Beiträge von Grian

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    Original von Faustus Decimus Serapio


    Zu meinem Erstaunen schenkte er mir das Restgeld. Das waren zwei As! Meine Güte, zwei As! Damit konnte man sich schon etwas leisten. Dominus Serapio war kein Geizhals. Nein, er konnte richtig großzügig sein. So langsam begriff ich auch, was ich tun musste, damit das so blieb. Er musste eigentlich immer nur das Gefühl haben, dass man auf ewig dankbar und leicht unterbelichtet war. Außerdem musste man ihm verdeutlichen, was für ein toller Hecht er doch war. Und schon lief der Hase in die richtige Richtung.
    „Du willst mir die 2 As wirklich überlassen? Danke Dominus! Vielen Dank!“, flötete ich und ließ die Münzen in einem Säckchen unter meiner Kleidung verschwinden. Apropos Kleidung, der Fummel, den ich da angezogen hatte, war ein echter Volltreffer gewesen. Mir hatte der Peplos ja auch von Anfang an gefallen. Und dann der fallende und leicht durchscheinende Stoff, der gerade so vermuten ließ, was sich darunter befand.
    „Ja, wirklich? Gefällt dir meine Kleidung? Ich fand den Peplos auch einfach nur hübsch! Und der Stoff ist so schön weich und hauchdünn.“ Dabei strich ich mit meinen Fingern leicht über den Stoff, der mein Dekolleté zur Hälfe bedeckte. Jedoch begriff ich nicht ganz, was er mit diesem Nymphen-Namen meinte. Dominus Casca hatte sich bis jetzt nicht wegen meines Namens beschwert. Grian war doch ein hübscher Name, der genau zu mir passte. Meine Eltern hatten sich damals schon etwas dabei gedacht, als sie mich so genannt hatten. Außerdem fand ich Daphne oder Phyllis auch nicht gerade besser.
    „Aber Dominus, was hast du gegen meinen Namen? Gefällt dir ‚Grian‘ denn nicht? Das ist ein gallischer Name und bedeutet so viel wie ‚Sonne‘. Meine Eltern haben mich so genannt wegen meinem Haar, weil es so schimmert wie die Sonne.“ Vielleicht konnte ihn ja meine Erklärung umstimmen, denn ich war nicht besonders scharf auf einen neuen Namen. Aber dann dachte ich wieder an meine neugewonnene Erkenntnis… Na ja, wenn es ihn glücklich machte. Also gut! „Aber wenn er dir nicht gefällt, kannst du mich auch Cynthia nennen, Dominus,“ warf ich in einem leicht ernüchterten Ton hinterher.


    Inzwischen hatte sich etwas dort unten auf der Bühne getan. Erst hatte ich einen Paukenschlag gehört, dann begann ein Chor zu singen. Dummerweise verstand ich ungefähr nur die Hälfte von dem Singsang, der da gerade zum Besten gegeben wurde. Was sonst noch geschah, konnte ich gar nicht richtig sehen, da ein dämlicher Sonnenschirm mir fast die ganze Sicht nahm.
    „Dominus, worum geht es eigentlich in dem Stück?“, flüsterte ich leise, um wenigstens halbwegs eine Ahnung zu haben, worum es gerade ging. Doch je länger ich auf den blöden Schirm starren musste, begann mir langsam aber sicher der Kragen zu platzen.
    „Dieser blöde Schirm! Man kann ja gar nichts sehen!“ brauste es aus mir heraus. Dominus Serapio hatte indes das Problem auf einem anderen Weg zu lösen versucht.

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    Original von Faustus Decimus Serapio
    ...
    "Bring mir bitte einen Becher verdünnten Wein, kleine Nymphe." wies ich sie an, drückte ihr ein paar Münzen in die Hand. Die fliegenden Händler waren ja überall. "Du kannst dir auch einen holen. Und besorg mir eine Handvoll Pistazien."


    Die Strafarbeiten, die mir Dominus Serapio aufgegeben hatte, waren alle erledigt worden. Einen Teil davon hatte ich sogar gemacht. Es hatte sich doch tatsächlich ein nützlicher Idiot gefunden, der für mich die wirklich dreckigsten Aufgaben, wie z.B. die Latrinen reinigen, erledigt hatte. Natürlich hatte der Sklave von mir eine Belohnung erhalten. Zum Glück hatte er sich damit begnügt, mich einmal nackt sehen zu dürfen. Das allein hatte ihm schon genügt, um glücklich zu werden. Mir konnte das nur recht sein, denn ich mochte es nicht besonders, von fremden Kerlen betatscht zu werden.


    Es verstand sich ja von selbst, dass ich von nun an in Dominus Serapios Gegenwart immer superfreundlich war und mich besonders unterwürfig verhielt. Es gelang mir sogar, meine dummen Sprüche und schnippischen Bemerkungen für mich zu behalten. Obwohl mir das verdammt schwergefallen war! Letztendlich wollte ich mir es mit Dominus Serapio nicht ganz verscherzen. Schließlich schuldete er mir noch eine Geschichte!


    Als dann am Morgen einer von seinen Sklaven bei mir angetrabt kam und mir erzählte, sein Dominus hätte sich mich bei meinem Dominus ausgeliehen und ich solle mich jetzt schön machen und einen besonders hübschen Fummel anziehen, konnte ich es kaum glauben. JA! Ich hatte es geschafft!!! Ich war wieder in seiner Gunst gestiegen. Er hatte mich nicht vergessen!


    Danach hatte ich erst einmal ausgiebig gebadet, damit all der Dreck von der harten Arbeit von mir abfiel. Ausgerechnet Amanirenas, die eingebildete Ziege, war dazu abgestellt worden, um mir die Haare schön zu machen und mich zu schminken. Auch wenn sie ein zickiges Miststück war – von ihrem Handwerk verstand sie etwas. Sie hatte meine Haaren zu einem aufgetürmten Wunderwerk gesteckt, dass jede Frau blass werden ließ - besonders aber die anderen Sklavinnen! Mal ganz abgesehen von den bunten Farben, die nun mein Gesicht verschönerten! Ich kam mir vor, wie eine feine Dame.
    Ich erhielt dann noch ein Gewand aus wollweißer Seide im Stil eines griechischen Peplos, der mit einer Schnur aus Goldfäden geschnürt wurde. Der Stoff wurde an meinen Schultern ganz locker mit goldfarbenen Fibeln festgehalten, so dass er immer leicht über sie rutschen konnte. Ich sah wirklich unglaublich aus! So etwas hatte ich noch nie getragen. Was der Decimer nur mit mir vorhatte?


    Die Antwort auf diese Frage erhielt ich umgehend, nachdem ich mit Dominus Serapio das Haus verließ. In ein Theater wolle er mit mir gehen, hatte er mir unterwegs verraten und etwas von einem Stück eines Griechen erzählt, dessen Name ich aber sofort wieder vergessen hatte. Natürlich war ich vorher noch nie in einem Theater gewesen. Allerdings hatte ich hin und wieder ein paar Schauspielern auf der Straße zugeschaut, die dort ein paar deftige Komödien zum Besten gegeben hatten und damit ihr Publikum hellauf begeistert hatten. Ob das, was mich dort Theater erwartete ähnlich war, konnte ich nur mutmaßen. Aber ich beschloss, mich einfach überraschen zu lassen. Ich fand es einfach richtig toll von Dominus Serapio, dass er mich hierher mitgenommen hatte!


