Beiträge von Eireann

    Der Schlag kam unerwartet. Wie aus dem nichts. Und doch hätte Eireann mit dieser Reaktion rechnen müssen. Immerhin hatte sie den Dunkelhaarigen sichtbar provoziert. Als seine flache Hand auf Höhe ihres Ohres, ihre Haut traf. Schrie die Keltin vor Schmerz und ...war es Erstaunen, auf? Dieser Schlag hatte gesessen. Mochte er auch nicht fest ausgeführt worden sein. So hatte sie doch den Eindruck ihr Trommelfell hatte irreparablen Schaden genommen. Denn im ersten Augenblick hörte sie auf dem rechten Ohr gar nichts mehr. Völlige Stille herrschte auf dieser Seite.


    Und so starrte sie den Älteren mit einem geschockten Glanz in ihren Augen an. Ihre Finger hatte sie vorsichtig auf ihr pochendes Ohr gebettet. Auch das sanfte reiben brachte nicht die gewünschte Linderung. Und so wuchs die Panik und spiegelte sich auf Eireanns Gesicht wider. Während zugleich Tränen des Schmerzes in ihren Augen schimmerten. Wie lange hielt diese Taubheit ihres rechten Ohres an?


    Immer wieder massierten ihre Finger ihr Ohr. Doch bis auf ein schrilles Geräusch konnte Eireann auf dem rechten Ohr nichts hören.
    “Mein Dominus ist Appius Furius Cerretanus. Aber ich.. ich bitte dich, ihm nichts zu sagen. Ich habe nichts gemacht. Und.. deine Kundin bin ich nicht.“
    Das piepen in ihrem Ohr wurde immer lauter. Sodass die Silurerin ihre Finger fester gegen ihr pochendes Ohr gepresst hielt. Ihren Kopf wagte sie nicht ruckartig zu bewegen, da Eireann spürte wie sich die Wellen der Übelkeit in ihrem Körper ausbreiteten und ihr Ohr in einem herrlichen Rotton schimmerte.

    Als sich der Ältere schließlich in Bewegung setzte, zuckte Eireann sichtlich zussmmen und beobachtete eine jede seiner Regungen. Doch tatsächlich wollte er sich offensichtlich nur setzen. Auch wenn sich die angespannte Körperhaltung der Keltin deswegen nicht in Luft auflöste. Im Gegenteil. Eireann spannte sich sichtlich an und verkrampfte ihre Finger derart fest miteinander, dass ihre Fingerknöchel weißlich durch ihre Haut hindurch stachen.


    Hart trommelte ihr das Herz in der Brust. Wieso war es hier auf einmal so warm? Irritiert ließ die Keltin ihren Blick durch das karg möblierte Zimmer gleiten. Bevor es dann erneut der Besitzer dieses Lupanars war, der Eireanns ungeteilte Aufmerksamkeit forderte und das ohne seine Stimme erhoben zu haben. Sein Mienenspiel genügte der jungen Keltin um zu verstehen.


    “Wieso sollte dir mein Dominus glauben?“
    Brach es dann doch aufgebracht über Eireanns Lippen. Als sie den Älteren mit einem wilden funkeln in ihren Augen fokussierte. Vorbei war die demütige Haltung. Ihr Körper stand jetzt unter Strom und vibrierte wie eine gespannte Bogensehne.

    Siebzig Sesterze - Siebzig Sesterze - Siebzig Sesterze
    Immer und immer wieder hallte diese Summe durch den Kopf der Keltin. Während sie stolz und aufrecht auf dem Bett saß und den Dunkelhaarigen mit einem merkwürdigen flackern in ihren Augen fokussierte.


    Hart schluckte die Keltin bei seinen Worten und senkte ihren Kopf auf ihre im Schoß verkrampften Finger. Ihr Dominus oder die Hausherrin der Casa Furia durften hiervon nie etwas wissen. Auch Tiberios nicht. Bei dem Gedanken an den jungen Alexandriner spürte Eireann wie ihr Herz sehnsuchtsvoll in ihrer Brust zu pochen begann. Nach außen hin ließ sie sich jedoch nichts anmerken und hob im nächsten Augenblick ihren Kopf an. Trotz und Zorn schwelten weiterhin in ihren Augen und hielten sich die Waage.


    Der Ältere wollte einen Gegenvorschlag und in Eireanns Köpfchen begann die Gedanken zu rasen. Sie hatte schon einmal ihre Schulden abarbeiten müssen. Die damalige Arbeit beschränkte sich jedoch auf Tische wischen und Geschirr einsammeln. Das hier jedoch war ein Lupanar und Eireann wusste was hier gearbeitet wurde.
    “Ich... ich könnte.. ähm.. ich..“
    Stammelte die junge Keltin und wurde rot bis in die Haarspitzen. Sogar ihre Ohren glühten vor Scham.

