Beiträge von Tiberios

    Tiberios legte die Schriftrolle beiseite: „So lange hat Sophokles auf uns gewartet, dann wartet er gewiss noch ein Weilchen länger.“, sprach er leichthin, aber dann merkte er, dass die junge Frau schreckensstarr war und sich feine Schweißperlen auf ihrer Stirn sammelten, obwohl sie doch seine Wange streichelte.
    Das verstand der junge Grieche nicht, denn für ihn war der Dienst an Venus etwas, das alle Beteiligten zur Freude gereichen sollte.
    Und so nahm er Idunas Hände in die seinen:
    „Du liest gut, Iduna. Leih dir jeden Tag eine Schriftrolle aus und lies, Tragödien und Komödien, Poesie, Theater und Sachtexte. Damit deine Stimme geschmeidig bleibt, kauf dir ab und zu ein Löffelchen Honig.
    Mein Kuss war ein freundliches Angebot an Dich, mehr nicht. Wenn du mich nicht lieben magst, so sag es frei heraus, ich bin dir weder gram noch jemand, der solch einen Dienst von dir einfordern wird.“

    Tiberios, so schauerlich er die Ereignisse bei dem Magus empfunden hatte, hatte die Tränen getrocknet und lächelte nun. Terpander wünschte bestimmt kein Klageweib an seiner Seite, sondern eine Briseis mit heiterem Sinn:
    Und so deklamierte er zuerst aus Ovids Liebeskunst:
    „Mich hat Venus bestellt dem zarten Amor zum Bildner;
    Amors Autómedon wird nennen und Tiphys man mich.“
    *
    und fügte an, während seine Lippen Terpanders Hals streiften: "Ich bin bereit, mein Lieber“.


    Ein wenig besser ging es ihm in der Kühle der Nacht und da er keine Last trug, hielt er mit dem iunischen Sklaven Schritt, auch wenn er kaum etwas sah und sich öfter an ihm festhalten musste.
    Aber dann hörte er etwas, das ihn an das Murmeln der imagines erinnerte, nur irdischer und handfester war es, und je näher sie kamen, desto mehr klang es wie Ächzen und Stöhnen. Der Wind war aus der anderen Richtung gekommen, und deshalb wurde Tiberios erst jetzt gewahr, dass ein kräftiger Gestank zu ihnen herüber wehte. Der Alexandriner fühlte, wie Übelkeit in ihm aufstieg, und er schluckte hart, dann hörte er, wie eine Frauenstimme nach ihrer Mutter rief und ein Mann etwas in einer fremden Sprache.


    Tiberios' Schritt wurde langsamer:
    „Terpander?“, fragte er ängstlich und griff nun nach dem Arm seines Begleiters.
    Aber die Frage, die sich ihm aufdrängte:"Was beim Acheron ist das?" wagte er nicht zu stellen.



    Sim-Off:

    *Automédon, hier Wagenlenker, Tiphys hier Steuermann


    Oooo =) *Meinung nocheinmal überdenkend

    "Du machst nichts falsch", beruhigte Tiberios Iduna: "Das war sehr, sehr gut!"
    Sie schaute ihn an wie ein verwirrtes kleines Mädchen. Der junge Grieche schüttelte den Kopf, ganz verstand er ihre Verschrecktheit nicht. Diensteifrig und demütig zu sein gehörte zu ihrem Stand, aber Iduna wirkte, als würde permanent jemand mit der Peitsche hinter ihr warten. Dann erinnerte sich Tiberios wieder daran, was sie über ihre grausame frühere Herrschaft erzählt hatte.
    Hoffentlich war Iduna nicht gebrochen worden, bevor sie erblühen konnte.
    Fast in Gedanken nahm er Idunas Hand , führte sie an seine Lippen und begann ihr schmales Handgelenk zu liebkosen. Es war spielerisch und ohne, dass er etwas erwartete. Würde es der jungen Frau gefallen?
    Leicht biss er zu und knabberte an ihrer hellen Haut, dann küsste er sie wieder.
    "Ismene
    Was aber, o du Arme, wenn es so steht?
    Soll ich es lassen oder doch zu Grab gehn?",
    sagte er ohne in die Schriftrolle zu sehen, und dann:
    "Was sagst du dazu, o meine Antigone aus dem Barbaricum? - nein, das steht nicht im Text, lass dich von mir nicht rausbringen."
    Nun nahm er ihre andere Hand und ließ ihr die gleiche Behandlung angedeihen.
    "Ich höre", sagte er, während seine Küsse zärtlicher wurden.

    Tiberios überlegte einen Moment.
    Wie fand er das denn? Die Frage von einem Römer gestellt zu bekommen, war seltsam, denn eigentlich war seine Meinung unwichtig; wichtig war, dass er von Nutzen sei konnte.
    Dann sagte er:
    "Ich bin noch nie verreist in meinem Leben.", - den Sklaventransport zählte er nicht mit, denn das war kaum eine Reise zu nennen:
    "Es wird für mich ein großes Abenteuer sein. Und ...
    Jetzt lächelte er:
    "Omnia bona mea mecum sunt!" *


    Sim-Off:

    * Alles was wert für mich hat, habe ich bei mir

    Jetzt schüttelte Tiberios den Kopf:
    "Langweilig? Nein, Dominus Saturninus", antwortete er: "Ich habe ein gutes Zuhause, eine gute Arbeit und zur Gesellschaft alle Dichter und Philosophen aus unserer Bibliothek. Ich bin glücklich und zufrieden."

