Beiträge von Hairan

    Ein Straßenjunge aus der Subura gibt folgendes Schreiben ab:



    Ad
    Optio
    Appius Furius Cerretanus
    Cohortes Urbanae


    Salve, Optio Appius Furius Cerretanus
    der Gruß und der Segen des Mars zuvor,
    mögest du ewig leben zum Ruhm und der Ehre Romas.


    ich unwürdiger Fremder habe eine geschäftliche Frage an dich:
    In deinem Besitz befindet sich eine junge britannische oder gallische Sklavin, die wohl, so verzeihe mir diese Bemerkung, dir nicht von großem Nutzen ist. Ihr Name ist Eirean.


    Ist denn diese deine Sklavin tageweise zu mieten?


    Über einen angemessenen Preis werden wir uns bestimmt einig, du wirst zufrieden sein.
    Ich erwarte deine Antwort in Demut.
    Vale bene


    Anis von Alexandria
    Wahrsager und Astrologe
    Subura ,
    Gebäude ehemalige Bäckerei Rufus Gellius Paterculus, Parallelstraße ehemaliges Lupanar Ganymed, dreimal klopfen
    ROMA

    Der junge Mann, der nun eintrat, war eindeutig weder Sklave noch Peregrinus.
    Seine Haltung und seine Art, sich zu bewegen, ließen entweder auf jemanden schließen, der sich täglich Leibesübungen unterzog oder auf einen Militärangehörigen. Hairan, der den Neuankömmling als Römer erkannte, tippte auf Letzteres.


    Vielleicht war er sogar der Herr jenes älteren griechischen Sklaven mit den vielen Wünschen und den vielen Sesterzen, der kürzlich bei ihm gewesen war.


    Hairan sah dem neuen Kunden in die Augen und ließ sich Zeit; er wußte, dass sein schwarzer kalter Blick Eindruck machte.

    Es gefiel dem Parther, dass der junge Mann höflich, respektvoll und leise grüßte. Es erinnerte ihn an die Zeiten, als er in seinem eigenen Land ein angesehener Herr war und kein peregrinus in einem Elendsviertel wie jetzt.
    Außerdem zeigte es, dass der Römer die Götter ehrte.


    „Salve, Sohn des Mars“, sagte der Hairan für seine Begriffe fast schon überschwenglich freundlich: - mit Sohn des Mars lag man bei römischen Bürgern nie falsch, führten sie doch sämtlich ihre Abstammung auf den Kriegsgott zurück:
    „Ich nehme an, dieses Geschenk gilt einem besonderen Menschen in deinem Leben. Was genau hast du dir vorgestellt ?“

    „Tritt ein, Freund!“, rief Hairan.


    Er saß wie immer, wenn er auf Kundschaft wartete, hinter dem schwarzen Tisch in dem Empfangszimmer, das die ganze Grundfläche des Erdgeschosses einnahm.
    Die blutrot gestrichenen Wände, die überlebengroßen Bildnisse der aegyptischen Götter Anubis, Horus und Sachmet, der Löwenköpfigen, an der dem Eingang gegenüberliegenden Wand, die schweren Vorhänge in der Farbe dunklen Purpurs, der parthische Dolch und der Totenschädel mit den Kristallen in den Augenhöhlen auf dem schwarzen Schreibtisch , das sah nach Hairans Meinung gediegen und geheimnisvoll aus.


    Ein leichter Luftzug brachte wie immer Glöckchen und Münzen, die unter der Dachluke aufgehängt worden waren, zum Klingen. Der Weihrauch aus der kupfernen Schale auf dem Schreibtisch stieg in hellgrauen Schwaden zur Decke.


    Hairan war gespannt, wer sein Kunde war. Aber er zeigte keinerlei Regung, sondern saß still und starr auf seinem Platz und hielt die schweren Augenlider halb geschlossen, als gäbe er sich spirituellen Betrachtungen hin.

    Wenn Hairan alleine war und keine Abwechslung um ihn her - sei es der Lärm der üblen Spelunke am Tiberufer, die Taverne Zum Blinden Esel oder Besuche in Lupanaren - dann krochen aus den Falten der dunkelpurpuren Vorhänge die Schatten der Vergangenheit, und er fühlte ihre Last.


    Dann legte der Parther das Bildnis einer jungen Frau vor sich auf den Tisch.
    Das Porträt wirkte durch leuchtenden Farbpigmente, die mit warmen Wachs als Bindemittel auf eine Holztafel aufgetragen worden waren, wie lebendig. Die verwendete Maltechnik war zwar aufwendig und kostspielig, garantierte jedoch auch lange Haltbarkeit der Farben.




    Hairan küsste das Bild und die schwarze zierliche Handschrift des Papyrus, mit der Geschichte des Königs auf dem Berg, der immer auf seinem Schreibtisch lag.
    Er wurde sehr nachdenklich und sprach:
    " Meine Nannaia!"


    Dann legte er beides zur Seite.

    Hairan kam vom Lupanar Ganymed, das nun nicht mehr existierte, zurück in die ruhigen Räumlichkeiten des Anis von Alexandria.
    Er öffnete die Tür zum Garten und stellte einige Tonlampen auf. Für seine Arbeit brauchte er so viel Licht, wie er bekommen konnte.
    Er hatte vor, den katádesmos , die Fluchtafel für Terpander, anzufertigen, dazu benötigte er ein gutes Auge und eine ruhige Hand.