    Massig viele Leute waren bereits schon im Theater. Ich folgte dem Decimer einfach, bis er einen Platz für uns gefunden hatte. Bevor ich mich jedoch setzen konnte, schickte er mich Getränke und Knabbereien holen. Das versprach ein richtig gemütlicher Nachmittag zu werden! Ich konnte mein Glück kaum fassen!
    Bei einem der Verkäufer, die zwischen den Reihen umherliefen, um ihr Zeug an den Mann zu bringen kaufte ich dann unsere Verpflegung und kehrte wieder zu unserem Platz zurück.
    „Hier Dominus! Bitte schön!“ Ich reichte ihm seinen Becher, das Restgeld und anschließend die Tüte mit den Pistazien. Dann sah ich mich erst einmal um, trank einen Schluck von meinem Wein und setzte mich neben ihn. „Das ist ja riesengroß, dieses Theater! Ich war noch nie in solch einem Theater! Vielen Dank, dass ich mitkommen durfte, Dominus Serapio!“ Mein Staunen und die Dankbarkeit, die ich ausdrückte waren wirklich echt gemeint. Das war schon alles sehr beeindruckend hier!

    Tja, und damit war dann auch das Maß wirklich voll! Wenn ich nun nicht sofort Land gewann, nagelte er mich wahrscheinlich höchstpersönlich noch an den nächsten Baum.
    „Äh, ja Dominus! Entschuldigung, Dominus“, waren meine letzten irritierten Worte, bevor ich die Tür hinter mir schloss.


    Ich hatte nach dieser Begegnung nun solch einen Schiss in der Hose, dass ich mich doch tatsächlich gleich zum Hypokausten-Kehren meldete. Meine Tunika konnte ich danach zwar vergessen, weil sich im Grund ein schwarzer Fleck neben dem anderen befand und die ursprüngliche Farbe gar nicht mehr richtig zu erkennen war. Aber ich vermutete mal stark, dass diese Casa sich garantiert eine zweite Sklaventunika in meiner Größe leisten konnte.



    Ob ich es nach allem, was danach passiert war, bereut hatte, in Dominus´ Serapios Cubiculum eingedrungen zu sein? Nö, überhaupt nicht! Der Kerl konnte einem zwar einen riesen Schrecken einjagen mit all seinen Drohungen und seiner manchmal doch ziemlich schrägen Art, aber auf irgendeine seltsame Art und Weise mochte ich ihn doch. Daher hoffte ich auch, dass er eines Tages seine Versprechen wahr machen würde und mir von diesem Dings… äh, diesem anderen Serapio Sowieso und seiner geflügelten Sonne erzählen würde.

    Mein Auftritt der geläuterten Sklavin, die natürlich immer treu und hörig sein wollte, war erfolgreich gewesen. Dominus Serapio nahm mir alles ab, genauso wie ich es gesagt hatte. Zumindest spie er keine weiteren Drohungen mehr aus. Vielleicht plagten ihn sogar Gewissensbisse, weil er so streng mit mir gewesen war. Ja, sollte er nur ein schlechtes Gewissen haben! Mich so zu erschrecken und mir die Schwefelminen androhen! Er konnte doch froh sein, dass ich wissbegierig war und dazulernen wollte. Aber es lag wohl einfach nur daran, dass ich nicht ihm gehörte, sondern seinem Verwandten.
    Da fiel mir plötzlich wieder ein, was die Sklaven über Dominus Serapio so getuschelt hatten. Angeblich habe mein Dominus ihm die Braut – Quintilia Valentina - ausgespannt! Natürlich hatte ich keine Ahnung, was an diesem Gerücht dran war. Solange war ich nun auch noch nicht hier. Dennoch konnte ich mir die beiden als Paar gar nicht vorstellen: Decimus Serapio und Quentilia Valentina? Ernsthaft?! In dem Fall hatte mein Dominus echt das Richtige getan.


    Wenn ich denn nun meine Gedanken weiterspann, musste ich mich fragen, ob ich aus diesem Grund gegenüber Dominus Serapio nicht mehr Vorsicht walten lassen sollte. Diese Römer kamen ja auf die schrägsten Ideen! Manche quälten Sklaven, weil deren Besitzer irgendetwas verbockt hatten.
    Ich behielt den Decimer im Blick. Dadurch entging mir auch nicht die Veränderung, die sich in seinem Gesicht bemerkbar machte, nachdem ich ihn auf dieses geheimnisvolle Zeug, der Flügelsonne und dem Kerl mit dem komischen Namen, angesprochen hatte. Sein Stirnrunzeln war womöglich ein Zeichen, dass ich vielleicht zu schnell vorgegangen war und er nun mein Herumgejammere und das demütige Getue nicht richtig abnehmen wollte.
    Doch nein, ich hatte Glück! Meine Befürchtungen waren unbegründet. Er gab sich wieder als der gestrenge Dominus, der glaubte, mich dadurch bestrafen zu können, indem er mir eben jenes Wissen vorenthalten könnte. In gewisser Weise hatte er auch erreicht, was er bezweckt hatte, denn es hatte mich brennend interessiert, warum diese Sonne Flügel hatte und wer nun wieder dieser Herr der Ewigkeit und der Falke der Sonne war.


    „Och!“ entfuhr es mir enttäuscht und ich ließ enttäuscht den Kopf sinken. Er hatte mich entlassen. Ich konnte gehen. Eigentlich hätte ich aufatmen können, noch einmal davongekommen zu sein. Aber die Enttäuschung in mir nahm Überhand. Wäre ich clever gewesen, hätte ich sofort die Flucht ergriffen. Aber meine Neugier machte mir einen Strich durch die Rechnung. Ich war schon auf dem Weg zur Tür, als ich mich noch einmal zu ihm umdrehte. „Wenn ich nicht wieder kommen darf, wie willst du mir dann diese Geschichte erzählen, hä?“
    Oh nein! Ich hatte mich mal wieder nicht im Griff gehabt und wieder einfach drauflos geplappert. Ohne zu denken! Ein peinlicher Fall von Sprachinkontinenz!

    Warum dauerte das nur so lange? War mein Rücken denn so interessant für ihn? Er sagte gar nichts mehr!
    Diese Ungewissheit trug nicht gerade dazu bei, dass ich ruhiger wurde. Ganz im Gegenteil! Ich kam mir vor, wie in den Kerkern der Schwarzröcke. Vor einigen Jahren hatte ich mal eine Unterhaltung mitgehört, in der ein Mann seine Erlebnisse in deren Kerkern geschildert hatte. Ihre Verhörmethoden waren mindestens genauso schlimm, wie die des Decimers. Dieser Mann hatte gesagt,, er sei zu Unrecht mehrere Tage dort festgehalten worden, weil irgendein eifersüchtiges Weib ihn als Christen denunziert hatte.
    Tja, ich hatte mich selbst in die Scheiße geritten. Darin hatte ich ja Übung genug. Aber dieses Mal steckte ich richtig tief drin und ich hatte richtig Angst!


