Beiträge von Eireann

    Der Schleier verhüllte ihren Kopf und ihre Gesichtszüge. Während Eireann auf der Schwelle der Porta im Staub kniend wartete. Doch abermals ließ sich der Magus Zeit. Wollte er ihr dadurch zu verstehen geben das er immer am längeren Hebel saß? Zum Glück schien es sich die dreibeinige Hündin anders überlegt zu haben und war ihr nicht wieder gefolgt. Ihre noch feuchte Tunika klebte an ihrem Körper und trocknete dennoch äußerst rasch. Während die Keltin tatsächlich einen sauberen Geruch verströmte. Die Schmerzen ihrer Peitschenstriemen waren auszuhalten. Auch wenn Eireann die Worte des Römers noch deutlich in ihren Ohren widerhallen hörte. Die Wunden durften nicht mit Verschmutzungen in Berührung kommen. Schließlich wusste die Keltin was das Resultat war und das ihr Dominus der letzte wäre der sie von der Schwelle des Todes zurück holen würde.


    Diese Gedanken verscheuchte die junge Keltin augenblicklich und fokussierte den staubigen Boden zu ihren Füßen auf dem sie kniete. Im nächsten Moment wurde ihr auch schon ein Eimer in die Hand gedrückt und seine weiteren Worte drangen an ihr empfindsames Gehör.
    “Ja Dominus.“
    Entwich es Eireanns Lippen. Als sie sich rückwärts gehend von der Porta entfernte. Das Wasser zu holen war ein Kinderspiel. Nur wo befand sich bitteschön ein solches Thermopolium? Ihren Dominus würde sie nicht wagen zu fragen. Die zwei Sesterzen umklammerte die Keltin äußerst fest. Ebenso wie sie sich regelrecht an den Griff des Eimers klammerte.


    Wie vorausgesehen war der Eimer Wasser regelrecht ein Kinderspiel für die Dunkelhaarige. Die beiden Portionen Puls war dagegen schon eine kleine Herausforderung. Doch schließlich wurde Eireann in einer Garküche fündig. Die musternden Blicke spürte die Keltin deutlich auf sich. Als sie sich an der Garküche anstellte. Und schließlich zwei Schälchen Puls bestellte. Die zwei Sesterzen wechselten den Besitzer. Während die Sklavin zurück kehrte. Puh. Zum Glück stand der Eimer noch auf der Schwelle. Und er war noch mit Wasser gefüllt. Mit den beiden Portionen in den Händen, pochte Eireann mit dem Fuß gegen das Holz der Porta. Schließlich hatte sie keine Hände frei, mit denen sie gegen das Holz hätte pochen können.

    Während ihres sinnierens hatte sich Eireann unwillkürlich an die dreibeinige Hündin geschmiegt. Schließlich war es in der Subura des nächtens doch empfindlich kalt und die Hündin gab zumindest etwas Körperwärme ab, die sich die Keltin zu nutze machte. So bemerkte sie auch im ersten Moment nicht wie sich tatsächlich die Porta öffnete. Erst als das scharfe klatschen an ihr Gehör drang, zuckte die Keltin unwillkürlich zusammen und die Hündin begann leise zu jaulen. Schließlich blickte die junge Keltin mit großen Augen empor. Schlug jedoch im nächsten Moment ihren Blick nieder und kauerte sich in absoluter Devotion vor ihren Dominus. Ihre Stirn berührte dabei den Boden direkt vor seinen Füßen.
    “Dominus. Bitte. Ich mache alles was du von mir verlangst. Aber bitte, vertreibe mich nicht.“
    Flehte die Silurerin. Während sie noch immer vor ihrem Dominus kniete und das Denarstück nicht beachtete. Er konnte sie doch nicht einfach so verscheuchen wie einen Straßenköter. Oh doch, das konnte der Magus. Wie er es ihr in just diesem Moment so eindrucksvoll präsentierte.


    Und dann lag da noch immer der gefährlich glitzernde Denar. Wie damals im Blinden Esel. Aus dem Augenwinkel warf Eireann dem Geldstück einen gar verzweifelten Blick entgegen. Während sie noch immer ihre Nase in den Staub drückte. Wieso reagierte der Magus nicht? Waren diese Worte tatsächlich das letzte was die Keltin von ihm zu hören bekommen würde?
    “Ich habe dich verstanden Dominus. Ich bin deiner nicht würdig.“
    Flüsterte Eireann und entfernte sich schließlich rückwärts gehend, wohl eher kriechend von der Porta.
    Mit gesenkten Kopf sammelte die Keltin das Denarstück ein. Und hätte jenes am liebsten sofort wieder fallen gelassen. Diese Münze war ein Geschenk ihres Dominus und so umklammerte Eireann diese Münze dann doch äußerst fest. Die dreibeinige Hündin humpelte hinter der Silurerin einher und ließ sie leise seufzen. Sollte dies ihr Schicksal sein? Verlassen in der Subura. Hilflos und alleine? Abrupt hob Eireann ihren Kopf und straffte ihre Schultern. Oh doch! Sie würde es dem Magus beweisen das sie würdig wäre an seiner Seite zu verweilen.


    Die musternden Blicke und anzüglichen Sprüche hörte und sah Eireann deutlich. Jedoch versuchte sie diese Blicke und Sprüche zu ignorieren.
    “Ich bin keine.. keine Lupa.“
    Zischte Eireann einen Mann an, der sie besonders intensiv musterte. Dabei umklammerte sie abermals die Marke an ihrem Sklavenkragen. Ob ihr diese tatsächlich helfen würde? Schließlich senkte sie ihren Kopf und hastete durch die Gässchen der Subura. Zuerst würde sie den Schleier an einem der Brunnen vom Staub und den Hundehaaren befreien. Hastig rieb sie über den feinen Stoff. Achtete jedoch peinlich darauf dass sie den feinen Stoff nicht zerstörte. Nicht auszudenken wie der Ältere darauf reagieren würde. Obwohl. Interessierte sie es überhaupt noch? Ja. Der Magus war ihr Dominus und sie ihm verpflichtet. Auch wenn sich dieses Wörtchen noch immer äußerst fremd und merkwürdig anhörte.


