-Infektion anhörte! Vielleicht sollte ich schnell in die Culina eilen und Dominus Casca einen Kamillentee zubereiten. Aber nein, am Ende musste er ja gar nicht... also sich übergeben... oder so. Nein, das war keine gute Gelegenheit, um den eigenen Dominus zu umgarnen, damit er mich mitnahm!


    Einige Zeit später war ich wieder auf dem Sprung zum Atrium. Diesmal war offensichtlich Besuch eingetroffen. So ein Mist, schon wieder war Dominus Casca beschäftigt. Langsam musste ich mir echt etwas einfallen lassen, denn morgen schon sollte es losgehen! Aber natürlich interessierte es mich auch brennend, wer dieser exotische Kerl im Atrium war. Ich musste nicht lange warten, denn dann bekam ich eine Antwort auf meine Frage!


    Zitat

    Original von Gnaeus Decimus Casca


    “Die Nasirs sind Gewürz- und Sklavenhändler. Sie wollen in Richtung Piräus, so wie wir!“
    Alles in Allem eine recht praktische Angelegenheit.


    Mir blieb beinahe das Herz stehen! Nasir... Sklavenhändler... Mir wurde ganz blass um die Nase! Wieso traf sich der Dominus mit einem Sklavenhändler? Doch nicht etwa wegen mir? Wollte er mich etwa... verkaufen? Nein, dass konnte doch nicht sein? Was hatte ich falsch gemacht? Wenn ich jetzt nicht zu feige gewesen wäre, hätte ich mich ihm direkt entgegen gestellt und gefragt, WARUM???!!! Aber ich war noch nie eine Superheldin gewesen, deshalb hielt ich es für besser, mich rar zu machen.


    Erst am Abend traute ich mich wieder aus meinem Versteck heraus. Inzwischen war ich ein einziges Nervenbündel und konnte kaum noch klar denken. Was sollte ich nur tun? Dominus Casca konnte mich doch nicht einfach so verschachern! Schon gar nicht an einen solchen exotischen Kerl!
    Irgendwann fand ich mich vor der Tür zu Dominus Cascas Cubiculum wieder. Mit zittriger Hand klopfte ich zaghaft an. Vielleicht zu zaghaft. Denn ich hörte kein ‚Herein‘. Ganz vorsichtig öffnete ich die Tür und steckte meinen Kopf hindurch. „Dominus, bist du da?“

    Am Anfang war ich ganz schon geschockt gewesen. Dann war die Angst gekommen, doch ich merkte, dass mein Angst immer mehr in Ärger umschlug. Seit Silas Verschwinden war viel gemunkelt worden und die Mutmaßungen über den Verbleib des jungen Sklaven hatten in der Sklavenschaft die Runde gemacht. Teilweise waren dabei ziemlich abenteuerliche Vermutungen in den Köpfen der Sklaven herangewachsen, die mehr oder weniger glaubwürdig oder aber auch völlig abstrus waren. So ging das Gerücht um, Silas sei von Piraten entführt worden und mittlerweile nach Parthia verschleppt worden. Andere wiederum glaubten, er sei einfach abgehauen und mache sich nur eine gute Zeit irgendwo und käme demnächst wahrscheinlich freiwillig wieder zurück, weil die echte Freiheit da draußen nichts für jemanden sei, der schon als Sklave geboren worden war. Wieder andere glaubten, Dominus Serapio hätte ihn mit einem geheimen Auftrag betraut, um irgendjemanden zu bespitzeln. Jene vermuteten, Silas würde sich seitdem in der Subura herumtreiben und hätte sich einer der zahlreichen Banden dort angeschlossen. Philodemus, dieser alte Wichtigtuer wollte ihn da schon gesehen haben. Allerdings hatte er das nicht Dominus Serapio gesteckt, sondern für sich behalten und sich damit vor den anderen Sklaven gebrüstet.
    Silas´ Familie hielt sich jedenfalls über den Aufenthaltsort des Jungen dezent zurück. Ebenso die Decimer. Manchen war es sowieso egal, was mit dem Sklavenjungen geschehen war. Zu gerne hätte ich Dominus Serapio dazu gefragt, aber seit unserem gemeinsamen Theaterbesuch, bei dem ich mich ein klitzekleines Bisschen daneben benommen hatte, versuchte ich ihm möglichst aus den Augen zu gehen. Nicht dass ich am Ende doch noch in den Schwefelmienen landete!


    Ich selbst wusste nicht, was ich darüber denken sollte. Allerdings konnte ich nicht glauben, dass er von sich aus so eine Dummheit machte und einfach weglief. Er wusste doch genau, was ihm blühte, wenn man ihn zu fassen bekam. Zwar kannte ich Silas noch gar nicht so lange, doch ich hatte begonnen, ihn zu mögen. Denn er war der Einzige in diesem Haus, mit dem man reden konnte, ohne dabei Gefahr zu laufen, dass das Gesagte danach die Runde machte. Außerdem hatte Silas mich ernst genommen und in mir nicht das blonde Dummchen gesehen, das man für ne schnelle Nummer herumkriegen konnte.
    Irgendwas Schlimmes musste ihm passiert sein. Und genau das machte mir Angst! Aber wenn er nun doch einfach abgehauen war? Wenn er das gemacht hatte, ohne mich mitzunehmen, dann konnte er mir echt gestohlen bleiben!
    Seitdem er weg war, war alles einfach nur noch doof! In der kurzen Zeit, in der wir zusammen gewesen waren, hatten wir echt voll tolle Sachen erlebt. Zum Beispiel, als wir mit den Molosserhunden spazieren gegangen waren und uns die dämlichen Viecher abgehauen waren. Ja, das war echt lustig gewesen!