    Doch plötzlich, wie aus dem Nichts, schien sich seine Stimme zu ändern. Sie wirkte fast schon freundlich, als er mir erklärte, woher die Kiste stammte und was diese seltsamen Ornamente darauf zu bedeuten hatten. Die Flügelsonne… was war denn eine Flügelsonne? Wozu brauchte die Sonne denn Flügel? Sie schob sich doch tagtäglich auch ohne Hilfe über das Firmament. Und was hatte es mit diesem Mythos auf sich? Von Isis und Osiris-Serapis.
    Vielleicht hatte ich Dominus Serapio ja nun doch überzeugen können? Glaubte er mir jetzt, dass es eigentlich nur die Truhe war, deren Anblick mich so angezogen hatte, wie das Licht einer Kerze die Motte? Da ich davon ausging, die Wogen hätten sich inzwischen etwas geglättet und Dominus Serapio mich nicht mehr für eine Diebin hielt, versiegten auch langsam meine Tränen. Ich schniefte nur noch ein paar Mal und wollte schon zu einer Frage ansetzen, um Klarheit darüber zu gewinnen, was es mit diesem erwähnten Mythos auf sich hatte. Auch wenn ich nur eine Sklavin war, hatte ich trotzdem einen großen Wissensdurst. Vielleicht lag das ja einfach nur daran, weil ich nicht immer Sklavin gewesen war. Zwar konnte ich mich nur noch ganz dunkel an diese Zeit erinnern. Doch es hatte sie einst gegeben.
    Das Streben nach Wissen, welches mich schon während meiner Kindheit begleitet hatte, hatte auch dafür gesorgt, dass ich mit Freuden Lesen und Schreiben gelernt hatte. Ich war wie ein Schwamm, der alles aufsog, dessen er habhaft werden konnte. Wie man sich vorstellen konnte, war diese Eigenschaft bei manchen meiner Besitzer nicht immer auf Gegenliebe gestoßen. Manche glaubten, es wäre gefährlich, wenn Sklaven lesen konnten. Mein zweiter Dominus hatte das ganz anders gesehen. Damals, als ich in Germanien gelebt hatte, durfte ich für eine Weile mit seinen Kindern zusammen lernen. Bis zu jenem schicksalsträchtigen Tag, an den ich mich nur sehr ungern zurückerinnerte.


    Mir blieben jedoch die Worte im Halse stecken. Ganz unverhofft, war sie vorbei, die latente Freundlichkeit, die stille Akzeptanz, dass auch ich ein Mensch sein könnte, der sich zu schönen Dingen hingezogen fühlte und sich an ihnen erfreuen konnte.
    Der Decimer setzte zu einer weiteren Schimpftirade an und sprach Drohungen aus, die mir direkt wieder die Tränen in die Augen trieben. Alleine der Gedanke an die sizilianischen Schwefelmienen bereitete mir schon Unbehagen, noch mehr als die Tatsache, dass Dominus Serapio alles an meinen Dominus herantragen würde, mit der Gefahr, daraufhin sogleich in seiner Gunst zu fallen. Dabei hatte ich mich doch seit meiner Ankunft so angestrengt, ein gutes Licht auf mich fallen zu lassen.
    „Ich will aber nicht mehr zurück auf den Sklavenmarkt und ich will auch nicht in die sizilianischen Schwefelmienen“, jammerte ich schließlich herzerweichend.


    Wie die meisten Männer war auch Dominus Serapio kein Freund weiblicher Tränen. Natürlich, denn wie sollten sie sich auch einer solchen gefährlichen Waffe erwehren? Hätte er zu mir in einer anderen Beziehung gestanden, hätte er nun alles darangesetzt, um mich zu trösten. Doch zwischen uns bestand keinerlei Bindung, weshalb sich auch seine Emotionen in Grenzen hielten. Mit strengen Worten befahl er mir, endlich still zu sein. Gleichzeitig ließ er endlich von meinem Rücken ab und zog meine Tunika zurück an ihren angestammten Platz. Ich wischte mir schniefend die Tränen aus dem Gesicht und wandte mich zu ihm um, damit ich endlich wieder in sein Antlitz blicken konnte. Dabei kam ich mir vor wie ein Häufchen Elend, wie ein winziges Insekt, welches jeden Moment damit rechnen musste, zertreten zu werden. Statt eines Todesstoßes erhielt ich eine ganze Menge unangenehmer Aufgaben, die ich eine Woche lang verrichten sollte. Ehrlich gesagt schockierte mich das alles nicht wirklich. Ich hatte mir schon öfters in meinem alten Leben die Hände schmutzig gemacht. Außerdem gab es in jeder Sklavenschaft ein paar nützliche Idioten, denen ich schöne Augen machen konnte und die daraufhin alles für mich taten, wenn ich ihnen in Aussicht stellte, eventuell bei mir liegen zu dürfen.
    Ich wusste meine Gedanken gut vor Dominus Serapio zu verstecken. Einer wie er dachte sicher, dass dies eine besonders harte Strafe sei. Also ließ ich ihn in diesem Glauben und schniefte noch ein paar Mal laut. „Ich will immer eine treue und tüchtige Sklavin sein, Dominus Serapio! Ganz ehrlich!“jammerte ich und bestätigte meine Worte mit einem energischen Nicken.


    Wenige Augenschläge später nur schien mein Lamento wie weggeblasen. In meinen Augen spiegelte sich meine neu erstarkte Neugier wider, die er zuvor geweckt hatte. „Dominus Serapio, darf ich eine Frage stellen?“ Ich wartete gar nicht auf seine Antwort, sondern sprach endlich aus, was ich schon vor einer gefühlten Ewigkeit fragen wollte. „Warum hat diese Sonne Flügel und wer ist eigentlich dieser Osiris-Serapi… äh o?“

    Nach dieser harschen Zurechtweisung hatte ich noch ein wenig die Hoffnung, diesmal mit einem blauen Auge davonzukommen, denn wie gesagt, ich kannte mein Gegenüber ja nicht. Niemand hatte mich vor ihm gewarnt oder mir eingeflößt, was ich alles bei Dominus Serapio zu beachten hatte oder mir gar von seiner Vergangenheit erzählt. Warum auch? Es hatte mich ja auch nicht im Geringsten zu interessieren, solange jedenfalls mein eigener Dominus mich nicht auch noch damit beauftragte, mich um die Belange seiner Verwandtschaft zu kümmern. Also nickte ich ihm zustimmend zu und mit erstickender Stimme brachte ich noch gerade so ein „Ja, Dominus!“ hervor, in Erwartung, er würde mich nun gehen lassen, damit ich wieder in das Rattenloch zurückkriechen konnte, aus dem ich zuvor gekrochen war.
    Umso überraschender traf mich seine Hand in meinem Gesicht. Blitzschnell füllten sich meine Augen mit Tränenflüssigkeit. Nicht etwa weil er so fest zugeschlagen hatte und mir nun die Backe wie verrückt brannte. Nein, das war es nicht. Dieser Schlag war nicht sehr heftig gewesen. Da hatte ich schon weitaus schlimmeres einstecken müssen in meiner wechselvollen Vergangenheit. Er kam einfach nur zu unverhofft.


