Beiträge von Tiberios

    Noch im Gebet kam Tiberios der Einfall, dominus Viridomarus einen Hilferuf zu schicken.


    Wenn es der Wahrheit entsprach, dass die Zwillinge für ihn arbeiteten, müsste er ihm als Einziger helfen können. Die Kleidung des jungen Griechen, seine fünfzig Sesterzen, alles war ja weg.
    Er hatte auch weder Griffel noch Wachstafel noch Papyrus. Mit seinem eigenen Blut auf einen Fetzen seines Lendenschurzes zu schreiben empfand er jedoch als zu dramatisch.


    Tiberios brauchte also einen unauffälligen Boten, der den Besitzer des Duften Viri Bescheid geben konnte. In der Subura fand man für ein paar Asse Straßenkinder für solche Aufgaben, in diesen vornehmen Verkaufshallen jedoch schienen alle Kinder entweder von Ammen und Sklaven begleitet oder selbst minderjährige Sklaven zu sein.
    Aber da, ein kleines Zopfmädchen, vielleicht neun Jahre alt, stand an einer Säule und schwenkte ihre Puppe in die Luft.
    „Salve, kleine domina, sprach Tiberios sie an.
    Das kleine Mädchen musterte ihn und kräuselte die Nase.
    „Meine Mutter hat mir verboten, mit Fremden zu sprechen.“, stieß es hervor, und Tiberios erwiderte:
    „Da hat dir deine Mutter einen weisen Rat gegeben.“


    Da war sie dann auch schon, die Mutter. Sie hatte gerade mit einer Freundin geplaudert, die sie zufällig hier auf der Terasse getroffen hatte, nun kam sie heran und fragte äußerst aufgebracht:
    „Was willst du von meiner Tochter, Sklave?“
    Dann ließ sie eine Schimpftirade darüber los, dass ein freies römisches Kind noch nicht einmal im Herzen Romas vor unerfreulichen Menschen sicher sei und zeterte so laut, dass Tiberios sich vielmals entschuldigte und mit erhobenen Händen langsam rückwärts ging.


    Dabei stieß er einen Jungen an, der ähnlich wie er selbst nur mit einem subligaculum bekleidet war; er trug allerdings über der Schulter lässig einen Lappen und hielt einen Besen in der Hand. Seine Ausstattung ließ Tiberios darauf schließen, dass er der markteigenen Putzkolonne angehörte, die hier in den Traiansmärkten für Sauberkeit sorgte. Sklaven, die schmutzige Arbeit verrichteten, waren meistens leichtbekleidet; es war einfacher, seinen Leib als eine Tunika zu waschen.


    „Kommst du gleich mit runter?“, fragte der junge Mann: „Hier oben sind wir fertig.“



    Tiberios rang die Hände: „Mein Freund!“, begann er: „Könntest du für mich eine Botschaft an dominus Viridomarus überbringen? Er wird dich gewiss belohnen.“


    Der Junge starrte ihn an: „ Der dufte Viri im zweiten? Das ist ein mordsfeines Geschäft, da können wir nicht einfach rein.“


    Mords- fein, das trifft es, dachte Tiberios, und bat:
    Ich brauche dringend jemanden, der eine Botschaft überbringt, denn ich bin wie die Argonauten zwischen den Symplegaden in Not. Bitte, sag dominus Viridomarus, der Ianitor der Casa Leonis...“ Tiberios wusste, dass sich Freie bei Sklaven eher an deren Funktion als ihren Namen erinnerten:
    „..befindet sich im dritten Obergeschoss, und er soll Nubius schicken, ihn zu abzuholen. Ganz gewiss gibt dir der Dominus ein paar Münzen.


    Der junge Mann sah Tiberios zweifelnd an: „Ich bin eher sicher, er zieht mir ein paar über. Warum gehst du nicht selber runter?“
    Tiberios seufzte: „Man hat mich beraubt und wollte mich in den Hades senden.“, sagte er vorsichtig.
    Der junge Mann riss die Augen auf: „Spannend!“, rief er aus:
    „ Die Simplengarden sollen dich nicht kriegen! Warte hier, ich machs.“


    „Oh danke!“, rief Tiberios aus: „Dich schickt Fortuna!“
    „Nee, die Marktverwaltung.“, antwortete der junge Sklave:
    „ Aber was du erzählst, klingt großartig! Mir passiert sowas nie! Wurdest du als Kind ausgesetzt oder geraubt und bist in Sklaverei geraten? Ist der edle Dominus Viridoramus etwa dein Vater, und unter Tränen werdet ihr euch in die Arme fallen?“


    Was war das? Ein Putzsklave, dessen Geist ganz von Gespenstergeschichten, halbverstandener Mythologie und Liebeschnulzen, die auf der Straße und im servitricuum erzählt wurden, erfüllt war?


    Tiberios war es gleich, erleichtert sagte er:
    „Ja, ja, alles das, doch geh bitte rasch!“ und der junge Mann verschwand tatsächlich.