    Besonders doof war es, wenn Dominus Casca mal wieder im Tempel abhing und Rhea mich zum Staub wischen rekrutierte. So wie heute! Die Statuetten, die im Atrium so rumstanden, hatten´s mal wieder echt nötig. Nicht dass auf ihnen eine fingerdicke Staubdecke lag. Nein, eigentlich war es nur eine hauchfeine Schicht. Doch wenn man Rheas Worten Glauben schenken durfte, dann kam das einer Katastrophe apokalyptischen Ausmaßes gleich. Mir ging das alles zehn passus am Allerwertesten vorbei. Ich tat meine Arbeit, wenn auch mit großer Unlust. Und weil mir die Motivation fehlte, musste ich auch dauernd an Silas denken, diesen kleinen Iditoten. „Du Dödel, wie konntest du mir nur so etwas antun!“, sagte ich schluchzend zu einer Statue, die irgendeinen jungen Kerl darstellte, der kaum etwas anhatte und den ich auch nicht kannte.

    70 Jahre nach dem Tod eines Autors werden seine Werke allgemeinfrei. Das bedeutet, dass jeder Verlag den Text ohne weiteres drucken darf, ohne befürchten zu müssen, deswegen mit dem ursprünglichen Lizenzinhaber oder den Nachfahren des Autors Probleme zu bekommen.

    Endlich hatte sich die Sandale dazu entschlossen, doch noch den Abgang zu machen. Allerdings erst nachdem ich nachgeholfen hatte. Widerspenstiges Ding! Na ja, also an seiner Stelle hätte ich mir noch ein paar andere Sachen ausgezogen. Aber gut, das blieb dann mal wieder an mir hängen.

    Was sollten denn jetzt dieses Ach?! Vielleicht hatte ich ja ein bisschen dick aufgetragen. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr. „Ja! Das ist so ´ne exotische Technik,“ erklärte ich altklug. „Das hab ich bei einer äh“ Lupa? „Meisterin aus Arabia gelernt.“ Ob Arania tatsächlich aus Arabia stammte, hatte sie wahrscheinlich selbst nicht gewusst. Aber Arabia klang einfach irgendwie besser als die Gosse der Subura.


    Ach herrje, sein Bein war ihm stets eine Last, hatte er gesagt. Also dann war es auch egal ob wir das jetzt hier durchzogen oder irgendwann später. Denn morgen war ihm ja das Bein auch noch eine Last. Aber zum Glück war ja das Bein nun auch nicht der entscheidende Faktor bei diesem Unterfangen. Für meinen Dominus waren seine bloßen Füße ja schon eine Erleichterung.
    „Ach echt?“, fragte ich skeptisch. „Sollten wir denn nicht noch mehr…äh. Also ich meine ja nur, dann kannst du dich vielleicht noch etwas mehr entspannen, Dominus. Vielleicht noch die Tunika?“ Mir sollte es im Grunde egal sein. Ich hätte das auch mit der Tunika machen können. Aber wie es schien, war er so schon total entspannt, wie er sagte. Ich hatte zwar nicht ganz kapiert, was er genau sagen wollte. Und was die Säfte damit zu tun hatten? Welche Säfte? Normalerweise trank er doch nur verdünnten Wein. Das verwirrte mich alles ein bisschen, aber ich nickte brav und lächelte, Das war bestimmt das Beste im Augenblick.


    Aha, da sagte er es ja nun auch selbst, dass es ihm völlig Wurst war, wann ich nun beglückte. Da er ja immer Schmerzen im Bein hatte. Ein bisschen bemitleidend sah ich ihn nun schon an. Das war bestimmt nicht toll, jeden Tag die Schmerzen im Bein zu haben, Vielleicht sollte er da mal was machen lassen. Ich hatte gehört, dass man mit ein paar gezielten Handgriffen zumindest zeitweise die Schmerzen etwas verringern konnte. Aber gut, dafür war ich ja nicht zuständig.


    Tja, nun sollte es also wirklich losgehen. Irgendwie war ich jetzt ein wenig aufgeregt, denn ich wollte ja meine Sache gut machen. Fragte sich nur, ob ich mich vielleicht auch entkleiden sollte. Denn das war es ja meistens, was Männer so wollten. Nackte Frauen und so. Da war es für sie manchmal einfacher. Außerdem, wie ich seiner Rede entnehmen konnte, war eine gewisse Dringlichkeit geboten, da er ja noch zur Arbeit in den Tempel musste. Na ob Druck machen jetzt wirklich gut war? Ich musste also alle Register ziehen, damit er hinterher zufrieden war. Was er dann über Muckel sagte, begriff ich nicht si ganz. Aber gut, Männer hatten da ja auch ´ne ganz andere Technik drauf.
    Er schob seine Tunika ein wenig nach oben. Das sollte wohl der Startschuss sein. Aber bevor ich anfing, musste ich doch noch eine Frage loswerden. „Äh Dominus, soll ich mich denn auch entkleiden? Das wäre vielleicht besser, weil du doch etwas in Eile bist.“ Nicht das es hinterher hieß, ich sei dran schuld gewesen, dass es nicht geklappt hatte.

    Sichtlich gezeichnet von den letzten Tagen im Carcer wurde ich endlich aus diesem dunklen und stinkenden Loch geholt. Einer der Urbaner, der natürlich kein Wort mit mir sprach und mir somit auch keine meiner Fragen beantwortete, wohin man mich den jetzt brächte, hatte mich aus der Zelle geholt und führte mich nun zum Tor.
    Es war eine Wohltat, endlich wieder frische Luft atmen zu können. Und auch, wenn das Tageslicht meine rot unterlaufenen und verheulten Augen zunächst geblendet hatte, war ich doch sehr froh, wieder den blauen Himmel und die weiß-grauen Wölkchen zu sehen. Doch am meisten erfreute mich der Anblick Cascas und Muckels! Am liebsten wäre ich beiden um den Hals gefallen, aber ich hielt mich (noch) zurück. Sicher wäre das meinem Dominus nicht recht gewesen, wenn ich mich nun in aller Öffentlichkeit an ihn schmiss. Nein, nicht vor den Urbanern! Doch die Freudentränen konnte ich nicht unterdrücken. Und so ließ ich ihnen freien Lauf.