    Der Denar verschwand schließlich in der schwieligen Hand einer Frau, welche Eireann den Zutritt in die Thermae der Subura gewährte. Die Keltin hatte also Glück das am heutigen Tag den Frauen Zutritt gewährt wurde. Ihre Tunika legte sie in eines der offenen Regalfächer und näherte sich einem der Becken. Als Eireann in das Becken stieg und schließlich komplett untertauchte, spürte sie wie die Peitschenwunden es ihr mit dumpfen brennen dankte. Die Keltin biss jedoch die Zähne zusammen und duldete den Schmerz schweigend. Nicht nur ihre Haare wusch sie. Auch ihren Körper befreite sie von jedwedem Dreck. Anmutig stieg Eireann schließlich aus dem Becken. Trocknete sich rasch ab und hüllte sich in ihre Tunika, die sie davor bereits gesäubert hatte.


    Mit etwas leichterem Herz kehrte Eireann auf die Straße zurück und schritt durch die Gassen. Diesmal verhüllte tatsächlich der Schleier ihr Gesicht. Als sie vor der Porta des Magus ankam und erneut klopfte. Kniete sie doch nun auf dem Boden und wartete abermals das ihr geöffnet werden würde. Ob er ihre Wandlung bemerkte?

    Die Hündin war wohl besonders ausdauernd. Genauso wie Eireann äußerst ausdauernd war und weiterhin vor der verschlossenen Türe des Magus auf der Schwelle kauerte. War das seine Masche? Wollte er sie dadurch mürbe machen? Oder erhoffte er sich im Stillen das sie doch davon lief? Aber dann hätte er sie doch nicht mit der Marke an ihrem Sklavenkragen kennzeichnen müssen. Kurz nur ließ Eireann ihre Finger über den Kopf der dreibeinigen Hündin gleiten. Während sie ihren Kopf gegen die Türe in ihrem Rücken lehnte und ihre Lippen fest aufeinander presste. Denn erneut spürte sie wie sich irrationale Wut in ihrem Innersten zusammen ballte. Und diese Wut schloss mittlerweile ihren Dominus mit ein. Nicht nur den Lupanarsbesitzer und die beiden Miles der Cohortes Urbanae. Und den Furier.


    Unwillkürlich ballte Eireann ihre Finger zu Fäusten und knirschte leise mit den Zähnen. Bevor sie ihren Kopf erschöpft hängen ließ und die Marke an ihrem Sklavenkragen ein leises Geräusch verursachte. Unwillkürlich glitten ihre Finger an ihren Hals und umklammerten die Marke. Äußerst fest. Schließlich lösten sich Eireanns Finger von ihrer Marke und die Keltin zog die Knie an den Körper. Ein Fluchtversuch war ausgeschlossen. Denn ihr Dominus hatte Eireann eindrucksvoll zu verstehen gegeben mit welchen Mitteln er kämpfte. Da war ihre Carcerhaft das reinste Kinderspiel. Apropos Carcerhaft und Brand des Ganymed. Ob die Schuldigen mittlerweile gefunden wurden? Hatte man endlich von ihr als Hauptäterin abgesehen?

    Lange hielt Eireanns Schlummer nicht an. Und das obwohl sich mittlerweile die Nacht auch über diesen Teil Romas gesenkt hatte. Zwar kauerte die Dunkelhaarige noch immer auf der Schwelle des Hauses ihres Dominus. Hielt ihren Kopf jedoch erhoben und ließ ihren Blick höchst aufmerksam die Straße hinauf- und wieder hinab gleiten. Was musste sie nur für ein komisches Bild abgeben. Eine junge Frau. Kauernd auf den Stufen eines Hauses. Vielleicht würde man sie auch einfach für eine Bettlerin halten. Aber dafür roch sie noch zu sauber und auch ihre Tunika war dafür zu fein gearbeitet.


    “Wie ein Straßenköter den man zum Sterben vor die Türe gesetzt hatte.“
    Murmelte Eireann leise und knirschte mit den Zähnen. Bevor sie ihre Lippen zu einem blutleeren Strich zusammen presste. Sollte sie einen weiteren Versuch wagen und erneut klopfen? Was aber wenn der Magus sie absichtlich nicht hören wollte?
    “Irgendwann muss er mich doch hören.“
    Führte die Keltin ihren einseitigen Monolog fort und lauschte in die Dunkelheit. Hatte sie da nicht gerade ein Geräusch vernommen? Eines die Straße hinunter. Denn hinter der Porta des Magus herrschte Stille. Und das Geräusch kam immer näher. Sodass sich die Dunkelhaarige unbewusst anspannte und im nächsten Moment in ein paar gehetzter Hundeaugen starrte.


    “Na? Wer bist denn du?“
    Flüsterte die Keltin dem Tier entgegen und erkannte dass die Hündin lediglich drei Beine besaß.
    “Ein kleiner Straßenköter.“
    Schmunzelte Eireann und bemerkte wie sich die Hündin näher geschlichen hatte. Direkt auf Eireanns Schleier rollte sich die dreibeinige Hündin zusammen. Während Eireann selbst noch immer darauf wartete das ihr der Magus die Türe öffnete und sie wieder hinein ließ.

    Tatsächlich pochte Eireanns Faust noch zweimal gegen die Porta. Er musste sie doch hören. Und ignorierte sie. Ob dieser Gedanken presste Eireann ihre Lippen zu einem blutleeren Strich zusammen und knirschte mit den Zähnen. Hmpf. Offensichtlich sollte sie die heutige Nacht tatsächlich auf der Schwelle der Porta verbringen. Einen letzten, gar flammenden Blick richtete die Keltin auf die hölzerne Porta. Bevor sie schließlich an dieser zu Boden sank und ihre Knie an den Körper zog. Diese umschlang die Dunkelhaarige mit den Armen und presste ihr erhitztes Gesicht dagegen.
    “Vielleicht hätte ich wirklich im Ganymed sterben sollen. Wieso aber wurde ich dann errettet? Ich bin ungehorsam und streitsüchtig meinen Domini gegenüber. Wieso darf ich meine Stimme nicht mehr erklingen lassen?“
    Murmelte die Dunkelhaarige an sich selbst gewandt und spürte im selben Moment wie ihr Herz dumpfer in ihrer Brust pochte.


