Beiträge von Terpander

    "Du bist der Sohn eines hohen Herren, schau an. Und der Halbbruder deines eigenen Dominus. Dir hätte anderes Dasein beschieden sein können, doch die Götter schienen dir nicht gewogen gewesen zu sein, so wenig wie mir. Viele Menschen, in deren Adern das Blut der Elite fließt, spüren dies, selbst wenn sie es nicht wissen. Der Wunsch, die Geschicke in die eigenen Hände zu nehmen, Menschen zu lenken und über sie zu herrschen liegt ihnen oft im Blut."


    Für Terpander war es keine leichte Übung gewesen, den Stolz des spartanischen Vollbürgers herunterzuschlucken und den demütigen Sklaven zur Schau zu tragen. Demut gegenüber Höheren war ihm anderzogen worden, doch dass nun die ganze Welt über ihm stand, war gewöhnunsbedürftig und nur durch den bekannten spartanischen Gleichmut zu ertragen. Wenn der Herr des Tiberios dies bei seinem Sklaven erkannte und in gute Bahnen lenkte, mochten beide Seiten davon profitieren. Doch konnte aus solchen Menschen, die eigentlich zum Führen geboren waren, durchaus auch eine Bedrohung erwachsen. Und dann musste man handeln. Terpander wusste dies. Auch wusste er darum, wie wichtig es war, in dem Fall sein Licht unter einen Scheffel zu stellen und sich harmlos zu geben, damit die Blicke achtlos an einem vorüberglitten.


    "Ein ehrenvoller Tod ist der Sklaverei freilich vorzuziehen. Aber wie ich schon sagte - manchmal gibt es Dinge oder Menschen, die das verhindern. Im Haushalt der Familie hatte ich zwei wesentliche Funktionen. Die, den verstorbenen Mann im Haus zu ersetzen und die des Griechischlehrers. Ich war der berechenbare, kontrollierbare Ersatz eines Ehegatten, der in keinen Krieg zieht, keine Lupanare besucht, keine Geliebten hat und auch nicht trinkt. Und nebenbei Griechisch als Muttersprache spricht und ein Händchen für schwierige Jünglinge hat. Und was war die deine?"


    Dass Tiberios verschwiegen hatte, wen er mit sechzehn liebte, war Terpander nicht entgangen. Die Berührung seiner Schulter nahm er ruhig hin. Er ließ durch nichts erkennen, was er dabei empfand, doch er fragte am Schluss: "Hast du Geldnot?" Um sich an der Nase herumführen zu lassen, war er zu alt. Er war sicher, dass Tiberios seine Möglichkeiten auslotete. Terpander wies auf einen Korb mit Lebensmitteln, die er noch nicht in die kühlen, in die Erde eingegrabenen Vorratsamphoren umgefüllt hatte. "Bedien dich in dem Falle, wenn du hungrig bist. Du bist eingeladen."

    "Ich denke, dass es auch einige gibt, die schwach werden, wenn der Jüngling um die höchsten Freuden bittet", sprach Terpander und versuchte dabei neutral zu klingen, während er versuchte, die Gedanken an jene beiseite zu schieben, die er in Lakonien zurückgelassen hatte. "Angedacht ist es anders, aber wenn beide schweigen, so sollte es nicht zu Verwirrungen kommen. Wichtig ist, dass der Mentor erkennt, in welcher Machtposition er sich gegenüber seinem Schüler befindet und diese nicht zum einseitigen Vorteil missbraucht. Im Fokus steht die Ausbildung des ihm Anvertrauten und nicht sein eigenes körperliches Wohl."


    Er musterte Lurco, ohne ihm dabei in die Augen zu sehen. wobei er sich bemühte, nicht zu aufdringlich zu wirken. Irgendetwas schien der Mann zu verschweigen. Er deutete an, dass ihn etwas bedrückte, doch worin dies gründete, behielt er für sich.


    "Dein Herz ist voller Zweifel, Dominus. Warum nimmst du an, ein Fremder in einer Familie zu sein, mit der du unter demselben Dach wohnst? Meine Neugier entspringt der Sorge um das Wohl meines Herrn und um das deine, denn du scheinst maßgeblich dazu beizutragen. Es scheint ein unausgesprochenes Problem vorzuliegen. Kann ich helfen, es zu lösen?"


    In der Tat erschien das dem Griechen merkwürdig, denn unverkennbar waren die beiden einander sehr zugetan. Er fragte sich, ob Scato irgendetwas getan hatte, um diese Zweifel in Lurco zu säen. Es war inzwischen einige Zeit vergangen, seit Terpander seinen jungen Herrn das letzte Mal unter vier Augen gesprochen hatte und die Ausbildung bei den Cohortes Urbanae würden nicht ohne charakterliche Folgen geblieben sein. Doch inwieweit erstreckten sie sich auf die private Seite? War Scato zu einem Mann geworden, der es genoss, mit den Gefühlen anderer zu spielen? Manche wurden herzlos durch den Dienst an der Waffe. Wo lag die Ursache von Lurcos Unbehagen - oder lag sie doch nur in ihm selbst?