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    | Nicon



    Nicon hatte sich nicht in der Tür geirrt, deshalb schüttelte er eifrig mit dem Kopf, nachdem er Dominus Casca und dessen Sklaven interessiert beobachtet hatte. Doch sein Hauptinteresse galt nun plötzlich dem Schwert, das der Dominus in seiner Hand mit sich trug als er auf ihn zuging. Zu gerne hätte er es auch einmal gehalten. Aber selbst Dominus Serapio hatte ihm das bisher noch nicht erlaubt.


    Als der Junge jedoch hörte, dass man Grian verhaftet hatte, wurden seine Ohren immer größer und das Schwert rückte wieder mehr in den Hintergrund. Dummerweise aber gab das Schreiben nicht viel über die Gründe her, weshalb man die Sklavin verhaftet hatte. Doch alleine die Tatsache, dass er nun wusste, dass sie verhaftet worden war, würde ihm unten in den Untiefen der Casa, wo sich das servitriciuum befand, eine Menge Aufmerksamkeit bescheren.


    Als der Decimer beschloss, unverzüglich aufzubrechen, begannen schon die Augen des jungen Sklaven zu glänzen. Vielleicht nimmt er mich mit, hoffte er insgeheim. Doch falsch gedacht! Der Dominus und sein Sklave ließen ihn einfach stehen. Er sah ihnen noch nach, schöpfte aber dann Hoffnung, als er wieder umkehrte. Dominus Casca drückte ihm aber ‚nur‘ den Gladius in die Hand und meinte, er solle ihn doch zu seinem Neffen bringen. Nicon freilich, hatte dafür eine weitaus bessere Verwendungsmöglichkeit, die er aber natürlich für sich behielt.


    „Ja, Dominus, natürlich Dominus, “ antwortete er eine Spur zu brav und freute sich auch schon auf die anstehende Mäusejagd. Denn mit dem Auftrag des Dominus war ihm ein großes Stück Speck sicher, welches er zu einem Viertel zur Jagd nach den lästigen Nagern nutzen wollte. Den Rest jedoch würde er genüsslich verspeisen.

    Also ein bisschen suspekt war mir das Ganze ja schon! Wie mein neuer Dominus so tiefenentspannt da lag, hätte ich denken können, er wartet auf einen Tonsor, der ihm die Haare schnitt oder den Bart trimmte. Komisch, die meisten Kerle hatten doch so etwas wie Begierde und zeigten das auch ganz deutlich. Aber er hier hatte wirklich die Ruhe weg! Auch als ich ihm vorschlug, sich zu entkleiden sah er nicht wirklich einen Sinn dahinter. Er war doch hoffentlich nicht prüde und schämte sich vor mir! Ja sicher, bei den Römern musste man ja wirklich mit allem rechnen, zum Beispiel auch, dass ich seine erste Frau sein würde, weil er es vorher lieber mit diesem komischen Muckel getrieben hatte.


    Als Dominus Casca nun versuchte, sich als erstes seiner Sandalen zu befreien, hob ich instinktiv die Augenbrauen. Klar, die Sandalen konnten auch sehr störend sein – bei sowas. Allerdings war das anscheinend gar nicht so einfach für ihn und als er mir etwas über einen kleinen Teil der Muskulatur erzählen wollte, kapierte ich gar nichts mehr. Um an seine Sandale zu kommen, musste er ein wenig das Bein anwinkeln, dabei stieß er so einen komischen Schrei aus, der mich zusammenzucken ließ. Automatisch verzog ich auch das Gesicht. Mir war ja schon ein paar Mal aufgefallen, dass er manchmal humpelte, aber ich hatte mir nie vorstellen können, wie sehr ihn sein Bein schmerzte. Ob wir das alles nicht besser verschieben sollten, wenn es seinem Bein wieder besser ging, war mein erster Gedanke. Aber um das zu fragen, fehlte mir einfach der Mut! Da war mir seine Nachfrage tausendmal lieber, obwohl mich das auch ein wenig ins Schlingern brachte, denn es gab schlichtweg keinen Lehrmeister. Alles worauf ich mich berufen konnte, waren die Künste einer Gewissen Arania, einer jungen exotischen Schönheit, mit dunklem Teint und einem seltsamen Akzent, den ich überhaupt nicht hatte zuordnen können.
    „Äh, ja Dominus, doch sie verspricht die größtmögliche Befriedigung deiner Wünsche und das mit wenigen Handgriffen!“, erklärte ich großspurig, obwohl ich eigentlich nicht viel Ahnung davon hatte.


    Dominus Casca gab sich schließlich geschlagen. Die Sandalen stellten sich als weitaus widerspenstiger heraus, so dass er auf mein Angebot zurückkam, ihm behilflich zu sein. Für mich war es natürlich kein großes Ding, die Sandalen zu öffnen. Er hingegen spürte erneut Schmerzen, als er sein Bein wieder auszustrecken versuchte.
    Hast du etwa Schmerzen im Bein, Dominus? Sollen wir das hier nicht lieber verschieben, wenn es dir besser geht und du es mehr genießen kannst?“ fragte ich ihn endlich entschlossen. Nicht dass es am Ende noch hieß, ich sei daran schuld, dass es ihm nicht gefallen hatte. Außerdem hätte ich sowieso liebend gerne darauf verzichtet. Ich kannte ihn ja kaum.