    Der befehlende Klang in der Stimme des Dunkelhaarigen hatte etwas entgültiges. Und das leise Stimmlein in ihrem Hinterkopf wimmerte. Rasch ließ Eireann ihren Blick durch das Zimmer gleiten und wusste instinktiv, dass sie keine andere Wahl hatte. Mit einem letzten, zornglühenden Blick in seine Richtung, wandte sich Eireann herum und trat auf das Bett zu, auf das sie sich langsam nieder sinken ließ. Sie hatte getan was er wollte. Die junge Keltin saß.

    Als sein Lachen an Eireanns Gehör drang, presste sie ihre Lippen zu einem blutleeren Strich zusammen. Unmerklich schüttelte sie ihren Kopf und starrte dem Dunkelhaarigen wutentbrannt entgegen.
    “Du solltest sofort aufhören meinen Stamm zu beleidigen.“
    Knurrte die Dunkelhaarige mit vor Hass glühenden Augen. Der Ältere schien jedoch noch nicht genug zu haben. Denn seine Stimme brannte sich wie ätzende Säure in die Gehörgänge der Keltin. Sodass sich ihr schlanker Körper deutlich anspannte und es wahrlich nicht mehr lange dauern konnte, bis sie sich auf ihren Entführer stürzte.


    “Wir Silurer sind ein kriegerisches Volk und du solltest sofort deine Zunge zügeln.“
    Mit einem lauernden Klang in ihrer Stimme ließ Eireann diese Worte an sein Gehör dringen. Denn in diesem Augenblick machte Eireann ihrem Spitzname Feuerkopf alle Ehre. Jener Spitzname, der ihr von Tiberios verliehen wurde. Und während ihre Gedanken für einen kurzen Moment in Richtung des Lockenkopfs glitten, bekam ihre mühsam aufrecht erhaltene Fassade die ersten Risse.


    Mit einem Satz versuchte Eireann vor dem Älteren an der Tür zu sein. Sah sich dessen dunklen Augen jedoch gegenüber und prallte auch schon zurück. Und dennoch sah man der Keltin deutlich an das sie nicht aufgeben würde und um ihre Freiheit kämpfte.
    “Du wirst meinen Dominus nicht aufsuchen.“
    Tatsächlich hatte sich ein leises zittern in Eireanns Stimme geschlichen. Während sie den Dunkelhaarigen noch immer nicht aus ihrem Blick entließ.
    “Ich... ich habe kein Geld. Aber bitte, gehe nicht zu meinem Dominus.“


    Innerlich verfluchte sie sich für diese Worte und presste ihre Fingernägel in die Innenfläche ihrer Hände.
    “Siebzig Sesterze.“
    Murmelte Eireann und spürte wie ihr das Herz bis zum Hals pochte.

    “Es ist mir völlig egal wer oder was du bist!“
    Fauchte Eireann erneut und knirschte mit den Zähnen. Bevor ihre Hand vorschnellte und sie versuchte den Dunkelhaarigen zu verletzen. Ein paar Striemen ihrer Nägel auf der Wange? Die Silurerin würde sich diebisch darüber freuen.
    “Ich bin Eireann. Aus dem Stamm der Silurer. Du hast kein Recht so mit mir umzugehen.“
    Blitzte es erbost in ihren Augen auf. Während sie ihre Finger verzweifelt versuchte um sein Handgelenk zu legen. Dadurch erhoffte sie sich, könnte sie seinen unbarmherzigen Griff an ihrem Oberarm aushebeln.


    Wie zufällig glitt Eireanns Blick über den kleinen Sklavenjungen. Und natürlich blieb diese Musterung nicht unbemerkt. Automatisch begann die Keltin verstärkt in seinem Griff zu zappeln.
    “Wa... was? N.. nein.“
    Stolperte es hastig über ihre Lippen. Wobei sie nicht minder hastig ihren Kopf schüttelte, so dass ihre dunklen Strähnen ihr Gesicht umspielten. Feuerkopf hatte Tiberios sie genannt. Und in diesem Augennblick hatte er sogar Recht. Denn Eireann gebärdete sich wahrlich wie eine ungestüme Wildkatze. Jedoch ohne Erfolg. Denn auf eimmal fand sie sich in seinen Armen wieder, wie er sie über die Schwelle trug. Dabei zappelte Eireann mit ihren Beinen und zerkratzte ihm den Hals.