    "Wenn dein Herr es gestattet, dir auf diese Weise etwas dazu zu verdienen, warum nicht? Hübsch bist du ja. Wenn dies aber ein gut gemeinter Ratschlag war, so wird er in meinem Alter nichts mehr nützen. Niemand benötigt einen so alten Lupo. Falls ich als Libertinus ende, werde ich beim Colosseum fragen, ob sie nicht einen Gladiator brauchen und dort bis zu meinem Tode kämpfen. Ein ehrbarerer Weg als der des Bettlers."


    Die Worte von Tiberios erstaunten Terpander dann doch. "Du bist also der Bastard deines Herrn. Das mag nicht ungewöhnlich sein, aber du machst mir einen fähigen Eindruck. Dachte er nie darüber nach, dich nachträglich anzuerkennen, wenn doch sogar Liebe im Spiel war und er dich auch schützte, oder dich zu adoptieren? Wer war dieser Herr denn?"


    Terpander machte es sich etwas gemütlicher, als offensichtlich wurde, dass Tiberios mit ihm noch ein wenig zu plaudern gedachte. Er ließ den Stuhl stehen und legte sich wie Tiberios auf eine der Klinen, so dass sie einander ansehen konnten. "Wen hast du geliebt?", fragte er.

    "Es ist auch eine Art von Partnerschaft", erklärte Terpander. "Sie geht mit Werben, Geschenken und Zärtlichkeit einher, jedoch nicht mit Beischlaf im engsten Sinne, denn dadurch würde man den Jüngling entweihen. Dafür muss er wenigstens zwanzig Jahre alt sein und Teil der Gesellschaft der Erwachsenen, wo er sich einen gleichrangigen Geliebten suchen mag. Natürlich gibt es auch in Griechenland Lupanare und Sklaven, aber es ist nicht das, was ich bevorzugt habe, als ich noch dort lebte.


    Die militärische Ausbildung in meiner Heimat ist sehr hart. Die Offiziere schenken einem nichts. Als Kind wurde ich in der Wildnis ausgesetzt, nur mit einem Umhang und einem Schwert ausgerüstet und musste allein Nahrung organisieren durch Raub und Diebstahl und den Weg zurückfinden. Aber der Zusammenhalt zwischen Mentor und Schüler unter den Kameraden ist dafür sehr eng. Effektiver ist scheinbar trotz allem das System der Römer aus eiserner Disziplin und menschlicher Distanz, andernfalls wären wir nicht erobert worden. Das muss man anerkennen."


    Lurco sprach sehr viel. Unweigerlich fragte Terpander sich, ob er von Natur aus so gesprächig war, oder ob er einfach froh war, ungezwungen mit jemandem über diese Dinge reden zu können. Da er davon ausging, offen sprechen zu dürfen, auch wenn Lurco das nicht explizit gestattet hatte, tat er es. Wäre es anders, würde der Mann nicht sein Herz geöffnet haben.


    "Ob jemand sich an der Gegenwart eines Onkel Lurco stören würde, wenn dieser selbstverständlich Teil der Familie ist, ist eine Frage der Harmonie und Gewohnheit, denke ich. Warum sollte ein Mann, der dem pater familias Freude bringt, als störend wahrgenommen werden? Besonders, wenn es offiziell zwei Haushalte wären, die nur räumlich miteinander in Beziehung stehen und du ein eigener pater familias wärst? Eine Alternative wäre, nach Griechenland zu ziehen, um das Gerede los zu sein. Vieleicht sogar auf eine der zahllosen Inseln."

    Terpander lächelte ein wenig, als Tiberios so ehrfürchtig von ihm sprach. Seine eigenen Leute würden ihn verachten, ihn töten, seine Leiche bespucken und den wilden Tieren zum Fraß überlassen. Er würde kein Grab erhalten und niemals würde je wieder über ihn sprechen. Auch er selbst hielt nicht mehr sehr viel von sich. Trotzdem oder deswegen tat es ihm gut, mit einem anderen Hellenen zu sprechen. Einem, der die Dinge ein wenig anders sah als ein Spartiate.


    "Ich hoffe doch, dass ich meinem Herrn nützen kann", sagte Terpander. "Andernfalls wäre meine Daseinsberechtigung verwirkt. Siebenundvierzig Sommer und Winter habe ich mittlerweile erlebt und wenige kaufen einen alten Sklaven. Wenn Scato mich eines Tages nicht mehr braucht, dann war es das für mich."


    Er gönnte sich mit Wasser verdünnten Wein. In seiner Jugend war ihm der Rebensaft verwehrt gewesen, doch er war nicht mehr der Mann von einst.