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    | Nicon


    Als er die Tür öffnete und der Junge den Decimer und dessen Sklaven mit einem Gladius herumfuchteln sah, verschlug es ihm erst einmal die Sprache. Besonders interessant war aber die Tatsache, dass der Herr auf dem Boden herumkroch und sein Sklave hinter ihm stand. Offenbar galt es, einem Tier den Garaus zu machen. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Beinahe wäre ihm sogar die Tabula aus seinen Händen gefallen. Herrje, sollten sich denn schon wieder Mäuse oder gar Ratten in der Casa eingenistet haben? Allerdings war dafür ein Gladius sicher das ungeeignetste Instrument, um diese Tiere zu jagen. Um Mäuse oder Ratten zu fangen brauchte es viel Geduld und ein Stück Speck! Nicon war auf diesem Geiet sozusagen ein Experte, denn einer seiner Lieblingsstreiche war es, Mäuse zu fangen und damit die weibliche Sklavenschaft in Angst und Schrecken zu versetzen, Hei, war das immer ein Spaß, wenn alle zu kreischen anfingen, nachdem er das zuvor gefangene Tier wieder laufen ließ! Besonders spaßig wurde es, wenn manche der Sklavinnen sich auf einen Schemel oder gar auf den Tisch zu retten versuchten. Einmal war eine der Küchenhilfen beinahe auf den Herd gesprungen und hätte sich beinahe verbrannt. Damit hatte er sich einen saftige Strafe eingeheimst, die ihm noch in Erinnerung geblieben war.


    Erst der unwirsche Ton des Dominus erinnerte Nicon wieder an seine Aufgabe.
    Der Junge räusperte sich. „Dominus, da ist Post für dich! Von den Cohortes Urbanae. “, erklärte Nicon mit piepsiger Stimme, trat ein Paar Schritte näher, um ganz nebenbei zu erhaschen, womit der Herr am Boden und sein Sklave hinter ihm denn nun wirklich beschäftigt waren. Dabei hielt er die Tabula dem Leibsklaven des Dominus achtlos entgegen.



    Ad
    Cnaeus Decimus Casca
    Casa Decima Mercator
    Roma


    M. Octavius Maro Cn. Decimo Cascae s.d.


    es hat sich ergeben, dass eine deiner Sklavinnen von den Cohortes Urbanae verhaftet wurde. Du kannst besagte Sklavin, die auf den Namen Grian hört nun bei der Castra Praetoria abholen. Zeige dieses Schreiben dann der Wache am Tor zur Bestätigung vor.


    Grüße


    Marcus Octavius Maro
    Centurio
    Cohors XII · Centuria III
    Cohortes Urbanae


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    | Nicon


    Komisch! In letzter Zeit verschwanden ziemlich viele Sklaven der Decima! Zuerst Silas und nun auch noch diese Neue mit dem komischen Namen, der eher an einen bösen Hund erinnerte! Aber eigenlich war das auch nicht so schlimm, denn Nicon mochte Grian nicht besonders. Aber das Silas einfach so verschwunden war, konnte er nicht nachvollziehen.
    Seitdem er sich aus dem Staub gemacht hatte, blieb nun alles an Nicon hängen. Jedes Mal wenn es an der Tür klopfte oder Post für die Herrschaften abgegeben wurde, fiel der Name Nicon. Nicon hier, Nicon da! Da konnte dem jungen Sklaven manchmal schon der Spaß vergehen!


    So war es auch heute. Eigentlich hatte er sich mit Iphigenie, die er liebevoll Iphi nannte, im hortus treffen wollen. Bis vor kurzem noch hatte er alle Mädchen doof gefunden. Iphi aber war ganz anders! Sie war nicht so zickig, wie Silas‘ dämliche Schwestern und garantiert nicht auf den Mund gefallen. Besonders letzteres hatte Nicon sofort an ihr imponiert, als er sie zum ersten Mal getroffen hatte.
    Hätte man es gewagt, den jungen Laufburschen als ‚verliebt‘ zu bezeichnen, dann hätte man von ihm garantiert sein Fett abbekommen. Denn Nicon war sehr kreativ, wenn es darum ging, jemanden einen Streich zu spielen.


    Wieder hatte ein Bote seinen Weg zur Casa Decima Mercator gefunden und dort eine Tabula abgegeben. Kurz darauf hallte Nicons Name durch den Wirtschaftsbereich, des Hauses, was der junge Sklave mit einem mürrischen Seufzer quittierte. Notgedrungen musste er seine Verabredung nach hinten verschieben und schlappte gelangweilt zurück ins Haus. Dort nahm er die Tabula entgegen und trug sie sofort zu dem entsprechenden Adressaten. Dabei handelte es sich um Dominus Casca. Bevor der Junge die Tabula jedoch ablieferte, betrachtete er sich neugierig das Siegel. Zu seinem Erstaunen hatte er das Siegel der Cohortes Urbanae erkannt. Ob das etwas mit dem Verschwinden von Dominus Cascas neuer Sklavin zu tun hatte?
    Weitaus motivierter lief er nun zu Dominus Cascas Arbeitszimmer und klopfte an der Tür.