    Was danach geschah, war einfach nur schräg. Er riss mir den Staubwedel aus der Hand und brach ihn auseinander. Ich blinzelte erschrocken, da ich zunächst dachte, dies sollte nur eine weitere Drohung sein, um mir zu verdeutlichen, was er mit mir als nächstes anstellen wollte, wenn ich mich auch nur noch einen Digitus seinem Cubiculum näherte. Doch dann begutachtete das Ding von allen Seiten, als sei es ein hochkompliziertes Mordwerkzeug. Meine Backe haltend, beobachtete ich ihm dabei und fand es beinahe schon wieder belustigend, wie er das kaputte Reinigungsutensil sorgfältig untersuchte.
    Noch nie ´nen Staubwedel gesehen, oder was? hätte ich ihn jetzt am liebsten gefragt. Aber ich ließ es besser und hielt meine lose Klappe, denn ich schätzte meine momentane Lage als eher mittelschwierig, wenn nicht sogar als hochgefährlich ein. Lediglich ein marginales Lächeln hatte ich mir nicht verkneifen können. Doch es war fast schneller wieder verflogen, als es aufgetaucht war. Denn als er endlich mit seiner Inspektion fertig war, wandte sich sein Blick mir wieder zu. Ich zuckte zusammen und begann zu zittern als er mit eisiger Stimme in einem Tonfall, der wenig Spielraum für Austausch von eventuellen Freundlichkeiten ließ, begann mich auszufragen und dabei seine Hände an meinem Körper heruntergleiten ließ. Tausend Dinge, die nun als nächstes passieren konnten, schossen mir gleichzeitig durch den Kopf. Dabei kapierte ich nicht recht, was er eigentlich von mir wollte. Wer sollte mich denn bitte hergeschickt haben? Litt er unter Verfolgungswahn? Ich begriff jedenfalls, dass es nun an der Zeit war, mit der Wahrheit herauszurücken. Wobei Dominus Serapio dabei aber natürlich nicht zwingend erfahren musste, dass dies nicht mein erster Besuch in seinem Cubiculum gewesen war. „N-n-niemand, Dominus! Ehrlich! i-i-ich wollte doch nur… ich wollte bestimmt nichts stehlen, Dominus!“ Nun ja, mit den gleichen Beteuerungen hatte ich ihn schon einmal abgespeist und dafür den Schlag ins Gesicht geerntet. Was würde als nächstes folgen?
    Vorerst nichts, was jedoch meine Furcht keinesfalls minderte. Stattdessen schritt er um mich herum, was mich obendrein noch nervös machte, da ich nun nicht mehr in der Lage war, zu beobachten, was er jetzt hinter meinem Rücken vorhatte.
    Als ob ich es bereits nicht schon geahnt hätte, begann er sich an meiner Tunika zu schaffen zu machen und riss sie mir ein Stück weit herunter. Ich keuchte vor Angst und mein Zittern verstärkte sich noch mehr, da ich glaubte, dass er mir nun noch mehr Schmerzen zufügen oder mich einfach mit Gewalt nehmen wollte.
    Jedoch geschah von alldem nichts. Noch nicht! Aber was in Teutates´ Namen tat er da nur? Schaute er sich etwa nur meinen Rücken an? Besonders schön war der ja nicht. Mehrere Narben zierten dort meine Haut. Narben, die schon eine ganze Weile verheilt waren. Einer meiner Vorbesitzer hatte es besonders anregend empfunden, mein Verhalten mit Hilfe einer Peitsche zu regulieren, was ihm auch kurzfristig gelungen war. Doch letztendlich hatte ich mich als widerstandsfähiger erwiesen und er hatte irgendwann die Lust an mir verloren.


    Doch wenn Dominus Serapio genau hinsah, konnte er vielleicht noch eine kleine alte Tätowierung an meinem Oberarm entdecken. Nein, es handelte sich dabei nicht etwa um ein altes Zeichen von einem meiner Vorbesitzer. Es war ein kleines Triskel, welches mir mein Vater eintätowiert hatte, als ich noch klein gewesen war. Er hatte immer gesagt, dass dieses Zeichen mich stets an ihn und meine Mutter erinnern sollte, dass alles was beginnt, ein Ende hat und das Ende auch zugleich wieder ein Anfang sei. Damals hatte ich nicht verstanden, was das bedeutete, doch je älter ich wurde, umso mehr begann ich zu begreifen, was er damals damit gemeint hatte. Dieses kleine Zeichen war der klägliche Rest, was von meiner Familie übrig geblieben war. Verständlich, dass ich darüber mit niemandem reden wollte. Zum Glück hatte ich das bis heute nicht tun müssen, denn wenigstens meine Erinnerungen wollte ich für mich allein behalten.


    Während ich noch auf den nächsten Schlag wartete, traf lediglich nur seine Stimme auf mein Ohr. Doch das, was er sagte, klang noch weitaus bedrohlicher. Ich kaufte ihm jedes Wort ab, als er meinte, er kenne Wege, um mich zum Sprechen zu bringen. Auch mit seiner Vermutung lag er goldrichtig! Ich wollte nichts von alledem kennenlernen!


    „Ich gehöre Dominus Casca… a-a-aber er weiß nicht, d-das ich hier bin. Ich wollte doch nur… ich wollte mir nur die Truhe da ansehen, weil ich so neugierig war und sie so interessant aussah. Das Muster darauf… so etwas habe ich noch nie gesehen!“ rief ich scheinbar todesmutig und fühlte mich wenigstens für einen kleinen Moment erleichtert, als die Wahrheit aus mir herausgesprudelt war. Im nächsten Moment aber kehrte die Angst wieder zurück. Was wenn Dominus Serapio nun die ganze Geschichte seinem Verwandten- meinem Dominus brühwarm erzählte?
    „Bitte sag meinem Dominus nichts davon, Dominus Serapio! Bitte! Ich tue alles für dich! Wirklich alles! Aber bitte erzähle ihm nichts davon, was ich getan habe!“, bat ich ihn mit erstickender Stimme, wobei für mich alles doch sehr relativ war. Schließlich hatte auch ich meine Grenzen. Auch wenn dieses nur sehr verschwommen erkennbar waren. Um das Gesagte noch zu untermauern, quollen nun tatsächlich dicke Tränen aus meinen Augen – die wahren Waffen einer Frau.

    Der Zauber dieser Kiste hatte mich gänzlich in ihren Bann gezogen und mich taub und unbesonnen gemacht, für jegliche Geräusche oder Vorgänge um mich herum. Wie tragisch, dass dieser eine Augenblick der Unachtsamkeit mir nun zum Verhängnis werden sollte!


    Diese Oberfläche dieses hölzernen Kastens war glatt und fein verarbeitet. Trotz der Intarsien aus Elfenbein, die einen perfekten Kontrast zu dem fast schwarz anmutenden Holz bildete, spürte ich keinerlei Unebenheiten. Bevor ich mich jedoch daran machte, die Kiste zu öffnen, erkannte ich den messingfarbenen Verschluss an der Vorderseite, der es mir unmöglich machte, die Kiste auf herkömmliche Art zu öffnen. Ohne Werkzeug war da nichts zu machen! Ein wenig Enttäuschung wollte sich in mir breit machen, als ich in der nächsten Sekunde ich einen feinen Windzug wahrnahm, ihm aber keine große Beachtung schenken wollte. Erst jene feste Hand, die mich am Oberarm packte und mich auf recht unsanfte Weise von der Kiste nach oben weg zog, bis ich schließlich dem leibhaftigen Besitzer dieses Kleinods direkt gegenüber stand, riss mich aus meinen Gedanken heraus. Gleichzeitig erschallte eine feste und bedrohlich wirkende Stimme. Was glaubst du was du hier tust, puella?! Das war eine berechtigte Frage in dieser prekären Situation! Vor Schreck hatte ich noch einen spitzen Schrei von mir gegeben, nun stand ich mit aufgerissenen Augen voller Furcht und einem dümmlich wirkenden geöffneten Mund unmittelbar vor Dominus Serapio. Er war zwar nur gut einen Kopf größer als ich, doch ich fühlte mich klein, wie ein Wurm in seiner allesbeherrschenden Gegenwart. Wie hatte ich nur so unaufmerksam sein können!
    Ein grimmig dreinblickendes Augenpaar nahm mich scharf ins Visier und vergrößerte so noch mehr meine Angst. Sollte dieser Vorfall nun etwa schon das Ende meiner doch ach so vielversprechenden Karriere im Hause der Decima einläuten? Ich schätzte, Dominus Serapio hatte wahrscheinlich keinerlei Verständnis für meinen Beweggrund, weswegen ich hier war. Und dass ich doch eigentlich gar nichts stehlen wollte. Es war doch nur meine Neugier gewesen, die mich getrieben hatte.