    "Ich geriet in Sklaverei, weil ich das tat, was kein Spartiate je tun sollte: Ich lief davon. Heute als Sklave zu leben ist eine milde Strafe. Anfangs sah ich das freilich anders. Zu Beginn meiner Gefangenschaft hatte ich vor, den Römern einen Grund zu liefern, mich zu töten. Ich wollte durch die Waffe eines Gegners sterben. Dass ich es mir anders überlegte, ist meinem Herrn zu verdanken, der mir das Gefühl gab, mich zu brauchen. Dreizehn war er und hatte kurz vor meinem Kauf seinen Vater verloren und wie du weißt, haben junge Römer keine eigenen Mentoren, die sich um sie kümmern, stets sind sie nur einer unter vielen, außer vielleicht in den ganz reichen Familien. Ich brachte es nicht über mich, ihn auf diese Weise allein zu lassen."


    Er schenkte Tiberios Posca nach.


    "Du bist also schon als Sklave geboren. Du wirkst ausgeglichen und zufrieden mit deinem Los und warum solltest du das auch nicht sein? Auch einem Heloten geht es besser, wenn er sein Schicksal akzeptiert, denn ein anderes Leben wird es für ihn nicht geben. Darüber zu grübeln, würde nur in Verbitterung münden. Was sind deine Aufgaben? Wem dienst du? Von Alexandria weiß ich nichts, als dass dort ein Leuchtturm steht. Wenn du möchtest, erzähl mir von dieser Zeit."

    Es gelang nicht vielen, Terpander außer Fassung zu bringen. Tiberios schaffte das. Erschrocken, ja entsetzt starrte Terpander ihn von seinem Stuhl aus an und fragte sich, ob er ihm nicht doch besser den Hals umdrehen sollte. Der junge Mann war raffiniert und gefährlich wie ein Prätorianer in zivil. Terpander musterte ihn ein weiteres Mal, doch diesmal mit einem völlig anderen Blick. Er hatte diesen kleinen Kerl sträflich unterschätzt. Was ihm an körperlicher Eignung fehlte, hatte er im Kopf. So erteilte Tiberios ihm nun seinerseits eine Lektion. Er wusste, wer Terpander war - auch ohne, dass dieser es ihm auch nur andeutungsweise gesagt hätte.


    Viel zu lange dauerte das Schweigen, als Tiberios ihm von oben in die Augen starrte und Terpander den Blick erwiderte und festhielt, während er nachdachte. Man konnte eine Lüge nur bis zu einem bestimmten Punkt verteidigen, ehe das Konstrukt zusammenbrach. Noch wusste Tiberios nicht, dass er überhaupt eine Lüge lebte - und er würde ihm keinen Anlass geben, auf die Idee zu kommen, dass es so sein könnte. Er würde einfach so tun, als sei alles in bester Ordnung.


    Terpander hakte also seine Finger in den Ausschnitt der eigenen Tunika und zog sie herunter bis über seine Brust. Tiberios konnte nicht nur sehen, dass er rasiert und geölt war, so wie ein zivilisierter Mensch es eben sein sollte, sondern auch, dass die unterschiedlichsten Narben seine muskulöse Brust zierten. Einige wirkten wie Schnittwunden, andere wie Stiche, weitere wie Kratzer oder Gebissabdrücke.


    "Die meisten stammen vom Training. Ich war einer der Homoioi, einer von den Gleichen, ich war Spartiate. Wer aber warst du, Tiberios?"

    "Ein trauriger und schöner Spruch. Er hätte auf deinem Grabstein stehen können." Terpander gab den jungen Sklaven frei. Zur Beruhigung auf den Schrecken wuschelte er ihm durch die Locken, so dass sie ihm zu Berge standen. "Pass künftig auf, wem du wohin folgst."


    Eines Tages mochte die heutige Lektion Tiberios den Hintern oder das Leben retten. Terpander fand es besser, wenn er sie von ihm erhielt, als in einer finsteren Gasse durch den Ernstfall. Endlich schenkte er Tiberios die gewünschte Posca ein. Er drückte ihm den Becher in beide Hände, wobei er ihm sanft die Finger darum schloss.


    "Du gehst durchs Leben, als sei dir nie ein Übel wiederfahren. Es ist schön für dich, dass es dir offenbar immer gut ging, aber in Roma gefährlich. Scato hat hiermit nichts zu tun. Das war eine ganz private Lehrstunde zu deiner eigenen Sicherheit, damit du uns noch eine Weile erhalten bleibst."


    Genau genommen würde Scato ihm hierfür vermutlich den Hals umdrehen. Aber als Lehrer konnte man auf solche Befindlichkeiten nicht immer Rücksicht nehmen. Schließlich war er hier der Paedagogus und wusste, was am besten war. Terpander ließ sich auf den Stuhl plumpsen und lächelte zufrieden. Er fand, dass er soeben eine gute Tat vollbracht hätte.

    "Du meinst, ich sollte mir dein Geld nehmen, und dich dann einfach laufen lassen? Jetzt, wo du mein Versteck kennst? So läuft das nicht. Einen Versuch hast du noch, bevor ich dir das Fell über die Ohren ziehe."