    Der freundliche Sklave der Traiansmärkte nahm die Treppe nach unten in den zweiten Stock und begab sich in Tiberios‘ Auftrag zu Viridomarus.


    Den zusammengefalteten Chiton, die Chlamys und die Sachen hob er als ordentliche Reinigungskraft vom Boden auf, die Sachen waren noch fast neu, nur etwas zerrissen,und er würde sie später bei der Verwaltung abgeben.


    Er war zu gut erzogen, um irgendjemanden anzusprechen, und wartete und wartete, um Leonis, denn so dachte er, hieß der gejagte verlorene Sohn, beizustehen. Schon sah er sich, Leonis seiner wahren Bestimmung zuzuführen! Vielleicht würden Vater und Sohn ihn dann kaufen und aus Dankbarkeit freilassen. Der junge Sklave gab sich angenehmen Tagträumen hin. Dabei sah er unentwegt Dominus Viridomarus mit tränenfeuchten Augen ob der Tragik und der baldigen glücklichen Wende in dessen Leben an.

    Hortus >>>


    Tiberios hatte später noch Zeit, sein Bettzeug und seine Sachen umzuräumen.
    Fast andächtig betrat er sein neues Reich. Darin standen ein Schreibtisch, dahinter ein Stuhl, vor dem Schreibtisch zwei Stühle. Es gab einige Regale für Schriftrollen und eine abschließbare Truhe für Wertsachen. Ein klappbarer Tisch, der zusammengeklappt an der Wand lehnte und zwei Klapphocker vervollständigten das Mobiliar. Durch das Fenster, das zum Atrium führte, fiel Tageslicht.
    Hinter dem Raum gab es noch eine kleine Kammer, da schaute Tiberios aber nur einen Augenblick hinein, es war das typisch römische cubiculum mit einem hohen Bett und einer weiteren Truhe für seine persönlichen Besitztümer.
    Da niemand außer ihm hier war, glitt ein strahlendes Lächeln über sein Gesicht, und er fuhr mit den Händen fast andächtig über die Möbel. Noch nie hatte er so ein officium für sich alleine gehabt. Wie gut seine domina zu ihm war.
    Tiberios riss sich von dem erfreulichen Anblick los, da er ja schon einen ersten Auftrag, die Sklaven zu versammeln, bekommen hatte.
    So ging er erstmal durch das Haus und bat sie in das Officium des Maiordomus, wobei er Glück hatte, dass keiner auf einem Botengang oder Einkaufen war.


    Tiberios blieb hinter dem Schreibtisch stehen, während ihn seine Mitsklaven erwartungsvoll anschauten. Gemeinsam warteten sie auf Domina Furia Stella, die Herrin des Hauses.

    „Keine Fragen, Domina Stella“, sagte Tiberios erleichtert.
    Dass seine umsichtige Domina die Angelegenheit schon geregelt hatte, hätte er sich denken können. Sie würde ihn nicht ins kalte Wasser werfen.
    Er trank seinen Orangensaft aus – die Bestellung neuer Orangen, wenn die Küche meldete, dass sie zur Neigung gingen, würde zu seinen zu künftigen Aufgaben gehören – und stand von seinem Hocker auf; den Becher nahm er mit:
    „Ich danke dir für deinen Vorschlag. Dann versammle ich jetzt gleich deine Sklaven.“
    Mit einer Verbeugung begab er sich zu seinem neuen Officium, das er fand, weil die Bezeichnung "Officium des Maiordomus" daran geschrieben war.


    >>> Officium des Maiordomus

    Tiberios wurde ganz kribbelig, am liebsten hätte er die neuen Räumlichkeiten gleich besichtigt. Er hatte noch nie im Leben ein eigenes kleines Reich gehabt; auch die kleine cella im Handelshaus, in der er, wenn er in Portus nach dem Rechten schaute, geschlafen hatte, war nur mit einem Vorhang von den Verkaufsräumen abgetrennt.


    Aber zuerst musste er ein Problem ansprechen.


    „Ich bin noch jung und noch nicht lange Zeit hier, Domina Stella“, sagte Tiberios ernst:
    „Wenn ich die Hausverwaltung übernehme, könnte es sein, dass sich Mitsklaven zurückgesetzt fühlen. Ich weiß, dass alle deinem Befehl gehorchen, doch eine andere Sache ist es, ob sie auch gerne auf mich hören. Da ist zuerst einmal Lyda, die schon so lange bei dir ist, und die ich keinesfalls kränken möchte. Aber auch Nestor und vielleicht sogar Aischylos, der ….“


    Tiberios schaute sich um, denn er hatte zwar nichts von dem Pavillon gewusst, aber doch gesehen, dass der Ianitor die letzte Zeit im Hortus zu tun hatte:
    „ ..wirklich einen grünen Daumen hat, dieses Fleckchen Erde ist wunderschön geworden.“, sagte er.


    „Ich bitte dich daher sehr, Domina Furia Stella , dass du die Familia versammelst und meine Ernennung persönlich bekannt gibst.“, schloss er.