    „E-e-es i-i-ist n-n-nicht so, w-w-wie es a-a-aus-sch-schaut!“ begann ich zu stammeln, um mich zu erklären. Dann fiel mir der Staubwedel ins Auge, den meine andere Hand inzwischen so fest umklammerte, als ob ich darauf hoffte, dass er mir nun zum rettenden Strohhalm wurde. „I-i-ich w-w-wollte d-d-doch nur s-sau-sauber machen, D-d-domin-nus!“
    Ob Dominus Serapio sich mit dieser fadenscheinigen Ausrede zufrieden geben würde, denn schließlich hatte ich eigentlich rein gar nichts in seinen Räumen zu suchen. Eine andere Sklavin – Corythia, wenn ich mich nicht irrte, war dafür zuständig. Da ich ihn so gut wie gar nicht kannte, hatte ich keine Ahnung, wie ich ihn einschätzen sollte. Im Augenblick jedenfalls machte er einen äußert zornigen und aufgebrachten Eindruck. Noch geisterte in meinem Kopf noch nicht die quälende Frage herum, mit welchen Konsequenzen ich explizit zu rechnen hatte. Doch mir war schon bewusst, dass dies hier ein Nachspiel haben würde, ganz gleich welcher Art.
    Wenn der Römer nun tatsächlich glaubte, ich hätte ihn bestehlen wollen, wonach es ja wirklich aussah – was dann? Wie man so hörte, waren manche sehr kreativ, wenn es darum ging, einem Sklaven zu zeigen, wo der Hammer hing. Im Moment fürchtete ich mich aber am meisten davor, dass mein eigener Dominus Wind von der Sache bekam. In welchem Licht stand ich dann da? Grian, die Diebin? Eine Diebin wollte ganz sicher niemand in seinem Haus haben. Das war´s dann wohl!

    Tja, der alte Jupp hatte mal wieder recht gehabt! Es war mal wieder jot jejange. Und zwar richtig gut! Mein lieber Scholli, die Hütte war astrein und mein neuer Dominus war auch keiner von diesen Blödmännern, die ich bisher hatte. Sicher, er konnte sich mit der Zeit immer noch zu einem Arschloch entwickeln. Im Moment aber sah ich dem eher gelassen entgegen.
    Nun ja, auch ich hatte versucht, mich ein wenig zu zügeln. Ich hatte bisher immer schön ja, Dominus, wie du wünschst, Dominus und danke, Dominus gesagt. Wahrscheinlich war das auch der Grund, weshalb ich immer noch da war und Casca mich nicht gleich wieder zum nächsten Sklavenhändler geschleift hatte. Allerding war mir das nicht immer leicht gefallen. Ganz im Ernst, ich hatte mich richtig zusammenreißen müssen, denn unter der Sklavenschaft und besonders unter den Liberti liefen ein paar richtige Lackaffen herum! Meine Herrn, was bildeten die sich bloß ein?


    Auch bei meinem Dominus ließ ich (noch) Zurückhaltung walten, denn sein Geschmack was Kleidung betraf, ließ echt zu wünschen übrig. Männer eben! Und seine beiden Witzfiguren erst – Nepomuk und Ulcus, die ich bereits auf dem Sklavenmarkt kennengelernt hatte. Dem einen musste man wahrscheinlich das Grinsen aus seinem Gesicht meißeln, damit er damit aufhörte und der andere war sicher nicht die hellste Kerze auf dem Kuchen. Dort, wo das Hirn hingehört hätte, waren anscheinend nur Muskeln.


    Ich selbst versuchte, mich im besten Licht darzustellen, wenn Casca mich beobachtete. Dann erledigte ich alle Arbeiten, die man mir gab. Dabei achtete ich natürlich darauf, dass alles ordentlich war (zumindest oberflächlich). Also, ehrlich gesagt, war ich keine Freundin von Hausarbeit. Staub wischen, kehren oder den Boden aufwischen konnte auf die Dauer ganz schön langweilig sein. Außerdem bekam ich davon immer Kreuzschmerzen. Viel lieber stöberte ich in den Zimmern der Casa herum, schaute mir an, wie die anderen Herrschaften so lebten und welche Kleider sie in ihren Truhen hatten. Natürlich passte ich dabei peinlich genau darauf auf, dass mich niemand erwischte. Ich wollte gar nicht daran denken, was geschah, wenn mich jemand in einem der Officia oder in den Cubicula erwischte.
    Dieser eine Kerl, der erst vor kurzem hier eingetroffen war, fand ich ja besonders spannend. Der hatte solche komische Sachen und Klamotten in seinem Allerheiligsten. Die Sklaven hatten erzählt, er sei für ziemlich lange Zeit fort gewesen und manche hatten sogar geglaubt, er hätte längst den Löffel abgegeben. Aber offensichtlich hatte er das nicht
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    Wieder einmal hatte ich mich mit einem Staubwedel bewaffnet und war zum Cubiculum von Dominus Serapio geschlichen, um… naja… Nachforschungen zu betreiben. Der Typ interessierte mich eben!
    Bevor ich die Tür öffnete, horchte ich noch einmal, ob auch wirklich die Luft rein war und sah mich noch einmal um. Niemand war da! Das war meine Chance und ich nutzte sie! Schnell öffnete ich die Tür und huschte hinein. Dann ließ ich meinen Blick über die Möbel und das Bett schweifen, bis meine Augen schließlich die Truhe fixierten, die ich beim letzten Mal erst zu spät entdeckt hatte. Zielstrebig lief ich auf die Truhe zu. Bevor ich sie jedoch öffnete, strichen meine Finger zuerst über die mit Intarsien verzierte Oberfläche. Die Ornamente sahen irgendwie fremdartig aus, aber sie gefielen mir. Sofort begann mich die Frage zu quälen, was in der Kiste war. Vielleicht ein paar schöne edle Kleider, oder Gold und Geschmeide oder… vielleicht etwas ganz anderes…

    Zitat

    Original von Cnaeus Decimus Casca



    “Nun gut!“, stellte ich in den Raum. “Mein Sklave wird mit deinen Männern zur Casa Decima gehen!“, erklärte ich. Ein und den selben Weg mehrfach zu beschreiten kam für mich überhaupt nicht infrage. Zumal mein Knie nicht besonders wohlgelitten war und mit das Laufen generell recht schnell Schmerzen verursachte. “Ich werde hier bleiben und mich mit meinem neuen Beistz unterhalten!“ Um mein Vorhaben auch weitergehend zu verdeutlichen, ließ ich mich neben dem Händlerstand auf einem großen Stein nieder und streckte seufzend mein Bein aus. Zeitgleich winkte ich die Sklavin herbei, während sich sah, dass Muckel die Augen verdrehte. Doch Botengänge waren ihm nichts Neues und Dank dem Fleisch im Brot war er nun auch gestärkt genug, um den Weg auf sich zu nehmen. “Der andere Sklave wird bei mir bleiben!“, erklärte ich weiterhin und stellte zufrieden fest, wie Ulcus sich neben mir aufbaute. Händlern war nicht zu trauen und offenbar sah Ulcus trotz all seiner Einfalt genauso.


    Wenn ich mal kurz Revue passieren ließ, war das mit Sicherheit mein längster Verkauf und bestimmt auch der Nervenaufreibendste! Inzwischen hatten mich die Schergen des Sklavenhändlers endlich vom Podest heruntergezerrt, da der Disput zwischen Tuff Tuff und meinem neuen Dominus anfänglich sicher ganz amüsant für die umstehenden Leute gewesen sein mochte. Inzwischen fanden es aber die meisten ermüdend und begannen sich schon mal bei der Konkurrenz umzuschauen. Hätte ich eine Wahl gehabt, wäre es mir sicher nicht anders ergangen. Zumal es mir so vorkam, als ob selbst die Sonne sich gegen mich verschworen hatte, deren Strahlen mich inzwischen regelrecht auf penetrante Weise stachen und meine Haut an den unbedeckten Stellen zum erröten brachten. Alleine deshalb war ich nun froh, endlich aus der Sonne zu kommen.


    Glücklicherweise fand man dann doch noch eine Möglichkeit, wie beide Parteien glücklich werden konnten. Ich atmete erleichtert auf, denn die Leere in meinem Magen machte sich nun auf anklagende Weise mit einem lauten Knurren bemerkbar, dass man es, wenn man denn genau hinhörte, sicher noch bis Ostia hören konnte.
    Ach ja, Ostia… das Meer… ja ja. Da kam ich glatt ins Schwärmen! Einige Besitzer vorher hatte ich tatsächlich auch einmal in Ostia gelebt. Nun ja, für ungefähr drei Tage. Danach trennten sich die Wege meines damaligen Dominus und die meinen wieder… Oh ja, das war lange her.