    Terpander hielt ihn noch immer unverändert fest. Auf die Antwort, die jetzt folgen würde, war er gespannt. Der Landsmann war lehrbuchreif in die Falle getappt und genau so lehrbuchreif misslang es ihm offenbar, irgendetwas zu sagen oder zu tun, um seine Haut zu retten. Es war zum Weinen.

    Vollkommen arglos marschierte Tiberios in dieses verfallene Haus, in dem niemand je seine Leiche finden würde. Weder vergewisserte er sich, dass ein Fluchtweg frei war, noch achtete er darauf, mit den Augen Terpander zugewandt zu bleiben, den er heute das erste Mal getroffen hatte. Er wusste nicht mal, ob Terpander wirklich Terpander war! Tiberios drehte ihm den Rücken zu, flanierte seelenruhig noch tiefer in die Höhle des Löwen und lobte die Bruchbude. Terpanders Blick verdunkelte sich. Von hinten trat er an den jungen Sklaven heran. Er packte Tiberios, knallte ihn gegen die nächste Wand und presste ihn so fest dagegen, dass er sich kaum noch rühren konnte.


    "Was nun, Daphnis", raunte Terpander in sein Ohr.

    "Den Varro", sagte Terpander, ohne viel mit diesem Namen anfangen zu können. Es war schon einige Jahre her, dass er über ihn gehört hatte, aber noch nie hatte er von ihm gelesen. Zugegebener Maßen war Terpander auch nicht sonderlich interessiert. Die Beschäftigung mit den Schriften weiser Männer hatte aus der Notwendigkeit seiner resultiert, als er selbst unterrichtet worden war und das meiste hatte er rasch wieder vergessen, ohne heute etwas davon zu vermissen. Das Bürschlein zierte sich zunächst, seine Einladung anzunehmen, dann aber überlegte es sich so plötzlich anders, so dass Terpander über seine Schulter sah, um zu sehen, ob gerade Scato nahte. Das war allerdings nicht der Fall. Terpander sagte nichts dazu und gab den Weg vor.


    Der Weg verlief südwärts in Richtung der Gärten des Maecenas, ohne dass sie diese erreichten. Außerhalb der Stadtmauer zwischen uralten Bäumen stand in einer ruhigen Ecke das verfallene Atriumhaus, von dem Terpander hoffte, dass Scato und Lurco es erwerben würden. Noch gehörte es ihnen nicht, aber Terpander hatte den Schlüssel 'vergessen' an den Eigentümer zurückzugeben, so dass er dort ein und aus ging und schon anfing, es sich häuslich einzurichten. Das Haus stand ohnehin leer, niemanden würde es stören. Terpander hielt Tiberos die Tür auf, um sie nach dessen Eintreten abzuschließen und den Schlüssel einzustecken. Nun waren sie beide hier eingesperrt, denn Fenster, die nach draußen führten, gab es nicht. Sie zeigten alle nach innen zum Atrium oder zum Garten hin. Er beobachtete, ob Tiberios nun genau so misstrauisch schauen würde, wie Lurco.


    "In diesen Hallen werden es sich die beiden Domini bald gemütlich machen, wenn alles gut geht", erklärte er und wies mit der Hand in das verwilderte Atrium, in dem ein paar Singvögel von Ast zu Ast hüpften und herumpiepsten. Man sah, dass kürzlich jemand hier angefangen hatte, Ordnung zu machen und im Freien kochte und aß. Zu diesem Zwecke hatte Terpander einige der alten Möbel herausgezogen, die in einer sonnigen Ecke standen. Mit den Händen fegte er ein paar Blüten von Tisch und Stühlen und deckte den Tisch für zwei Personen. Das Geschirr und Besteck dazu hatte er neu gekauft. "Posca, Wein oder Tee?"

    Er war gütig zu mir. So nannten das die jungen Leute also heutzutage. "Zu mir war der junge Dominus dann wohl auch gütig", erwiderte Terpander amüsiert auf Koiné. Er nahm die Schriftrollen vorsichtig entgegen. Was auch immer Tiberios abgeschrieben hatte, solche Dokumente waren stets von Wert. "Ich bin sicher, er wird sich darüber freuen. Eine Abschrift ist ein wertvolles und gut gewähltes Geschenk. Mein Name ist Terpander." Die Frage, was denn abgeschrieben worden war, verkniff er sich. Das ging ihn nichts an und Scato würde es ihm ohnehin erzählen. Er erzählte alles, wenn auch manchmal etwas geschicktes Nachhaken erforderlich war.


