Tiberios hatte sich selten wie ein Dummkopf gefühlt, aber vor seiner domina mit ihrem klaren, analytischen Verstand tat er es gerade.
In Wahrheit hatte er nicht nur einen, sondern gleich zwei Fehler begangen. Der erste Fehler bestand darin, nicht wiederholt zu haben, dass er das officium des dominus Optio Cerretanus suchte.
Der zweite Fehler , den Tiberios gegenüber der domina Furia Stella nicht erwähnt hatte, war, zu denken, dass die domini milites Scato und Lurco ihn freundlicher behandeln würden als einen xbeliebigen Sklaven, weil sie sich von früher her kannten,
Beide Fehler - einen Auftrag nicht genau auszuführen und seinen Platz nicht zu kennen - waren beschämend, und Tiberios errötete bis unter die Haarwurzeln.
Dann erwähnte domina Furia Stella, dass man Eireann während des Brandes in einem Lupanar gefunden hatte, und das war zudem noch verwirrend.
War Eireann dort als Lupa gewesen?
Brauchte sie Geld?
War sie gezwungen worden?
Als Kundin kam ihm nicht in den Sinn, denn obwohl männliche Sklaven regelmäßig ein paar Asse für einen Lupanarbesuch erhielten, das war eine gesundheitsförderliche Maßnahme, galt das für Sklavinnen nicht.
Dass domina Furia Stella Eireann ebenso wenig für eine Brandstifterin und Mörderin hielt wie er selbst, beruhigte ihn. Ja, die Wahrheit musste ans Licht kommen. Die Urbaner waren erfahrene Fahnder.
- Aber weshalb gab es dann überhaupt diesen fürchterlichen Verdacht? Hatte es jemanden gegeben, der gegen Eireann ausgesagt hatte – natürlich falsch? Aber warum ? Sie war genauso unwichtig wie er selbst. Oder gerade darum? Eine unwichtige Person bezichtigen um von jemandem abzulenken, der wichtiger war….
Bei der Frage der Selbstbeherrschung zeigte die domina Furia Stella Verständnis. Doch Tiberios machte sich nichts vor.: Gerade weil seine Herrin ihn diesmal nicht bestrafte, wußte er, dass er sein Verhalten wieder gut machen musste – durch doppelten Einsatz und tadelloses Betragen.
Beim Auftrag, sich schriftlich zu entschuldigen, nickte der junge Sklave: „Ja, domina, das werde ich tun.“. Er kannte die Namen der Adressaten, das musste er nicht einmal recherchieren.
Dann schien für domina Furia Stella das Gespräch beendet, denn sie bot ihm etwas Wasser an . Außerdem fächelte sie sich Luft zu.
Tiberios hatte die Herrin nicht aufregen wollen, er hatte immer gelernt, dass ein guter Diener die Lösung eines Problems und keinesfalls die Ursache sein sollte, es tat ihm Leid.
"Trink auch etwas Wasser, Tiberios und sag mir, was hast du noch am Herzen…", sagte Furia Stella .
Jetzt war Tiberios erstmal erleichtert, und nahm gerne einen Schluck Wasser aus dem Becher. Den Becher nahm er an sich , um ihn später in die Küche zu tragen.
Domina Furia Stella enthob ihn nicht seines Amtes als Bibliothekar und degradierte ihn . Das war mehr, als Tiberios zu hoffen gewagt hatte. Er durfte dort bleiben, wo er glücklich war.
Das war so viel Großzügigkeit, niemals hätte der furische Sklave nochmal das Thema Eireann angeschnitten. Da gab es ein Rätsel – und eine Menge Probleme, über die er später nachdenken musste.
Dann fiel er auf die Knie : „Optima domina, nein nichts mehr. Ich danke dir so sehr für alles!“ , sagte er leise und ihm stiegen Tränen in die Augen:
„Darf ich noch etwas für dich tun, domina? Wenn nicht, wünsche ich dir eine gute Nacht. „
Der junge Alexandriner war dazu bereit, sofort aufzuspringen und zu holen oder zu tun, was domina Furia Stella wünschte. Da war er ein wenig überschwenglich.