    Der junge Mann begann mit ihr zu sprechen, fragte die Frau, wo ihr Mann sei. Die Ärmste aber hatte nur Gedanken für ihr Kind. Aber wie sich dann herausstellte, war sie eine Sklavin ihr ‚Mann‘, ein gewisser Angus nicht vor Ort. Typisch Mann, dachte ich da nur. Ob Angus auch der Vater des Kindes war? Ich hatte kaum Zeit darüber nachzudenken, denn der junge Mann, der sich um die Frau kümmerte, meinte ich solle sie hier wegschaffen.
    „Aber wieso? Ich kenne die Frau doch gar nicht!“, entgegnete ich ihm erschrocken. Die Frau bekam hier schon bald ihr Kind und konnte nicht erst noch irgendwohin stiefeln. Aber wahrscheinlich war das wieder irgend so ein Religions-Ding, was ich nicht verstand und gegen das ich auch nichts ausrichten konnte. Also musste sie hier weg. Mir war das sowieso lieber, wenn ich an den Stinkstiefel vom Markt dachte, der ein Stück weit weg saß und dem wohl auch meine Anwesenheit nicht entgangen war.
    „Na schön, kannst du mir helfen, sie von hier fort zu bringen?“ Ich hoffte inständig, der junge Mann würde mich nun nicht hängen lassen, denn wie es schien, war ja kein richtiger Mann mit Mumm in den Knochen anwesend.
    Die Frau mit dem Babybauch machte auf jeden Fall keinen guten Eindruck. Sie brauchte dringend Hilfe, wenn das Baby lebend diese Welt erblicken sollte! Vorsichtig strich ich ihr über ihr verschwitztes rotes Haar. „Keine Sorge, es wird alles gut! Glaub mir! Dir und deinem Kind wird es bald besser gehen, “ versprach ich, obwohl ich eher das Gegenteil befürchtete. „Wie ist eigentlich dein Name und wo wohnst du?“ Ich hoffte inständig, dass sie hier aus der Gegend kam, wo sie dann doch noch ihr Kind zur Welt bringen konnte.


    Doch dann wurde ich plötzlich gepackt, mein Arm wurde verdreht und ich verspürte einen furchtbaren Schmerz.


    Sim-Off:

    Vielleicht lässt du deinen Mitspielern auch genügend Zeit zu posten! Das was du hier tust, geht gar nicht!

    Mein Marktbesuch war mir ja gründlich verdorben worden. Eigentlich wollte ich nur noch zurück in die Casa. Schmollend und grummelnd lief ich durch die Straßen und tat mir dabei selbst leid. Ja, ich hatte es echt schwer! Da hatte ich mal Zeit, mir all die tollen Sachen auf dem Markt anzuschauen und dann begegnete ich prompt so einem Vollpfosten! Das Leben war wirklich nicht fair zu mir! Dabei war das Wetter ja heute wunderschön. Die Sonne schien endlich und der bescheuerte Winter hatte endgültig ausgespielt. Zumindest hofften das alle, die eher dem Frühling und Sommer zugeneigt waren.


    Während ich nun so schmollend vor mich hinlief, bemerkte ich irgendwann, dass mir die Gegend in der ich mich nun befand, überhaupt nicht mehr vertraut war. Nie im Leben war das die Straße, die zum Caelius Mons und damit auch zur Casa der Decimer führte! Eigentlich hätte ich doch irgendwann am Colosseum vorbeikommen müssen. Aber daran konnte ich mich gar nicht erinnern. Na toll, jetzt hatte ich mich auch noch verlaufen! Später sollte ich noch feststellen, dass ich in genau die falsche Richtung gelaufen war.


    Stattdessen lag da vor mir ein Hain, zu dem die Leute hinströmten. Das machte mich natürlich neugierig. Außerdem lenkte es mich von meiner schlechten Laune ab.
    Offenbar war hier eine Art Festlichkeit im Gange. Natürlich hatte ich keine Ahnung, was dort gefeiert wurde, denn mit Religion hatte ich es nicht so. Nachdem ich die Leute eine Weile beobachtet hatte, schien dieses Fest doch einen recht ungezwungen Charakter zu haben. Also schlenderte ich so durch den Hain, genoss die Sonnenstrahlen und lächelte sogar wieder. Doch das verging mir spätestens dann wieder, als ich eine gewisse Person erblickte.
    „Och nö!“, entfuhr es mir leise und am liebsten hätte ich wieder kehrt gemacht. Dann aber hörte ich plötzlich diesen Schrei und wandte mich sofort um. Die Frau, die geschrien hatte und einen verdächtig dicken Babybauch trug, kauerte auf einer Bank, ihre Tunika war im Bereich des Unterleibs nass. Ein paar Leute standen bereits um sie herum. Auch ich trat näher, um zu schauen, ob ich vielleicht nützlich sein konnte. Wie ich vermutete, hatten ihre Wehen eingesetzt.


    „Ihre Fruchtblase ist geplatzt! Das Kind lässt nicht mehr lange auf sich warten,“ rief ich dem jungen Mann zu, dessen Hand auf der Stirn der Frau ruhte. Ein wenig kannte ich mich mit solchen Dingen aus. Ein paar Geburten hatte ich miterlebt, vor einigen Jahren als ich noch bei meinem alten Dominus in Germania gelebt hatte.

    Während ich noch damit beschäftigt war, mir die Ohrringe anzustecken, um mein Gegenüber dann nach seiner Meinung zu fragen, schien sich bei ihm gerade der Spaß endgültig zu verabschieden. Ich hatte gar nicht mitbekommen, wie er plötzlich so komisch guckte, als ob ich… ach ja, ich hatte ja auch! Ich hatte mal wieder ohne zu denken drauflosgeplappert und zwar ohne Rücksicht auf Verluste. Dabei hatte ich einige Dinge gesagt, die man sich besser wohl verkniffen hätte. Aber das war ja sozusagen mein Fachgebiet.
    „Und, wie sieht´s aus?“, fragte ich noch, doch zur Antwort spuckte er mir nur noch vor die Füße und machte dann, ohne noch ein Wort zu verlieren den Abgang. Ratlos zuckte ich nur mit den Schultern, zog die Ohrringe wieder aus und legte sie zurück in die Auslage. Meinen Teil dachte ich mir natürlich. Der Spaß aber war mir für heute vergangen!