    Ungeachtet dessen, dass Tiberios bereits rot wurde von der Musterung, betrachtete Terpander ihn sich noch ein wenig länger. Hatte seine Erziehung also doch gefruchtet - Scato hatte sich nicht irgendwen für seine Sinnesfreuden herausgepickt, sondern einen Sklaven mit Niveau. Das würde sicher auch Lurco entgegenkommen. Ein guter Sklave sollte niemals Ursache für Eifersucht und Streit sein, sondern stets für alle im Haushalt eine Bereicherung. Ob das so war, würde Terpander herausfinden - und notfalls korrigierend eingreifen.


    "Wie es aussieht, wird es noch eine Weile dauern, bis mein Herr hier aufschlägt. Darf ich dich derweil auf eine Mahlzeit einladen, Tiberios?"

    "Sechzehn Jahre Dienstzeit bei den Cohortes Urbanae, zwanzig bei der Legio, zwölf bei den Cohortes Praetoriae", korrigierte Terpander in einem zustimmenden Tonfall, als hätte Lurco es genau so gesagt und er würde dessen Worte nur bestätigen. Der Lehrer in ihm konnte einen inhaltlichen Fehler nicht einfach übergehen. Lurco wirkte aufgrund seines Auftretens schon reif, doch vom Gesicht her würde Terpander ihn erst auf Anfang zwanzig schätzen. In dem Alter brauchte jeder noch einen Lehrer, wenn man Terpander fragte, und zwar bis man dreißig war. Erst dann war ein Mann erwachsen. Er hoffte, dass die Ausbilder in der Castra diese Rolle nach bestem Gewissen übernahmen, auch wenn nicht die gleiche Fürsorge und Liebe wie beim spartanischen Heer zu erwarten war.


    "Ich war gerne Lehrer", sagte Terpander. "Und ich wäre es noch heute für Scato, wenn man mich ließe. Doch mit sechzehn muss es für einen Römer vorbei sein. In meiner Heimat hatten die meisten meines damaligen Standes einen Lehrer für sich allein, den benannten Erastes. Hier hat ein Lehrer etliche Schüler. Statt Geschenken, lieber Worte und streichelnder Hände gibt es den Rohrstock. Sind die Offiziere denn gut zu euch?", erkundigte Terpander sich. Gut musste in dem Fall heißen, verantwortungsbewusst und fähig.


    Spartaner waren die besten Krieger Griechenlands und ihre Ausbildung galt als die Härteste. Doch an Geborgenheit und Zuneigung mangelnde es im Heer für keinen. Gewalt war nicht der Schlüssel, um einen tüchtigen und effektiven Soldaten zu erzeugen. Der lag in Terpanders Augen im inneren Antrieb, für seine Kameraden zu kämpfen und für ihr gemeinsames Land. Und den erschaffte man durch Nähe und Verbundenheit. Er konnte sich nicht vorstellen, in einer Atmosphäre menschlicher Kälte und körperlicher Gewalt aufzuwachsen, wie die Römer es taten. Er durfte nicht zu sehr an die verlorene Zeit zurückdenken, denn die Wunde war tief.


    So strich Terpander über die verblassten Wandgemälde hinter seiner Kline. "Dein Traum ist aus Stein erbaut. Es ist kein Luftschloss. Es spricht nichts dagegen, dass einer von euch oder ihr beide später eine Familie gründet. Das Haus ist groß genug für zwei Familien, so habe ich es mir gedacht. Was die Zukunft bringt, weiß niemand. Aber um zu wissen, wohin man will, braucht man ein Ziel vor Augen. Und du hast deines nicht nur vor dir, sondern zu allen Seiten um dich." Terpander versuchte sich an einem aufmunternden Lächeln. Ein wenig verloren wirkte Lurco auf ihn, wie selbstsicher er sich auch präsentieren mochte. Ein junger Mann, der aufrecht seinen Pfad der Einsamkeit ging. Aber vielleicht war Terpanders Blick da auch zu griechisch.

    "Wie praktisch." Terpander hob ein wenig die Brauen. "Der Genannte ist mein Dominus. Darf ich die Schriftrollen an ihn weiterleiten?" Er musterte den Jüngling. "Und in welcher Beziehung steht ihr beiden?" Kaum war Terpander scheinbar für Scato verloren, organisierte er sich Ersatz. Nur jünger und diesmal zur Abwechslung blond. Nicht, dass es den Lehrer verwundert hätte. Nur die Geschwindigkeit war erstaunlich und dass es schon wieder ein Grieche war. Wie ein Lakonier sah der Bursche indes nicht aus. Jemand, der von klein auf zum Kämpfen ausgebildet wurde, bewegte sich anders. Auch sein Dialekt passte zu keiner Ecke der Peleppones. Sonderlich bewandert war Terpander nicht, was die anderen Stämme Hellás' anging und der junge Mann fiel in kein ihm bekanntes Raster.

