Beiträge von Tiberios

    Hyazinthus, der noch nie zwanzig Sesterze auf einem Haufen gesehen hatte, nahm die Münzen in die Hände, als befände sich ein gefangener Vogel oder ein gefangener Frosch zwischen ihnen.


    Auch wenn er „Leonis“ nicht seinem Vater hatte zuführen können, gehörten doch Geschichten über verlorene Söhne und wiedergefundene Väter zu seinen Lieblingsgeschichten. Nun schien es, als sei er selbst in eine solche Geschichte geraten, wenn auch nicht Vater und Sohn, sondern Herr und Sklave.


    Ein großzügiger Dominus! Eine neue Tunika!


    Und er, dies entzückte ihm am meisten, sollte etwas lernen dürfen!


    Bisher hatten alle gesagt, Hyazinthus tauge zu nichts anderem als den Boden zu wischen. Obwohl – ein wenig hatte er gelernt. Er wusste, wie man Flecken aus Marmor bekam und die schönen Wandmosaike zum Glänzen brachte.


    Andächtig ging der junge Sklave, die Hände immer noch vor sich hin gestreckt, zur Taberna des Duften Viri zurück.


    Jeder hier in den Traiansmärkten kannte die anmutigen, hervorragend ausgebildeten Sklaven des Dominus Viridomarus; und da sollte er nun dazu gehören.
    Hyazinthus lächelte und konnte sein Glück kaum fassen.


    >>> Zum duften Viri

    Auch Tiberios hatte sich frei genommen, aber nicht gesagt, wohin er ging; wenn es später wurde, nahm man an, er sei nach Portus Ostiensis gefahren, um im Handelshaus Furii nach dem Rechten zu sehen.


    Er war bester Dinge und fühlte sich so unbeschwert wie in seinen Jugendtagen in Alexandria. Er hatte vor, mit seinem neuen Kameraden Hephitios herumzustreunen, einen langen sonnigen Nachmittag sozusagen zu faulenzen und ganz gegen seine Gewohnheiten als würdiger Bibliothekar ein kleines Abenteuer zu erleben oder auch ein großes, wenn sie wirklich die skelettierte Leiche des Rabastos finden würden.


    Da Tiberios nicht wusste, ob an das leibliche Wohl gedacht werden würde, hatte er es getan und dem Küchenmädchen Rhea zwei Fladenbrote, einr Handvoll eingelegte Oliven, Frühlingszwiebeln und zwei hartgekochte Eier abgeschmeichelt.


    Desweiteren hatte er eine Schnur und fünf Sesterze dabei. Eine Laterna mitzunehmen hatte der furische Sklave erst erwogen, dann die Idee aber verworfen; er wollte schließlich nicht bis in die Nacht weg bleiben. Außerdem befanden sich in seinem Beutel ein triptychon, eine dreifache Tabula, und ein Griffel, denn wenn es möglich war, hatte Tiberios vor, Teile des Skelettes zu skizzieren. Er dachte daran, dominus Scato, der so interessiert an medizinischen Themen war, die Zeichnungen zukommen zu lassen.


    An dem Brunnen, an dem er und Hephitios vor drei Tagen* mit vereinten Kräften Hephitios dunkelgrüne Tunika von Hundeurin gereinigt hatten, wartete der junge Custos schon.
    Tiberios sah ihn und winkte:
    Chaire, Hephitios, schön dich zu sehen.“


    Der furische Sklave setzte sich mit etwas Anlauf auf dem Brunnenrand und schöpfte etwas Wasser, das er sich über den Kopf laufen ließ:
    „Wie geht es dir? Deine domina Octavia Flora, ist sie wohlauf?“


    Sim-Off:

    * hüstel

    „Hyazinthus ist freundlich und hilfsbereit, auch wenn er griechische Mytholgie durcheinander wirft.“, bestätigteTiberios:
    „ Er hat mir quasi das Leben gerettet. Ich glaube, in der Putzkolonne geht er unter. Wie großherzig von deinem dominus, ihn zu erwerben! Auch ich werde mich nochmal bei ihm bedanken, wenn ich ihn sehe."


    Tiberios räkelte sich, und übeließ sich dem kundigen Charilaus:


    „Ja, das Schicksal hat es auch gut mit mir gemeint, und in Roma kann man sein Glück machen.
    Meine Mutter war eine Sklavin wie deine, ich stamme aus Alexandria und habe die Ausbildung eines scriba,
    Meine domini, die Furier, haben mich immer gefördert, und nun bin ich der Bibliothekar* unserer Casa. Schreibkram gehört da auch sehr viel dazu, daher tut die Handmassage sehr gut. Wegen deines Namens dachte ich, dass du vielleicht auch ein Grieche bist".


