Die Sklaven hatten der Domina gespannt zugehört, nur Lyda war ja schon eingeweiht gewesen.
Kaum war Furia Stella gegangen; die Sklaven verabschiedeten sie mit „Vale bene, Domina!“, pipste Rhea:
„Eine Rede, Tiberios!“ und die anderen nickten zustimmend:
„Ja, sag was!“
Tiberios errötete etwas und dann begann er frei zu sprechen:
„Als Iason das Goldene Vlies in Kolchis holen wollte, kamen sehr viele verschiedene Helden mit ihm, und alle waren auf ihre Art nützlich.
Es gab Ankaios, der Steuermann, Amphiáraos, der in die Zukunft sehen konnte, Argos, der die Kunst des Schiffbaus beherrschte und das wunderbare Schiff, die Argo, baute, Herakles, der berühmt für seine Stärke war, Kalais und Zetes, die Flügel besaßen, Orpheos, der mit seinem Gesang selbst die Götter der Unterwelt berührte, und Atalante, die so schnell lief wie der Wind. So unterschiedlich sie waren, sorgten sie gemeinsam dafür, dass die Argo ihr Ziel erreichte.
Auch eine Casa ist wie ein Schiff durch das Meer der Zeit. Hohe Wellen, Ungeheuer und heimtückische Klippen bedrohen es. Wir alle hier sind wichtig, damit es dem Schiff gut geht und es in Schönheit und Harmonie dahinsegeln kann. Iason befahl der Besatzung der Argo, hier befiehlt unsere Domina Furia Stella. Ankaios stand am Steuer, hier tu ich es gerade. Doch ohne eine gute Besatzung und ihre fleißigen Hände wird das Ziel nicht erreicht.
Ich hoffe auf eine gute Zusammenarbeit, und dass wir uns gegenseitig helfen, wo es nur geht!“
Die meisten kannten die Sage und lächelten oder klatschten, und Rhea flüsterte etwas mit Chloe:
„Bekommen wir auch einen Einstand?“
Tiberios überlegte. Wein kam nicht in Frage, aber Süssigkeiten oder eine Kleinigkeit zum Essen würde gehen.
Vielleicht Fleischspießchen, wie er sie schon in den Garküchen gesehen hatte ? (Sklaven bekamen nicht allzu oft Fleisch) Wenn er das Geld geben, und Lyda und Rhea alles zubereiten würden, könnte er seinen Mitsklaven eine kleine Freude machen.
Der neue Maiordomus hob zum Scherz drohend den Finger: „Warte es erstmal ab, Rhea.“, sagte er, und das Küchenmädchen bekam rote Ohren.
Als die Sklaven nach draußen gingen, hielt er noch einmal Lyda zurück, die ihm gegenüber immer freundlich und gut gewesen war:
"Auf ein Wort, bitte", sprach er:
"Ich weiß wie lange du schon in Domina Stellas Diensten stehst und das du weißt, wie sie alles leiden mag.
Ich werde dich also oft um Rat fragen und wenn ich etwas mache, was nicht gut ist, sag mir bitte gleich Bescheid. Ich danke dir im Voraus schon für Deine Hilfe.", sagte er und neigte respektvoll den Kopf vor der alten Dienerin.
Erst als Tiberios später seine Sachen in sein neues cubiculum räumte, kam ihm zu Bewusstsein, dass dieser süße Moment auch einen Tropfen Bitterkeit beinhaltet hatte: Unter den Sklavinnen hätte Eireann stehen können, glücklich und stolz auf ihn. Doch sie hatte vorgezogen, ihm ihre Beziehung vor die Füße zu werfen, wegzulaufen und den Furiern Schande zu machen.
Tiberios würde solch ein Verhalten nie verstehen, und er wollte es auch nicht. Er schlug sich die Keltin aus dem Kopf.
Eine verlorene Liebe bewältigte man seiner Ansicht nach am besten mit viel Arbeit, und schon überlegte er, die Abwesenheit von Furia Stella dazu zu nutzen, einen großen Hausputz in der Casa Furia anzuordnen, die Fugen von Schmutz zu befreien und die Säulen abzuwaschen. Auch die Mosaike sollten in neuem Glanz erstrahlen.