    Dieser Angriff sollte jedoch nicht ohne Folgen bleiben. Denn als er ihr seine schlangengleiche Zunge in den Mund schob, weiteten sich Eireanns Augen in stummen entsetzen.
    “Verdammtes Aas. Ich hasse dich!“
    Knurrte die Dunkelhaarige zornig und versuchte ihm nun doch die Augen auszukratzen. Ihre Finger hatte Eireann wahrlich zu Klauen gekrümmt und ging nun ihrerseits zum Angriff über. Als sich der Geruch des Räucherwerks auf einmal intensivierte, hustete die Sklavin keuchend und blinzelte durch das Halbdunkel. Waren sie etwa in einer Höhle?


    Nein. Keine Höhle. Aber es waren doch Treppenstufen, die sie hinabgetragen wurde? Für einen kurzen Augenblick vergaß sie sich weiterhin zu wehren. Denn ihre Gedanken kreisten wirr durch ihren Kopf und der stechende Qualm des Räucherwerks verursachte ihr Kopfschmerzen. Als er sie in einer gar fließenden Bewegung auf das Bett warf. Rollte sich Eireann abrupt herum und versuchte der Türe entgegen zu stürzen.
    “Ich . bin . nicht . deine . Kundin!“
    Knurrte die Keltin erneut und starrte den Älteren mit zu Fäusten geballten Händen regelrecht mordlüstern entgegen.

    “Pha!“
    Fauchte Eireann auf die Worte des Unbekannten. Während es in ihren Augen noch immer wild funkelte. Erneut versuchte sie sich aus seinem Griff zu wehren. Diesmal schon eine Spur intensiver. Er sollte ruhig merken dass er es hier nicht mit einem einfältigen Frauenzimmer zu tun hatte. Obwohl sich einfältige Frauenzimmer auch niemals in diesen Ecken der Subura herumtrieben.
    “Ich . bin . eine . Frau.“
    Jedes dieser Worte betonte Eireann überdeutlich und blickte mit einem herausfordernden Glanz in ihren Augen zu dem Mann empor. Wobei sie sich noch immer aus seinem Griff zu winden versuchte.
    “Lass mich sofort los Bastard!“
    Zischte die Dunkelhaarige und zappelte im nächsten Moment in seinem Griff, als er sie tstsächlich etwas anhob, sodass sie kurzzeitig nur noch mit den Zehenspitzen den staubigen Boden der Subura berührte. Unbewusst hatte sie dabei ihre Finger in den Unterarm des Mannes gekrallt. Um nicht vollends das Gleichgewicht zu verlieren.


    Mit einem letzten, gar verzweifelten Blick ließ Eireann ihre Augen durch die Gasse huschen. Doch niemand schien sich näher mit der Szenerie beschäftigen zu wollen.
    “Hiiiiiilfe.“
    Konnte man da die Stimme der Keltin vernehmen. Jedoch konnte man den Eindruck gewinnen, dass ihre Stimme von den Schatten und hohen Mauern verschluckt wurde, als Eireann stolpernd in eine der Quergassen gezerrt wurde. Auch wenn es sich die Dunkelhaarige vorgenommen hatte, dass sie sich den Weg merken wollte. So waren ihre Gedanken nach den ersten Schritten wirr. Denn es ging mal links herum. Dann wieder rechts herum und zugleich immer tiefer in das verschachtelte Labyrinth der Subura hinein.


    Der süße Geruch nach Räucherwerk wurde intensiver und alsbald erkannte die junge Keltin den Eingang zur sprichwörtlichen Unterwelt. Zumindest kam es ihr so vor. Und je näher Eireann dem Eingang gezerrt wurde, desto intensiver kitzelte das Räucherwerk in ihrer Kehle.
    “Wo.. wo sind wir hier?“
    Stammelte die Silurerin. Als sie ihre Füße stur gegen den Boden stemmte und sich somit jeglichen weiteren Schrittes verweigerte.
    “Mich bekommst du da nicht hinein.“
    Stellte sie mit einem entschiedenen Klang in ihrer Stimme klar und drehte ihren Kopf zu dem Älteren, um wütend zu ihm empor zu funkeln.
    Die kleinen Jungen bemerkte Eireann aus dem Augenwinkel, während es ihr eisig den Rücken hinab rieselte. Und als dann auch noch der kleine Junge von der Straßenkreuzung an ihre Seite trat, schnappte die Keltin erschrocken nach Luft und starrte den Jungen flehendlich an.