    Während ich so dahin grinste, spielten sich vor meinem inneren Auge mögliche Szenarien ab, wie sie wohl gleich zur Realität werden drohten. Menschenschinder, was hatte ich mir nur dabei gedacht! Aber gut, um es nun nicht zu verkacken musste ich meine Rolle weiterspielen auch wenn ich da eine gewisse Abneigung verspürte, mich meinem neuen Dominus hier und jetzt hingeben zu müssen. Ich kannte ihn ja kaum! Und wer wusste schon, welche Praktiken er bevorzugte. Womöglich ergötzte er sich daran, mich zu quälen oder von mir Dinge zu verlangen, die ich nie im Leben freiwillig gemacht hätte.
    So musste ich also miterleben, wie er meinen Vorschlag, sich aufs Bett zu legen für gut befand. Außerdem konnte ich die Veränderung in seinem Blick wahrnehmen. Das war das pure Verlangen auf etwas, wonach er sich schon ziemlich lange gesehnt hatte, aber was ihm bis heute verwehrt geblieben war. Ganz neben bei erzählte er mir, dass er eigentlich härtere Unterlagen gewohnt war. Oh Mann, die beiden hatten es doch wohl nicht hier auf dem Fußboden getrieben?! Oder sollte das einfach nur der Wink mit dem Zaunpfahl sein, dass er es eher hart mochte?
    Oh oh, mir schwante nichts Gutes! Und als er sich dann so auf sein Bett drapiert hatte, mit gespreizten Beinen, musste ich erst einmal schlucken. Er hingegen plapperte munter weiter, wodurch ich noch mehr kleinere Zusatzinformationen erhielt, die mich nicht gerade beruhigten, sondern eher das Gegenteil bewirkten.
    Aber Moment mal, er war ja noch völlig angezogen! Ja dass ging nicht! Wie hätte ich denn dann äh.. ja. „Dominus, äh verzeih bitte meine Unbedachtheit, aber vielleicht solltest du dich zuerst entkleiden. Wenn du möchtest, kann ich dir gerne dabei behilflich sein.“ So konnte ich wenigstens noch etwas Zeit gewinnen.

    Oooh, hatte ich jetzt was Böses gesagt? Wie kam ich auch dazu, diesen Fremden als Verrückten zu bezeichnen, nur weil er mit einem Haufen anderer Verrückter fast nackt durch die Stadt gerannt war und die umherstehenden Leute mit seinem blutigen Riemen eins überzog, so dass am Ende alle irgendwie blutig aussahen! Ein altes gallisches Sprichwort hatte es ja schon immer auf den Punkt gebracht und es war einfach irgendwie zeitlos, denn was damals schon beim alten Iulius Caesar gestimmt hatte, traf auch heute immer noch zu (obwohl alle schon seit Generationen inzwischen wunderbar romanisiert waren): ‚Die spinnen, die Römer!‘
    „Ach ja, ich hatte so meinen Spaß! Allerdings hauptsächlich wegen meiner Begleiterin, die ja am liebsten im Erdboden versunken wäre, als sie euch sah und ich ihr erklärt hab, warum ihr so einen Scheiß überhaupt macht.“ Ich musste mich wieder kringeln vor Lachen, als ich wieder an Timaias Gesicht zurückdenken musste. „Naja, ich glaub ja nicht an sowas, aber lustig war es trotzdem. Mal was anderes, als immer nur die ‚schnell, schnell, wir müssen unsere Besorgungen machen‘ – Nummer.“
    Apropos Besorgungen, eigentlich hatten die Ohrringe ja ganz oben auf meiner ganz persönlichen Liste gestanden, bis dieser nette Zeitgenosse mich dermaßen erschreckt hatte. Aber hey, was war das? Jetzt wollte er mir doch tatsächlich helfen! Natürlich zögerte ich keine Sekunde und tat, was er sagte. Ich zog die Glitzerdinger an. „Klar helf ich dir beim Geschenke aussuchen! Denn du hast Glück! Darin bin ich nämlich richtig gut!“

    Endlich hatte ich mal etwas richtig gemacht! Die richtige Antwort hatte ich gefunden. Wenn es dann an der Zeit war, zur Tat zu schreiten, musste ich mir noch etwas Passendes einfallen lassen. Aber mal ehrlich, was war denn am Massieren groß schwierig? Man griff ordentlich fest zu und tat so, als knete man einen Teig. Im Lupanar hatten die Mädchen, die das machten kaum etwas an oder waren sogar ganz nackt gewesen. Ziel dieser Mädchen war es letztlich, dem Kunden noch mehr aus der Tasche zu ziehen, indem man ihn dazu stimulierte, noch mehr Angebote der Lupae in Anspruch zu nehmen. Also wenn ich meine Sache gut machte, dann hatte ich hier ein prima Leben und bekam dann vielleicht auch hin und wieder eine kleine Aufmerksamkeit.


    Während sich auf meinem Gesicht ein steinernes Lächeln manifestierte beobachtete ich jede seiner Bewegungen. Ich sah ihm zu, wie er nach einem Becher suchte, um den letzten Schluck Wein aus einem der Krüge zu leeren. Ich hatte wohl mit meiner positiven Antwort etwas in ihm angeregt, was ihm sehr am Herzen lag. Aber welchem Kerl würde es auch nicht am Herzen liegen, von einer Blondine, wie ich es war, auf Touren gebracht zu werden – und das auch noch völlig kostenlos!