    Es begab sich, dass Terpander einmal mehr vor der Castra herumstand, um auf seinen Herrn zu warten. Inzwischen kannte er Scatos und Lurcos Dienstplan, aber irgendetwas konnte immer dazwischenkommen. Auch heute dauerte es länger, so dass Terpander auf und ab schlenderte. Die Wachen kannten ihn bereits und wussten, wer er war und zu wem er gehörte, so dass sie ihn nicht weiter beachteten. Jedoch fiel Terpander seinerseits ein Lockenschopf auf, der sich ebenfalls vor der Porta Praetoria herumdrückte und sich offenbar nicht traute, die Wachen anzusprechen. Als jemand, der junge Männer ausgebildet, erzogen und unterrichtet hatte und dies gern, konnte er den Burschen nicht ignorieren.


    So gesellte sich Terpander zu ihm. "Salve. Kann ich dir helfen?", fragte er rundheraus.

    Zeus bestrafte ihn, der göttliche Wille wurde von Menschenhand vollzogen. Lysanders Zukunft war in wenigen Minuten zunichtegemacht worden. Er war nicht länger Soldat, der zum Tross eilen würde, um einen trunkenen und verletzten Kameraden bergen zu lassen, er war Verräter. Verschnürt wie ein Rollschinken und mit einer entwürdigenden Schlinge um den Nacken wurde Lysander abtransportiert. Nur seine Beine schauten unter dem Netz raus, so dass er gehen konnte. Weder vermochte er seine Arme zu bewegen noch irgendjemanden zu beißen. So wurde er ruhig, um seine Kräfte zu sparen. Sich nun zu gebärden, machte keinen Sinn, er würde warten auf einen besseren Moment.


    Als der Tross sich nach Rom in Bewegung setzte, blickte er ein letztes Mal in Richtung von Kyriakos, der noch immer reglos im Sand lag, verstümmelt und zerstört - völlig umsonst nun. Eiskalte Wut erfüllte Lysander, Wut auf seine Götter, die nicht wollten, dass er sein Dasein selbst gestaltete und seinen Plan für die Zukunft zerstört hatten, bevor er eine Chance gehabt hatte, ihn zu verwirklichen. Mehr noch loderte seine Wut auf sich selbst, weil er versagt hatte in diesem Versuch. Zurück blieben zwei Scherbenhaufen - der von seinem und der von Kyriakos´ Leben.

    "Ich werde nichts von dem weitertragen, was du mir anvertraust", versicherte Terpander. "Das würde auf meinen Herrn zurückfallen. Man würde ihm vorwerfen, mir kein Benimm vermitteln zu können oder vielleicht würden manche sogar annehmen, er hätte mich entsandt, um Leute auszuhorchen. Zudem gehört es sich auch einfach nicht."


    Interessiert lauschte er den Worten von Lurco, der scheinbar froh war, vergleichsweise offen sprechen zu können. Doch als dieser seinen ehemaligen Gespielen beschrieb, wurde Terpander bleich, wenngleich sein Gesicht ansonsten keine Regung zeigte. Es war unwahrscheinlich, dass es zwei Händler gab, die sich auf Parfum und Sklaven spezialisiert hatten und genau so aussahen. Der Kerl, den Lurco geliebt hatte, hatte Terpander gefangen genommen und als Sklaven verkauft. Das Schlimmste daran jedoch war, dass er von Terpanders dunkler Vergangenheit wusste!


    "Ist das der Mann, von dem du das Zebra kaufen möchtest?", fragte Terpander vorsichtig. "Ist er noch hier in Rom?"


    Er war froh, dass Lurco noch weitere Rückfragen hatte, auch wenn diese ihn in die Enge trieben. Von der Sache her war es erfreulich, dass Lurco sich für die Person interessierte, die Terpander hinter seiner Rolle als Sklave war. Jedoch brachte ihn das auch in Bedrängnis. Die Kultur Spartas unterschied sich deutlich von der anderer griechischer Poleis und er wollte nicht, dass ihn jemand mit Sparta in Verbindung brachte. Dies würde automatisch bedeuten, dass er beim Militär gewesen war und anzunehmen, er wäre desertiert, um einem Kriegsgericht zu entgehen, war dann nur noch ein kleiner Schritt. Er musste dringend mit einem anderen Griechen sprechen, um glaubwürdig jemand anderes als sich selbst mimen zu können, wenn ihm einer auf den Zahn fühlte.


    "Ich war Lehrer", sagte er und zum Teil stimmte das auch. "Ich habe Griechisch unterrichtet, wie ich es später auch bei Scato tat. Die meisten Herren sind anständig und wünschen, dass es ihrem Sklaven gut geht, besonders in der Stadt. Ein gut ausgebildeter Sklave ist zu teuer und zu wertvoll, um unnötig zu riskieren, dass er krank wird. Nur die reinen Arbeitersklaven, die in den Minen oder auf Plantagen eingesetzt werden, haben es schwer. Haussklaven geht es in der Regel gut. Ich bin gern Sklave, ich habe viel weniger Sorgen als früher." Und das stimmte nun wirklich.


    Er dachte scharf nach und entschloss sich, zu riskieren, dass er etwas Falsches erzählte. Woher sollte Lurco die Details wissen? So vermittelte er die eigenen Erfahrungen in Sparta als die eines jeden Griechen.