    “Wo... worauf ich stehe? Aber i.. ich war noch nie.. nie in einem.. einem...“
    Das kleine Wörtchen Lupanar wollte einfach nicht über Eireanns Lippen dringen. Während sie ihre Füße noch immer fest gegen den Boden stemmte und sich keinen Schritt mehr rührte. Das Wörtchen Lupanar erinnerte Eireann mit Schrecken an die beiden Lupercii, den dunkelblonden Lockenkopf Tiberios, ihren Tiberios und den Lupercalia-Lauf. Erinnerungen die Eireann leicht zusammen zucken ließen.

    Der Blick ihrer Augen war noch immer mit jenem sanftmütigen Glanz auf den Jungen gerichtet. Dabei schien Eireann die Tatsache zu verdrängen das der Junge gänzlich entblößt an der Straßenkreuzung saß. Was tat er hier? Ob der Junge stumm war? Schließlich hatte er auf ihre fragenden Worte keine Antwort gegeben. Oh je. Nackt aus dem Haus gejagt. Welch' grausames Schickssl. Sodass die Dunkelhaarige unwillkürlich erzitterte. Mitfühlend streckte Eireann ihre schmalen Finger aus, um dem Jungen sanft über die Wange zu streicheln. Zog ihre Finger jedoch in letzter Sekunde zurück und presste diese gegen ihre Oberschenkel. Eigentlich wollte sie noch zum Mercatus Urbis, um etwas schönes für Domina Furia Stella zu erstehen. Vielleicht könnte sie die Hausherrin durch ein kleines Geschenk Milde stimmen. Wo sollte sie schließlich jetzt schlafen? Auf der Straße? In der Castra war ihr der Zutritt verwehrt und ihr Dominus hielt sich meistens in der Castra auf. Was auch kein Wunder war als Optio der Urbaner.


    Den sich nähernden Fremden bemerkte Eireann nicht. Zu sehr war sie in ihre eigenen Gedanken vertieft, wobei sie noch immer vor dem nackten Jungen kniete. Erst als eine fremde Stimme an ihr Gehör drang, zuckte Eireann sichtlich zusammen und blickte aus großen Augen zu dem Fremden empor.
    “Diese Blüten sollen Vergissmeinnicht sein? Sie ähneln den Veilchen zum Verwechseln.“
    Plapperte die Keltin einfach drauf los. Obwohl ersichtlich war das sich Eireann nullkommanull mit der Vielfalt der Flora auskannte. In ihren Augen sahen sich diese Blüten einfach ähnlich. Dann traf sie der Blick des Jungen und Eireann folgte seinem ausgestreckten Finger in eine der verwinkelten Gässchen. Fragend mutete nun der Ausdruck auf dem Gesicht der furischen Sklavin an.


    Als die Stimme abermals ihr Gehör kitzelte, zuckte Eireann sichtlich zusammen. Erhob sich mit Schwung und funkelte ihr Gegenüber sichtlich erzürnt an.
    “Was faselst du da?“
    Fauchte Eireann, einer Wildkatze nicht unähnlich und versuchte zeitgleich die Finger des Mannes von ihrem Oberarm zu lösen.
    “Tatscht du immer wildfremde Frauen an?“
    Jetzt war es sn Eireann mit einem spöttischen Lächeln den Fremden zu mustern. Während sie noch immer versuchte, seinen Griff an ihrem Oberarm zu lösen und sich zu befreien.

    Hart pochte Eireanns Herz in der Brust, als sie sich durch die verwinkelten Gässchen der Subura schlich. Vor ihrem geistigen Auge sah sie noch immer den Sklaven auf der Kiste sitzend. Dabei entwich den Lippen der Keltin ein tonloses Seufzen. Dieser Sklave konnte sich zumindest frei bewegen. Auch wenn er ein Sklave war. Und sie? Die Stimme Furia Stellas hallte durch ihren Kopf. Sie sollte ein Bad nehmen, um wieder vorzeigbar zu sein. Als hätte sie die Zeit auf dem Sklavenmarkt verunstaltet.


    Ihre Fäuste presste sie im nächsten Moment gegen ihre Oberschenkel und versuchte ihre aufwühlenden Emotionen unter Kontrolle zu bekommen. Wieso fühlte sie sich in letzter Zeit eigentlich so gereizt? Seitdem sie mit Tiberios diese wunderschöne Nacht in den Gärten verbracht hatte. Bei diesem Gedanken röteten sich ihre Wangen und sie spürte ein dumpfes pochen tief in ihrem Körper. Unbewusst presste sie ihre Handflächen gen ihrer Mitte und spürte jenem süßen pochen nach. Wenngleich dieser Moment nur wenige Sekunden andauerte. Als ein wüster Laut an ihr Gehör drang und Eireann ihren Kopf zur Seite drehte. Zeitgleich drehte sie sich dabei um ihre eigene Achse. Was ihre Rettung war. Denn in just diesem Augenblick wurde Unrat aus einem der Fenster, direkt auf die Straße geschüttet. Dabei wurde Eireanns helle, ungebleichte, neue Tunika besudelt. Sodass sich die junge Keltin abrupt auf die Unterlippe biss. Ein leiser Fluch in ihrer Heimatsprache entwich den Lippen der Sklavin. Wie sollte sie dies Missgeschick der Domina erklären?