    Der katádesmos oder wie man es auf Latein nannte,die Defixion, beides leitete sich von dem jeweiligen Wort für "binden, fixieren" ab, wurde auf dünnes, etwa handgroßes Bleiblech geritzt.. Vorzugsweise gebrauchte Hairan umgekehrte oder Spiegelschrift, diese und auch Blei als wertloses, düstergraues Trägermetall waren Symbole der „verkehrten Welt“, des Chaos, das die Götter der Unterwelt liebten.


    Hairan schrieb mit einem Griffel folgende die Worte in den Blei. Er mischte griechische und lateinische Begriffe und ließ keinen Abstand zwischen den einzelnen Wörtern. Den eigentlichen Fluch schrieb er rückwärts.


    O Hekate ,die Erdgeborene, es folgte eine Anrufung der drei Erynien , der aegyptischen Götter Sachmet und Anubis, den er als Herrscher bezeichnete, der Todesdaimones und dann die Bitte um Gerechtigkeit.
    Hairan band in beiden Sprachen des Imperiums den unbekannten Feind Terpanders, wobei er in der Ich- Form, als wäre es Terpander selbst, den Fluch verfasste. Alle möglichen Körperfunktionen ja selbst der Verstand sollte dem Fluchopfer versagen!
    Zum Ende bat er noch in lateinischer Sprache darum, dass der Verfluchte weder mit Geld noch mit Taten die defixion aufzuheben vermochte.


    Schließlich sah die Fluchtafel so aus:


    OHEKATECHTHONIA
    KYRIAALEKTO
    KYRIAMEGAIRA
    KYRIATISIPHONE
    DOMINASACHMET
    TYRANNUSANUBIS,
    CHTHONIOSDAIMON
    NEKYDAIMONES
    TIEKGITHCEREGMUHCIETTIBGITUMED
    OGIFEDDNUODATAK
    DNIEFNENIEM
    EGOMNIESHCUASEREW
    TMHALEGREDEILGEID
    DNILBNEGUAEID
    BUATNERHOEID
    HCAWHCSEMRAEID
    TMHALEG DNATSREV NED
    EDNE SESOB NIE
    NEQUE SE POSSIT REDIMERE
    NULLA PECUNIA NULLAQUE RE




    Hairan arbeitete mehrere Stunden, aber dann war er zufrieden.
    Er legte die vorbereitete Fluchtafel sorgfältig in ein weißes Leinentuch gewickelt in seine Truhe.


    Draußen war es dämmrig geworden, und er dachte bei sich, dass jetzt Kyriakos und sein Lupo kommen könnten. Doch wer wußte es, ob sie dazu in der Verfassung waren.


    Vorsichtshalber traf Hairan mit einem gläsernen Fläschlein, das mit einer braunen trüben Flüssigkeit gefüllt war, und einem Krug Wein aus seinen Vorräten die letzten Vorbereitungen.



    Sim-Off:

    Text: O Hekate Chthonia , kyria Alekto, kyria Megaira, kyria Tisiphone, domina Sachmet tyrannus Anubis, Chthonios Daimon, nekydaimones, katado und defigo meinen Feind, wer es auch sein möge , die Glieder gelähmt ,die Augen blind , die Ohren taub,die Arme schwach, den Verstand gelähmt, ein böses Ende. Weder mit Geld noch mit Sachen soll er den Fluch aufheben können.

    Zitat

    Original von Kyriakos
    "Und wenn am Ende alles zu Asche wird, was ich berühre, so werde ich aufrecht durch die Asche gehen und meine graue Krone mit Stolz tragen. Ich fürchte deine Götter nicht, Sklavin. Denn ich bin mein eigener Gott.".


    Hairan zog eine Augenbraue hoch. Er erkannte Hybris, wenn er ihr begegnete: Kyriakos schmähte die Götter.
    Hairan lächelte fast bedauernd.
    Mein armer Freund, dachte er, für dich wird es niemals eine Krone geben, sondern nur Asche, und darin watest du sozusagen schon bis zu den Knien.



    Hairan hörte der Sklavin zu. Eine Barbarin natürlich, ihm blieb auch nichts erspart.
    Als sie den Zusammenhang ihrer Visionen mit Jungfräulichkeit erwähnte, schüttelte er den Kopf und sagte : „Manchmal ist die kultische Reinheit gemeint, das hat mit Jungfräulichkeit nicht immer etwas zu tun. Aber davon verstehst du nichts.“


    Die Sklavin hatte einen daimon, aber weder Kenntnisse noch Kontrolle über ihn. Um so besser, die Kontrolle würde er, Hairan, haben . Wenn er Eireann denn in die Finger bekäme.
    Er war entschlossen, ihrem Herren zu schreiben.


    Mittlerweile gab es entschieden zu viele Urbaner um sie her.
    Hairan, der ihnen keinesfalls auffallen wollen, beschloss zu verschwinden.


    Er interessierte sich wenig für das Wohl anderer Menschen , und obwohl er mit seinen Pflanzenkenntnissen durchaus hätte helfen können,zog er vor, zu schweigen: Es war ein zu kurzer Sprung von Heil- zu Gifttränken, und die Urbaner würden diese Schlussfolgerung zweifellos ziehen.