    Tiberios lächelte den jungen Mann an: „Was an Behandlung würdest du mir noch empfehlen? Ich denke immer, als Bibliothekar müsste ich etwas würdevoller aussehen, vielleicht eine andere Haartracht tragen?“



    Sim-Off:

    *Tiberios ist da noch Bibliothekar, noch nicht Maiordomus

    .Dem Freigelassenen fielen fast die Augen aus dem Kopf, aber er fing sich schnell wieder:
    „Das kann ich leider nicht selbstständig entscheiden, Patron, da muss die Verwaltung ran. Doch ich glaube, es wird kein Problem geben. Mehr als hundertfünfzig Sesterzen für den da kann ich mir nicht vorstellen. Du wirst einen schriftlichen Vertrag bekommen, Patron Viridomarus"


    Die Summe erschien Hyazinthus sehr hoch für seine Person, und auch er bekam große Augen. Unwillkürlich suchte er Schutz bei Viridomarus‘ massiger Gestalt.


    Der scheint ja regelrecht in seiner Gunst zu stehen, dachte der Freigelassene. Nachher bekomme ich noch Ärger, weil ich nicht schnell genug diesem reichen Herren gefällig war.
    Viel freundlicher sagte er:
    „ Wenn du möchtest, Patron, kannst du ihn ja gleich mitnehmen, obwohl wir ihn vermissen werden, unseren Hyazinthus.“


    Der junge Sklave lächelte freundlich, verneigte sich, lehnte den Besen an die Wand und legte den Lappen dem Verwaltungs- Libertus auf den Tisch:
    „Ich habe besonders diesen Putzlumpen ja geliebt wie Iason das Goldene Vlies, aber ich glaube, er gehört euch .“, sagte er:
    „Danke für alles und vale bene, Marktverwaltung!“


    Mittlerweile drängten sich die anderen Reinigungssklaven heran, denn sie waren fertig mit ihrer Arbeit. Ein Gemurmel ging durch ihre Reihen.
    „Hyazinthus verlässt uns. Der reiche Dominus Viridomarus möchte ihn kaufen.“

    Tiberios merkte nicht, dass sich Terpander anschlich, da der sich lautlos bewegte wie eine Wildkatze, weil er nämlich keine Schuhe trug; allein schon der Gedanke, barfuß im Dreck der Subura herumzulaufen, lag allerdings außerhalb der Vorstellungswelt des jungen Alexandriners.


    Als er nun aber einen feinen Hauch auf seinem Nacken spürte, drehte er sich halb um, bereit mit der Laterna zuzuschlagen – sie wäre für den furischen Haushalt kein Verlust, urteilte der Sklave, dann Laterna Laterna sein zu lassen und wegzulaufen – diesmal allerdings nicht weit weg, sondern nur in das Innere des Blinden Esels.


    "Wer schleicht sich an wie Myrrha in das Schlafgemach des Kyniras?“, zischte er und holte zum Schlag aus; da erkannte er Terpander und er rief:
    Chaire, froh bin ich, dass du es bist!“

    Officium >>>


    Tiberios lüftete die Bibliothek, schüttelte die Kissen auf und zog den Tisch an den Lesesessel der Domina und schaute, das alles ordentlich war.


    Er hatte mittlerweile drei Codices aus dünnem, mit glatter, weißer Farbe überzogenen Buchenholztafeln verfasst.
    Ein Codex enthielt das Autorenverzeichnis der Furischen Bibliothek, der zweite die Titel der lateinischen Werke oder falls sie namenlos waren die ersten drei Worte, der dritte das gleiche in griechischer Sprache.


    Jeder Codex war ein Polyptychon, ein Klappbuch aus mehreren Seiten.
    Man konnte das Klappbuch neben sich auf den Tisch legen oder auf Grund des festen Materials sogar stellen. Im Gegensatz zu einer Schriftrolle konnte man es mit nur einer Hand öffnen und schließen. Auch das Blättern war mit nur einer Hand möglich.


    Tiberios legte eine Schriftrolle auf den Tisch und legte den Codex mit den Autorennamen links daneben.


    Die Schriftrolle war die Trostschrift an Marcia,von Seneca.
    Diese Marcia war die Tochter des Geschichtsschreibers Cremutius Cordus gewesen.