    Augenblicklich schüttelte sie auch schon ihren Kopf und ließ sich weiter treiben. Verwinkelte Gässchen und verschlungene Straßenkreuzungen folgten aufeinander. Bis zartes Flötenspiel an das Ohr der Keltin drang. Das sie sich mittlerweile tief im Sumpf der Subura befand, dort wo sich Hehlerei, Prostitution und Glücksspiel die Hände reichten, ahnte Eireann nicht. Für sie war es wichtig diesen zarten Klängen zu folgen. Natürlich sah man ihr deutlich an das sie nicht hierher gehörte. Ihr Gesicht und ihre Hände waren zu sauber. Ebenso ihre Tunika; bis auf dieses Missgeschick. Und wäre da nicht der Eisenreif um ihren Hals gewesen. Man hätte sie fast für eine Libertina halten können.


    Und dennoch übten diese Flötenklänge einen unwiederstehlichen Reiz auf die junge Keltin aus. So dass sie wie verzaubert der Melodie folgte. Beobachtet von musternden Augen aus den Ecken und Nischen. Schließlich konnte sie einen nackten Jungen an einer Straßenkreuzung sitzend erblicken. Dessen Flötenklänge hörten sich außerordentlich lieblich an, dass Eireann hart schlucken musste.
    “Oh. Du armer Junge.“
    Murmelte die dunkelhaarige Silurerin und kniete sich vor dem entblößten Jungen in den Staub. Jetzt war es ohnehin egal. Ihre Tunika war sowieso schon dreckig.
    “Hat man dich hier ausgesetzt?“
    Eireann trug noch nicht einmal einen Umhang, mit dem sie die Blöße des Jungen bedecken konnte.
    “Sind das Veilchen dort in deinem Blütenkranz?“
    Sanft gesprochen und mit einem freundlichen Schimmer in ihren blauen Seelenspiegeln.

    Ob Domina Graecina ihre leise gemurmelten Worte vernommen hatte? Schließlich wollte Eireann nicht nur Sulamith in Sicherheit wissen. In erster Linie galt ihre Sorge dem furischen Sklaven. Und so spürte die Keltin wie ihr Herz hastiger in der Brust pochte. Viel zu hastig, sodass Eireann ihre schmalen Finger ineinander verkrampfte.


    “Aber, diese Schenke ist nicht .. vertrauenserweckend. Ich möchte nicht das du dich in Gefahr begibst Domina.“
    Wenn sie sich wiederholte war es Eireann egal. Doch offensichtlich war es der jungen Iulia tatsächlich ernst. Was auch kein Wunder war. Schließlich ging es hier um Graecinas Sklavin. Ob sich ihr Dominus genauso um sie sorgte? Wahrscheinlich nicht und so schluckte die Dunkelhaarige vernehmlich. Aus dem Augenwinkel beobachtete Eireann, wie Domina Graecina aus einer Truhe einen ledernen Beutel nahm. Der klimpernde Inhalt verriet Eireann, dass sich einige Münzen in diesem Beutel befinden mussten.


    “Angus ist ein Sklave des Dominus Caesoninus, Domina.“
    Erklärte die Dunkelhaarige und blickte der iulischen Römerin tatsächlich entgegen. Da jedoch ergriff die alte Locusta das Wort und Eireann presste ihre Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. War das wahr? War Angus wirklich dieser schlimme Kerl, als den ihn die Locusta beschrieb?


    “Ich kenne Angus kaum. Aber er ist ein männlicher Sklave. Oder hast du eine bessere Idee Domina?“
    Bei diesen Worten blitzte es tatsächlich herausfordernd in ihren Augen auf. Die Zeit drängte und Eireann war ungeduldig und nervös zugleich.