    Als der Dominus mir dann mitteilte, dass er geradezu erleichtert war, weil Grinsebacke anscheinend meinen neuen Job zuvor innegehabt hatte und er sich als ganz schon grob erwiesen habe, wandelte sich mein Lächeln allmählich in Erstaunen. „Ach echt?!“, entfuhr es mir da. Naja, ich hatte ja schon viel über die Vorlieben von stinkreichen Römern gehört und dass sie es auch mit Kerlen und kleinen Jungs trieben. Aber was mir gerade Dominus Casca da offenbarte, war wirklich hart an der Grenze. Ich hatte ja keinen blassen Schimmer, wie zwei Männer … äh also ich meine wie sie es machten. Aber was mein neuer Dominus so berichtete, musste es alles andere als schön und entspannend sein. Ich verzog dann auch sofort das Gesicht, als er meinte, die Schmerzen seien unerträglich und er könne sich danach kaum noch fortbewegen. Ach herrje, dachte ich, der arme Kerl konnte einem ja echt leidtun! Warum hatte er sich nicht schon früher nach einer Sklavin umgesehen?!
    Natürlich hätte ich zu gerne gewusst, was die beiden denn schon alles ausprobiert hatten und von welchen Techniken er sprach. Denn mal ehrlich, gab es dann da so viele Möglichkeiten? Meine Fantasie begann auf Hochtouren zu arbeiten und ich fragte mich, wie ich ihm adäquat Vergnügen und Genuss bereiten konnte, so dass er mit mir vollkommen zufrieden war? Oh Mann, wie gerne hätte ich jetzt auch einen Schluck Wein getrunken! So konnte ich ihm nur zusehen, wie er sich noch einen weiteren Schluck hinter die Binde kippte und mich dabei anlächelte. Ein bisschen kam ich mir dabei vor, wie das Küken, dass gleich von der Schlange verdrückt wurde.
    Als ich dann realisierte, dass dieses Szenario nun zur Realität wurde, lief es mir eiskalt den Rücken hinunter. Klar, wenn ich denn schon mal hier war, konnte ich ja gleich auch mal zeigen, was ich so drauf hatte! Denn er verspürte ja dieses Ziehen und Reißen! Ach du Scheiße! Aber um einen Rückzieher zu machen, war es nun definitiv zu spät. Toll Grian, hast du wieder super hingekriegt! Es gab also nur eine Möglichkeit, um nicht am nächsten Tag nicht wieder auf dem Sklavenmarkt zu landen!


    „Aber natürlich, Dominus!“, säuselte ich wieder und erhob mich ganz langsam, so dass ihm garantiert meine Kurven nicht entgingen. „Möchtest du dich irgendwo bequem ablegen, damit du es voll und ganz genießen kannst, Dominus?“ Ich ließ meine Augen auf Dominus Cascas Bett gleiten, was mit Sicherheit der geeignetste Ort für ein solches Unterfangen war.

    Ich war mir meiner Sache richtig sicher gewesen und freute mich bereits über meine neuen Ohrringe. Wenn ich ja im Klauen versierter gewesen wäre, hätte ich, bevor ich zugegriffen hatte, erst mal die Lage hinter mir gecheckt. Dann wäre mir auch der Kerl aufgefallen, der sich hinter mir aufgebaut hatte, um ebenfalls das Schmuckangebot des Händlers zu bewundern.


    „SCHEISSE noch eins!“ entfuhr es mir, während sich meine Hand reflexartig wieder öffnete, so dass die Ohrringe auf die Auslage zurück fielen. Dann ging mein Blick sofort dorthin, woher die Stimme gekommen war.
    So ein Mist! Das war doch einer von diesen Bekloppten, die neulich halbnackt durch die Stadt gerannt waren! „Hast du mich aber erschreckt! Geht´s noch?!“, blaffte ich ihn an, als ob er derjenige war, der gerade die Ohrringe mitgehen lassen wollte.
    Ich brauchte einen Moment, bis ich wieder die Fassung fand. Mein Gegenüber jedoch quasselte in einem fort. Vielleicht hatte er es ja gar nicht gecheckt, was ich vorgehabt hatte. „Ach ja richtig, du bist einer von diesen Verrückten… äh ich meine von den Luperci.“ Ich sah ihn ein wenig verschämt an, versuchte aber gleich meine Scham mit einem Lächeln zu überspielen. Schnell dachte ich mir eine passende Geschichte aus, die ich dem Typen unter die Nase reiben wollte. „Äh, die Ohrringe? Äh, nein.. ich meine ja. Natürlich für meine Domina“, log ich. „Ich wollte sie gerade mal anprobieren, um nachzuprüfen, ob sie ihr auch stehen. Aber der Händler hat anscheinend gar keinen Spiegel!“ Meine Güte, ich war ja richtig stolz auf mich! Ohne mit der Wimper zu zucken tischte ich dem Kerl hier eine faustdicke Lüge auf!
    „Aber jetzt bist du ja da!“, säuselte ich und blickte ihn vielsagend an.

    Ich war mir nicht so ganz sicher, wie ich dieses tiefe Einatmen interpretieren sollte. War er einfach nur froh, endlich einen Ersatz für die Grinsebacke gefunden zu haben oder hatte ich mich dummerweise für die falsche Antwort entschieden? Ein zweites tiefes einatmen und der tadelnde Blick hinunter zu dem Dauergrinser, der sich selbst jetzt noch nicht sein Grinsen verkneifen konnte, brachte dann die Aufklärung. Nicht ich war es, der den Dominus nervte! Puh, noch mal Glück gehabt! Es war dieser Mottenfraßüberprüfer, dessen bloße Anwesenheit auch mir einiges abverlangte! Offenbar nicht nur mir. Der Dominus schickte ihn weg und auch mir lag es regelrecht auch der Zunge: ‚Ja, genau! Husch, husch ab ins Körbchen! Du kannst uns allein lassen! Also mach die Mücke!‘ Der Dominus aber verfügte über die nötigen Gesten, um Grinsebacke in die Flucht zu schlagen. Letzterer war zwar ziemlich angepisst deswegen, allerdings war das Leben auch kein Wunschkonzert, bei dem jeder durfte, was er wollte. Dummerweise hatte er sich die Küche als Exil gewählt, was den Dominus dazu bewog, er solle uns von dort etwas mitbringen. Äh hallo, hatte er ihn soeben nicht weggeschickt, dachte ich da nur! Mit Konsequenz hatte er´s wohl auch nicht so. Aber egal! Vielleicht ließ er dann auch mal bei mir seine Inkonsequenz walten.