    Gerade noch rechtzeitig kehrte ich mit meinen Gedanken wieder zurück ins hier und jetzt und bekam so auch noch die Absichtserklärung meines Dominus mit, sich mit mir ein wenig unterhalten zu wollen, während er auf die Rückkehr seines Sklaven und Tuff Tuffs Männer wartete. Das war auch gut so, denn so konnte ich mich selbst noch einmal am Riemen reißen und mich ermahnen, dieses Mal nicht wieder alles falsch zu machen. Besonders nicht zu vorlaut zu sein! Selbst dann, wenn ich im Recht wäre. Also lächelte ich meinem Dominus dankbar und ein wenig unterwürfig zu, um ihm gleich das Gefühl zu geben, hier eine richte gute Tat vollbracht zu haben.

    Meine Vorahnungen nahmen langsam Gestalt an. Warum musste ich auch immer Recht haben?! Die Aussicht auf einen leckeren Fleischspieß sank von Sekunde auf Sekunde gen Null. Allein das hätte schon genügt, ungehalten zu werden. Aber, so sagte ich mir, war es gewiss besser im Augenblick tunlichst die Klappe zu halten. Nicht dass ich am Ende meinen neuen Dominus gleich verschreckte und er mich dann doch nicht wollte. Also setzte ich ein schüchtern leidendes Gesicht auf, dass jedem der Beteiligten zeigen sollte, das ich die Situation zwar zum kotzen fand, aber alles über mich ergehen lassen würde, was dort unten gerade beschlossen wurde. Eigentlich war es ja logisch! Tuff Tuff, der Halsabschneider, dessen Mundhöhle dem Tartaros garantiert in nichts nachstand, war nicht so blauäugig, mich meinem Dominus gleich mitzugeben, solange der nicht die volle Summe für mich gelöhnt hatte. Das konnte noch richtig heiter werden!

    Mir war ganz taumelig zumute, bis ich endlich begriff, dass es zu Ende war und der Fleischesser mich bekommen hatte. Die Tatsache, dass er mich gleich mitnehmen wollte, versetzte mich in einen wahren Freudentaumel. Ich musste nicht noch stundenlang hier herumhängen und warten, bis die Ware des Sklavenhändlers verhökert war. Nein, mein Dominus wollte mich gleich mitnehmen!!! Wie sich das anhörte - mein Dominus! War jetzt endlich meine Pechsträhne vorbei? Keine notorischen Spieler mehr, die mich beim Würfeln verspielten, keine brutalen Schläger, die mich verprügelten, weil mir beim Waschen ihrer Klamotten ein kleines Missgeschick passiert war und auch keine Geizhälse mehr, die mich ständig hungern ließen. Nein, die Götter meinten es heute gut mit mir! Sonst hätten sie ganz sicher nicht den Fleischesser und seine beiden Begleiter vorbeigeschickt! Bei diesem Gedanken jauchzte ich innerlich, denn mit etwas Glück bekam auch ich einen solchen Spieß mit leckerem kross gegrilltem Fleisch. Alleine schon der Duft brachte mich schier um den Verstand. Mein wässriger Mund konnte es kaum erwarten. Ja, für einen, wenn auch kurzen, Moment würde ich im siebten Himmel schweben, wenn ich das butterweiche Fleisch mit meinen Zähnen von dem Holzstäbchen abriss und sich mein Speichel mit dem köstlichen Fleischsaft verband. Und dann, wenn das Fleisch in meinem Mund zerkleinert war und ich es voller Verlangen nach mehr herunterschluckte. Sicher würde sich mein ganzer Körper verzücken, während der Bissen ganz langsam, Stück für Stück seinen Weg von der Speiseröhre bis in meinen Magen fand, wo er bereits sehnlichst erwartet wurde. Ein wahres Fest würde das sein, was ich schon lange, sehr lange nicht mehr erlebt hatte.


    Ja genau! Seeehr lange. Meine Freude erfuhr einen leichten Dämpfer als ich beobachten konnte, wie der Dauergrinser ganz hektisch mit seiner Geldkatze herumuchtelte und schließlich dem Fleischesser etwas ins Ohr flüsterte.


    „Och nö!“, hörte ich mich leise raunen, denn irgendwie konnte ich mir schon bildhaft vorstellen was dort unten gerade vor sich ging. Der Kerl – mein neuer Dominus – hatte zu wenig Zaster dabei! Na prima! Woher kannte ich das nur?! Die Enttäuschung übermannte mich erbarmungslos. Ich hätte lauthals heulen können. Da half es auch wenig, als sich mein Dominus an mich wandte und nach beruhigenden Worten suchte. Ade, leckerer Fleischspieß, ade tolles Geschmackserlebnis! Ich sah mich bereits die nächsten Stunden hier herumhängen und warten, bis Tuff Tuffs Handlanger mich ndlich zum Haus meines neuen Dominus schleiften.

    Hatte ich zu dick aufgetragen oder war es genau das, was mein hoffentlich Fleischspieß essender Dominus in spe hören wollte? Gebannt schaute ich auf ihn hinab, ohne aber diesmal dieses andere lange Elend aus dem Augenwinkel zu verlieren. Mir schien, als wären die Sekunden plötzlich doppelt und dreifach so lang als sonst, Bis endlich das erlösende Gebot kam. Siebenhundert! Was wollte man mehr? Alles richtig gemacht, dachte ich und klopfte mir in Gedanken anerkennend auf die Schulter.
    Aber als ob ich es nicht schon längst geahnt hatte, meldete sich gleich dieser lange Widerling wieder zurück und überbot den Fleischesser um sage und schreibe 50 Sesterzen! So ein blöder Mist, hätte ich am liebsten laut hinausgeschrien. Was jetzt, fragte ich mich selbst und meine Augen schnellten sofort wieder zum Fleischesser und seinen kauenden Begleitern zurück. Vielleicht konnte er den flehenden Blick in meinen Augen erkennen. Dieser Hundebabyblick, dem eigentlich keiner widerstehen konnte. Dann folgte auch schon sein Gebot – achthundert! Meine Güte, hoffentlich schlugen sich die beiden nicht noch die Köpfe ein, sondern begnügten sich mit dem gegenseitigen Überbieten. Aber wenn zwei sich streiten, freut sich bekanntlich der Dritte. Oder sollte ich besser „die Dritte“ sagen? Ich begriff erst nicht, woher nun dieses Gebot kam, bis ich schließlich ein kleines Frauchen in der Menge ganz weit hinten entdeckte, zu der sich plötzlich alle umzudrehen schienen oder sie suchend ins Visier nehmen wollten, wenn sie etwas weiter entfernt standen. Was will die denn jetzt, dachte ich mir sichtlich genervt. Anscheinend entwickelte sich hier ein regelrechter Nervenkrieg, ein Krimi der ganz besonderen Art. Nein, das war der ganz normale Wahnsinn!


    Aber der Fleischesser fackelte nicht lange und gab der Guten die Antwort, auf die nicht nur ich, sondern sicher auch der Sklavenhändler gewartet hatte. Im Glauben, meinem Ziel wieder ein Stückchen näher gekommen zu sein, erschien wieder ein feines Lächeln um meine Mundwinkel herum. Nicht mehr lange und ich konnte endlich wieder von diesem elenden Podest herabsteigen.
    Aber Pustekuchen! Gerade dann, als ich mir schon sicher war, Tuff Tuff würde nun endlich dieses Schauspiel beenden, kam eine weitere Anfrage, ob ich den tanzen und singen könne. Mir blieb gar keine Zeit, um zu antworten, denn schon prasselte das nächste Gebot auf mich ein. Momentmal, hatte sich der Fleischesser etwa gerade selbst überboten? Ja, genau so war es, wenn einem die Nerven versagten. Zum Glück überbot er sich nur um zehn Sesterzen.