    Der Parther zog seinen Umhang fester um seinen Körper und machte wortlos sich auf den Heimweg,



    Hairan streckte die Hand aus, um zu verhindern, dass die Sklavin zu Boden stürzte. Sie war blass und zitterte und schien jetzt nur ein verwirrtes, ängstliches Mädchen zu sein.


    Hairan hätte ihr gerne nephentes, mit Opium versetzen Wein, gegeben, um sie ruhiger und zugänglicher zu machen, aber er konnte nicht wagen, sie mit in sein Haus zu nehmen. Schließlich war sie Eigentum eines Römers und ihr dominus, Appius Furius Cerretanus, war laut der Auskunft von Kyriakos anwesend.


    Was er noch wissen wollte, konnte er auch so erfahren.


    „Bleib auf deinen Füßen stehen !“, knurrte er sie anund heftete seinen kalten Blick auf sie:
    „Beantworte mir meine Fragen, Weib : Wie heißt du, woher kommst du und wie lange schon sucht dich der Weissagedaimon heim?“


    Ein Optio kann mit der Frau nichts anfangen, dachte Hairan, aber ich kann es.

    „Schade!“, Hairan wiegte bedauernd den Kopf. Das Mädchen mit dem daimon gehörte also einem Römer.
    Nach Hairans Meinung gingen viele Römer zu sentimental mit ihren Unfreien um, aber dieser Optio der Urbaner schien seiner Sklavin ihren Platz gründlich gezeigt zu haben, denn sie war wirklich in einem schlechtem Zustand. So etwas respektierte Hairan.


    Was ihn störte, war das Wort „Urbaner“. Wahrsagerei und Astrologie waren zwar nicht strafbar, aber Schadenszauber war ein Delikt und veneficium ein Kapitalverbrechen, sofern die Opfer daran starben. Hairan ging daher Ordnungshütern so weit es ihm möglich war, aus dem Weg.


    „Dann bis nachher, Freund Kyriakos. Ob du Evenor dreckig oder sauber mitbringst, überlass ich deinem Geschmack“
    Hairan grinste über seinen Witz. Leider war Kyriakos heute nicht zu Scherzen aufgelegt. Hairan konnte dessen Kummer sogar nachvollziehen, denn auch er hatte einst alles verloren, was er besaß und sein Besitz war weit wertvoller als ein Lupanar gewesen.


    Nun schaute die Sklavin mit dem daimon dem Parther und dem Griechen direkt in die Augen und sagte: “Lügenzunge. Sprich deine Worte mit Bedacht. Dein Obdach wurde soeben ein Raub der Flammen. Wer weiß, vieleicht bist du der nächste.“


    Hairan sah es ihr ihre Drohung nach. Gerade sprach ihr daimon aus ihr, und sie war nicht bei Sinnen.
    Er beschloss sich mit einem Brief an jenen Optio, den kyrios dieser Unwürdigen, zu wenden. Vielleicht ergab sich eine Möglichkeit, die junge Frau entweder zu erwerben oder zu mieten.
    Hairan entgegnete dem Blick des Sklavenmädchens und machte beiläufig mit der linken Hand die Geste der fica, das Abwehrzeichen gegen den bösen Blick, indem er seinen Daumen zwischen Zeige- und Mittelfinger durchsteckte:


    „Wie ist der Name deines dominus, Weib ?“ , herrschte er Eireann an.

    Hairan schüttelte bedauernd den Kopf.
    Kyriakos schien sich nicht mehr an seine - Hairans - Vorlieben zu erinnern, was zweifellos an dem hier herrschenden Chaos lag.
    Etwas verächtlich musterte er die schmutzigen Lupos.
    Was glaubte Kyriakos von seiner Person ? Dass er einen dieser Jammergestalten an einer Hauswand nehmen würde wie ein Tier ?
    Jetzt seufzte der Parther, holte einen Denar aus seinem Beutel und drückte ihn in Kyriakos' Hand :
    "Such später einen sanften jungen Lupo aus - wo ist eigentlich dieser Kleine abgeblieben, heißt er nicht Evenor ? -
    und kommt zu mir nach Hause. Wo ich lebe, weißt du ja, es ist nicht weit von hier. Ach ja, den kleinen Flötenspieler kannst du auch mitbringen, etwas musikalische Untermalung kann nichts schaden."

    Hairans Hand auf Kyriakos' Schulter wurde schwerer:
    "Und bitte nur zweimal klopfen, sonst denke ich, es handle sich um einen Ratsuchenden."
    Der Parther sprach sanft und spöttisch.


    Dann hob er den Kopf und sah das Mädchen.
    Sie war rußverschmiert und schmutzig, aber zweifellos sehr hübsch , wenn man sie erst einmal eine Stunde abgeschrubbt hatte.
    Sie starrte ihn an und sagte deutlich : “Die Raubkatze kommt zur Schlange. Die Schriften vernichtet. Das Lebenswerk in Flammen.“


    Hairan als magos wußte sofort, was er vor sich hatte: Eine Frau mit einem daimon. Und auch wenn seiner Meinung nach die meisten dieser Unglückseligen nur Unsinniges von sich gaben, wurde doch sein Interesse geweckt:
    Viele Leute glaubten, solche Menschen hätten Verbindung zu den Göttern.
    Vielleicht käme sie für sein Geschäft in Frage.


    Hairan war Eireann schon einmal flüchtig begegnet, doch in diesem Moment erkannte er sie nicht, so wenig wie sie ihn.