    “Göttin. Cathubodva wieso nimmst du mich nicht endlich zu dir?“
    Wisperte die Dunkelhaarige und richtete ihren Blick gen des Firmaments. Bevor sie den seidenen Schleier von ihren Schultern zupfte und fahrig den Stoff betastete.
    “Ein Geheimnis. Ein stummes, unterwürfiges Geheimnis.“
    Bei diesen Worten ballte die Keltin unwillkürlich ihre Finger zur Faust und presste diese gegen ihr pochendes Herz.
    “Ich bin nun mal nicht wie Tiberios.“
    Führte Eireann ihren leisen Monolog fort. Der liebe, kluge Tiberios wusste wann es am besten war zu schweigen und verrichtete stumm die Aufgaben eines Sklaven.


    Nach einer schier endlos langen Zeit, spürte Eireann wie ihre Augen immer schwerer und ihr Geist immer müder wurde. Unbewusst rollte sie sich auf der Schwelle zusammen und benutzte den Schleier als Decke. Wie damals im Carcer, waren Eireanns letzte Gedanken. Bevor sie endgültig einschlief.

    Schweigend lauschte sie der Stimme ihres Dominus, als der Parther erklärte was es mit der Blechmarke an ihrem Sklavenkragen auf sich hatte.
    “Hmpf! Einen schlechten Ruf? Ich bin nun mal kein unterwürfiges Geschöpf. Ich habe mir meinen Stolz und freien Willen bewahrt.“
    Erwiederte Eireann auf die Worte ihres Dominus. Das leise Stimmlein in ihrem Hinterkopf ignorierte die Keltin konsequent.


    Der Schleier in ihren Händen fühlte sich federleicht an. Selbst als Eireann ihn lediglich in ihren Händen hielt. Doch dabei sollte es nicht bleiben. Und so legte sie sich den Schleier um. Sodass dieser ihren Kopf bedeckte und bis in ihre Stirn hinein reichte. Tatsächlich konnte man schlußendlich nur noch die Augen der Keltin erkennen. Alles andere war durch den Stoff des Schleiers vor neugierigen Blicken verborgen. Das der Ältere schon wieder nicht auf all' ihre Fragen eine Antwort gab, ließ eine steile Falte zwischen Eireanns Augenbrauen entstehen. Wieso nur?
    “Was ist eine Vestalin? Für diese Frauen gibt es eigene Tempel. Das weiß ich.“
    Mal sehen ob ihr Dominus diese Frage beantwortete oder sie auch einfach überhörte. Wie die Fragen zuvor.


    Als dann sein Ton eindringlicher wurde, spürte die Keltin wie ihr Herz schwerer in ihrer Brust pochte. Und bei seinen Worten schnappte die Dunkelhaarige erstickt nach Luft.
    “Aber ich.. ich würde nie.. niemals... Ich bin keine Hure. Ich habe nur Tiberios geliebt. Mein Herz schlägt nur für ihn.“
    Sprudelte es auch schon über Eireanns Lippen. Während sie ihren Dominus mit großen Augen anstarrte. Hatte der Magus seine Worte ernst gemeint? Oder wollte er sie lediglich testen?


    Mit ihren nächsten Worten schien die Silurerin eine imaginäre Linie zu überschreiten. Denn der Griff ihres Dominus an ihrem Kragen, ließ die Dunkelhaarige unwillkürlich zappeln. Jedoch hatte sie gegen den Parther keine Chance und so starrte die Keltin das Holz der geschlossenen Türe an. Mit grimmiger Miene verwünschte Eireann ihren Dominus in ihrer Muttersprache und ballte unwillkürlich ihre schlanken Finger zur Faust. Und jene Faust ließ sie gegen die Porta pochen. Er konnte sie doch nicht draußen auf der Schwelle nächtigen lassen. Wie einen räudigen Straßenköter.

    Für einen kurzen Augenblick musste Eireann hart schlucken, als ihr bewusst wurde das ihre Fragen nicht beantwortet werden würden. Aber warum? Hatte sie als Sklavin kein Recht mehr Fragen zu stellen und Antworten zu erhalten? Offensichtlich nicht. Und dieser Gedanke ließ sie unwillkürlich ihren Kopf zu Boden richten. Während sie den Becher noch immer in ihren schlanken Fingern hielt. Ein weiteres Tröpfchen Wasser, mehr wünschte sich die Keltin nicht in diesem Augenblick. Und doch blieb die Dunkelhaarige stumm. Zumindest so lange, bis sie ihren Dominus in einer Schachtel mit Blechamuletten kramen sah. Fragend hob die Dunkelhaarige bei diesem wundersamen Gebaren ihren Kopf an und musterte den Älteren aufmerksam. Jegliche Worte die ihr in diesem Augenblick auf der Zunge lagen, schluckte Eireann herunter und biss sich zusätzlich auf die Zunge. Damit ihr auch wirklich kein einziges Wörtchen über die Lippen purzelte.


    Aus dem Augenwinkel beobachtete sie, wie sich der Magus erhob und sich ihr näherte. Seine leise Stimme drang an ihr Ohr und die Keltin drehte gehorsam ihren Kopf auf die Seite. Schon im nächsten Moment nahm ihr Dominus auch schon wieder Abstand und Eireanns Finger glitten an die Marke, die an ihrem Sklavenkragen befestigt war.
    “Was ist das und was ist auf diesem Plättchen zu lesen Dominus?“
    Diese Frage würde er ihr doch beantworten können. Oder etwa nicht. Und während die Keltin die Blechmarke noch immer umklammert hielt, fokussierte sie den Dunkelhaarigen.
    “Ver.. verschleiern? Wa.. warum? Wieso zu meinem Schutz?“
    Stammelte Eireann diese Worte hervor und spürte im selben Moment wie ihr das Herz bis zum Hals pochte.


    Der Schleier fühlte sich zauberhaft leicht unter ihren Fingerspitzen an. Und doch widerstrebte es ihr, sich zu verhüllen.
    “Ich.. ich bin ein Geheimnis?“
    Murmelte die Dunkelhaarige an sich selbst gewandt und hüllte sich schließlich in den Schleier. Sodass dieser lediglich ihre Augen freiließ. Trug sie den Schleier richtig oder hatte er etwas an ihrer Trageart auszusetzen?
    “Ich habe verstanden das ich mich von deiner Truhe und deinem Schreibtisch fernhalten soll!“
    Fauchte Eireann auf einmal und funkelte den Älteren mit blitzenden Augen an.