    Tiberios hatte sich bei den Furiern nie beklagt, aber im Handelshaus Furii hatte er sich alleine durchbeissen müssen, was nicht einfach gewesen war. Auch ein Sklave akzeptierte nicht unbedingt einen Jungspund, der daher kam und sagte, er sei der neue Vilicus oder der neue Maiordomus. Mitsklaven konnten einem das Leben durchaus schwer machen. *


    Etwas verlegen warf Tiberios seiner domina einen kurzen Blick zu. Würde sie nun schlechter von ihm denken?
    Am Ende, dass er der Sache nicht gewachsen war und es bereuen? Er senkte den Kopf.




    Als Tiberios hörte, dass es ihm ans Leben gehen sollte, ließ er die Chlamys Chlamys sein, die Sesterze Sesterze und seinen Chiton Chiton.


    Sobald der harte Griff des Diebes, den er gebissen hatte, ein wenig nachließ, zerrte der Alexandriner mit einer Handbewegung den Geldbeutel vom Gürtel und warf ihn den Zwillingen auf die Füße, schlüpfte aus seinem Obergewand, riss sich gewaltsam los und rannte nur mit seiner perizoma, dem griechischen Lendenschurz bekleidet, in blinder Panik fort; stieß gegen unwirsche Kunde, die teilweise sogar versuchten seinen Lauf zu stoppen "Unverschämter Kerl, wirst du wohl....", dann tauchte eine Treppe vor ihm auf, die sowie nach unten in das erste als auch nach oben in das dritte Obergeschoss führte, und Tiberios wählte die Richtung, in der ihm weniger Menschen entgegen kamen und rannte hoch.


    Das dritte Geschoss war eine Terasse, von der man auf das zweite herabblicken konnte,und als Tiberios hinuntersah, merkte er, dass er sich viel höher befand als die umliegenden Gebäude. Sonst wäre er in seiner Angst auf das Nachbardach gesprungen; in Alexandria war er einmal über die Dächer ein jüdisches Mädchen mit strengem Vater besuchen gegangen, aber hier war das unmöglich, ohne sich den Hals zu brechen.


    Tiberios zitterte nun am ganzen Körper. Er war sich sicher, dass die beiden entsetzlichen hekatoncheires
    immer noch hinter ihm her waren. Und was sollte er tun, wenn er auf dem Rückweg wieder an ihnen vorbei musste?


    Noch waren die Märkte belebt, aber bei Einbruch der Dunkelheit würden sie geschlossen werden. Custodes mit Knüppeln würden zusehen, dass auch wirklich jeder das riesige Gebäude verließ, doch selbst wenn es Tiberios gelingen sollte, sich in ihrem Schutz zu bewegen, was war draußen auf dem Forum und was auf dem Weg?
    Die vielen Menschen waren keinerlei Hilfe; die kümmerten sich um ihren eigenen Kram, und wer keine Leibwächter oder Freunde dabei hatte, dem konnte es schlecht ergehen.


    Ein zweites Mal würde er diesen mörderischem Dioskuren wohl nicht entkommen, wenn sie es drauf anlegten, obwohl sie ja schon alles von ihm hatten, was er besaß: Geld und Kleidung.


    Tyche!“, flüsterte er; im Gegensatz zur römischen glücksbringenden Fortuna verkörperte die griechische Göttin Tyche das unberechenbare Schicksal:
    „Ich habe dir geopfert, nun steh mir bitte noch einmal bei!"


    Er blieb schweratmend stehen, lehnte seine Stirn an eine kühle Marmorwand und betete lautlos.

    Die Zwillinge waren trotz ihres jünglinghaften Erscheinungsbildes stark wie Männer und zudem zu zweit.
    Der Alexandriner ärgerte sich sehr. Vor der Subura hatte ihn jedermann gewarnt, doch hier in den feinen Traiansmärkten und vor dem luxuriösen Geschäft des Viridomarus wurde er von offensichtlich Kriminellen bedrängt.
    Gerade, weil es so voll war, würde seine Stimme im Stimmengewirr untergehen, selbst wenn er um Hilfe rief.
    Tiberios hoffte, weglaufen und wieder in der Menge untertauchen zu können.
    Allerdings hätte er dann seine chlamys zurücklassen müssen, sie hatte genau den Wert der Summe, die er in bar bei sich trug: 50 Sesterze, und die Bronzespange kostete noch mehr, der Verlust von beidem tat ihm jetzt schon Leid..
    Da er sich nach vorne nicht bewegen konnte – der eine Zwilling hielt ihn mit beiden Armen umklammert, warf er den Kopf nach hinten, um mit seinem Hinterkopf das Kinn des zweiten jungen Mannes, dessen Hände ihn in eindeutiger oder auch zweideutiger Absicht abtasteten, zu treffen:
    „Ihr seid keine Dioskuren vom Himmel, ihr seid hekatoncheires* aus der Unterwelt...“ , stieß Tiberios nun wütend hervor:
    „Nehmt eure Finger weg!“
    Er wand den Kopf und versuchte den Zwilling, der ihn vorne umarmte, in die bloße Achsel zu beißen, obwohl er den Gedanken, seine Zähne in fremdes Fleisch zu schlagen, äußerst widerwärtig fand.




