"Es schadet niemanden zur Vorbereitung auf ein höheres Amt mit Führungsposition genau das vorher bei den Legionen zu lernen - Personen zu führen und das auch in Extremsituationen. So weiß man wovon man spricht. Realität und eigene Vorstellungen gehen da oft weit auseinander. Es sei denn man hat Verwandte, die genau die Karriere eingeschlagen haben. Du weißt von Deinem Vater was Urbaner leisten, wenn Du von ihnen sprichst. Andere reden zwar mit, wissen aber nicht wovon sie da wirklich sprechen. Von daher kann ich den Umstand auch nicht nachvollziehen weshalb Patrizier von dieser Regellung ausgenommen sind. Möglicherweise um ihren besonderen Stand hervorzuheben? Aber ob man ihnen damit einen Gefallen erweist? Ich kann es Dir nicht sagen.
Durch den Dreck getrieben zu werden ist gar nicht so schlimm, wie die meisten annehmen, eine gute, ehrliche Ausbildung. Jeder muss durch die Schule des Drecks als Urbaner. Anders lernt man es nicht und wir haben es auf diese Weise gut gelernt, auch wenn wir in dem Moment so manches Mal geflucht haben.
Was Maro betrifft, da glaube ich sehen wir beide den Centurio genauso oft. Er hat viel zu tun. Und sind wir ehrlich, solange man nicht vor seinen Centurio zitiert wird, ist die Welt in Ordnung. Falls er einen rufen lässt, hat man was ausgefressen. Wer ihn zuerst sieht, grüßt ihn einfach vom anderen. Er hat uns übrigens ausgebildet", erklärte Lurco und dachte an die Zeit der Ausbildung zurück und was sich bis jetzt ergeben hatte.
Er hatte Kameraden und ein neues Zuhause gefunden. Sie lebten so eng wie die Fische im Garumbecken schwammen und trotzdem fühlten sie sich wohl. Vermutlich weil ihre Truppe stimmte. Ansonsten bestand der Dienst der Urbaner mehr aus Warten als aus Taten, aber das war der Lauf der Welt. Denn im Umkehrschluss hieße es, wenn sie extrem viel zu tun hätten, dass sie unfähig waren und sich das Verbrechen verbreitete wie Stechmücken im Sommer.
Lurco hörte sich an, was Caesoninus über die Barbaren zu sagen hatte. Die verschiedenen Sichtweisen waren interessant, aber er konnte den Barbaren nichts abgewinnen. Auf der anderen Seite hatte er bis jetzt nicht viel mit Barbaren zu tun gehabt und die Begegnungen die er ertragen musste, waren allesamt schlecht gewesen.
"Die Barbaren sind starke und stolze Völker die ein hohes Gut auf ihre Kriegerkultur geben. Eher würden sie sich töten lassen, als dass sie vor uns Römern klein beigeben. Wahre Worte", wiederholte Lurco den Satz seines Glaubensbruders und dachte genau über jene und die folgenden Worte zur Erklärung der Barbaren nach.
"Aber darin liegt auch der Knackpunkt, meiner Meinung nach. Ist es logisch mit Stolz zu sterben, anstatt den Stolz herunter zu schlucken und vielleicht zu überleben? Logisch wäre es, die gesamten Informationen zusammen zu tragen und daraus sein Handeln abzuleiten. Tun sie das? Nicht dass ich wüsste.
Rom hält das Schlechte von sich fern und verleibt sich gute Eigenschaften ein. Das ist es, was uns ausmacht. Wir sind anpassungsfähig. Wir stagnieren nicht auf einem bestimmten Wissenstand oder in einer starren Haltung. Wir sind beweglich, nicht nur was unsere Legionen angeht, sondern auch was unser Denken betrifft.
Du führst richtig an, dass die Galier vereint hätten siegen können. Aber die Barbaren sind sich nicht einig, wir Römer nach außen hin schon.
Wie ich die piktischen Völker dazu bringen würde sich uns anzuschließen? Scheinbar haben sie den Zusammenhalt, der den Galiern gefehlt hat. Kann man einen Feind nicht von außen besiegen, dann muss man es von innen versuchen. Ich würde versuchen Misstrauen und Zwietracht in ihre Reihen einzuschleusen.
Einzelne Männer zu finden, die sich nicht mit ihrem Volk identifizieren. Männer die möglicherweise eine Rechnung offen haben. Jene die in ihrem System hinten über gekippt sind. Zeig ihnen das Du sie für wertvoll erachtest, das Du sie brauchst, dass sie sehr wohl einen Wert haben und dann lass die piktischen Völker von innen verfaulen. Im Grunde musst Du Dich und Deine Idee wie Ware auf dem Markt einfach nur gut verkaufen. Du musst sie von Deiner Idee überzeugen können.
Das wäre meine Vorgehensweise, ob sie tatsächlich funktionieren würde kann ich Dir nicht sagen", erklärte Lurco freundlich.
Als Caesoninus davon sprach, welchen Werdegang er schon für sein politisches Amt hinter sich gebracht hatte, staunte Lurco nicht schlecht. Caesoninus erzählte dies sehr detaliert und dennoch so leicht, aber alles was jemand leicht erklären konnte zeugte von tiefem Wissen. Der Mann war bestimmt nicht viel älter als er, falls er überhaupt älter war. Lurco fragte sich, ob er seine Zeit vertrödelt hatte und ob er überhaupt die richtige Wahl getroffen hatte. Rein nach dem Empfinden her schon, aber von dem was er bisher geleistet hatte brauchte er nicht über Leistungen sprechen.
"Was Deine berufliche Karriere anbelangt, bist Du schon einen sehr weiten Weg gegangen, meinen Respekt Caesoninus. Wir haben ungefähr das gleiche Alter schätze ich, aber wenn ich höre was Du geleistet hast, komme ich mir so vor als wäre ich gerade aus unserem Haus gestolpert und hätte angefangen die Welt zu entdecken. Du hingegen hast die Welt schon erobert. Du kennst sogar jemanden aus meiner Gens. Und wir verdanken Dir die neue Urbanerstation, schau an", sagte Lurco erfreut.
"Wollen wir hier vor Ort bleiben, oder wollen wir uns irgendwo einen Flecken suchen wo wir einen Happen essen können?", schlug er vor.