    Hairan selbst hatte sich durch Bart und Kleidung ein würdigeres Aussehen gegeben, und diese Sklavin - sie trug einen Halsring - , die nun vor ihm stand, war nur noch ein Schatten der fröhlichen jungen Frau während der Lupercalia.)*


    Hairan machte eine kurze Kopfbewegung zu Eireann hin.
    "Ist das deine Sklavin, Kyriakos ? Ich kauf sie dir ab. Du wirst gerade wenig mit ihr anfangen können",
    sprach er.



    Kaum war Terpander gegangen, , zog sich Hairan einen Zipfel seines Umhangs über den Kopf und trat auf die Straße, um nachzusehen, was die Aufregung zu bedeuten hatte.
    Der Lärm und der Brandgeruch kamen ganz aus der Nähe, und nun sah der Parther auch dicke Qualmwolken.
    Einer der gefürchteten Brände in der Subura!
    Er näherte sich gemessenen Schrittes dem Ort des Geschehens, und als er näher kam, wurde es Gewissheit:: Das Lupanar Ganymed brannte. Es herrschte ein fürchterliches Chaos - verletzte Lupos , vielleicht auch Tote, Urbanici, Vigiles, Schaulustige und Neugierige; schwelende Trümmer und noch immer standen Teile des Hauses in Flammen.
    Hairan verschränkte sie Arme und sah eine Weile zu.
    Dann erkannte er einen der Männer, es war Kyriakos, der Besitzer des Lupanars. Er schleppte sich voran
    und hielt sich gekrümmt, versuchte jedoch den Vigiles etwas zu erklären.
    Hairan näherte sich, seine schwarzen Augen auf Kyriakos geheftet, und als Kyriakos aufhörte, zu sprechen, tippte er ihm auf die Schulter.
    "Chaire, mein Freund!",sagte er :
    " Eigentlich hatte ich vor, deine Dienste in Anspruch zu nehmen, aber ich habe den Zeitpunkt anscheinend schlecht gewählt."
    Schlecht ist das Stichwort dachte Hairan,in so miesem Zustand habe ich Kyriakos noch nie gesehen. Der Parther ärgerte sich ein wenig, dass er jetzt um sein Vergnügen kam.


    " Hätte es nicht gereicht, einfach die Dekoration umzugestalten?", fragte er und grinste über seinen eigenen Witz.

    Dreißig Sesterze auf den Tisch, immerhin der Preis für eine Tunika, dachte Hairan. Nicht schlecht. Wenn dieser Sklave wiederkommt – und das wird er zweifellos – werde ich ihm andeuten, dass sein dominus mich konsultieren sollte. Noch weiß ich nicht, wer sein Herr ist, doch wenn der Diener Geld hat, handelt es sich hoffentlich um eine eine hochgestellte Persönlichkeit,


    Der Parther nahm die Münzen und stopfte sie in das offene Maul des Totenschädels :
    „Es ist meine Berufung, zu helfen.“,
    sprach er in mildem Tonfall:
    Daher sprich nicht von Mühe, mein Freund.“


    Der hochgewachsene Wahrsager machte eine nachlässige, segnende Geste mit der rechten Hand und fasste sich dann leidend an die Stirn, um seinem Kunden gleichsam zu zeigen, wie sehr der Kontakt mit den übernatürlichen Mächten einen Sterblichen ermüdete.
    Dann deutete er lächelnd zum Ausgang .

    Der letzte Satz Terpanders machte Hairan Spaß. Er beschloss ihn in die Liste von Sätzen, die Anis von Alexandria Ratsuchenden gegenüber verwendete, aufzunehmen, und wäre sein Kunde nicht anwesend gewesen, hätte er ihn schon einmal mit düsterer Stimme geübt :
    „Ich - kenne - die Antwort- der Toten“.


    Wer mochte da widersprechen?


    An dem älteren Sklaven war mehr dran, als auf den ersten Blick sichtbar, aber so war das oft mit diesen Griechen.
    Selbst Hairans stolzes Volk, die Parther, sprachen mittlerweile deren Sprache, schufen Statuen und prägten Münzen im hellenischen Sti, und seine Könige nannten sich, als wären sie ein griechisches Geschlecht, die Arsakiden. Die Griechen waren Lehrmeister der gesamten bewohnten Welt ( und das durchaus auch von angenehmen Genüssen wie der Liebe zu schönen Jünglingen)
    Hairan nahm sich zusammen. Der sehnsüchige Gedanke an schöne Jünglinge war gerade entschieden unangebracht.


    Er sprach also zu Terpander:„ Dann sind wir uns einig, mein Freund. Hier nun der Papyrus, getränkt mit dem Blut eines manticorus, den ich in der Wüste mit der Kraft meines Willens bezwungen habe.“


    Der Parther drehte sich um und nahm aus der kleinen Truhe, die hinter ihm stand, einen Bogen Papyrus heraus. Er hatte ihn mit Indigo blauschwarz gefärbt , was ihm ein unheilvolles Aussehen verlieh.
    Hairan schob den Papyrus mit seinen braunen langen Fingern zu dem Sklaven hinüber.


    Er wollte noch etwas sagen, da bemerkte er, dass der Brandgeruch von draußen noch stärker geworden und auch Tumult und das Gewirr von Stimmen auf den Straßen zu hören war.


    Was war da nur los?