    Zitat

    Original von Claudia Agrippina


    Eigentlich wäre ich jetzt in Irland. -.^ ;(


    Ooooh Irland. *_*
    Meine Wahl-Heimat wenn ich mal auswandern sollte. ;)

    Den Griff ihres Dominus spürte Eireann, mehr als sie ihn sah. Denn seine Finger betteten sich in ihren Nacken. Knapp unterhalb des metalllenen Halsrings. Und so spürte die Dunkelhaarige einen sachten Schmerz, als er sie dadurch an Ort und Stellle hielt. Mit einem dumpfen schnauben wandte Eireann ihren Kopf in Cerretanus Richtung. Oder versuchte es zumindest.
    Als er ihr erneut erklärte das sie nicht mit in die Castra konnte, schüttelte die Keltin lediglich ihren Kopf.
    “Ich verstehe das nicht.“
    Konnte man Eireanns Stimme vernehmen. Und tatsächlich verstand die Keltin nicht. Aber hatte Tiberios sie nicht auch als unwissende Barbarin bezeichnet? Bei dem Gedanken an den Lockenkopf ballte Eireann unwillkürlich ihre Fäuste und starrte missmutig zu Boden. Dies geschah jedoch nicht weil sie so etwas wie Achtung vor der Hausherrin hatte. Nein. Die junge Keltin versuchte ihre überschäumenden Gefühle unter Kontrolle zu bekommen.


    Allmählich kamen auch die übrigen Sklaven in den Hortus. Wie Eireann mit einem raschen Blick aus dem Augenwinkel feststellte. Auch wenn sie nur einen schwarzhaarigen Riesen erkennen konnte, der sich direkt vor der Hausherrin aufbaute. Und dann dessen demütige Worte. Innerlich schüttelte es die Keltin. Nach außen hin wirkte ihr Blick noch immer hoheitsvoll.


    Diesmal jedoch ließ die Keltin ihren Blick schweifen, so dass die Hausherrin keinen weiteren Grund hatte ihr zu zürnen. Oder gefiel ihr dies auch nicht?
    “Ich brauche keinen Bewacher.“
    Knurrte Eireann leise vor sich hin. Wandte sich dann herum und verließ den Hortus, wie sie ihn betreten hatte. Der schwarzhaarige Riese würde sie schon einholen und den Weg ins Balneum würde sie allein irgendwie finden. Pha! Hilfe annehmen? Niemals. Zumindest noch nicht.
    Das Eireann bei ihrem Rückweg äußerst nahe an Tiberios vorüberging, bemerkte die junge Keltin nicht.

    Die Mauern. Die Wände der Casa kamen immer näher, sodass Eireann das Gefühl hatte, sie würde jeden Augenblick ersticken. Oder lag dies an der stickigen Luft, dass die Dunkelhaarige diesen Eindruck hatte? Ein tonloses Seufzen begleitete diese Gedanken. Bevor sie ihren Kopf schüttelte und nachdenklich vor sich hin starrte. Was sollte sie jetzt tun? Furia Stella hatte sie den anderen Sklaven vorgestellt und die Aufgaben verteilt. Und dennoch war die Hausherrin nirgends zu erblicken. Ihr Dominus hielt sich ohnehin in der Castra auf. Vielleicht sollte sie diesen Moment nutzen. Eine solche Chance bekam sie bestimmt kein zweites mal. Und so näherte sich die Dunkelhaarige dem Eingang der Sklaven. Auch wenn sie dort abermals innehielt. Wo steckte der Sklave der eigentlich am Tor Dienst hatte? Mit einem kaum merklichen Schulterzucken beantwortete Eireann diese Frage bereits und öffnete die Türe einen Spalt. Durch eben jenen entstandenen Spalt zwängte sie sich und schloss die Türe hinter sich. Lautlos versteht sich.


    An der frischen Luft atmete Eireann erst einmal tief durch und reckte ihr Gesicht dem Firmament entgegen. Dann besann sie sich und setzte sich mit raschen Schritten in Bewegung. Ohne Ziel ließ sich die junge Keltin einfach treiben. So bemerkte sie auch nicht, wie sie ihre Schritte unbewusst in die Subura geführt hatten. Allzu gut erinnerte sich die junge Frau an das Sklavenmädchen aus der schmierigen Spelunke am Tiberufer. Jetzt hatte es das Mädchen definitiv besser.


    Und so ließ sich die junge Keltin weiter treiben. Die kleinen, verwinkelten Gässchen entlang. Bis sie einen jungen Mann auf einer Kiste sitzend entdeckte. Das wäre ja noch nicht einmal amüsant. Das amüsante an dieser Situation war, dass sich just ein zottiger Straßenköter eben jener Kiste näherte und sein Bein hob. Ob dies dem jungen Mann auffiel? Eireann jedoch beobachtete den Straßenköter und den jungen Mann auf der Kiste.

    Ich darf mich mit Kurzarbeit rumschlagen....
    Und ärgere mich das ich wegen diesem dämlichen Virus meinen Florida-Trip canceln musste.
    Naja. Dann eben 2021.

