Tiberios bemerkte zwar, dass Aischylos mit jemandem Fremden sprach, weil die Hunde anschlugen, aber da den furischen Sklaven verboten worden war, während der Abwesenheit der Hausherrin Besuche zu empfangen, bezog er das nicht auf sich. Und Dominus Saturninus war wie jeden Morgen in Begleitung von Andreas schon zur salutatio seines Patrons und danach zur Kaiserlichen Kanzlei aufgebrochen.
Der furische Sklave saß an seinem Schreibtisch und versuchte drei Abschiedsbriefe zu schreiben. Die ersten beiden gingen ihm leicht von der Hand, der dritte machte ihm zu schaffen, denn obwohl er um Worte selten verlegen war, wollten die Worte nicht so kommen, wie er sich das wünschte; so strich er mit dem breiten Ende des Griffels aus, machte gar tabula rasa, begann von neuem.
Wie schrieb man an jemanden, den man eigentlich gar nicht kennen durfte? Dem man im besten Fall gleichgültig war und im schlimmsten Fall lästig fiel? Wie schrieb man gegen alle Vernunft, gegen galene und apatheia und unter dem unumstößlichen Diktat der Verhältnisse?
Tiberios wusste, dass eines Tages alles nur eine lichte Erinnerung und ein kleiner Stachel in seinem Geist sein würde. Aber gerade jetzt tat es weh. Von all denjenigen, die er in Roma geliebt hatte, hatte er vielleicht nur einen wirklich geliebt, und ausgerechnet das war gegen die Regeln gewesen.
Schließlich stand auf Tiberios' bestem Papyrus, geschrieben mit Eisengallustinte, folgendes:
Salve Dominus Sisenna Iunius Scato,
wenn Du diese Zeilen liest, stehe ich vermutlich schon in Portus und versuche eine Schiffspassage nach Alexandria zu ergattern.
Meine Domina schickt mich dorthin, um alles für einen längeren Aufenthalt vorzubereiten.
Ich verlasse Roma mit Dankbarkeit und Freude im Herzen, denn Tyche hat mich geleitet, geschützt und mir die Gunst und das Vertrauen der Furier, an die ich verkauft worden bin, gegeben.
Es wird seltsam sein, Alex wieder zu sehen, fast als würde man seine Vergangenheit wiederholen, aber da ist nichts zu wiederholen, denn das Leben trennt uns durch die Zeit, die vergeht..
Ich bete zu Mars und Faunus, dass sie ihre Hand über Dich halten, so dass Du Roma mit Größe dienen kannst und glücklich bleibst.
Ich hoffe, die kleinen Kürbisse haben dir gefallen. Ich würde mir wünschen , dass Du ab und zu ein wenig freundlich an mich denkst.
Euer Vergilius schrieb ja schon: Forsan et haec olec meminisse iuvabit*
Vale bene Tiberios
Manchmal war der Entschluss, dem anderen aus dem Weg zu gehen, der größere Akt der Liebe.
Und so kam Tiberios ein Einfall, zu dem er sich gratulierte.
Er würde seinen Brief an Terpander schicken. Sollte Terpander entscheiden, wann und ob überhaupt sein Herr diese Worte lesen würde. Terpander kannte dominus Scato gut, er würde den rechten Moment entweder wählen oder nicht wählen.
Dann kam Aischylos und sagte, ein Urbaner stände an der Porta und wolle zu ihm. Tiberios hob den Kopf und runzelte die Stirn. Ob man ihn doch noch einmal für eine Zeugenaussage wünschte?
Der Grieche nickte, sprach: „Ich komme“ und ging zur Porta. Den Brief, den er gerade geschrieben hatte, behielt er in der Hand.
>>> Porta
Sim-Off:*Vielleicht wird es einmal Freude bereiten, sich daran zu erinnern