    Wollte man nachschlagen, ob auch von Cremutius Cordus ein Werk in der Bibliothek vorhanden war, konnte man sozusagen nur mit ihrer linken Hand das Klappbuch bedienen und sehen, dass es im Regal zwischen Cicero und Didymos Chalkenteros zu finden war.



    ...Catullus, Valerius: Carminae (Gedichte)
    Chariton von Aphrodisias: Chaireas und Kalliroe
    Cremutius Cordus, Aulus:Geschichte Roms
    Didymos Chalkenteros: Sprichwörter....

    .




    Da domina Furia Stella Tiberios angeordnet hatte, ihn später in der Bibliothek zu sehen, wollte er ihr seine Arbeit zeigen.
    Er war neugierig, wie die Domina seine Idee finden, und ob sie Verbesserungsvorschläge haben würde.

    Tiberios holte sich die Schriftrollen der vergangenen Monate und stapelte sie auf seineḿ Schreibtisch.
    Er ging noch einmal los, sein Bettzeug und das Bündel mit seinen persönlichen Sachen aus der Sklavenunterkunft zu holen; das tat er sich umhertastend im Dunkeln, weil er die anderen Sklaven nicht wecken wollte, dann kehrte er zurück und verstaute alles in seinem neuen Cubiculum.


    Der Maiordomus in seinem früheren Haushalt hatte immer gesagt, dass ein Maiordomus als Erster aufstehen und als Letzter schlafen gehen sollte, so wollte er es auch halten,


    Aber nun erstmal in die Bibliothek, was auch immer das "später" von Furia Stella bedeutete. Ein von Lyda geführtes Haushaltsbuch nahm er als Lektüre mit, falls er auf die Domina länger warten musste.


    >>> Bibliothek

    Vorbereitungen >>>



    Tiberios, der zugesichert hatte, Terpander auf dunklen Wegen zu begleiten, trat bereits auf dem Weg von der Casa Furia in die Subura in schlüpfrige Dinge auf dem Boden, die er lieber nicht näher betrachten wollte.
    Umsichtig hatte er aus der Casa eine bronzene lamptes, eine Laterna, mitgenommen, die an einem Ring getragen wurde, doch ihre Scheiben bestanden aus Tierblase, und die Talglampe darin gab nur einen schwachen Lichtschein, so dass er es auf halber Strecke schon bereute, das Ding überhaupt mitzuschleppen.


    Der junge Grieche hatte sich einen himation, einen längeren Mantel, ausgeliehen, da man sich ihn über den Kopf ziehen konnte. Seine Chlamys lag ja mit einem gewissen eingenähten Brief auf seinem Lager in der Sklavenunterkunft.
    Unter dem Himation trug Tiberios die beerenfarbene Tunika mit dem vogelbestickten Kragen, die ihm das Küchenmädchen Rhea besorgt hatte, aber da sie sehr lang war, hatte er sie mit einem breiten Gürtel hochgerafft, so dass sie ihm nur noch bis über die Knie reichte.
    Ein kleiner unauffälliger Beutel steckte an der Innenseite seines Gürtels.


    Der Blinde Esel , die durchaus respektable Taberna, die gegenüber der neuen Urbanerstation lag, kam in Sicht ; von weitem drangen Stimmen und Gesang aus der Porta, und Tiberios war erleichtert, sein Ziel erreicht zu haben.


    Der Grieche hielt die Laterna von sich weg, um die Gegend zu beleuchten und selbst im Dunkeln zu bleiben.


    Wo steckte nur Terpander?
    Tiberios wollte keinesfalls von irgendjemandem angesprochen werden, aber das würde unzweifelhaft geschehen, wenn er zu lange an der gleichen Stelle stehen blieb.
    Er beschloss von Zwanzig langsam rückwärts zu zählen und dann in den Blinden Esel einzutreten, wenn Terpander bis dahin nicht aufgetaucht war.

    „Das ist zu gütig von euch, meine Kragen zu stopfen, und ich bedanke mich!“, sagte Tiberios, denn der Gedanke, mit zerrissenen Kleidern in der Casa Furia anzukommen, hatte ihm nicht behagt.


    Da dieses Problem gelöst war, konnte er sich ganz der Massage hingeben. Charilaus verstand sein Fach; das Citrosöl duftete angenehm zitronig, und Tiberios merkte, wie seine Glieder locker wurden und jeder Muskel entspannte.