    "Ich danke dir, Domina Sergia Severa", sprach Tiberios und nahm die Tabula in Empfang. Sehr sorgfältig verstaute er sie bei seinen Schreibutensilien, denn sie war seine Eintrittskarte in die aegyptische Casa Sergia, ohne den Befehl der Herrin würde man ihn dort nicht einlassen.
    Dann wandte er sich zum Gehen.
    "Vale bene, Domina Severa", sagte er mit einer neuerlichen Verbeugung. Er musste noch einiges vorbereiten, das war sicher.


    >>> Casa Furia

    Wieder verbeugte sich Tiberios - diesmal etwas tiefer als an der Porta, da er eine römische Domina vor sich hatte. Sergia Severa war eine junge, sehr elegante Dame mit einer modischen Zöpfchenfrisur, die in einem Korbstuhl saß und Theokritos las.
    "...aduti to yiqurisma kai apitui, aipole, thna,", dachte Tiberios einen Moment lang an den Anfang der Eidyllia, bevor er sich vorstellte:
    "Mein Name ist Tiberios, ich bin Maiordomus der Casa Furia, und habe einen Brief von Domina Furia Stella für Dich, domina."
    Er holte die Schriftrolle aus der Hülle, legte sie auf den kleinen Tisch, damit die Sergia sie selbst ergreifen konnte - dann trat er drei Schritte zurück.


    Ad


    Sergia Severa


    Casa Sergia


    ___________


    Liebste Severa, im Voraus muss ich mich bei Dir entschuldigen, dass ich erst nach so langer Zeit von mir hören lasse. Ich war sehr lange krank, aber es geht mir jetzt besser. Wie Du weißt, ist Clara nach Brundisium vor kurzem abgereist und hat auch mich eingeladen, ihr dort Gesellschaft zu leisten. Morgen werde ich nun auf diese lange Reise aufbrechen und danach wollte ich wieder nach Alexandria weiter reisen.


    Ich möchte Dich gerne fragen, ob ich wieder in Deiner Casa Sergia dort für eine Weile wohnen durfte. Daher habe ich eine Bitte an Dich:


    Diesen kurzen Brief wird Dir mein Maiordomus Tiberios überreichen. Er wollte sich schon bald nach Alexandria begeben, um alles für meinen Aufenthalt dort vorzubereiten.


    Wenn Du nichts dagegen hast, bitte ich Dich, eine kurze Notiz an Deinen Verwalter da zu schreiben, damit er Tiberios empfangen kann und sich um alles weitere kümmert.


    Ich werde Dir sehr dankbar für Dein Entgegenkommen sein, liebe Aurora Severa.


    Wünsche Dir viel Gesundheit und mögen die Götter stets über Dich wachen!


    Deine Stella


    KAL SEP DCCCLXX A.U.C. (1.9.2020/117 n.Chr.)


    Sim-Off:

    *Lieblich ist dieses Gesäusel, und dort bei den Brunnen, o Geißhirt

    Als Tiberios den Brief seiner Domina Stella an domina Severa betrachtete, konnte er nicht verhindern, dass ihm vor innerer Bewegung Tränen in die Augen stiegen.
    Alexandreia choro tou fotos* - Er hätte nie geglaubt, dass er – vielleicht – seine Geburtsstadt, die lichte Stadt seiner Kindheit und Jugend wieder sehen würde, zumindest nicht in diesem Leben. Tyche hatte ihn von dort fort und nach Roma geführt, und nun würde sich der Kreis schließen.
    Da Dominus Saturninus ja in der Casa bleiben und Diener benötigen würde, musste sich auch niemand um die furischen Sklaven Sorgen machen (Hoffentlich ging der Dominus pfleglich mit allem um)
    Tiberios verstaute den Brief seiner Domina in einer Schriftrollenhülle und machte sich zu Fuß auf zur Casa Sergia.


    Sim-Off:

    Alexandria, Land des Lichts


    >>> Casa Sergia

    „Ich komme zwar aus Alexandria, aber mein früherer Herr stammte aus Palmyra. Er hatte familiäre Beziehungen bis in das Reich der Parther.“, erwiderte Tiberios.
    Tatsächlich war das Beziehungsgeflecht zwischen den phyles, den Stämmen weit komplizierter, und er hatte die Erfahrung gemacht, dass es so genau niemand erklärt bekommen wollte.

    „Alles gut, einfach ruhig atmen.“, sagte Tiberios freundlich, und weil die kleine Iduna so ängstlich dreinschaute, konnte er einfach nicht anders, er gab ihr einen ganz zarten Kuss auf die Stirn, gleichzeitig zog er sie an sich:
    „Du machst alles sehr gut. Wenn zwischendrin ein griechisches Wort kommt, lies es einfach. Du brauchst nicht alles zu verstehen,du musst nur die Buchstaben kennen.
    Schau!..."

    Er holte sein Schreibzeug heraus und kritzelte auf eine Tabula:



    "Dies ist dein Name in Griechisch.“, sagte er, nahm Idunas zierliche Hand und fuhr die Buchstaben entlang:
    "Iota, Delta, und diesen Laut gibt es nicht wirklich bei uns , daher Ypsilon, es folgen Ny und Alpha: Iduna
    Er reichte ihr die Tabula.
    „Für dich“
    Dann las er weiter:
    "Ismene: Was ist's, du scheinst ein rotes Wort zu färben?"

    Und lachte leise, denn er wusste schon, dass der Text für Iduna viel länger war als der seine, aber sie wollte ja lernen, nicht er.