    Für einen kurzen Augenblick noch kauerte die Dunkelhaarige auf dem Boden und hielt sich ihren pochenden Schädel. Dann, ganz langsam löste sie ihre Finger von ihren Schläfen und richtete sich vorsichtig auf. Jetzt kauerte die Keltin auf den Knien und blickte mit Furcht in den Augen zu dem Älteren empor. Seine Worte verstand Eireann. Dennoch rührte sie sich im ersten Moment nicht vom Fleck und versuchte den leichten Schwindel in ihrem Kopf nieder zu kämpfen. Erst als sie das Gefühl hatte der Raum drehte sich nicht mehr um sie. Erhob sich die Sklavin vorsichtig. Aus dem Augenwinkel linste Eireann in seine Richtung und ließ ihn ab sofort keine Sekunde aus ihrem Blick. Schließlich wusste sie nicht ob ihr Dominus nicht noch einmal seine Macht über die Keltin ausspielen wollte. Argwöhnisch ließ Eireann ihren Blick zwischen dem Becher auf dem Tisch und dem Magus hin- und her gleiten. Doch schließlich spürte Eireann wie ihr Körper dringend nach Flüssigkeit verlangte. Ohne weiter darüber nachzudenken hatte sich die Dunkelhaarige dem Tisch genähert und den Becher in ihren Besitz gebracht. Ein letzter misstrauischer Blick in des Magus Richtung folgte. Dann setzte Eireann den Becher an ihre Lippen und trank gierig. So gierig das ihr das Wasser über's Kinn rieselte und sich irgendwo im Stoff ihrer Tunika verlor.


    Schließlich straffte sich die Dunkelhaarige unwillkürlich und umklammerte den Becher in ihren Fingern. Ihren Blick hielt Eireann zu Boden gerichtet. Während sich ihre Kehle noch immer staubtrocken anfühlte. Doch nach einem weiteren Becher frischen Wassers wagte sie nicht zu fragen. Und schließlich drang des Magus Stimme an ihr Gehör und erklärte ihre Pflichten als seine Sklavin. Unwillkürlich zuckte die Dunkelhaarige zusammen und presste ihre Lippen zusammen. Denn bisher musste sie keinerlei Nachttöpfe leeren. Aber wie sie bereits treffend festgestellt hatte, sie war hier in der Subura und nicht mehr in einer der hochrangigen Häuser der Oberen Zehntausend. Und wo bitteschön bekam sie einen Frauennachttopf her? Etwa auf dem Mercatus Urbis?


    Seiner nachfolgenden Handbewegung folgte die Keltin und nickte schließlich knapp. Sie durfte seine Räumlichkeiten putzen. Aber eigentlich waren seine Privaträume für sie tabu. Hm. Das musste sie nicht verstehen. Und dann durfte Eireann endlich ihre Stimme erheben. Doch nur um seine Worte zu wiederholen.
    “Zu meinen täglichen Aufgaben gehört es, morgens einen Eimer Wasser vom Brunnen zu holen. Und abends vier Eimer Wasser. Wieso abends mehr? Die Reinigung der.. der Nachttöpfe muss von mir erledigt werden. Diese Halle werde ich täglich reinigen. Das Bad und das Cubiculum meines Dominus werde ich aufräumen und säubern.“
    Wiederholte die Dunkelhaarige seine Worte. Hatte sie etwas vergessen?


    Und dann platzte es doch über Eireanns Lippen.
    “Wo werde ich schlafen Dominus?“
    Bisher kannte Eireann lediglich die Sklavenunterkünfte in der Domus Iulia und die kleine Kammer die ihr Marcus Iulius Casca zur Verfügung gestellt hatte. Fragend ruhte nun ihr Blick auf dem Magus.

    Als ihr Dominus ihre Worte mit diesem spöttischen Klang wiederholte, presste die Dunkelhaarige ihre Lippen zu einem blutleeren Strich zusammen.
    “Mein Schicksal ist es jedem deiner Befehle zu gehorchen Dominus.“
    Erwiederte die Keltin und warf dem Dunkelhaarigen einen lauernden Blick entgegen. Schließlich senkte Eireann ihren Blick und fokussierte den Becher in ihren Händen. Gefährlich schillernd mutete der Inhalt an. Da die Silurerin jedoch durstig war, setzte sie den Becher an ihre Lippen und schmatzte beinahe genüßlich, als die Flüssigkeit ihre wie ausgedörrte Kehle befeuchtete.


    “Du.. du bist.. Zauberer... Monster.“
    Röchelte Eireann um Luft ringend. Der Becher war mittlerweile ihren kraftlosen Fingern entglitten. Als die Dunkelhaarige bedenklich auf dem Stuhl hin- und her zu schwanken begann. Schließlich obsiegte das Gift und das Opium. Sodass die Dunkelhaarige ihre Augen verdrehte und vom Stuhl zu Boden glitt. Wie eine Lumpenpuppe wirkte die schlafende Eireann in diesem Augenblick. Wie sie dort auf dem Boden lag. Niedergestreckt durch die Fähigkeiten ihres neuen Dominus.


    Wie lange die Substanzen ihren Körper außer Gefecht setzten, konnte nur der Parther mit exakter Genauigkeit beziffern. Doch schließlich öffneten sich Eireanns Augenlider. Flatternd und im ersten Moment schien ihr Blick orientierungslos umher zu wandern. Unstet versuchte die Sklavin ihren Blick auf den Älteren scharf zu stellen. Was ihr jedoch nicht wirklich zu gelingen schien. Denn ihre Kehle brannte und direkt in ihren Schläfen hatte sich ein pochender Schmerz eingenistet. Der Eireann leise aufwimmern ließ. Bevor sie ihren Kopf in ihren Händen vergrub. Denn instinktiv hatte sie das Gefühl ihr Schädel müsste zerspringen.

    Der Parther hatte sich grundlegend geändert sodass er für Eireann ein vollkommener Fremder war. Denn das sie ihm bereits begegnet war wusste die Dunkelhaarige nicht. Und während sie ihren Blick an der Fassade des Flachbauchs empor gleiten ließ, spürte sie instinktiv wie etwas in ihrem Innersten zerbrach und Platz für etwas neues zu machen schien. Die einstige Wildheit, jene Eigenschaft die ihr von Tiberios den Spitznamen -Feuerkopf- eingebracht hatte, schien mit jedem ihrer Schritte zu schwinden und immer weniger zu werden. Bis die Dunkelhaarige nur noch eine funktionierende Hülle sein würde. Nur noch am Leben um Befehle kommentarlos entgegen zu nehmen und auszuführen.