    Als Charilaus dann bei den Händen angekommen war, sagte der junge Grieche:
    „Ich danke dir so vielmals, ich fühle mich gerade so wohl, als wäre ich auf die campi Elysii, die Elysischen Gefilde, entrückt und alle Erdenschwere wäre von mir abgefallen.“


    Als er nun nach seinem Geldbeutel griff, einen Sesterz Trinkgeld für Charilaus und einen für Corinna, die seinen Chiton nähte, gab, waren die bedrohlichen Zwillinge schon in weite Ferne gerückt; und er strahlte seinen Wohltäter an:
    "Ich heiße Tiberios und gehöre den Furiern, wenn ich dir einmal einen Gefallen tun kann, werde ich es gerne tun, Charilaus. Wo kommst du her und wie lange bist du schon in Roma? Und wo hast du diese göttliche Massagetechnik gelernt?"


    Charilaus war wahrhaftig ein Künstler, und der Alexandriner war neugierig.

    Hyazinthus führte Dominus Viridomarus zu dem Officium der Geschäftsverwaltung im Erdgeschoss in der Nähe des Eingangs.
    Der anwesende Verwalter war ein Libertus in gehobener Position, und als er den reichen Thraker erblickte, grüßte er sehr höflich: „Salve, Patron Viridomarus! Der Segen des Mercurius sei mit dir“, denn die eindrucksvolle Gestalt des Inhabers des „Duften Viri“ war auch denen ein Begriff, die das Vergnügen noch nicht persönlich hatten.
    Dann aber sah er Hyazinthus mit seinem Besen und dem Scheuerlappen, und sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich:
    „Ich nehme an, du kommst, um dich über Hyazinthus zu beschweren? Dieser Junge hat den Kopf einfach immer in den Wolken und baut Mist, Patron.
    Sei gewiss, wir sparen hier an Peitschenhieben nicht; ich lasse sofort nach dem Sklavenaufseher schicken.“


    Hyazinthus ließ den Kopf hängen. Jetzt bekam der prächtige, freundliche Dominus bestimmt einen schlechten Eindruck von ihm.

    Tiberios verbeugte sich, als domina Furia Stella eintrat, sein Blick fiel auf Nestor mit der Haushaltskasse, auf die er künftig aufzupassen hatte. Das bedeutete, das Officium immer gut abzuschließen, wenn er es verließ.
    Er nickte:
    "Salve, domina, ich habe für das Handelshaus die Bücher geführt, und für die Casa Furia wäre das ein Haushaltsbuch über die Ausgaben, nicht wahr? Könnte ich die die von Lyda geführten Bücher einsehen? Das würde ich heute noch machen. "


    Es würde die Arbeit erleichtern, wenn er die Abrechnungen der letzten Monate sehen konnte, auch zukünftige Unregelmäßigkeiten würden ihm auffallen.

    Jetzt lächelte er ein wenig:
    "Wenn ich etwas nicht verstehe, frage ich gerne Lyda, danke."

    Es war einige Zeit seit Tiberios Besuch in der Casa Leonis vergangen. Er war seither nicht wieder hingegangen, und er hatte dominus Sisenna Iunius Scato nicht wiedergesehen.* Er hatte mit dominus Lurco gesprochen, als er vorgeladen gewesen war, aber da das Ganze in dienstlichem Rahmen stattgefunden hatte, hatte er nicht einmal gewagt, nach ihm fragen.**


    Hephitios hatte Tiberios einst angedeutet, dass auch wenn ein Römer so etwas wie Menschlichkeit oder Freundschaft zeigte, man sein Leben niemals mit dem ihren verwechseln durfte. Das galt auch für die Liebe. Ein Sklave war da, um Befehle zu empfangen. Hephitios, der Fischer aus Rhodos, der Tiberios ob seiner Fähigkeiten bewundert hatte, war viel weiser und näher an der apatheia, der Gemütsruhe der stoischen Philosophie, als es Tiberios jemals erreicht hatte.***


    Ein kleiner Anteil in seinem Inneren hatte gegen alle Vernunft gehofft, mehr als eine Laune zu sein. Aber diese Anmaßung stand ihm nicht zu.


    Auch wenn der Alexandriner meist auf die neue Art in seinen eigenen Gedanken dachte, kam er, wenn er mit keinem Menschen sprechen konnte, auf die alte Art zurück und hielt Zwiesprache mit seinem persönlichen daimon: Du zieh deine Bahn und leuchte für andere. Sagt man nicht, dass schwere Arbeit alles überwindet?