    Sim-Off:

    *hunderthändige Riesen

    „Salve, Domina Furia Stella!“, antwortete Tiberios, schenkte sich etwas Orangensaft ein, setzte sich auf einen Hocker und nippte aus seinem Becher. Er freute sich, den Saft probieren zu dürfen,und er schmeckte wirklich köstlich, etwas nach Zitronen, aber süßer und doch wieder anders:
    „Vielen Dank, bei uns zuhause sagt man, die Orangen sind die goldenen Äpfel der Hesperiden.“, meinte er:
    „Mir geht es gut ,und ich bin sehr glücklich hier in der Casa Furia, danke der Nachfrage.“


    Das meinte er ehrlich und sagte es nicht nur, weil man es von einem Sklaven erwarten konnte. Daher war er auch an seinem Geburtstag in den Tempel der Fortuna gegangen, um der Göttin ein Opfer zum Dank für all die Wohltaten zu bringen, die ihm seine neue Heimat erwiesen hatte.


    Dass ich es nicht vergesse, erneut soll ich dir Grüße von Domina Duccia Clara ausrichten.“, fügte Tiberios an.
    Er war ja kürzlich in der Casa Sergia gewesen.


    Als sich Furia Stella selbst Orangensaft nachschenkte, streckte Tiberios die Hand aus:
    „Domina, das sollte ich doch tun“, sagte er, doch da sprach seine Herrin schon weiter.


    Was er nun hörte, war eine zu große Ehre, mit der er keinesfalls gerechnet hatte. Er errötete bis unter die Haarwurzeln, rutschte auf seinem Hocker herum und sagte leise:
    „Ich...der Hausverwalter der Casa Furia und später Maiordomus? Ob ich einverstanden bin? Das ist eine so große Ehre..."
    Eine Sache war, Bibliothekar zu sein, eine andere dem Haushalt einer angesehenen römischen Familie vorzustehen,
    Tiberios machte sich da nichts vor. Er würde sich tüchtig ins Zeug legen müssen:


    „Optima Domina - beste Herrin, ich danke dir so sehr!“,
    er erhob sich von seinem Sitz und fiel auf ein Knie, dann dachte er daran, dass in Roma diese orientalischen Gesten unüblich waren und er setzte sich rasch wieder:
    „Darf ich offen sprechen?“
    In Zukunft würde er das sogar müssen, denn erwartete man von einem Maiordomus nicht, dass er Sachen ansprach?

    Tiberios kam aus einem kulturellen Umfeld, in dem sich viel öfters als in Roma auch Männer untereinander berührten, und die Zwillinge rochen angenehm und sauber, aber solch körperliche Nähe wie gerade war eindeutig freundschaftlichen Beziehungen vorbehalten, weshalb es dem jungen Griechen nun über wurde.


    Noch legte er jedoch keine Schärfe in seine Stimme, als er sagte:
    „Nein, der Sommerabend ist mir auch zu schwer und zu süß, aber vielen Dank für eure Mühe, domini Castor und Pollux.
    Ich glaube, ich setze meinen Weg jetzt alleine fort – wenn ihr mich bitte loslasst. Vale bene“

    „Mein Name ist Tiberios, Sklave des Gnaeus Furius Philus, doch da er auf Reisen ist, unterstehe ich domina Furia Stella, dominus eques Decimus Serapio“, erwiderte Tiberios erfreut darüber, dass ein solch vornehmer Römer seinen Vortrag würdigte.
    Außerdem verhieß als Rezitator verliehen zu werden, Applaus und Trinkgelder, was für den Alexandriner beides unwiderstehlich war.
    „Bestimmt wird es meine Domina erlauben.“, fügte er an.


    Dass der elegante junge Begleiter des Eques nicht ganz angetan war, entging Tiberios nicht, und er verbeugte sich auch kurz in seine Richtung:
    „Die Medea des Seneca mit dir gemeinsam zu rezitieren und dass du mir die Rollen zuweist, die dir angemessen erscheinen, wäre mir eine große Ehre“, sagte er höfllich lächelnd, denn der Mann war ein libertus und offensichtlich ein Vertrauter seines Patrons.
    Gleichzeitig gab Tiberios ihm jedoch zu verstehen, dass er sich problemlos jede Rolle von Medea bis zum Chorus zutraute.


    Dann trat er einen Stück zurück und wartete, ob dominus Decimus Serapio noch einen Wunsch hatte.

    Der eine Zwilling, der Tiberios ansprach, wählte eine durchaus poetische Sprache, wenn er auch leider keiner der Unsterblichen war; sonst hätte er gewusst, dass der Alexandriner nicht aus Sparta stammte.