    Denn bereits damals, nach dem Lupercalia-Lauf hatte sich Eireanns Leben zu wandeln begannen. Und der Streit mit dem furischen Sklaven schien alles auf die Spitze getrieben zu haben. Wie konnte Tiberios aber auch so verblendet sein und den Römern wie ein Hündchen hinterherlaufen? Ob dieser Gedanke umspielte ein schmerzliches Lächeln die Lippen der Keltin. Ob sie jemals die Möglichkeit haben würde dem furischen Sklaven noch einmal zu begegnen? Denn innerlich wusste Eireann das es von nun an ihr Dominus war der über ihre Schritte wachte. Vielleicht, könnte sie ihrem Dominus eines Tages diese eine, gezielte Frage den furischen Sklaven betreffend stellen.


    Doch erst einmal folgte Eireann dem Älteren durch die Porta und in das Innere ihres neuen Heims. Im Empfangszimmer angekommen ließ die Silurerin ihren Blick aufmerksam gleiten und erschauerte. Während sich eine Gänsehaut auf ihren Oberarmen ausbreitete. Was war das hier nur für ein Ort? Dein neues zu Hause, wisperte ein leises Stimmlein in Eireanns Hinterkopf. Sodass die Dunkelhaarige hart schluckte und sich unbewusst über ihre Oberarme strich. Die leisen Glöckchen und Münzen versetzten die Keltin in eine innere Unruhe. Sodass sie diesem Ort am liebsten entflohen wäre. Doch ihre Füße bewegten sich keinen Milimeter. Während ihr das Herz bis zum Hals pochte.


    “Ich.. ich kenne die Subura kaum.“
    Antwortete die Dunkelhaarige mit leiser Stimme und näherte sich dann dem Schreibtisch. Bevor sie sich jedoch auf den Stuhl setzte, deutete sie mit zitternden Fingern auf den Totenkopf und starrte ihren Dominus mit schreckgeweiteten Augen an. Dann war es jedoch seine Stimme die erklang und Eireann setzte sich mit bebendem Körper. Den halbvollen Becher Wein nahm Eireann mit einem dankbaren nicken entgegen.
    “Danke Dominus.“
    Murmelte die junge Keltin und nippte an dem Becher. Doch nicht oft. Denn ihr Dominus verdünnte den Wein mit Wasser. Vermeintlichem Wasser. Und so setzte die Dunkelhaarige den Becher an ihre Lippen und ließ den mit Substanzen verdünnten Wein ihre staubtrockene Kehle hinab rinnen. Kurze Zeit später spürte Eireann auch schon ein kratzen im Hals. Schob dies jedoch auf die Hast mit der sie das Wasser getrunken hatte.


    Kurzzeitig presste die Keltin dann doch ihre Lippen zusammen und rieb sich über die Augen. Kam es ihr nur so vor oder begannen sich die Götterfiguren an den Wänden zu bewegen.
    “Was.. was ist mit..“
    Zu mehr kam sie nicht. Denn Eireann hatte das Gefühl als würde ihre Zunge in ihrem Mund anschwellen. Und dann diese unerträgliche Hitze.
    “Sch.. Sch.. Schickssss...“
    Jenes Wörtchen konnte Eireann schon gar nicht mehr artikulieren. Denn mit einem mal spürte sie ein kribbeln auf der Haut und der Becher glitt aus ihren Fingern.
    “Domin...“
    Erklang's nuschelnd über die Lippen der Keltin. Schließlich verdrehte Eireann ihre Augen.
    “Was ... mit ... mir...“
    Ihre Aussprache wurde immer verwaschener und ihr Körper begann unkontrolliert zu zucken.

    Als Eireann bemerkte das die Worte nur so über ihre Lippen sprudelten, verstummte sie im nächsten Augenblick und biss sich auf die Unterlippe. Aus dem Augenwinkel schielte sie dann in die Richtung des Dunkelhaarigen.
    “Nein. Tiberios würde so etwas unüberlegtes nie machen. Er würde nie kopflos handeln. Anders als ich.“
    Murmelte die Keltin und schluckte vernehmlich.


    “Ich habe Tiberios kennen gelernt. Da war ich noch Sklavin bei den Iuliern. Ich habe mich in ihn verliebt und ... vermisse ihn Dominus.“
    Jene Worte murmelte Eireann äußerst leise und verkrallte ihre Finger in ihrer neuen Tunika.
    “Tiberios hat mich unwissende Barbarin geschimpft. Und das stimmt. Ich habe kein Talent. Ich kann noch nicht einmal ordentlich lesen oder schreiben.“
    Ohne jede Bitterkeit entwichen diese Worte Eireanns Lippen. Während es kurzzeitig spöttisch in ihren Augen aufblitzte.
    “Vielleicht war es Schicksal das uns zusammen geführt hatte. Ich bin Abschaum und du lebst in der Subura.“


    Als der Parther die Türe mit einem Schlüssel öffnete beobachtete Eireann eine jede seiner Bewegungen höchst aufmerksam und folgte ihm schließlich durch die Türe und in das Innere. Was würde sie hier nun erwarten?

    Mit gesenktem Kopf schritt die Dunkelhaarige neben ihrem neuen Dominus her. Ihre Finger hatte sie in ihrer neuen Tunika verkrallt und auf den ersten Blick ließ nichts an Eireanns Aufmachung schließen das sie eine Sklavin war. Wenn man dann jedoch genauer hinsah dann würde man den Sklavenkragen, der sich um ihren Hals schmiegte, deutlich erkennen.
    “Du musst wissen ...Dominus, das der Furier nicht mein einziger Dominus war. Ich diente Marcus Iulius Casca und sollte in seiner Caupona aushelfen. Doch Marcus Iulius Casca verschwand eines Tages und ich wurde Eigentum der Domus Iulia.“
    Hart schluckte die junge Keltin und linste aus dem Augenwinkel in Richtung des Dunkelhaarigen.
    “Der Iulier kam mit meiner temperamentvollen Art nicht zurecht und verkaufte mich auf dem Sklavenmarkt. Dort wurde ich dann schließlich von dem Furier gekauft. In der Casa Furia habe ich mich nicht wohl gefühlt und bin ... abgehauen.“
    Erneut verstummte Eireann und fokussierte den Boden zu ihren Füßen.