    Tiberos plante, sobald domina Stella abgereist war, die verbliebenen Sklaven zum Hausputz zusammen zu trommeln, und alles von unten nach oben zu kehren. Übereinstimmend hatten ihm seine Mitsklaven bestätigt, dass die Säuberung der Hypokaustenanlage, der Bäder und der Latrinen die unangenehmste Arbeit darstellte.
    Tiberios plante, mit dem Schwierigsten anzufangen und jeden Tag sollte die Arbeit einfacher werden; aber abends würden sie im Garten sitzen, gut essen, erfrischende posca trinken und sich besser kennen lernen.
    Der junge Maiordomus ließ sich von Lyda die Rezepte für sämtliche Reinigungsmixturen geben und wälzte selbst Schriftrollen um Rezepte für Marmor- Glas, Mosaik; Fettigesputzmittel herauszuschreiben.. Domina Stella sollte, wenn sie nach Hause kam, die Casa wie neu vorfinden.


    Am Abend ritzte Tiberios schon seine erste Wachstafel voll:


    -Scheuermittel für Küche und alles Grobe: feiner Sand und Asche, löst Fett und Schmutz
    -Mit Pottasche macht man eine Lauge für alle Tücher und Stoffe
    -Mit einer Abkochung aus saponaria officinalis**** reinigt man Gold- und Silberbesteck und Wasserhähne
    -Tongeschirr kommt in ein Essigbad


    - Milch und Salz gibt eine Paste, um Flecken auf Marmor zu entfernen, keinesfalls Essig nehmen!
    -Marmor und Mosaike mit Öl einreiben
    - nitrum***** ist das richtige, um alle Abflüsse zu reinigen
    - Frische Mentha pulegium ******vertreibt Flöhe und Läuse aus allen Räumen



    Tiberios hatte die Geste, die Pollux ihm andeutete, gesehen und war zusammen gezuckt. Beim nächsten Male des Aufeinandertreffens würde er sie nicht überrumpeln und weglaufen können, das war ihm klar. Die Zwillinge waren zu zweit und trotz ihrer lieblichen Erscheinung jeder kräftig und auf den anderen eingespielt.
    Er hoffte darauf, dass Nubius ihm durch seine bloße Anwesenheit beschützen würde, und nahm sich vor, die nächste Zeit die Traiansmärkte ( Zwillinge!) und die Subura (Kyriakos!) zu meiden. Wie schnell es doch ging, dass man weite Umwege laufen musste!


    „Salve, Charislaus!“, sagte Tiberios freundlich zu dem jungen Mann, der ihn erwartete und einladend auf die Liege klopfte.


    Er zog seine Kleidung, die er gerade vor kurzem wieder angezogen hatte, von neuem aus und schwang sich In dem mit einem Vorhang abgetrennten Raum bäuchlings auf die Liege, um sich den Händen des kundigen Masseurs zu überlassen:


    >>> Nach den Zwillingen



    Und Hyazinthus?
    Er konnte kaum glauben, was er von Dominus Viridomarus zu hören bekam. Hatte er denn einmal in seinem Leben etwas gut und richtig gemacht?
    „Du würdest mich wirklich kaufen wollen, edler Dominus?“, fragte er und wurde über und über rot vor Freude:
    „Ich fühle mich gerade als wie Ganymed, als Iuppiter ihn auf das Kapitol getragen und zu seinem Kellner gemacht hat!
    Die Marktverwaltung hat ihr Officium im Untergeschoss, o werter Dominus.“


    Jetzt würden die anderen Sklaven, die ihn gerne ärgerten und reinlegten, staunen. Hyazinthus, der nichtsnutzige Hyazinthus, war heute so hilfreich gewesen, dass ein feiner Herr ihn vom Fleck weg kaufen wollte, jawohl.
    Dieser Tag wurde immer besser für ihn.

    Verkaufstüchtige Zwillinge >>>


    Nachdem Tiberios Charislaus freundlich begrüßt hatte, zog er sich vorsichtig aus, um die am Kragen eingerissene Kleidung nicht noch mehr zu beschädigen.
    Er legte sich bäuchlings auf die Liege und drehte den Kopf zur Seite. Tatsächlich hatte er Glück gehabt, keinen Kratzer abgekommen zu haben, aber jetzt, da er ruhig lag, merkte er, wie der Schreck ihm in die Glieder gefahren war, und dass er immer noch leicht zitterte.