    Dummerweise war es genau das, was den langen Kerl dazu veranlasste, noch mal zwanzig draufzupacken. Verdammt nochmal, mir wurde ganz schwindelig! Ich wollte gar nicht mehr hinschauen. Was sollte ich nur machen, wenn ich gleich mit diesem langen Elend gehen sollte oder mit der Kurzen von weiter hinten? Ich hatte mich schon so auf den Fleischspieß gefreut, ich konnte ihn fast schon auf meiner Zunge schmecken, doch plötzlich war da nichts mehr! Der leckere pikante Geschmack aus meiner Vorstellung war wie weggeblasen und hatte einer Bitternis Platz gemacht.


    Doch dann kam das nächste Gebot von meinem Fleischesser und ein wages Fünkchen Hoffnung flammte in mir wieder auf. Ich traute mich gar nicht mehr zu atmen, weil ich Angst hatte, dass dann gleich das nächste Gebot kommen würde. Kam es aber nicht! Zum Glück, sonst wäre ich garantiert gestorben oder zumindest blau angelaufen, aufgrund des Sauerstoffmangels. Nein, es kam ganz anders! Tuff Tuff hatte ein Einsehen und beendete meinen Verkauf. Neunhundert Münzen waren wohl mehr, als er sich jemals hätte erträumen können.

    Konnte ich da einen Hauch von Entschlossenheit im Blick des leicht Versehrten entdecken? Mir war so, als hätte er sich mit seinen Begleitern über mich ausgetauscht. Oder war es schlicht und ergreifend der leckere Fleischspieß in seiner Hand, der ein seltsames Verlangen in meinem Mund auslöste und sich darin äußerte, dass die Produktion von Speichel rapide anzusteigen drohte. Bei den Göttern, wann hatte ich zuletzt Fleisch kosten dürfen? Richtig gut zubereitetes Fleisch, an dem sich nicht bereits die Fliegen gelabt hatten und das bereits schon zu riechen begonnen hatte. Aber ich durfte jetzt nicht schwach werden! Jetzt in dieser alles entscheidenden Phase, die über meine weitere Zukunft bestimmte. Und da passierte es auch schon! Der Fleischspieß wurde samt der ihn haltenden Hand nach oben gereckt. Gleichzeitig wurde das erste Gebot für mich gebrüllt. Ja, der Fleischesser wollte Sechshundert für mich ausgeben! Eine beachtliche Summe, wie mir schien. Dabei stellte ich mir vor, wie auch ich schon bald an einem solchen Fleischspieß knabbern durfte. Jedoch verpuffte diese angenehme Vorstellung sofort wieder. Nur ein fahler Geschmack im Mund blieb zurück. Ein Anderer hatte es gewagt, Fünfzig mehr für mich zu bieten! Wie konnte er nur, dieser Wüstling!


    Beinahe synchron wanderten meine Augen, wie auch die des Erstbieters zu dem langen dürren Kerl, den ich bis dato nicht auf dem Schirm hatte. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich mir eine Meinung über ihn gebildet und die fiel nicht besonders positiv für ihn aus. Was hätte denn einer wie der mir schon bieten können, außer übergroßer Togen, die zunächst geglättet werden mussten, um die danach wieder in Falten zu legen? Nein, da zog es mich doch eher zu dem Fleischesser und seinen beiden Freunden. Aber was konnte ich von hieraus schon ausrichten? Sollte ich jetzt doch damit beginnen, den bereits erwähnten Affen zu geben?
    Zum Glück wurde dies zunächst nicht nötig, denn auch für den leicht Versehrten schien die aktuelle Situation eher suboptimal zu sein, was ihn dazu veranlasste, sich über mich zu erkundigen. Natürlich waren Sechshundert ein Haufen Geld und Siebenhundert erst recht!
    Wie gerne hätte ich ihm entgegengebrüllt, dass ich jede einzelne Sesterze wert war, auch wenn ich Nähen hasste und meine Frisuren – na ja, doch manchmal recht gewagt ausgesehen hatten. Für den Typ mit dem Fleischspieß wäre ich zu allem bereit gewesen. Selten war ich so motiviert, wie jetzt gerade! Nun hing es nur noch an Tuff Tuff. Hoffentlich verkackte er es nicht. Doch auf den gewieften Sklavenhändler war stets Verlass. Natürlich ließ er mich als Universalgenie dastehen, obwohl er eigentlich keine Ahnung hatte, was ich so alles drauf hatte. Denn mein letzter Besitzer hatte kaum ein gutes Wort für mich übrig, als er mich dem Sklavenhändler für ein paar schlappe Sesterzen überlassen hatte. Doch nun wagte der Sklavenhändler einen Geniestreich und erteilte mir selbst das Wort, wodurch es mir möglich wurde, mein Schicksal vielleicht minimal in eine positivere Richtung zu lenken.


    „Ja, ich spreche deine Sprache und ich kann dich gut verstehen, Dominus!“ Hoffentlich du mich auch, dachte ich und flehte innerlich, dass diese Anspannung bald von mir genommen wurde. „Ich kann alle Hausarbeiten – auch Nähen - zu deiner vollsten Zufriedenheit erledigen!“ Allerdings nur, wenn seine Ansprüche nicht zu hoch waren. „Und Frisuren stecken kann ich auch, Dominus. Darin bin ich sehr kreativ.“ Oh ja, und wie! Mit meinen Frisuren fiel man garantiert auf!
    Wieder erschien jenes bezaubernde Lächeln auf meinem Gesicht, welches ich nur dem Fleischesser, allenfalls noch seinen beiden Begleitern, schenkte. Den schlaksigen Kerl, der es gewagt hatte, meine Kreise zu stören, war in diesem Moment meilenweit entfernt. Ich hatte ihn ausgeblendet, so als hätte es ihn nie gegeben. Nur noch mein Fleischspieß essender Retter dort unten und ich waren noch da. Vielleicht sollte ich ihm auch noch erzählen, wie gut ich singen und seinen Kopf massieren konnte, wenn er unter Kopfschmerzen litt. Doch dann dachte ich mir, weniger ist mehr. Schließlich fuhr man immer besser, wenn man sich noch einen Trumpf im Ärmel behielt.

    Oh, welch übles Odeur! Kaum hatte der Sklavenhändler mit dem lustigen Namen das Maul aufgemacht, wurde es mir auch schon ganz blümerant in der Magengegend. Die Mischung aus einer süßlichen Fäulnis gepaart mit dem penetranten Geruch von Knoblauch hätten mir schier den Boden unter den Füßen weggezogen. Dabei wäre mir haarscharf das Wichtigste entgangen. Folglich versuchte ich, unabhängig von dem widerwärtigen Gestank, einfach weiter zu atmen und die Ohren dabei zu spitzen. Ja, sogar mein feines lächeln, welche schon zu entschwinden drohte, konnte ich aufrechterhalten.