    “Dabei wollte ich doch nur in Tiberios Nähe sein. Ich habe mich nämlich in den furischen Sklaven verliebt. Aber Tiberios wird mich hassen.“
    Errötend und sichtlich verlegen starrte die Sklavin zu Boden und spürte wie ihr das Blut in den Ohren rauschte.
    “Beim Brief an Tiberios hat mir eine iulische Sklavin geholfen. Und Tiberios hat gesagt das ich eine schöne Schrift habe. Obwohl ich das Alphabet nicht fehlerfrei lesen und schreiben kann. Eigentlich gar nicht. Die iulische Sklavin hat mir die Worte vorgesagt und den Brief zuletzt verbessert.“
    Ob ihr der Ältere überhaupt zugehört hatte wusste Eireann nicht. Und so warf sie ihm einen raschen Blick entgegen.


    Das sie sich ganz in der Nähe des ehemaligen Ganymed befand schien Eireann nicht bewusst zu sein. Während sie ihren Blick aus dem Augenwinkel von links nach rechts gleiten ließ.
    “Was wird meine Aufgabe sein Dominus? Ich.. ich habe kein besonderes Talent. Ich bin lediglich eine unwissende Barbarin.“
    Bei diesen Worten hob Eireann ihren Kopf an und blickte dem Älteren direkt entgegen. Wie würde seine Reaktion sein? Und würde er auf ihre fragenden Worte eine Antwort geben? Den Weg hatte Eireann dagegen höchst aufmerksam verfolgt und blickte schließlich an dem Flachbau empor, vor dem ihr Dominus seine Schritte verlangsamt hatte.
    “Dreimal klopfen?“
    Mutmaßte die junge Keltin und blickte von dem Schild zu ihrem Dominus und wieder retour.

    Ihre Lippen presste die Keltin zu einem schmalen Strich zusammen und ballte unbewusst ihre Finger zu Fäusten. Hmpf. Wieso bekam sie nie eine Antwort auf ihre Frage? Hielt man sie absichtlich dumm oder wollte man ihr durch das entnervende Schweigen verdeutlichen das ihre Fragen unangebracht waren? Durchaus möglich. Mit einem musternden Blick versuchte die Keltin die Aufmerksamkeit des Dunkelhaarigen auf ihre Person zu lenken. Wohin gingen sie überhaupt?


    “Wohin bringst du mich? Und wie lange werden wir noch laufen?“
    Schon wieder war es Eireanns Stimme die erklang. Ungefragt. Aber war es nicht ihr gutes Recht zu erfahren wohin sie von ihrem Dominus gebracht wurde? Durchaus. Befand zumindest die Dunkelhaarige für sich. Während sie den Älteren mit ihrem Blick regelrecht durchbohrte.


    Augenblicklich verengten sich Eireanns Augen, als dieser fremdländisch klingende Name an ihr Ohr drang.
    “Aethra? Was ist das für ein Name?“
    Hart mutete der Klang in Eireanns Stimme an, als sie ihren neuen Namen aussprach. Und wahrscheinlich sprach sie diesen Namen auch noch falsch aus. Aber dann würde er sie schon verbessern. Dachte sich zumindest die Dunkelhaarige im Stillen.


    Das er selbst über seinen eigenen Namen schwieg, ließ eine steile Falte zwischen Eireanns Augenbrauen entstehen.
    “Mein einstiger Dominus, wollte mir lesen und schreiben beibringen. Stattdessen musste ich dreckiges Geschirr in seiner Caupona spülen.“
    Dann schwieg die Silurerin auch schon und starrte zu Boden. Wieder einmal wurde ihr schmerzlich bewusst das sie kein Talent besaß. Sie war und blieb eine Barbarin, wie Tiberios einst so treffend verkündete.

    Für die Dunkelhaarige war es noch immer unbegreiflich. Was hatte sie dem Römer getan? Was nur? Und dann der Brand des Ganymed. Zufall? Oder eiskalte Berechnung? Vorsichtig setzte die Dunkelhaarige ihre nackten Füße voran und spürte deutlich den sandigen Boden unter ihren Füßen. Wie sich der Sand, einem Schmirgelpapier gleich, an ihre Fußsohlen schmiegte. Diese Gedanken behielt die Keltin jedoch für sich. Während sie versuchte ihre wirren Gedanken zu sortieren. Einst geraubt in ihrer Heimat Venta Silurum. Sollte sie für den Brand eines Freudenhauses verantwortlich sein? Mitnichten. Und so krallten sich ihre Finger im Stoff ihrer neuen Tunika fest. Jene unbedachte Bewegung ließ Eireann jedoch zusammen zucken. Denn die Striemen auf ihrem Rücken sandten einen stetigen Schmerzimpuls. Sodass sich Eireanns Lippen zu einem blutleeren Strich zusammen pressten.


    Hoffentlich hatte ihr neuer Besitzer das zusammen zucken seiner Sklavin nicht bemerkt oder interpretierte zu viel in dieses zusammen zucken hinein. Den angewiederten Blick des Dunkelhaarigen spürte Eireann deutlich. Und schon öffneten sich ihre Lippen. Pressten sich jedoch im nächsten Moment abermals zu einem dünnen Strich zusammen. Dieser Kerl war mitnichten ein Römer. Zumindest sah er nicht so aus wie ihr Optio oder die beiden Miles. Wieso Eireann immer wieder an diese beiden Soldaten denken musste, war für die Dunkelhaarige schier unbegreiflich.


    “Ich.. ich darf nicht mit dir sprechen? Aber, wie kommunizieren wir dann?“
    Sprudelte es über Eireanns Lippen. Während ihr Blick auf ihrem neuen Herrn ruhte.
    “Mh. Ja. Dominus.“
    Wie auswendig gelernt muteten diese Worte an. Dabei ruhte ihr Blick noch immer auf dem Dunkelhaarigen, als sie neben ihm durch die Gässchen der Subura schritt.
    Schließlich herrschte wieder Stille und die junge Frau hatte Gelegenheit ihre nähere Umgebung genauer in Augenschein zu nehmen. Dann war es jedoch erneut seine Stimme, die Eireann aus ihrer stummen Betrachtung riss.
    “Ich heiße Eireann. Und du ...Dominus?“
    Denn sonst würde er ihr vermutlich keine Antwort geben.