    Außerdem bemerkte er, dass Charislaus ein gutes Gedächtnis hatte, als er ohne zu zögern wiederholte, was Tiberios gesagt hatte, um die Bestellung weiter zu geben, und der Grieche grinste anerkennend und nickte.
    „Citros bitte, wenn ich das haben darf“, wünschte er sich, als Charislaus zurückkehrte; Talinum mit Zitronengras war ohnehin seine Lieblingsfragance.

    Geschäftstüchtige Zwillinge >>>



    Als Tiberios in den Geschäftsräumen des Viridomarus auf die versprochene Massage von Charilaus wartete, fiel ihm wieder ein, weshalb er eigentlich in die Traiansmärkte gekommen war:
    „Da ich nun wieder im Besitz meines Geldbeutels bin, kann ich vielleicht käuflich erwerben, was mir dominus Viridomarus in der Casa Leonis ans Herz gelegt hat?“

    Er hatte die Ausführungen des Thrakers einigermaßen im Kopf behalten und gab sie wieder:
    „Das Duftöl aus der Mischung Wachholderbeere, Nussgraswurzel, Koniferenharz und Schminkwurz für die Bibliothek, das erfrischen und beleben sollte, und das Parfüm auf Ölbasis basierend auf Zimt, Bittermandel und Kalmus, bitte."

    Dominus Viridomarus sprach gütig und abwägend wie ein weiser Mann, aber der furische Sklave war sich nicht sicher, ob er wirklich den Ernst der Lage begriff: Die Zwillinge hatten damit gedroht, Tiberios die Kehle durchzuschneiden, das waren keine blutjungen Anfänger, die übereifrig gewesen waren, sondern - mit Blut hatten sie bestimmt zu tun - sicarii, Dolchmänner oder Raubmörder, und wenn er sich nicht losgerissen hätte, hätten sie ihn vielleicht sogar getötet.


    Bei dem Wort „Urbaner“ wurde Tiberios jedoch blass, denn ein Punkt kam dazu, den Viridomarus nicht angesprochen hatte:
    Die Urbaner würden es vielleicht so sehen, dass ein Sklave gar keine Hand gegen freie Männer erheben dürfe, nicht einmal in Notwehr.
    Indem Tiberios die Schlichtung vollumfänglich annahm, würde er den guten Namen seiner domini vor Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit bewahren.


    Daher nahm sich Tiberios zusammen; zitierte aber das Wort des Sokrates auf Griechisch:
    „ to adikeín tu adikeistai kakion - Besser Unrecht leiden als Unrecht tun.“

    verneigte sich vor dominus Viridomarus und nahm seinen Geldbeutel in Empfang:
    „Ich danke dir für die Rückgabe meines Eigentums und deine Güte, Herr", sagte er so klar und ruhig, wie es ihm möglich war:
    „Ich danke dir besonders für das sichere Geleit von Nubius und auch für die gewährte Massage.“


    Er folgte Nubius, nicht ohne noch einen kurzen, abschätzigen Blick auf die Zwillinge zu werfen. So ganz geschlagen ging der junge Grieche ja nicht.



    >>> Zum duften Viri




    Der einzige, der fröhlich dreinschaute, war Hyazinthus.


    Auch wenn „Leonis“ und der feine Ladenbesitzer wohl doch nicht Vater und Sohn waren, so etwas Aufregendes hatte er selten erlebt. Endlich einmal würde er den Mitsklaven etwas Interessantes, natürlich etwas ausgschmückt mit Heldentaten von seiner Seite, zu erzählen wissen.


    Als Dominus Viridomarus nun so freundlich fragte, wer sein Besitzer sei, nahm Hyazinthus seinen Besen in die Hand:
    „ Ich bin Eigentum der Verwaltung der Traiansmärkte, edelmütiger Dominus, Putzkolonne, drittes Obergeschoss“, antwortete er und stellte sich, Brust raus, Bauch rein so hin, wie er sich einen Helden vorstellte.

    Tiberios trank durstig das angebotene Rosenwasser aus; dann besann er sich auf seine gute Erziehung, verbeugte und bedankte sich bei dem Inhaber des "Duften Viri"; aber immer noch war er erbittert:


    „Fortuna sei dank, du erinnerst dich an mich, dominus Viridomarus!“, stieß er hervor:
    „Castor und Pollux sind mitnichten göttliche Zwillinge, vom Himmel herabgestiegen, sondern vom Tartaros selbst ausgespien. Sie boten mir ihre Parfümproben an, aber als ich nicht wollte, haben sie mich überall betastet wie hekatoncheires, mich umklammert und als ich mich dann gewaltsam befreite, rief der eine: Schneid ihm die Kehle durch! - und es war, als wäre ich unter Harpyen geraten.
    Ich musste diesen Dieben Kleidung und mein gesamtes Geld überlassen und bin halbnackt geflohen – den Göttern sei Dank hat dieser freundliche Mensch mir gerade meine Sachen gebracht. Aber deine Verkäufer haben mir erstens fünfzig Sesterzen geraubt, zweitens Chiton und Chlamys zerissen und die dazugehörige Bronzespange verbogen. Nicht aufzuwiegen ist die Todesangst, die ich ausgestanden habe.“