    Hairan erhob sich. Sein fast schwarzer Umhang fiel über seine lange Gestalt. Er zeigte jedoch nach außen keinerlei Neugier auf das, was in der Subura vorging.


    „Ich sage nicht Lebewohl sondern Aufwiedersehen.“, sprach er gemessen:
    „Möge Hekate deine Feinde verderben!“

    „Du hast wirklich weise gewählt.“, sagte Hairan mit seinem kalten Lächeln, das niemals seine Augen erreichte und legte seine Fingerspitzen aneinander.
    So viel Abwechslung hatte er schon lange nicht mehr gehabt. Dieser ältere Grieche musste buchstäblich Todesangst ausstehen und kaufte so wahllos ein, als befände er sich auf einem Gemüsemarkt:


    „Den Papyrus gebe ich dir gleich mit , und du weißt, wie du ihn mit fremdem, gewaltsam entrissenen Blut beschreiben und dann vernichten musst.", sprach der Parther:
    "Die Fertigung des katadesmós dauert wegen der richtigen Konstellation der Sterne, der spirituellen Konzentration und der notwendigen geschlechtlichen Enthaltsamkeit etwas länger.“

    Hairan machte ein sorgenvolles Gesicht, als läge eine harte Zeit körperlicher Askese und geistiger Versenkung vor ihm :
    „Die Fluchtafel werde ich dir von heute an gezählt in sieben Tagen geben, und du musst sie vor der Stadt vorzugsweise in drr Nähe eines Hingerichteten vergraben.


    Für die nekromantia, die Totenbeschwörung, muss ich spezielle Vorbereitungen treffen, und es ist erforderlich, dass du des Nachts zu mir kommst.. Sagen wir auch in sieben Tagen, sobald der Mond untergegangen ist.
    Bring mir in dieser Nacht ein schwarzes Tier mit . Eine Nachricht an die Toten zu übermitteln, erfordert Wasser für die Schatten und ein Blutopfer und Feuer für die Chthonioi, die Götter der Unterwelt.
    Das macht dann fünfzig Sesterze, sobald wir uns wiedersehen.“


    Hairan wollte nicht allzu neugierig sein, denn das vertrug sich schlecht mit seinem Auftreten als allwissender Anis, aber nun fragte er doch:
    Warum mein Freund, möchtest du denn keine Antwort von den Toten, wenn du ihnen schon eine Botschaft sendest?“

    Hairan blieb still sitzen, den schwarzen Blick auf Terpander gerichtet.
    Das wurde ja noch richtig interessant heute. Keines dieser belanglosen Sklavenprobleme , sondern eine Untat , vielleicht sogar ein regelrechtes Verbrechen quälte diesen älteren Griechen.
    Und keinen Geringeren als Göttervater Zeus höchstpersönlich benannte er als Zeugen.

    Ein Mann, von den Erinyen gejagt – das machte ihn Hairan regelrecht sympathisch.


    Das Gerede vom jungen Herren allerdings, der Rat und Unterstützung brauchte, fand der Parther anmaßend. Er hatte in Hyrcania selbst Sklaven gehalten und das Letzte, was er von diesen im Staub kriechenden Kreaturen erwartet hätte, wäre irgendein guter Rat gewesen.


    Da Hairan keine Ahnung hatte, ob dieser Kyriakos wirklich ein Feind war oder nicht , beschloss er dieser Frage auszuweichen, und sich lieber darauf zu konzentrieren, seinem Kunden die vielfältigen Möglichkeiten vorzustellen, die Anis von Alexandria in seinem Angebot hatte:


    „Mein Freund, ich kann dir nicht mehr sagen als mir die Götter aufgetragen haben.“, sagte er in mildem Tonfall:
    „ Den fürchterlichen Erinyen mit Fackeln und Schlangen in ihren Händen entkommt kein Sterblicher."


    Hairan machte eine Pause und schüttelte, als sei er tief betrübt über die bevorstehende Verdammnis des griechischen Sklaven, den Kopf:
    „Du bist also verloren, mein Freund, wenn Anis von Alexandria dir nicht beisteht. “, krächzte er mit Grabesstimme:
    „ Doch fasse Mut !
    Es gäbe die Möglichkeit, die Rache der drei göttlichen Schwestern wenigstens eine Weile von dir fernzuhalten.
    Mit Blut schreibe den Namen deines Zöglings auf einen besonderen Papyrus - den du von mir erhalten würdest, macht nochmal zehn Sesterze.
    Das Blut muss einem Jüngling, der im Alter des Kyriakos steht, als du ihn das letzte Mal gesehen hast, geraubt werden.
    Den Papyrus zerreisse in kleine Stücke und zerstreue sie im Wind.
    Die Göttinnen der Rache werden solange dieser neuen Spur folgen müssen, bis sie jeden einzelnen Papyrusfetzen gefunden haben.
    Das sind dann die sieben Jahre Aufschub, um die du die Unsterblichen betrügst.