    Dennoch lächelte Tiberios freundlich über die Anrede und sagte:"Holder Knabe aus Alexandria, bitte, wenn es genehm ist“.
    Er war stolz auf seine Herkunft aus Alexandreia ad Aegyptum und wollte auch gar nicht woanders her sein; Sparta sollte im Reich der vergangenen Mythen bleiben, wo es seiner Ansicht nach hingehörte.


    Nun legte der zweite Zwilling – sie hießen Castor und Pollux, doch wer war welcher? - seinen Arm um Tiberios` Schultern.
    Das Parfüm, welches er anbot, roch nach Tiberios' Eindruck wirklich wie ein ganzer Blumenstrauß pudrig und süsslich.
    Der furische Sklave schüttelte sich leicht, er bevorzugte Düfte wie Talinum mit Zitronengrasnote; und außerdem wollte er gar nicht jünger, sondern lieber etwas reifer wirken.


    „Vielen Dank für das freundliche Angebot, mein Herr, aber ich glaube, der Blumenstrauß der Düfte ist nicht wirklich das, was ich leiden mag.“, sprach er etwas irritiert über den Arm um seine Schultern, aber immer noch sehr liebenswürdig.

    Lyda hatte Tiberios in der Bibliothek aufgesucht und ihm gesagt, dass die Domina ihn im hortus zu sprechen wünschte.
    Der furische Sklave kontrollierte noch einmal seinen Arbeitsplatz, da schien alles in Ordnung; er hoffte, dass seine Herrin mit nichts unzufrieden war, bevor er den Befehl befolgte.


    Im dem säulengeschmückten Innengarten des Hauses, wuchsen verschiedene Rosensorten, die sich an Gittern hochrankten, und da der Sommer gekommen war, verströmten sie einen betörenden Duft. Seitdem der Springbrunnen wieder funktionierte, sprudelte fröhlich eine Fontäne, in deren Sprühnebel sich das Sonnenlicht in allen Regenbogenfarben brach.
    Der Hortus der Casa Furia war ein Ort der Entspannung und in den heißen römischen Sommern bot er Schatten und Frische.


    Tiberios war länger nicht mehr dort gewesen und erfreute sich an seiner neuerblühten Schönheit. Am Ende des Gartens stand versteckt ein kleiner hölzerner Pavillon, der dem jungen Sklaven vorher nicht wirklich aufgefallen war; so sehr hatte ihn Unkraut überwuchert.
    Doch nun glänzte auch er in alter, neuer Pracht; lilablütige Clematis rankte sich an Pfosten empor, in Hängeampeln, die vom Dach hingen, wuchsen Efeu und Vinca minor, und aus den Blumentöpfen, die auf Säulen standen, reichten Farne bis fast auf die Erde. Eine leichte Brise bewegte die Blumenampeln, und das Plätschern des Wassers drang gedämpft herüber.
    Ein runder Tisch, einige Hocker und ein bequemer Stuhl mit Sitzfläche und Lehne aus geflochtenem Leder rundeten das Bild ab.


    Auf dem Tisch standen ein Becher frischgepresster Orangensaft – der Grieche nahm das feine, mit nichts zu vergleichende Aroma wahr und wusste, dass die teuren Früchte aus dem fernen Seidenland Serica kamen - und ein silbernes Glöckchen mit der Öffnung nach unten. Die Lyra der Herrin lag daneben.
    Domina Furia Stella verbrachte hier offenbar ihre Mußestunden.


    Tiberios trat heran, verneigte sich und wartete, dass domina Furia Stella das Wort an ihn richten möge.

    Trajansmärkte, zweites Geschoss>>>



    Tiberios erblickte die beiden jungen Verkäufer, die sich wie ein Ei dem anderen glichen, ungefähr in seinem Alter waren und adrett aussahen – ihre luftige Kleidung hielt er der Wärme in den Traiansmärkten geschuldet – und da sie ihn freundlich anlächelten, erwiderte er ihr Lächeln, denn Zwillinge galten in Roma als außerordentlich glücksverheißend.

    Als einer von ihnen „He, Grieche!“, rief, musste der furische Sklave fast auflachen; so direkt hatte ihn selten jemand angesprochen.


    „Salve, Romani“, erwiderte er mit einer angedeuteten Verbeugung:
    „Dies hier ist doch das Geschäft von dominus Viridomarus, nicht wahr?“

    Tiberios fiel ein Stein vom Herzen, dass Centurio Marcus Octavius Maro seinen Angaben zu glauben schien.
    Er hatte ja wirklich nichts Böses getan, aber man wußte nie, und der Obrigkeit ging er am liebsten aus dem Weg.


    Daher gab der furische Sklave nun erleichtert über Satis neue Adresse Auskunft:


    "Dominus Satizabarnes arbeitet in der neuen Taberna Zum lallenden Löwen in der Via Nomentana vor der Porta Collina auf dem Viminal, dominus Centurio Maro", sagte er.



    Sim-Off:

    Und da er brav Auskunft gegeben hat, darf er nach Hause? Das tut er dann auch.
    >>> Casa Furia

    Die Trajansmärkte >>>



    Tiberios schob sich unter all den Menschen die Treppen hinauf und landete vom ersten im zweiten Stock, der durch rundbogenförmige Fenster Tageslicht erhielt. Auch hier gab es viel zu sehen, und der furische Sklave kam nur langsam vorwärts, weil er sich Zeit nahm.