    Die Worte der Graecina hallten noch deutlich in Eireanns Gedanken, als sie das Cubiculum verließ. Doch wo sollte sie zu suchen beginnen? Angus könnte sich überall aufhalten. Nachdenklich ließ Eireann ihren Blick den Gang hinauf und wieder hinab gleiten. Dabei drehte sie sich sogar im Kreis. Vielleicht bei den Sklavenunterkünften? Sie musste den Sklaven auf jeden Fall schnell finden. Und so setzte such die Dunkelhaarige rasch in Bewegung. Das sie nicht zu rennen begann war auch schon alles. Schließlich wäre es merkwürdig wenn sie durch die Gänge der Domus rennen würde. Und doch gemahnte sie ein leises Stimmlein in ihrem Kopf zur Eile. Vielleicht war es aber auch schon längst zu spät?
    “Nein!“
    Knurrte die Keltin leise zu sich selbst. Und schlitterte im nächsten Augenblick um eine Kurve. Jetzt befand sie sich in dem Gang, in dem sich auch die Sklavenunterkünfte befanden.
    “Angus? Bist du hier?“
    Versuchte Eireann einfach mal ihr Glück. Blieb inmitten des Ganges stehen und neigte lauschend ihren Kopf auf die Seite.

    Wieso dauerte das alles nur so lange? Die Sklavin wünschte sich nichts sehnlichster das Tiberios und Sulamith nichts geschah. Und dennoch war der Römerin wichtig, dass ihr das Kind nicht an Ort und Stelle wegstarb. Ein Gedanke der sich auch in Eireanns Köpfchen manifestierte. Wenn das Mädchen hier und jetzt verstarb, waren Sulamith und Tiberios verloren. Nein! So weit durfte es niemals kommen. Und so presste die Dunkelhaarige ihre Lippen zu einem blutleeren Strich zusammen. Während ihr Blick mit einem besorgten Gesichtsausdruck auf dem Sklavenmädchen ruhte.


    Klaglos schluckte die Ancilla den Sud der alten Locusta. Während Eireann innerlich immer nervöser wurde. Unruhig trat sie schließlich von einem Bein auf das andere. Auch wenn keinerlei drängende Worte ihre Lippen verließen. Dann war es die Stimme der Domina die sie aus ihrer nachdenklichen Betrachtung riss. Schweigend lauschte sie ihrer Stimme und zuckte unmerklich zusammen. Diese Iulia hatte einen wachen Verstand. So nickte Eireann lediglich. Die Römerin hatte das Problem schließlich perfekt beschrieben.


    Dann wurde die Römerin richtiggehend hektisch und bedeutete Eireann ihr beim Ankleiden behilflich zu sein.
    “Und Tiberios.“
    Murmelte die junge Keltin und half der Domina in eine frische Tunika. Zu guter letzt reichte sie ihr ein Umschlagtuch. So würde die Römerin nicht gleich auffallen und bemerkt werden.
    “Wenn du das mit dem Tavernenbesitzer vereinbaren kannst Domina.“
    Murmelte Eireann mit leiser Stimme und wartete schließlich darauf das sich die Iulia in Bewegung setzte. Aber so ganz ohne Begleitschutz in dieses Viertel?
    “Wir sollten Angus fragen ob er uns begleitet Domina.“
    Schlug Eireann vor und wartete auf die Zustimmung der Römerin.

    Den musternden Blick der Römerin spürte Eireann deutlich auf sich. Und wandte der Cousine ihres Dominus ihren Blick entgegen. Ohne mit der Wimper zu zucken, musterte die junge Keltin die Römerin. Das Furia Stella mit ihrer Vermutung bezüglich ihrer Herkunft gar nicht so falsch lag, ahnte die Dunkelhaarige nicht. Und so neigte sich Eireanns Kopf leicht auf die Seite, um die Römerin im Profil mustern zu können. Die Frau sollte schon bemerken das sich Eireann durch sie nicht einschüchtern ließ und keine Angst vor ihr hatte.


    Als ihr Dominus die Frage stellte ob sie hier in der Casa bleiben könnte und Furia Stella diese Frage bejahte, presste Eireann ihre Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.
    “Wieso hast du mich überhaupt gekauft, wenn du mich hier bei deiner Cousine zwischen parkst? Bin ich wirklich nur ein Gegenstand in deinen Augen?“
    Bei diesen Worten ballte Eireann ihre schlanken Finger zu Fäusten und bebte am ganzen Körper. In diesem Moment galt ihre Aufmerksamkeit einzig und alleine ihrem Dominus und nicht seiner Cousine, die weitere Worte an Furius Cerretanus richtete.