    Der Feind aus Fleisch und Blut jedoch -….für ihn mache ich dir eine Tafel aus Blei mit der Anrufung der mächtigsten Götter Aegyptens und der Unterweltgötter , einen
    katadesmós für zwanzig Sesterze , der den, der dir Böses will, wirksam bindet und nicht erlaubt, dass er dir Schaden zufügt.
    Wenn du nachts diese Fluchtafel vor den Toren der Stadt vorzugsweise vor dem Leichnam eines Gekreuzigten vergräbst, opfere außerdem der Göttin Hekate ein schwarzes Tier – es muss ganz schwarz sein, nicht ein einziges weißes Haar darf sich an seinem Körper befinden, diesen Rat bekommst du gratis. “


    Nun sprach Hairan wie ein liebender Lehrer zu seinem Schüler, sanft und weich:
    “Sag mir, mein Freund , welche dieser Möglichkeiten wählst du, dich zu retten ?”

    Na, wie wird es ihm gehen, dachte Hairan, gut hoffentlich und weit weg in Sparta, das ist auch gut.


    Erst dann registrierte er den Namen. Er selbst kannte flüchtig einen Kyriakos, aber das war ein Lupo, und er lebte in Rom.
    Zögling, dachte Hairan, was für ein Wort.
    Vermutlich ein Jüngling, den du durchgenudelt hast, alter Mann, das kennt man ja bei euch Griechen, aber gut, Zögling.
    Hairan merkte , dass er bei der Vorstellung körperlich zu reagieren begann.
    Bei Hekate, ich muss wirklich mal wieder ins Ganymed, dachte er, dann konzentrierte er sich wieder auf den Kunden.


    Schlechter Zustand , was wollte das sagen ? Krank ? Lebt der Bursche jetzt oder ist er tot?
    Kann ich mir eigentlich aussuchen, dachte Hairan. Doch diesem Sklaven scheint das Ganze wichtig zu sein, er bringt es fertig und prüft das nach. Ich muss da anders vorgehen.


    Hairan schaute starr in weite Ferne und streute ein wenig Weihrauch in die Schale.
    Mit dem Finger der linken Hand bewegte er einen kleinen Hebel, der unter der Tischplatte angebracht war. Eine dünne, im Dämmerlicht nicht wahrnehmbare Schnur lief bis zu dem dunkelpurpurenen Vorhang und bewegte und schüttelte ihn.


    Hairan stieß ein Stöhnen aus und warf den Kopf zurück :
    „Oooooooooooo“,
    dann hob er beschwörend die Hände :
    „ Seit sieben Jahren
    zwischen Leben und Tod
    Kyriakos, Spartas Sohn .
    Hüte dich,
    du hast einen Feind
    und er ist sehr nahe!“
    Viel näher als du denkst „

    rief er mit kräftiger, sich überschlagender Stimme aus und knallte den Kopf, als wäre er völlig erschöpft, auf den Tisch.


    Das mit dem Feind, der sehr nahe war, war immer sehr wirkungsvoll und steigerte den Absatz von Schutzamuletten und Gegen- Fluchtafeln ungemein.


    Hairan keuchte nun, wischte sich über die Augen und hob den Kopf:
    Oh, niemand glaubt mir, welche Qual es ist, mit den Göttern sprechen zu können!“, stieß er hervor und seine schwarzen Reptilaugen glänzten tränenschwer.


    „ Was ist geschehen?“, flüsterte er :
    „Habe ich etwas gesagt?“


    Er schaute um sich, als hätte er Furcht.

    Der Parther nahm die Münzen und legte sie dem Totenschädel in den offenn Mund. Der Sklave hatte das Geld sehr bereitwillig herausgerückt. Offenbar gab es, dort wo das herkam, genug davon.


    Hairan wickelte ein weißes Leinentuch um seine Finger, ergriff die erste der Schriftrollen und führte sie an Nase und Auge. Er prüfte sie genau auf eventuelle Verfärbungen, denn es gab durchaus Gifte, mit denen man solche Seiten so präparieren konnte, dass der Leser zumindest schwer krank wurde .
    So verfuhr er mit allen drei Exemplaren.


    Bei der dritten Schriftrolle bemerkte er, dass eine winzige Ecke fehlte. Hatte die etwa jemand abgebissen?


    Imprägniert mit einer Flüssigkeit waren die Schriftrollen aber eindeutig nicht.


    Nun prüfte Hairan nach , ob sie verflucht waren. Er rollte jede einzelne zusammen, schloss die Augen und hielt sie sich an die Stirn.
    Bei wertvollen Gegenständen spürte der Parther regelmäßig Flüche auf und bot sich an, diese katádesis, den Bindezauber , samt Gegenstand unschädlich zu machen, aber der Besitz der Schriftrollen interessierte ihn nicht.


    Hairan stieß eine Art Stöhnen aus, und wiegte sich hin und her.
    Gleichzeitig klingelten die aufgehängten Glöckchen und deutlicher Brandgeruch drang durch die Luke..


    „ Hekate, die Göttin der Kreuzwege und die löwenköpfige Sachmet sagen mir, dass kein Fluch auf diesen Schriften liegt.“, sprach er: dumpf und starrte in weite Ferne:
    " Sie spricht aber auch Folgendes: Wenn der Verdacht eines Fluches besteht, sollte man sich jedoch keinesfalls mit dem Mund oder einer anderen Körperöffnung dem betreffenden Gegenstand nähern.“
    Dieser sanfte Tadel wegen der abgebissenen Ecke musste sein.


    Hairan rollte eine der Rolle ein Stück auf und warf nochmal einen Blick auf die Schrift – graphologische Kenntnisse waren nicht schwer zu erwerben, beeindruckten aber immer wieder, und diese Schrift war so regelmäßig und gestochen scharf, dass sie eindeutig von einem berufsmäßigen Scriba angefertigt worden war.