    Langsam wurde es Tiberios in seiner feiner grauen Wolle gewebten Chlamys warm; er hätte sie gerne abgelegt, fand jedoch, sie machte durch die Bronzespange etwas her und ließ ihn eher wie einen griechischen Peregrinus als wie einen Sklaven erscheinen, so passte er besser in diese Umgebung.


    Ein Laden mit feinstem Papyrus rief Tiberios' Aufmerksamkeit wach; er verweilte einen Moment lang, die Ware in Augenschein zu nehmen und musste aufpassen, nicht vorwärts gestoßen zu werden.


    „Salve, suchst du Papyrus, Pergament und Tabulae, oder auch Holzplättchen für Codices, junger Mann?“, sprach ihn einer der Verkäufer an.


    Tiberios lächelte freundlich:
    „Nein, danke, ein andermal gerne“, sagte er, machte eine halbe Drehung, reckte den Kopf und erblickte von seinem Standort aus schräg gegenüber auf der anderen Seite des Stockwerkes das Geschäft „Zum duften Viri“.


    „Zum duften Viri“ war bestimmt eine der größten Taberna der Traiansmärkte, die Räumlichkeiten schienen sich noch weit nach hinten zu erstrecken.


    Der junge Alexandriner freute sich, sein Ziel entdeckt zu haben. Er musste sich nur um die Einkaufslustigen herumschlängeln, um das Geschäft zu erreichen, was ihm nicht schwer fiel, denn er war flink und wendig.

    Tiberios begriff, in welche Richtung die letzte Frage zielte. Er begann sich unbehaglich zu fühlen und verschränkte die Finger beider Hände ineinander.


    Ihm kam der Gedanke, dass sein Alleingang, Kyriakos zu einer neuen Aussage zu bewegen, keine gute Idee gewesen war.


    Durch seine Provokation gehörte er nun selbst zu den Personen mit einem möglichen Motiv für die Brandstiftung im Ganymed.


    Tiberios verwünschte seine Selbstüberschätzung, mit der er vorgegangen war.


    „Dominus Centurio, an dem Abend vor der Nacht, in der Eireann floh, ernannte mich domina Furia Stella zu ihrem Bibliothekar. Die nächsten Tage – auch am Tag des Brandes - war ich mit der Einarbeitung in mein neues Arbeitsgebiet beschäftigt. Ich habe weder die Bibliothek noch die Casa Furia verlassen. Der Ianitor hätte mich auch sonst gesehen.“, antwortete er schließlich.


    Der nächste höchst beunruhigende Gedanke des jungen Griechen war, dass sich auch Eireann auf ihrer Flucht irgendwie an Ianitor Aischylos hatte vorbeischleichen können. Warum also nicht auch er?


    Aus dem Unbehagen, das Tiberios fühlte, wurde Angst.

    Die erteilte Erlaubnis des Centurios Maro zur freien Rede war Wasser auf die Mühle des jungen Alexandriners:


    „ Kyriakos spricht wie ein Grieche aus der Oberschicht, wenn auch mit einem grauenvollen dorischen Akzent. Da Spartiaten alle Soldaten sind, schätze ich, er war auch so ein Hoplit. Er hat massive Probleme beim Gehen, aber selbst in Sparta wirft man versehrte Soldaten nicht über die Klippen.
    Warum lebt er jetzt unter so miserablen Umständen in Roma?
    Ich bin sicher, er hat weit üblere Feinde als eine achtzehnjährige Sklavin, so arrogant wie er ist.“

    Dieser kleine Seitenhieb musste sein:


    „Die ganze Bordellgeschichte mit Eireann ist auffallend naiv.
    Würde Kyriakos römische Gepflogenheiten wirklich kennen, hätte er die fugitive Sklavin bei dominus Optio Cerretanus abgeliefert und eine Belohnung als Sklavenfänger kassiert.
    Stattdessen legt er sich mit der gens Furia an und versuchte den dominus Cerretanus zu erpressen.“

    Dieser Punkt erboste Tiberios, und er schüttelte missbilligend den Kopf:


    „ Wenn der Mann dominus Optio Cerretanus erpressen wollte, macht er das gewohnheitsmäßig?
    Geriet er kürzlich an den oder die Falschen? An jemanden mit Macht von außerhalb oder in der Subura selbst?


    Gab es in der Geschichte des Viertels schon ähnlich gelagerte Brände?


    Wurden denn alle seine … Angestellten vernommen oder bisher nur er?


    Ist einem von ihnen vor dem Brand etwas aufgefallen, Männer mit Fackeln etwa? Gab es Zeichen oder Symbole an den Wänden, die auf Fanatiker wie die Christen hinweisen, die solche Lupanare für abscheulich halten? Oder andere Zeichen?