    Tiberios schwieg nun, während Hyazinthus fröhlich bestätigte:
    „Ja, das hat er gewiss , als wäre er zwischen Sphinx und Charybdis geraten!“
    Nicht Sphinx, Skylla, dachte Tiberios.


    Jetzt mit dominus Viridomarus und Nubius an seiner Seite fühlte er sich schon sicherer und atmete tief durch.


    Der junge Sklave war entzückt.
    Erstens bekam er wirklich ein paar Münzen, und zweitens fühlte er sich, als würde er sich endlich mitten in einer abenteuerlichen Geschichte befinden, und es hätte ihn nicht erstaunt, wäre eine der himmlischen Mächte selbst erschienen: Iuppiter etwa oder Minerva oder Mars.


    Hyazinthus heiße ich wie die Blume, o großzügigster Dominus!“, rief er aus:
    „Und natürlich bringe ich sie beide her; keinen Augenblick des freudigen Wiedersehens will ich mir entgehen lassen! O großes Geschick, o Dank den Göttern!“


    Er ließ den Besen stehen und hüpfte föhlich vor Nubius her in den dritten Stock.
    Als Tiberios den schwarzen Leibdiener des Viridomarus sah, wäre er ihm vor Erleichterung fast um den Hals gefallen.
    Der junge Sklave der Putzkolonie rief ihm entgegen: „Endlich sind die Tartarusqualen vorbei!“, und Tiberios dachte, es heißt Tantalos und passt nicht wirklich, aber er verbesserte den Ausdruck nicht, sondern griff nach Nubius‘ Hand:
    „ Ich danke dir für dein Kommen, Nubius.“, sagte er leise: „Bitte bring mich zu deinem Dominus.
    Möglichst so, dass mich Castor und Pollux aus der Unterwelt nicht bemerken“

    Er hatte immer noch Angst vor ihnen.


    Dann aber bemerkte der Grieche, dass der junge Sklave seinen, Tiberios' Chiton, bei sich hatte, und ein erleichtertes Lächeln glitt über sein Gesicht. Sein Gewand, der Mantel, die Spange, sogar seine Bronzetafel mit der Aufschrift seines Besitzers, es war alles noch da!
    Nur der Geldsack mit den fünfzig Sesterze fehlte.


    Tiberios sagte seinem Helfer, dass es sich um seine Besitztümer handelte, und als er sich wieder angezogen hatte, fühlte er sich wohler, auch wenn sein Chiton am Hals, seine Chlamys an der Seite zerrissen und die Schließe der Bronzespange verbogen war.


    Nur die beiden teuer erkauften Parfümfläschchen wollte er nicht haben; also nahm Hyazinthus sie an sich.


    Der junge Mann fühlte sich in Hochform, sprang um sie herum und versuchte auffällig unauffällig zu sein.


    So kamen sie zu der Taberna „Zum duften Viri“, Nubius, ein erschöpfter, aber wenigstens nicht mehr halbnackter Tiberios und ein aufgekratzter Sklave vom Reinigungsdienst.

    Die Sklaven hatten der Domina gespannt zugehört, nur Lyda war ja schon eingeweiht gewesen.


    Kaum war Furia Stella gegangen; die Sklaven verabschiedeten sie mit „Vale bene, Domina!“, pipste Rhea:
    „Eine Rede, Tiberios!“ und die anderen nickten zustimmend:
    „Ja, sag was!“