    "Es ist korrekt, dass die Heirat zwischen Frau und Mann an ein bestimmtes Alter gekoppelt ist. Bei uns war das ein Mindestalter von dreißig Jahren für den Mann, vorher dient er ausschließlich dem Militär und hat dort auch seine Liebschaften und seinen Eromenos. Erst danach darf er eine Familie gründen. In der Regel bestehen die Liebschaften zwischen den Männern auch nach der Ehe weiter."


    Dass der Mann ebenfalls beim Militär wohnen blieb und nur nachts seine Frau treffen durfte, aber nie bei Tageslicht, um die Bindung zu seinen Kameraden aufrecht zu erhalten, verschwieg er. Das war vermutlich etwas typisch Spartanisches.


    "Du sorgst dich, dass Scato nach Ablauf der Dienstzeit eine Frau heiraten könnte", schlussfolgerte er, denn Lurcos Grinsen wirkte auf ihn nicht glücklich, sondern traurig. Auch Scato grinste und blödelte, um Trauer und Angst zu überspielen. Mit solch einer Taktik war Terpander vertraut. "Und dass dir das Gleiche ein zweites Mal widerfahren könnte, was du schon einmal erleben musstest."

    Eines der ersten Dogmen, die ein junger Krieger in Sparta lernte, war, dass man nicht zurückwich. Es gab keine Kapitulation und keine Flucht, nur Sieg oder Tod. Auch Lysanders vermeintliches Davonlaufen hatte nur den Zweck, die Front der Gegner aufzulockern. Dass er keine Chance hatte gegen eine solche Übermacht, war ihm bewusst. Alles, was er vermochte, war Zeit zu gewinnen und möglichst viele von ihnen zu töten oder zu verletzen, um den Gegner zu schwächen. Als er Schritte ganz dicht hinter sich hörte, bremste er ruckartig und warf sich nach hinten. Der Häscher, der ihm auf den Fersen war, rannte in seinen Rücken. Mit einem dumpfen Laut wich die Luft aus seiner Lunge, als Lysanders Ellbogen sich in seinen Magen grub. Lysander krümmte sich zusammen, so dass der Mann über ihn flog und kopfüber den Hang hinabsegelte. Dann wandte er sich dem nächsten zu. Lysander kämpfte bis aufs Äußerste mit seinen körpereigenen Waffen, er nutzte alles: Fäuste, Füße, Ellbogen, Knie, Zähne und Fingernägel. Er versuchte das Gleiche, wie kurz zuvor Kyriakos - seine Gegner durch seine Gefährlichkeit davon zu überzeugen, dass er getötet werden müsse.

    Vor seinen Füßen landete das Halseisen im Sand. Lysander beobachtete entgeistert das Treiben der Männer. Die Handlanger des Dicken, der offenbar ein Sklavenhändler war, sammelten alles ein, was an Ausrüstungsgegenständen herumlag. Sie zogen sogar den Umhang vom Körper seines verletzten Kameraden, so dass er ungeschützt zurück blieb. Zu seinem Glück war Kyriakos ein zäher Bursche. Er konnte Lysander dankbar sein, dass er ihn betrunken gemacht hatte, so dass sie ihn für einen Halbtoten hielten und vermutlich liegen lassen würden.


    Lysander hob das Halseisen auf. In einer blitzschnellen Bewegung schleuderte er es wie einen Diskus. Es raste durch die Luft und landete mit einem Knall an der Stirn eines der beiden Leibwächter. Lysander sah nicht mehr, ob es ihn von den Beinen holte, weil er den Schwung der Drehung weiterführte und in die entgegengesetzte Richtung hangabwärts sprintete.

    Der Blick Lysanders war der eines Wolfs, der seine Beute taxierte. Er schätzte seine Chancen ab. Den feisten Mann rechnete er nicht als Gegner. Die anderen beiden, die vermutlich seine Sklaven ware, wirkten trainiert, aber das musste nichts heißen. Genau so war es möglich, dass ihr Erscheinungsbild lediglich der Abschreckung diente, ohne dass Kampffertigkeiten dahintersteckten. Sein Blick glitt über ihre Kleidung und Ausrüstung und blieben dann auf den Augen ihres Besitzers ruhen. Der Mann war wohlhabend, er würde keine Leibwächter kaufen, die ihn nicht tatsächlich auch verteidigen konnten.


    Noch immer regnete es, aber das Gewitter zog langsam weiter. Zeus hatte aufgehört, Blitze zu schleudern, das göttliche Werk war vollbracht. Der Verräter hatte seine Henker gefunden. Das leiser werdende Donnergrollen klang fast hämisch und der Regen verebbte. All die Spuren würden bleiben, das Blut und der zertrampelte Sand, in dem Kyriakos lag, der sich schwach regte. Bald würde er vermutlich einschlafen.