    Noch immer funkelten die Augen der Keltin glühend und ihre zu Fäusten geballten Finger hatte sie fest gegen ihre Oberschenkel gepresst. Nicht das sie ihrem Dominus aus Versehen einen Schlag verpasste.
    “Meine Mutter taufte mich auf den Namen Eireann. Dominus Gaius Iulius Caesoninus gab mir den Namen Livia. Du kannst mich nennen wie es dir beliebt Domina.“
    Mit einem ernsten Ausdruck auf ihren Gesichtszügen blickte Eireann der Furierin entgegen.


    Ihren Dominus schien die Dunkelhaarige vollends zu ignorieren. Ob er ihr dennoch den Eisenreif abnahm? Schließlich schien Furius Cerretanus gefallen daran zu finden, wenn dieser Sklavenkragen ihren zarten Hals schmückte. Nachdem sie langsam ein- und wieder ausgeatmet hatte, erhob die Keltin erneut ihre Stimme.
    “Ich zähle bereits achtzehn Jahre Domina. Wieso ich so gut deine Sprache spreche? Ich wurde von Spinthers Helfern gefangen genommen und so gelangte ich an meinen ersten Herrn, Marcus Iulius Casca. In dessen Caupona musste ich arbeiten. Tische wischen und das dreckige Geschirr von den Tischen räumen. Da bekommt man so einiges mit.“
    Jetzt blickte die junge Silurerin mit einem herausfordernden Gesichtsausdruck zu Furia Stella empor

    Mit erhobenen Kopf stand Eireann neben ihrem Dominus und ließ ihren Blick durch den Hortus gleiten. Von der bunten Farbenvielfalt war leider nicht viel zu sehen. Denn die Pflanzen im Hortus wucherten wild. So als hätte sich schon länger niemand mehr um die bunte Oase der Casa Furia gekümmert hatte. Aber wieso? War der Domina der Hortus etwa egal? Und dann der gurgelnde Brunnen. Mit einem skeptischen Gesichtsausdruck fokussierte die Dunkelhaarige den steinernen Brunnen, dessen gurgeln sich wie die letzten Atemzüge eines Sterbenden anhörten.


    Schließlich stellte Furius Cerretanus seine neueste Errungenschaft seiner Cousine vor und Eireann reckte stolz ihr Köpfchen. Dann erhob die Herrin des Hauses ihre Stimme und Eireann richtete ihren Blick auf Furia Stella. Den undeutbaren Blick ihres Dominus spürte die junge Frau auf sich. Reagierte jedoch nicht darauf. Aus dem Augenwinkel beobachtete Eireann die Hausherrin und fragte sich ob man mit Domina Furia Stella gut auskommen könnte.


    Als sich Furius Cerretanus dem Brunnen näherte, dagegen trat und das gurgeln weiterhin bestand. Umspielte Eireanns Lippen ein leicht freches Grinsen. Wobei sie ihren Dominus direkt anblickte.
    “Was wird meine Aufgabe sein? Ich verstehe immer noch nicht wieso ich nicht mit zur Castra darf.“
    Dabei hatte sie ihren Blick ihrem Dominus entgegen gewandt und musterte den Römer mit einem verschmitzten funkeln in ihren Augen.

    In Begleitung ihres Dominus begab sich auch die neue Sklavin der Casa Furia in den Hortus. Mit großen Augen ließ Eireann ihren Blick in jedes Eck gleiten und stellte für sich im Stillen fest, dass der Hortus mit wunderschönen Blumen geschmückt war. Ob Furia Stella eine Vorliebe für bunte Farbenvielfalt hatte? Diese Gedanken behielt die junge Frau jedoch für sich und biss sich stattdessen auf die Unterlippe. Auch wenn ihr tausend Gedanken durch den Kopf kreisten. So wagte sie doch nicht ihre Gedanken laut auszusprechen.


    Stattdessen blickte sie aus dem Augenwinkel zu ihrem Dominus empor.
    “Wieviel Sklaven beherbergt die Casa Furia?“
    Wollte die neugierige Silurerin dann doch wissen und blickte zu ihrem Dominus empor. Noch immer schmückte Eireanns Hals der Eisenreif der sie als Sklavin auswies. Während ihre dunklen Strähnen über ihren Rücken flossen und man dennoch den Argwohn in jedem ihrer Schritte erkennen konnte.

    Der Römer, ihr Dominus, gab ihr schon wieder keine Antwort. Etwas was Eireanns Lippen zu einem schmalen Strich zusammen pressen ließ. Schließlich konnte sich Lyda von der Dunkelhaarigen argwöhnisch gemustert fühlen. Die Rothaarige schien es besonders eilig zu haben. Und so blickte Eireann der älteren Sklavin verdutzt nach. Bevor sie sich von ihrem Dominus in den Hortus schieben ließ.