    Ich kenne den Aufenthaltsort eines der ehemaligen Prostituierten, der nun ein ehrbares Leben begonnen hat.
    Sein Name ist dominus Satizarbanes, ein Peregrinus.
    Er ist allerdings immer noch sehr verängstigt, doch bin ich mir sicher, er könnte einiges über die Momente, bevor es dann gebrannt hat, sagen, denn von Kyriakos bekommt man vermutlich nicht einmal unter Folter brauchbare Informationen."


    Der letzte Satz kam ziemlich kühl, dann schwieg Tiberios.
    Er hatte ziemliche Kopfschmerzen und wagte es nicht einmal, nach seiner geschwollenen Wange zu tasten.

    Der Architekt Apollodoros schuf die berühmten Trajansmärkte. Die bekannten Märkte sind im Einschnitt des Berges gebaut worden. Hier wurde der Hang wurde in mehreren Stufen abgetragen, ferner wurde hier ein komplexes System von Anlagen errichtet. Die Form des beeindruckenden Bauwerks erinnert an eine Staumauer.


    Im Untergeschoss sind elf Läden zu finden, rechts und links gibt es einen Eingang hierzu. Darüber, im zweiten Geschoss, verläuft ein überwölbter Gang, an welchem zehn weitere Läden zu finden sind. Rundbogenfenster durchbrechen hier die Fassade und sorgen für ausreichend Licht.


    Nördlich verlängert sich die halbrunde Fassade zu einer geraden Linie. Hier findet man weitere Läden.


    Eine Terrasse bildet das dritte Stockwerk, über dem Gang des darunter liegenden Stockwerks.
    Hier führt die Via Biberatica entlang. Auch hier sind weitere Läden zu finden, so dass das gesamte Forum über 150 Läden für schau- und kauflustige Kundschaft bietet.


    Von der Via Biberatica führt eine Treppe zu einer zweigeschossigen Halle, die das Zentrum der Anlage bildet und den Eingang der Trajansmärkte bildet. Im Erdgeschoß findet man an den Längsseiten jeweils sechs Läden.


    Von der Südseite des Saales erreicht man die Verwaltungsräume des Verkaufskomplexes, sowie mehrere zweistöckige Lagerräume.


    Die 150 Läden mit denen die Trajansmärkte aufwarten können bieten Nahrungsmittel, Gebrauchsgegenstände, Kleidung und selbstverständlich erlesene Luxusartikel. Händler und Kunden aus aller Welt findet man hier.*


    Ansicht von Innen


    Ansicht von außen


    >> Casa Sergia


    Tiberios kam aus der Casa Sergia und hatte an die freundliche domina Clara für 50 Sesterzen zwei Bücher verkauft.


    Das Geld klimperte in seinem Beutel, und der junge Grieche war bester Dinge. Selten hatte er so viel Geld für sich alleine gehabt.
    Er ließ sich ein wenig über den Mercatus Urbis treiben, schaute mal hier mal dort, um das Gefühl zu genießen, etwas kaufen zu können, wenn er es nur wollte.
    Die Schriftrollenhändler lockten ihn ebenso an wie die Schneider, als er die Traiansmärkte betrat. Ein neues Buch? Oder eine neue Chlamys, sein alter dunkler Mantel war mittlerweile etwas abgeschossen.
    Die Farben der Stoffe leuchteten um die Wette: Safrangelb, Resedablau, sogar ein Rot, das fast, aber nicht ganz Purpur glich.


    Tiberios, der sich zwar ordentlich, aber in den schlichten Farben der unteren Stände: Wollweiß und Grau oder Braun für seinen Mantel kleidete, sah das alles mit Bewunderung.


    Dann fiel ihm endlich ein, was er sich nun leisten könnte: In der Casa Leonis hatte ihm der Händler edler Düfte, Viridomarus, die perfekte Kombination aus Raumduft und persönlichem Parfüm für seine Herrin empfohlen und ihm einen Sonderpreis versprochen:
    Das Duftöl aus der Mischung Wachholderbeere, Nussgraswurzel, Koniferenharz und Schminkwurz für die Bibliothek, das erfrischen und beleben sollte, und das Parfüm auf Ölbasis basierend auf Zimt, Bittermandel und Kalmus, um die Behandlung durch Wärme zu unterstützen, wollte Tiberios jetzt besorgen.


    Den Raumduft konnte er aus dem Budget für die Casa Furia bezahlen, das Parfüm jedoch würde er aus seinem peculium nehmen. Falls domina Furia Stella es nicht leiden mochte, konnte er es für sich behalten – ein zimtiger Duft war eine Abwechslung zu Zitronengras, was er ansonsten bevorzugte.


    Tiberios sah sich neugierig um, legte nun aber eine Hand an seinen Geldsack, um ihn zu schützen.
    Die Traiansmärkte wimmelten vor Menschen jeglicher Herkunft und jeglichen Standes, jedoch leider auch von Taschendieben und Betrügern, weshalb hier auch die Urbaner Streife gingen; dennoch war es angebracht, auf sein Eigentum selbst Obacht zu geben.