    „ Hekate verrät mir, dass ein junger Mann diese Schriftrollen verfasste..oh, nun kann ich ihn deutlich sehen. Er hat durchaus eine eigene Persönlichkeit, doch hier nimmt er sich zurück und ordnet sein ganzes Wesen der äußeren Form und Harmonie unter.
    Die Schriftrollen sind frei von Flüchen. Ihr Verfasser ist freundlich gesinnt.“,
    endete
    Hairan :
    „Nun zum zweiten Punkt. Wie war das ? Du wolltest etwas über einen Gefährten aus der Vergangenheit wissen?“


    Hairan machte eine erwartungsvolle Kunstpause. Er hoffte doch sehr, dass der Kerl mit weiteren Informationen herausrücken würde.
    Mit so dunklen Andeutungen konnte er nichts anfangen.

    Ein Sklave und bestimmt Grieche von werweißwoher, dachte Hairan.
    Sklaven waren langweilig.
    Entweder hatten sie Ärger mit ihrem dominus oder Ärger mit einem Mitsklaven oder – der Gipfel der Belanglosigkeit – irgendeine dumme Liebesgschichte am Laufen.


    Waren sie ehemalige Kriegsgefangene, machten sie sich manchmal Sorgen um Angehörige in ihren Heimatländern. In diesem Fall war es gut, ein wenig Mythologie andererr Völker zu kennen und diesen Sklaven entweder zu versichern, allen ginge es hervorragend oder dass die Verwandten im Elysium weilten, vorzugsweise zu Rechten eines Gottes, den man getrost vage beschreiben konnte.


    Dieser Sklave allerdings war bereits ein älterer Mann, bei dem es bestimmt nicht um eine kindische Liebesbesessenheit ging.
    Und der Grieche führte eine respektvolle Sprache. Er nannte Hairan "Meister" , wußte also, was sich gehörte.
    Gegenstände auf Zauberei zu untersuchen – das hatte Hairan auch länger nicht mehr gemacht, das klang nach Abwechslung.
    Und auch wenn Sklaven völlig belanglos waren, hatten manche von ihnen genügend Einfluss, ihre Herren zu überzeugen, Hairans Dienste in Anspruch zu nehmen.


    Das alles ging Hairan durch den Kopf, aber er bewegte keinen Muskel seines Gesichtes.
    Stattdessen fixierte er den Neuankömmling mit starrem Blick.
    Er wußte, dass seine schwarzen Augen kalt und einschüchternd wirkten
    Erst nach mehreren Minuten dann sagte er langsam:
    „Salve, mein Freund.
    Nimm Platz in einem der beiden Sessel.
    Anis von Alexandria sieht, was sein wird und sieht, was gewesen ist..
    Das macht dann zehn Sesterze.“

    Hairan saß in seinem Empfangszimmer, das nach seinen Entwürfen gestaltet worden war.


    Die Wände waren blutrot gestrichen. Ein lokaler Künstler hatte aegyptische Götter aufgemalt oder was er für aegyptische Götter hielt, denn er kam nicht aus jener Gegend..
    Aber Anubis mit dem Schakalkopf, Horus mit dem Falkenkopf und Sachmet, die Löwenköpfige, die Krankheiten brachte, konnte man gut erkennen; sie ragten grellfarbig und überlebensgroß an der Rückwand emphor.


    Vor der Götterwand stand ein schwarzer Tisch. Darauf befanden sich eine Weihrauchschale , ein Dolch mit seltsamen Zeichen auf der Schneide und einem schlangenköpfigen Griff und ein menschlicher Totenkopf, in dessen Augenhöhlen zwei Kristalle funkelten.

    Hinter dem Tisch stand ein Sessel, vor dem Tisch derer zwei. Sitzflächen und Rückenlehne waren aus schwarzen Lederbändern geflochten.


    Licht und Luft fluteten durch eine Luke an der Decke hinein, denn es gab in dem großen Raum keine Fenster., und daher hatte Hairan auch nichts vom Brand in seinem bevorzugten Lupanar Ganymed bemerkt.
    Dass ab und zu ein leichter Brandgeruch zu spüren war, war in einem Stadtteil mit Dutzenden von Garküchen normal.


    Ein leichter Luftzug bewegte Glöckchen und Münzen, die unter der Luke aufgehängt worden waren. Der Weihrauch aus der kupfernen Schale kräuselte sich und stieg zur Decke , die dunkelpurpurnen Vorhänge, die die Tür zum Garten verdeckten, blähten sich, als würden sie von unsichtbarer Hand bewegt.
    Das alles konnte einfachen Gemütern Angst einjagen.


    Hairan saß in einem Sessel hinter dem Tisch und las das Vorwort zu einer Schriftrolle, welche „Der Garten des Tartaros „ hieß, er küsste die schwarze Schrift und dachte kurz an sein schönes Weib im fernen Hyrcania, das diese Worte geschrieben hatte:


    Der König auf dem Berg



    Es war einmal ein König, der lebte in einer wunderschönen Stadt auf einem Berg.
    Aber dieser König war etwas Besonderes, denn er war nicht nur ein König, sondern ein Giftmischer und Mörder.
    Er züchtete in seinem Garten Arzneipflanzen, nicht nur Bilsenkraut und Nieswurz, sondern auch Schierling, Fingerhut und Doryknion. Er säte und pflanzte sie selbst im königlichen Palast und hatte es sich zur Aufgabe gemacht, ihre Früchte und Säfte kennenzulernen und zur rechten Zeit zu gewinnen.