    Als wir endlich allein waren, schien Dominus Casca endlich Tacheles reden zu wollen und mit Freuden dufte ich vernehmen, dass ich nicht nur zum Aufräumen da war. Nein, er hatte höheres mit mir vor! Ich sollte mich um sein Wohlergehen kümmern! Natürlich setzte ich sofort ein Lächeln auf, denn den Job einer Leibsklavin wurde einem auch nicht jeden Tag angeboten, auch wenn meine Kompetenzen in dieser Richtung noch nicht ganz so gut ausgeprägt waren. Aber was nicht war, konnte ja noch werden! Da ich in meiner bisherigen Sklavenkarriere schon vielen Herrn über kurz oder lang gedient hatte, konnte ich mir vorstellen, was der Dominus damit meinte, als er sagte, ich solle dafür sorgen, dass ihm an nichts mangelte. An GAR NICHTS, also!
    Aha, jetzt begriff ich, warum Grinsebacke gehen sollte und überhaupt, wohin der Hase lief. Und um mir auch wirklich ganz deutlich klarzumachen, was er meinte, stellte er auch gleich eine unmissverständliche Frage. Ob ich massieren könne? Als ob ich schwer von Begriff gewesen wäre! So was fragte er eine Sklavin, die mal zwei Tage in einem exklusiven Lupanar gearbeitet hatte, bis man sie wieder zum nächsten Sklavenmarkt gezerrt hatte! „Natürlich Dominus, ich kann massieren! Es wird mir eine Freude sein, mich um dein Wohlergehen zu kümmern. Ich bin sicher, es wird dir an nichts fehlen, Dominus,“ antwortete ich lächelnd. Zum Glück sah er ganz gut aus, war nicht fett und schien auch noch relativ jung zu sein. Dann musste ich mich nicht zu sehr überwinden.

    Sim-Off:

    *= Von nichts kommt nichts! Spruch vom alten Jupp aus Colonia Agrippinensis. :D


    Es gab Schöne, es gab Reiche und es gab ganz schön Reiche in Rom. Zu den letzten beiden Kategorien gehörte ich leider nicht dazu. Schade eigentlich!
    Doch ich hatte sie tagtäglich vor Augen. Und was noch schlimmer war, ich musste sie auch noch bedienen, damit sie sich in ihrem Reichtum auch noch so richtig wohlfühlten! Ich jedoch durfte mich damit begnügen, mir all den Reichtum, all die schönen Sachen, Klamotten und Klunker aus der Nähe zu betrachten. Mit den Augen, nicht mit den Fingern! Manchmal übertrat ich auch Grenzen, wenn ich mich zum Beispiel unerlaubterweise in fremde Cubicula schlich und (wenn es sich um Frauenklamotten handelte) auch das eine oder andere Kleidungsstück einmal anprobierte. Ja, ja, die Grenze zwischen Dein und Mein waren für mich schon immer recht fließend gewesen, was jetzt nicht hieß, dass ich eine Diebin war, die regelmäßig auf Raubzüge ging. Nein, ich 'lieh' mir nur manchmal gerne Dinge aus und brachte sie später dann auch immer wieder zurück! Ehrlich!!!


    Besonders schlimm war es ja, wenn man mich zum Markt schickte, um irgendetwas Besonderes für die Herrschaften zu besorgen. Das konnten Duftwässerchen für meinen Dominus sein, damit er wie ein Wiedehopf roch, oder neue Klamotten aus der Schneiderei. Letztens sollte ich irgend so ein Schmuckstück bei einem Händler abholen. Wie gerne hätte ich die Klunker selbst einmal anprobiert! Ich wartete ja immer noch auf den Tag, an dem Dominus Casca oder Dominus Serapio mich zu sich riefen und mir mit einem Lächeln im Gesicht erklärten, wie toll ich doch sei und dass ich mir jetzt sofort eine supertolle Überraschung aussuchen dürfte, einfach weil ich es verdient hatte. Leider träumte ich das immer nur nachts und meine Träume hatten sehr wenig nur mit der Realität zu tun.


    Wieder war ich einmal unterwegs und streifte über die Märkte, auf der Suche nach nichts bestimmten. Hier herumzulungern war tausendmal spannender, als in der Casa aufzuräumen, solange mein Dominus nicht zu Hause war. Für solch immens wichtigen Aufgaben hatte er ja seinen Nepomuk, die alte Grinsebacke.

    Heute hatte es mir besonders ein Stand mit hübschem Silberschmuck angetan. Im Grunde war er nicht mal wirklich teuer. Aber selbst das konnte ich mir nicht leisten, da ich kein eigenes Geld besaß. Ganz schön blöd, dachte ich mir. Dabei hatte mich ich mich doch in ein paar wunderschöne Ohrringe verliebt und ich konnte es förmlich hören wie sie zu mir sprachen: „Nimm uns mit! Nimm uns mit! Na komm schon Grian! Worauf wartest du noch! Trau dich endlich!“
    Natürlich hatte der Händler ein scharfes Auge auf mich gerichtet und er hatte auch schon gefragt, ob ich etwas kaufen wollte, was ich leider verneinen musste. Doch wie der Zufall es wollte, kam eine Matrone inclusive sklavischem Anhang vorbei, die den Händler sofort in Beschlag nahm und ihn in ein Gespräch verwickelte, so dass er mir gar keine Aufmerksamkeit mehr schenken konnte. Genau das war der passende Moment, um endlich aktiv zu werden. Blitzschnell griff meine Hand zu und umklammerte das Paar Ohrringe. Schon wollte ich sie wegziehen und dann am besten sofort über alle Berge … äh Hügel türmen!


    Sim-Off:

    Reserviert!