    Lysander, dessen nackter Leib verdreckt von Blut und Sand war, richtete sich noch etwas weiter auf. "Zieh weiter, Mann. Ein Duell ist nicht deine Angelegenheit", befahl er dem Dicken. Beseitigen konnte er ihn nicht, das verhinderten die beiden Brecher an seiner Seite. Aber er konnte hoffen, ihn einfach fortzuschicken, indem er behauptete, dass alles seine Ordnung hatte. Noch einmal rumpelte es, dann hörte der Regen auf, noch bevor er richtig begonnen hatte.

    Terpander fing den Schlüssel mit einer Hand, nickte zum Zeichen, dass er die Geste des Vertrauens verstanden hatte, und verwahrte ihn wieder sicher in der Gürteltasche, die er über seiner schlichten, langärmligen Tunika trug. Er hörte die Sorge aus den Worten von Lurco heraus, wenngleich dieser ruhig sprach. Ebenso ruhig erfolgte die Antwort.


    "Du sprichst von Virtus und Honos, Tugendhaftigkeit und Ehre. Sich als freier Mann einem anderen zu unterwerfen, schließt beide Werte aus. Wer das tut, verliert beides. Es ist der Unterschied zwischen Aktivität und Passivität, Macht und Ohnmacht und nicht zuletzt zwischen Freiheit und Unfreiheit, denn nur Sklaven und Prostituierte lassen dergleichen über sich ergehen. Für einen freien Mann ist das undenkbar. Was zudem generell, egal auf welche Weise, nicht in Ordnung ist, sind Geschlechtskontakte zwischen freien, unverheirateten Bürgern."


    Er sah ihn an und neigte ein wenig das Haupt, denn Lurco und Scato waren genau das. Hernach hob Terpander den Finger, zum Zeichen, dass er nun weise Worte zitieren würde.


    "Niemand wird dir´s wehren noch verbieten, wenn, was zu Kauf geboten wird, du für dein Geld dir kaufst. Niemand verwehrt zu gehen auf öffentlicher Straße dir. Wenn nur durch ein umzäuntes Grundstück du den Weg nicht suchst, von Ehefrauen, Witwen, unbescholtenen Jungfrauen und freigeborenen Knaben fern dich hältst, so magst du lieben, was du willst." Von wem diese Worte stammten, hatte er vergessen. "Wer außerhalb der Ehe Verkehr wünscht, hält sich also Sklaven oder geht ins Lupanar. Etwas anderes ist gesellschaftlich nicht akzeptabel, sondern ein Eindringen in den Herrschaftsbereich eines pater familias."


    Terpander hatte damit ausgesprochen, dass es strafbar war, wenn Lurco und Scato zu sehr Gefallen aneinander fanden, sofern dies ans Licht der Öffentlichkeit kam. Beide unterstanden der väterlichen Herrschaft ihres pater familias. Das Problem ging über das Unterstellen von Schwäche hinaus. Denn wären sie Mann und Frau, stünden sie unverheiratet vor genau demselben Problem.


    "In Hellás hingegen ist die Liebe zu einem Jüngling Zeichen von Kultiviertheit und für einen Jüngling ist es umgekehrt eine Schande, wenn er keinen Erastes findet, der ihn umwirbt. Hier sprechen wir von freien Bürgern der Oberschicht. Der Ältere ist dabei aber nicht nur Geliebter, sondern vor allem Lehrer. Wenn die Eltern des Jünglings sein Werben erhörten, er sie von seinem sozialen Rang, seiner Tugendhaftigkeit und Bildung überzeugt hat, zieht der Jüngling bei ihm ein, damit er fortan von seinem Lehrer unterrichtet und zu einem guten Mann herangezogen wird. Der Eromenos hat davon die Vorteile der Bildung, von Kontakten und späteren Ämtern. Vom zwölften bis zum achzehnten Lebensjahr dauert dieses kurze Fenster, ehe daraus oft eine lebenslange Freundschaft wird."


    In Sparta war das Ganze noch ein wenig inniger und auch unter erwachsenen Männern waren Liebschaften nicht nur an der Tagesordnung, sondern erwünscht, doch er würde sich hüten, seine genaue Herkunft zu erwähnen. Und auch die Frage nach seiner offenbar trotz aller Bemühungen noch militärischen Mimik überging er geflissentlich.


    "Auch ich hatte einen Erastes und später einen Eromenos", sagte er freimütig, "bevor ich in Sklaverei geriet. Ich wurde vor sieben Jahren überfallen und hatte keine Möglichkeit, etwas dagegen zu unternehmen, dass man mich fern der Heimat als Sklave verkaufte. So ist das Leben. Man gewöhnt sich daran und inzwischen bin ich ein glücklicher Sklave."


    Er ließ hier eine Pause, denn wenngleich er nicht alle Fragen beantwortet hatte, so fand er doch, dass sein Gegenüber nun Gelegenheit erhalten sollte, Rückfragen zu stellen.