    .Der König tötete zunächst Sklaven, verurteilte Verbrecher und Kriegsgefangene, dann die Freunde seines Vaters, dann seine eigenen Freunde und als es niemanden mehr gab, den er töten konnte, behielt er mitnichten seine Taten für sich.
    Er schrieb das Buch über Gifte, was nun vor dir liegt, geschätzter Leser, und hinterlegte es in der Bibliothek von Alexandria.
    Dann starb der König auf dem Berg und vererbte seine wunderschöne Stadt dem römischen Volk *
    .


    Hairan wollte gerade weiter lesen, da klopfte es dreimal an die Tür. Der Parther legte die Schriftrolle zur Seite:
    „Komm herein, Freund, die Tür ist offen!“


    Ein Kunde, sehr schön. Hairan wartete regungslos, die Finger ineinander verschränkt.



    Sim-Off:

    * Sehr frei nach Plutarch, über das Leben des Königs Attalos III von Pergamon, * 171 v. Chr.; † 133 v. Chr.

    Das geeignete Haus für seine Zwecke zu finden, war nicht einfach, doch schließlich fand Hairan es in der Subura – der Anbau einer heruntergekommenen Insula, der früher eine Bäckerei gewesen war. Hinter dem Anbau und der nächsten Insula lag ein kleiner, verwahrloster hortus – und genau deswegen hatte Hairan das Gebäude ausgewählt.


    Hairan nannte sich Anis von Alexandria.


    Obwohl er einer Tradition entstammte, die mindestens genauso alt und ehrwürdig war wie die Weisheit Aegyptens, hätte er diese Tradition nie für niedrige Zwecke eingesetzt. **


    Daher hatte er als Künstlername für sein Wahrsagegeschäft "Anis von Alexandria " gewählt. Das ehrwürdige Alexandria galt allgemein als Hort geheimen Wissens und magischer Künste.


    Die Arbeit als Wahrsager war einfach, wenn man langes Leben und den Segen der entsprechenden Götter voraussah – und dann den einen Mann oder die Frau, die der Erfüllung des Glücks im Wege waren.


    Auf diese Weise erfuhr Hairan fast immer, was er wissen musste:


    Es kamen junge Männer zu ihm , die sich verschuldet und dennoch keinen Zugriff auf das Vermögen der gens hatten, da sie unter der patria potestas standen.
    Ehefrauen, die von ihren Männern misshandelt wurden.
    Ehemänner, die die Scheidung wollten, aber nicht konnten, weil das Geld im Haus der Familie der Frau gehörte.
    Jünglinge, die ihre Rivalen um die Gunst ihres Mädchens oder
    eines anderen Jünglings hassten.
    Sklaven, die ihre ungerechten Herren verabscheuten
    Sklaven, die ihre gerechten Herren verabscheuten.
    Geschäftsleute, die ihre Konkurenten in den Staub treten wollten.
    Soldaten, die ihrem Centurio die Furien auf den Hals wünschten. und so weiter.


    Dann verkaufte Hairan ihnen unter viel Gemurmel – er behauptete, es wäre Altägyptisch, tatsächlich hätte er ihnen auch parthische Küchenrezepte aufsagen können – einen Schadenszauber.
    Das war streng genommen schon illegal, weil Schadenszauber vor Gericht wie ein Anschlag auf Leib und Leben behandelt wurden.*



    Einige wenige der Kunden Hairans jedoch waren noch kühner in ihren Zielsetzungen.


    Und erst dann gab Hairan ihnen das, was seine eigentliche Berufung war : Ein Gift nach Wunsch.
    Es gab Gifte, die schnell töteten, Gifte, die eine lange Krankheit vortäuschten und – Hairan war mit ihrer Entwicklung beschäftigt – Gifte, die nur den Verstand zerstörten und ihr Opfer zwar lebend, aber als leere Hülle zurückließen.


    Deshalb brauchte er den kleinen hortus. Dort wuchsen verschiedene Pflanzen.


    Doch wie gesagt , wenige Kunden waren in ihren Zielen so kühn, dass Hairan ihnen seinen Dienst als veneficius anbot.



    Sim-Off:

    ** Magoi, Feuerpriester in Parthien https://www.welt.de/geschichte…uerpriester-aus-Iran.html


    Sim-Off:

    *Lex Cornelia de sicariis et veneficis: Gesetz über Tötung (insbesondere Giftmord), Brandstiftung und Bandenbildung.

    Anis von Alexandria


    Wahrsager


    Astrologe


    Magus



    Alle Geheimnisse werden offenbart, nichts bleibt meinem Auge verborgen



    Einfache Weissagung : 6 Sesterzen


    Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft : 10 Sesterzen


    Beratung und Lösung von Problemen : Nach Vereinbarung



    Bitte dreimal klopfen .



    Da es schon vorgekommen war, dass die Halle des Magus ohne Anklopfen betreten wurde, existierte neuerdings ein gemaltes Schild für Leute, die des Lesens nicht mächtig waren:




    Sim-Off:

    Jeder, der etwas über seine Zukunft wissen, einen Liebeszauber oder einen Fluch kaufen möchte, ist herzlich eingeladen, einzutreten.