    Jetzt war es also endgültig. Der Furier hatte sie verschenkt. Noch nicht einmal verkauft. V e r s c h e n k t. Als wäre sie tatsächlich nur ein Gebrauchsgegenstand der für den Optio rapide an Wert verloren hatte. Doch wer war dieser mysteriöse Mann der von nun an ihr neuer Besitzer war. Ob sie ihn auch Dominus nennen musste?


    Wirre Gedanken kreisten der Dunkelhaarigen durch den Kopf als sie sich ruckartig in Bewegung setzte und der Castra den Rücken kehrte. Zum Glück hatten andere Wachen Dienst am Tor. Nicht auszudenken wenn Eireann noch einmal auf die beiden Miles treffen würde. Durch ein ruckartiges Kopfschütteln versuchte sie sich von sämtlichen negativen Gedanken zu befreien. Schließlich begann ab heute ihr neues Leben.


    “Wer bist du? Wie ist dein Name?“
    Verdammt. Da hatte sie es doch getan. Sie hatte ihrer Neugierde erlaubt für diesen Moment die Führung zu übernehmen. Blieb nur abzuwarten ob die Keltin auch eine Antwort auf ihre Frage erhielt. Hm. Offensichtlich war der ihr Unbekannte verstummt. Und so beeilte sich die Dunkelhaarige um nicht den Anschluß zu verlieren. Während sie ihre Schritte immer tiefer in das Gewirr der Subura hinein lenkte.

    Nachdem Eireann die mehrschwänzige Peitsche des Miles zu spüren bekommen hatte. Hatte schlußendlich ihr Körper kapituliert und ließ ihren Geist von einer gnädigen Ohnmacht umfangen. Somit war es für den Bekannten des Optio, Maximus aus Noricum ein leichtes, die Keltin auf Geheiß des Furiers mitzunehmen. In einem abgelegenen Haus in der Subura wurde Eireann gesund gepflegt. Ein Medicus versorgte nicht nur ihre Peitschenstriemen. Sondern auch sämtliche weiteren Verwundungen. Dabei stellte der Medicus keine Fragen.


    Der ältere Mann nahm die Münzen und verschwand auch schon. Während Eireann allmählich aus ihrem Dämmerschlaf erwachte, in den sie der Medicus versetzt hatte. Mit großen Augen blickte sich die Dunkelhaarige um. So vergingen fünf weitere Tage, bis Maximus diie Silurerin für wiederhergestellt betrachten konnte. Die Striemen auf ihrem Rücken würden verheilen und Narben würden zurück bleiben. Bis es jedoch so weit war schärfte Maximus der Keltin ein das sie darauf achten sollte keinen Dreck in die Wunden dringen zu lassen. Um ihren Rücken zusätzlich zu schützen bedeckte Maximus die Wunden Eireanns mit einem leichten Tuch, welches er verknotete. Schließlich hüllte er ihren Körper in eine
    orange-gelbe Tunika. Zufrieden betrachtete Maximus sein Werk und setzte Eireann zu guter letzt einen Stechginsterkranz in ihre dunklen Strähnen. Währenddessen hatte Eireann kein Wort gesagt. Und so griff Maximus nach dem Sklavenkragen, der sich noch immer um Eireanns Hals schmiegte.


    Ohne Hast und dennoch resoluten Schrittes durchquerte das merkwürdige Gespann die Subura und näherte sich schließlich der Castra. Augenblicklich spannte sich Eireanns Körper an und ein zittern befiel ihren Leib. Und dennoch verließen keine störrischen Worte ihre Lippen. Lediglich ihr Blick irrte für einen kurzen Augenblick über die Mauern der Castra. Bis sie ihren Blick auch schon niederschlug und den Staub zu ihren Füßen fokussierte.

    Unwillkürlich presste Eireann nicht nur ihren Körper in den dreckigen Staub. Offensichtlich versuchte sie dadurch der Anwesenheit der Urbaner zu entkommen. Indem sie sich unsichtbar machte. Was natürlich ein Ding der Unmöglichkeit war. Ohnehin war die Dunkelhaarige zur Bewegungslosigkeit verdammt. Denn der kraftvolle Tritt in ihren Rücken schien Eireann wie gelähmt zurück zu lassen. Lediglich ein leises, ersticktes Geräusch entwich ihren Lippen. Bevor sie auch schon zusammen zuckte und versuchte Blickkontakt mit ihrem Dominus herzustellen. Denn der Optio könnte den beiden ungestümen Miles mit Sicherheit Einhalt gebieten. Wenn er sich auf ihre Seite stellte. Denn dies stand noch in den Sternen. Und so entwich Eireanns Lippen abermals ein schmerzerfülltes Geräusch, als sie mit stummen Entsetzen im Blick beobachten konnte, wie die Peitsche entrollt wurde. Gefährlich und schmerzvoll muteten die Peitschenschnüre an.


    Augenblicklich mobilisierte Eireann ihre letzten Kraftreserven und versuchte über den staubigen Boden davon zu kriechen. Da traf sie der erste Schlag und ließ die Keltin vollends zu Boden stürzen. Ihre Lippen presste sie dabei zu einem blutleeren Strich zusammen. Als sie der nächste Schlag traf und die Dunkelhaarige dann doch schmerzgepeinigt aufschrie. Ihre Tunika bestand nur noch aus Fetzen und die Peitschenschnüre zeichneten blutige Striemen auf Eireanns Rücken. Mittlerweile hatte sich die junge Frau zu einer Kugel zusammen gerollt und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen.


    Hieb drei bis zehn bekam die Dunkelhaarige schon nicht mehr mit. Denn nach dem dritten Schlag entschied ihr ohnehin geschwächter Körper, den Geist der Sklavin von einer gnädigen Ohnmacht umfangen zu lassen. Würden die Römer sie vor der Castra im Staub zurück lassen oder tatsächlich überprüfen ob noch Leben in Eireann steckte?