    Auch vor dem Laden mit den exotischen Tieren blieb Tiberios stehen. Eine elegant dahingestreckte, gefleckte Katze aus der Provinz Aegyptus säugte vier Jungen und gab dabei ein wunderbar beruhigendes Geräusch von sich. Tiere kamen jedoch für den furischen Sklaven keinesfalls in Frage.


    Tiberios erreichte die Treppe, die in das zweite Geschoss des immensen Gebäudes führte.


    >> Zum duften Viri



    Sim-Off:

    Wer sonst noch durch das antike Einkaufszentrum bummeln möchte, kann in diesem Thread gerne mit schreiben.

    Tiberios schloss einen Moment die Augen, um eine Verneinung anzudeuten.


    „Ich war beim Brand nicht dabei, dominus Centurio.“, entgegnete er:
    „Aber ich kenne Eireann seit dem Tag, an dem ich hier auf dem Sklavenmarkt verkauft wurde. Sie neigt zu unüberlegtem Verhalten, doch Gewalttätigkeit passt ganz und gar nicht zu ihr.
    Ebenso wenig die Geschichte, dass sie ein Lupanar als Kundin aufgesucht hätte.


    Warum aber wird sie von Kyriakos der Brandstiftung beschuldigt ? Vielleicht deckt er den wahren Täter, der entweder sehr mächtig oder hochstehend ist.


    Kyriakos hat auch sein Geheimnis, er war mal etwas Besseres, das verriet mir seine Sprache.“


    Tiberios hatte die ganze Zeit Marcus Octavius Maro nicht direkt angesehen, jetzt warf er ihm einen kurzen Blick unter gesenkten Lidern zu.


    „Ich würde es nie wagen, den dominus Centurio mit Spekulationen zu langweilen.“, unterbrach er sich.

    Tiberios lächelte und sah nochmal Tusca nach, leicht hob er die Hand zum Abschiedsgruß, doch wusste er nicht, ob die britannische Kriegerin das bemerkte.


    "Grüße an domina Furia Stella richte ich gerne aus, domina Duccia Clara" , sprach er.


    Dann fiel ihm etwas ein, was er bei Aristoteles gelesen hatte, und das wollte er noch zu gerne fragen, obwohl ihn Duccia Clara bereits entlassen hatte. Doch wann sonst hatte er die Chance, mit einer echten Pferdezüchterin zu sprechen?


    "Domina, da du selbst im fernen Britannien die Zucht von edlen Schlachtrössern betreibst, würde ich dir so gerne eine Frage stellen:
    Aristoteles schrieb, dass wenn eine edle Stute einmal von einem minderwertigen Hengst gedeckt wurde, alle ihre weiteren Fohlen auch minderwertig werden würden? * Ist das denn die Wahrheit?"


    Mit dem Geld wußte Tiberios aber auch schon, wo er hinwollte, in die Traiansmärkte auf dem Mercatus Urbis.


    "Danke für alles und Vale Bene", sagte er.



    >> Mercatus Urbis



    )* Aristoteles, Telegonie

    Als domina Duccia Clara seufzte und etwas wie ein Schatten über ihre schönen Züge glitt, warf Tiberios ihr einen kurzen forschenden Blick zu, bevor er wieder zur Seite sah.


    Die Römerin schien sich an einen geheimen Kummer zu erinnern. Der furische Sklave konnte jedoch nicht nachfragen, so gerne er die ganze Geschichte gehört hätte. Ob dieser Kummer mit der kriegerischen Tusca zu tun hatte?


    Aber eine unverfängliche Frage konnte er stellen:
    „Du sagtest, du nimmst fast jedes Jahr diese weite und gefährliche Reise nach Britannia auf dich, domina Duccia Clara. Ist es dort denn sehr schön?“


    Dass Tusca nicht zurück nach Britannien sollte, fand er normal. Kriegsgefangene Sklaven sahen ihre Heimat für gewöhnlich nicht wieder, wenn sie erst einmal in Roma waren.


    „Ich habe die Auszüge aus den Epen sehr gerne aufgesagt, und ich bedanke mich für die Bezahlung der Bücher. Ich wünsche dir eine angenehme Lektüre,“, meinte er dann und verbeugte sich.


    Fünfzig Sesterzen eigenes Geld für heute! Tiberios fühlte sich einen Moment wie ein reicher junger Mann. Auch wenn im Handelshaus Furii in Portus weit größere Summen durch seine Hände gegangen waren – nichts davon gehörte ihm, alles gehörte seinem Herren. Dieses Geld jedoch gehörte ihm.


    Automatisch wollte der junge Grieche nach dem Tablett mit den Bechern greifen, um der Britannierin zur Hand zu gehen, da fiel ihm ein, dass er nicht in der Casa Furia, und das das nicht seine Aufgabe war, dennoch fragte er Tusca:
    "Kann ich dir etwas helfen?"


    Tiberios wartete; entweder würde die Römerin ihn entlassen, oder sie hatte noch einen Wunsch.