    Was der Sklavenhändler nun so von sich gab, unterschied sich kaum von dem, was sonst so über mich im Verkaufsgespräch gesagt wurde. Na klar, ich war ein erstklassiges Angebot: jung, attraktiv, fleißig, vielseitig einsetzbar. Alles Attribute, die normalerweise dazu führten, dass man sich um Sklaven wie mich riss. Wohlweißlich aber verschwieg er gewisse Dinge, die dazu geführt hätten, dass mein Marktwert drastisch wieder zu sinken begonnen hätte. Natürlich war es verständlich, dass er nicht gerne über die Fluktuation seiner Ware sprach, denn dies hätte zur Folge gehabt, dass er sich auch über deren Schwächen und Fehler hätte auslassen müssen. Also, pries er mich als das Supergirl an, für das mich die Leute halten sollten – und das für einen ordentlichen Preis. Wenn man das so sagen durfte. In gewisser Weise konnte das ein Vorteil für mich sein. Letztendlich würde ich diesmal nicht bei einem armen Schlucker enden.
    Langsam entspannte ich mich wieder. Der Gestank aus Tuff Tuffs Inneren konnte mir nicht mehr viel anhaben. Gleich würden die ersten Gebote kommen, so dass sich schon bald unsere Wege wieder trennen würden. Daraufhin stellte sich auch wieder das Summen ein. Genau, der bescheuerte Liedtext hatte sich wieder den Weg in mein Hirn zurückerobert und ließ mir nun keine Wahl mehr, als diese bescheuerte Melodie vor mich hin zu summen – ganz leise, damit es keiner mitbekam.


    Selbstredend war ich ganz gespannt darauf, wer denn nun als erstes ein Gebot für mich abgab. Etwa einer von den fetten Geldsäcken dort unten, die sich, angeregt durch die Worte des Sklavenhändlers, nun ihr Antlitz zu mir nach oben richteten. Scheinbar hatte sich das junge Madämchen aus dem Staubgemacht. Zumindest konnte ich sie nicht mehr in der Menge entdecken. Ich war wohl doch nicht das Richtige für sie! Stattdessen aber waren neue Gesichter dort unten aufgetaucht, angezogen von Tuff Tuffs Worten. Manche von ihnen schienen Interesse zu bekunden, indem sie mich eindringlich zu mustern begannen. Wahrscheinlich um nachzuprüfen, ob die Anpreisungen des Sklavenhändlers nicht mehr als nur heiße Luft waren. Die Blicke ließen mich scheinbar unbeeindruckt. Ich bleib einfach stehen, so wie ich stand und machte nicht den Affen, wie vielleicht manch anderer Sklave in dieser Situation. Schließlich war es ja Tuff Tuffs Aufgabe, mich zu veräußern, denn er war es ja auch, der den ganzen Zaster für mich einstrich.


    Doch dann erblickten meine Augen einen mächtigen Hünen, der aus der Masse herausstach, weil er locker mindestens drei, wenn nicht sogar vier Kopf größer war, als der Durchschnittsrömer. Meine Güte, der Riese war dazu noch ein einziges Muskelpaket. Kurzzeitig hatte sogar mein Lächeln einem erstaunten Gesichtsausdruck Platz machen müssen. Ja länger mein Blick auf dem Fleischberg lag umso mehr nahm ich die beiden Hänflinge in seiner Begleitung wahr. Der eine sah ganz witzig aus, was wohl seinem Dauergrinsen geschuldet war. Der Dritte schien ein wenig beeinträchtigt zu sein, denn er stützte sich auf einen Gehstock. Trotz allem machte er einen guten Eindruck: er war etwa in meinem Alter und sah nicht nach einem Psychopathen aus, der junge Sklavinnen zum lentaculum verspeiste.

    Tja, da war ich schon wieder. Oder wie ein alter Kollege und Kumpel immer zu sagen gepflegt hatte: Here I go again on my own. Ja, und ich lächelte dabei. Kaum hörbar summte ich diese blöde Melodie vor mich her, weil mir der bescheuerte Text einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte.
    Von hier oben sah die Welt nicht ganz so schlimm aus, sagte ich mir immer. Das tat ich meistens, um mich selbst zu beruhigen. Diesmal aber fühlte ich mich wirklich ziemlich gelassen. Keine Spur von Angst oder Aufregung. Ich konnte ja eh nichts daran ändern, was gleich passieren würde. Et kütt, wie et kütt. Et hätt noch immer jot jejange, hatte der alte Jupp, ein Sklave, der früher mal in Colonia Agrippinensum den Leuten die Haare geschnitten hatte, immer gesagt. Vielleicht war es auch einfach die Routine, die ich inzwischen gewonnen hatte. In Sachen Sklavenmarkt war ich ja schließlich schon eine Widerholungstäterin. Also lächelte ich weiter und summte so vor mich hin.


    Hin und wieder schaute ich nach unten und beobachtete die Leute. Diesmal war ganz schön was los. Der Sklavenhändler versprach sich offenbar ein feines Sümmchen mit mir zu verdienen, wenn er mich zu dieser Stunde aufs Podest brachte. Wenn Fortuna heute ihren Tag hatte, ging vielleicht sogar seine Strategie auf. Ein paar fette Geldsäcke mit schütterem Haar hatten sich zumindest schon mal unters Publikum gemischt und überlegten noch, was sie alles mit einer wie mir anstellen konnten. Ein junges Madämchen schaute fragend zu mir hoch. Wahrscheinlich kam sie mit der Tatsache nicht klar, dass ich lächelte. Einfach so. Vielleicht dachte sie auch nur, ich hätte gehörig eine an der Klatsche. Sollte sie doch denken, was sie wollte! Aber wieso sollte ich auch nicht lächeln? Ich wusste, was hier gleich passierte. Wie gesagt, ich gehörte schon zu den alten Hasen. Gleich würde ich mal wieder den Besitzer wechseln. Zum x-ten Mal also, wie oft konnte ich gar nicht so genau sagen.


    Zugegeben, in meinem Leben hatte es nie eine längere, geschweige denn eine konstante Periode gegeben, in der ich bei einem einzigen Herrn gelebt hatte. Immer wieder gab es etwas, weswegen man mich zurückgab, weitergab oder weiterverschenkte. Beim fünften Dominus hatte ich aufgehört zu zählen. Wie hieß es dann immer so schon? ‚Wegen unüberbrückbarer Differenzen muss ich mich leider von dir trennen, Grian!‘ Ja, ja ich weiß schon! Vielleicht war ja wirklich etwas dran, was alle sagten. Ich sei nervig und taktlos, hätte ein Schandmaul, das mich sicher eines Tages noch ans Kreuz bringen würde. Na sicher. Bisher hatte es auch gut ohne Kreuz geklappt und meine Zunge war auch noch an Ort und Stelle. Außerdem verbreitete ich ja keine Lügen sondern begnügte mich lediglich mit der Wahrheit. Was war also falsch daran, ehrlich zu sein?! Es war ja nicht mein Problem, wenn manche Leute die Wahrheit einfach nicht vertragen konnten.


    Oh, für einen kurzen Moment hielt ich inne in meinem Gesumme, denn es tat sich etwas. Der Sklavenhändler trat auf den Plan. Ein langes schmales Elend, kurz vor der Haltbarkeitsgrenze, mit maximal noch vier krummen Zähnen im Maul und deshalb auch mit widerlichem Mundgeruch, dass die Fliegen nur so ihre Freude hatten. Er grinste mich anzüglich an, bevor er sich dann an seine Kundschaft wandte.

    Oh, jetzt wird´s spannend! :D


    @ Florus Minor: Vielen Dank für dein Interesse und die Infos! :)


    Na gut, also spätestens jetzt ist das Thema Versteigerung abgehakt. Ich muss mich also entscheiden...:hmm:


    Ich habe mich mal ein wenig in euere Beiträge eingelesen und eure Charakterbeschreibungen gelesen.
    Danach würde ich eher zu Casca tendieren, da er ganz gut zu Grian passen könnte.


    Also machen wir es kurz:



    Ich wähle als zukünftigen Besitzer Cnaeus Decimus Casca.
    Tut mir leid, Florus.

    Ich habe mich nun doch dazu entschlossen, lieber versteigert zu werden. Geht das so in Ordnung? Allerdings kann ich noch keine PNs schreiben.