    Tiberios errötete etwas und dann begann er frei zu sprechen:
    Als Iason das Goldene Vlies in Kolchis holen wollte, kamen sehr viele verschiedene Helden mit ihm, und alle waren auf ihre Art nützlich.
    Es gab Ankaios, der Steuermann, Amphiáraos, der in die Zukunft sehen konnte, Argos, der die Kunst des Schiffbaus beherrschte und das wunderbare Schiff, die Argo, baute, Herakles, der berühmt für seine Stärke war, Kalais und Zetes, die Flügel besaßen, Orpheos, der mit seinem Gesang selbst die Götter der Unterwelt berührte, und Atalante, die so schnell lief wie der Wind. So unterschiedlich sie waren, sorgten sie gemeinsam dafür, dass die Argo ihr Ziel erreichte.
    Auch eine Casa ist wie ein Schiff durch das Meer der Zeit. Hohe Wellen, Ungeheuer und heimtückische Klippen bedrohen es. Wir alle hier sind wichtig, damit es dem Schiff gut geht und es in Schönheit und Harmonie dahinsegeln kann. Iason befahl der Besatzung der Argo, hier befiehlt unsere Domina Furia Stella. Ankaios stand am Steuer, hier tu ich es gerade. Doch ohne eine gute Besatzung und ihre fleißigen Hände wird das Ziel nicht erreicht.
    Ich hoffe auf eine gute Zusammenarbeit, und dass wir uns gegenseitig helfen, wo es nur geht!“


    Die meisten kannten die Sage und lächelten oder klatschten, und Rhea flüsterte etwas mit Chloe:
    „Bekommen wir auch einen Einstand?“


    Tiberios überlegte. Wein kam nicht in Frage, aber Süssigkeiten oder eine Kleinigkeit zum Essen würde gehen.
    Vielleicht Fleischspießchen, wie er sie schon in den Garküchen gesehen hatte ? (Sklaven bekamen nicht allzu oft Fleisch) Wenn er das Geld geben, und Lyda und Rhea alles zubereiten würden, könnte er seinen Mitsklaven eine kleine Freude machen.


    Der neue Maiordomus hob zum Scherz drohend den Finger: „Warte es erstmal ab, Rhea.“, sagte er, und das Küchenmädchen bekam rote Ohren.


    Als die Sklaven nach draußen gingen, hielt er noch einmal Lyda zurück, die ihm gegenüber immer freundlich und gut gewesen war:
    "Auf ein Wort, bitte", sprach er:
    "Ich weiß wie lange du schon in Domina Stellas Diensten stehst und das du weißt, wie sie alles leiden mag.
    Ich werde dich also oft um Rat fragen und wenn ich etwas mache, was nicht gut ist, sag mir bitte gleich Bescheid. Ich danke dir im Voraus schon für Deine Hilfe."
    , sagte er und neigte respektvoll den Kopf vor der alten Dienerin.


    Erst als Tiberios später seine Sachen in sein neues cubiculum räumte, kam ihm zu Bewusstsein, dass dieser süße Moment auch einen Tropfen Bitterkeit beinhaltet hatte: Unter den Sklavinnen hätte Eireann stehen können, glücklich und stolz auf ihn. Doch sie hatte vorgezogen, ihm ihre Beziehung vor die Füße zu werfen, wegzulaufen und den Furiern Schande zu machen.
    Tiberios würde solch ein Verhalten nie verstehen, und er wollte es auch nicht. Er schlug sich die Keltin aus dem Kopf.


    Eine verlorene Liebe bewältigte man seiner Ansicht nach am besten mit viel Arbeit, und schon überlegte er, die Abwesenheit von Furia Stella dazu zu nutzen, einen großen Hausputz in der Casa Furia anzuordnen, die Fugen von Schmutz zu befreien und die Säulen abzuwaschen. Auch die Mosaike sollten in neuem Glanz erstrahlen.

    Der Reinigungsdienstsklave war sehr glücklich, dass Viridomarus, der "feine Dominus aus dem mordsfeinen Geschäft" ihn beachtete.
    Er verbeugte sich, wobei er auf eine tragische Geste verzichtete, da er in einer Hand einen Besen, in der anderen die Kleidung des Tiberios trug und sagte, in dem er die Sprache wählte, die ihm für diesen Anlass gehoben genug erschien:


    „O großmütiger und gütiger Dominus, mich entsendete ein Jüngling aus dem dritten Stock. Er zittert vor Angst oder Kälte, so genau weiß ich es nicht, und folgende Botschaft hat er mir aufgetragen:
    -Gib dem tüchtigen Sklaven, der vor dir steht, erstmal zur Belohnung ein paar Asse!
    Mir aber schickst du den Nubius, um mich vor irgendwelchen Bösewichten, deren Namen ich schon wieder vergessen habe, zu bewahren und sicher in deine Taberna zu geleiten.-


    Der Jüngling ist auch ein Sklave und heißt Leonis – klingelt es da nicht bei diesem Namen, Dominus? Egal, ich will Nubius schon zeigen, wo der Verlorene seiner Rettung….wo er halt wartet.“