    Von der drohenden Gefahr durch die beiden Miles der Cohortes Urbanae ahnte die Dunkelhaarige nichts. Schließlich taumelte Eireann neben ihrem Dominus und versuchte verzweifelt ihren festen Stand zu bewahren. Nicht auszudenken wenn sie strauchelte und vor dem Optio zu Boden stürzte. Ein Gedanke der Eireanns Lippen augenblicklich zu einem blutleeren Strich zusammen pressen ließ. Während ein tonloses seufzen ihre Lippen verließ. Doch dann, mochte es ein loser Stein oder eine sonstige Unebenheit gewesen sein. Die sichtlich geschwächte Keltin geriet tatsächlich ins taumeln und krallte sich instinktiv an ihrem Dominus fest, um nicht doch das Gleichgewicht zu verlieren.


    Wenn Eireann nur etwas mehr bei Sinnen gewesen wäre, dann hätte sie vermutlich die sich rasch nähernden Schritte früher wahrgenommen. Doch so reckte sie ihr Gesicht vorsichtig den Sonnenstrahlen entgegen. Und zum ersten mal konnte man etwas ähnliches wie ein helles funkeln in ihren Augen erkennen. Jenes funkeln erlosch dann auch schon im nächsten Augenblick, als sie diesen kräftigen Tritt, oder war es gar ein sprunggewaltiger Tritt, in ihrem Rücken, genauer gesagt auf Höhe ihrer Schulterblätter fühlte.


    Wie eine Stoffpuppe fühlte sie sich einige Meter weit geschleudert und prallte hart auf dem staubigen Boden auf. Um sich im ersten Moment nicht mehr zu regen. Der Aufprall hatte ihr die Luft aus den Lungen gepresst und ihr ohnehin geschwächter Körper wies nun einige Abschürfungen und Verletzungen mehr auf. Langsam. So unendlich langsam kehrte Leben in Eireanns Körper und sie versuchte sich auf die Beine zu stemmen. Sank dann jedoch mit einem leisen klagenden Geräusch abermals zu Boden und kauerte im Staub der Straße.


    Unter ihren verfilzten Strähnen linste die Keltin dann doch vorsichtig empor und erkannte die beiden Miles der Cohortes Urbanae. Mit angstvoll geweiteten Augen fokussierte sie die beiden Männer und wagte sich nicht zu rühren. Was auch kein Wunder war. Schließlich schmerzte jeder Knochen ihres Körpers und ob etwas gebrochen war konnte die Sklavin nicht einmal abschätzen.

    Taumelnden Schrittes folgte Eireann ihrem Dominus aus der Zelle und durch die Gänge des Carcer. Rasselnd mutete das Geräusch an welches bei jedem Atemzug ihrer Kehle entfloh. Die Wachsoldaten ließen das merkwürdige Zweiergespann rasch hindurch. Schließlich stützte der Optio die Dunkelhaarige und dennoch hatte Eireann das Gefühl als würde sie durch Sand waten. Wieso wirkten ihre Schritte nur so unbeholfen? Als wäre sie ein Neugeborenes dem man gerade die ersten, eigenständigen Schritte vermittelte.


    Aus dem Augenwinkel schielte die Keltin zu dem Römer empor und versuchte in seinen Gesichtszügen zu lesen. Doch die Gesichtszüge ihres Dominus wirkten auf Eireann wie in Stein gemeiselt. Und so schluckte die Dunkelhaarige sichtlich. Schließlich hatte sie noch immer die Worte ihres Dominus in den Ohren, der ihr erklärte das sie für ihn und die Gens Furia nicht mehr tragbar war. Worte die Eireann schmerzten und sie ihren Kopf noch tiefer halten ließ.


    Völlig in ihren eigenen Gedanken verloren, stolperte die Dunkelhaarige tatsächlich und war doch froh das sie von ihrem Dominus gestützt wurde. Denn sonst hätte Eireann mit ziemlicher Sicherheit Bekanntschaft mit dem staubigen Boden gemacht. Schließlich spürte die Keltin wärmende Sonnenstrahlen auf ihrer Haut und blieb wie erstarrt stehen. Nein. Sie träumte tatsächlich nicht. Dort oben am Himmel schien die Sonne und erwärmte Eireanns Haut.


    “Danke.“
    Hauchte die Keltin mit äußerst kratziger Stimme und hob langsam ihren Kopf an, um in den Himmel zu blinzeln. Denn auch wenn sie nun die Sonne nach ihrer langen Kerkerhaft wieder auf ihrer Haut fühlen durfte, wusste sie nicht ob es noch weitere Untersuchungen bezüglich des Ganymed-Brandes geben würde. Der Mann an ihrer Seite müsste darüber Bescheid wissen. Doch etwas hemmte Eireann diese Frage zu stellen. So biss sie sich erneut auf die Unterlippe und senkte ihren Kopf gen des staubigen Boden.

    “Ich danke dir Dominus. Aber ich.. ich möchte dir keine weiteren Unannehmlichkeiten bereiten.“
    Wisperte Eireann mit leiser Stimme. Auch wenn ihre Stimme selbst bei diesem leisen Stimmenklang bedenklich zu kratzen begann. So dass Eireanns Finger unwillkürlich an ihre Kehle glitten. Als ihre Finger dabei den Sklavenkragen berührten, zog sie ihre Finger hastig zurück. So als hätte sie sich ihre Finger an dem Eisenring verbrannt.


    “Ich werde dir gehorchen Dominus.“
    Flüsterte die Dunkelhaarige und blickte mit fiebrig glänzenden Augen zu dem Römer empor. Als ihr Dominus befahl das sie noch etwas trinken sollte, nickte die Keltin langsam und wartete bis man die Wasserschale wieder füllte. Dann hob sie die Schale an ihre Lippen und seufzte genußvoll, als das kühle Nass über ihre Lippen rann und ihre Kehle befeuchtete.


    Als ihr Dominus seine Stimme mit diesem ernsten Klang an ihr Gehör dringen ließ, zuckte Eireann abermals zusammen und fokussierte den Boden zu ihren Füßen.
    “Es tut mir Leid Dominus. Dir und der Gens Furia diesen Ärger bereitet zu haben. Und Tiberios.“
    Bei der Nennung des dunkelblonden Sklaven pochte der Dunkelhaarigen das Herz bis zum Hals und sie spürte wie ihre Handinnenflächen schweißfeucht anmuteten.


    Nachdem Eireann die Schale bis zur Hälfte geleert hatte. Stellte Eireann die Schale vorsichtig zu Boden und stützte sich auf den Römer, der ihr seinen Arm um die Schultern bettete. Mit vorsichtigen Schritten verließ Eireann den Carcer der Cohortes Urbanae.