Beiträge von Decimus Furius Valentinus

    Valentinus warf nur einen kurzen Blick hinein in den dunklen Raum, der Anblick von Pollux' verletzen Bruder gefiel ihm ganz und gar nicht. Pollux Geschichte war nun auf jeden Fall bestätigt und Valentinus konnte die 100 Sesterzen hergeben, ohne davon ausgehen zu müssen, betrogen worden zu sein.


    "Dein Bruder braucht das Geld wirklich mehr als ich, passt gut auf es auf."

    Valentinus folgte Pollux weiter, die Orientierung hatte er völlig verloren und er versuchte auch gar nicht mehr, sich den Weg zu merken. Falls er wieder aus der Subura hinaus kommen wollte, war er auf die Hilfe seines Führers angewiesen. Bei dem Gedanken wurde dem junge Furier etwas mulmig zu Mute.


    Während Valentinus nachdachte, kletterte Pollux auf einige Kisten, öffnete einen Fensterladen und fragte in die Dunkelheit nach einem Castor, der wohl sein Bruder war. Dessen Zustand schien sich nicht verbessert zu haben, wie Valentinus an Pollux' besorgten Blick ablesen konnte.

    Valentinus folgte dem Bettler hinein in das Elendsviertel der Stadt. Die Subura hatte der junge Furier stets gemieden und das aus gutem Grund, wie er mit jedem Blick feststellte. Überall lag Unrat herum und es stank schrecklich. Valentimus versuchte gar nicht mehr, den angewiderten Ausdruck auf seinem Gesicht zu verbergen. Dennoch folgte er seinem Führer, der sich hier bestens auskannte. Ohne ihn hätte er sich längst in dem Labyrinth von kleinen Gassen verlaufen.


    Mitleidig lauschte Valentinus der Geschichte des Bettlers über dessen Mutter, die ihr Leben für das ihrer Kinder gegeben hatte. Er wagte jedoch nicht zu antworten, um nicht versehentlich die eine oder andere Fliege zu verschlucken.


    Auch Valentinus hörte den Lärm, wusste aber nicht, was der Auslöser für diesen war. Er wollte gerade danach fragen, als sein Führer ihn wieder ansprach und dem jungen Furier seinen Namen verriet.


    "Es freut mich dich kennenzulernen, Pollux. Ich bin Decimus Furius Valentinus."


    Stellte er sich vor und folgte Pollux immer weiter in die Subura.

    Als der Bettler aufstand, fürchtete Valentinus schon, dass dieser auf ihn zu kommen würde, doch glücklicherweise blieb er stehen, wo er war.


    Der junge Mann schien zu bemerken, dass Valentinus sich nicht sicher war, ob er es mit einem Betrüger zu tun hatte oder nicht. Als dieser dann anbot, dem jungen Furier den Ort des Überfalls zu zeigen, wuchs das Misstrauen Valentinus', gleichzeitig wollte er aber auch helfen. Unschlüssig trat er von einem Bein aufs andere, dann willigte er ein.


    "Gut, führe mich zu deinem Bruder."

    Als Valentinus sich umdrehte, sah er, dass die Stimme, die er gehört hatte zu einem Übel zugerichteten Jüngling stammte. Er war schmutzig und getrocknetes Blut klebte an seinen Armen. Der Bettler sah wirklich erbärmlich aus, und er stank auch so. Dennoch versuchte Valentinus seinen angewiderten Blick zurückzuhalten. Als der junge Furier hörte, dass der Bruder des jungen Bettlers wohl noch übler zugerichtet war, wollte Valentinus dem um Hilfe Bittenden fast schon einige Münzen geben, doch mitten in der Bewegung stoppte er. War es nicht leichtsinnig, nur kurze Zeit nachdem man von einem seriös wirkenden Verkäufer betrogen worden war, gleich einem Bettler eine haarsträubende Geschichte zu glauben? Die Verletzungen des jungen Mannes konnten von etwas ganz anderem kommen, womöglich hatte er nicht einmal einen Bruder. Doch falls die Geschichte stimmte und Valentinus diesem fennoch kein Geld gab, war er vielleicht Schuld am Tod eines Mannes.

    Außerhalb der Traiansmärkte blieben die beiden also stehen und Valentinus wartete, während Tiberios sich die drei Pergamente genau ansah. Da dem Sklaven bei den ersten beiden Blättern scheinbar nichts Ungewöhnliches aufzufallen schien, fühlte sich der junge Furier bestätigt in seiner Annahme, nicht betrogen worden zu sein. Er wollte schon etwas sagen, als Tiberios den Beteug bemerkte. Der junge Furier sah sich das Blatt nun selbst an und bemerkte die feinen Linien ebenso. Schlagartig änderte sich Valentinus' Mine. Dass der Verkäufer ihn doch über's Ohr gehauen hatte ärgerte ihn sehr. Zu Tiberios sagte er:


    "Du hast doch recht gehabt, ich wurde wirklich betrogen. Eine Unverschämtheit!"

    Valentinus sah noch einmal in den Laden zurück und antwortete Tiberios dann:


    "Denkst du, der Verkäufer hat mich über's Ohr gehauen? Er hat einen seriösen Eindruck gemacht. Mir kam er nicht wie einem Betrüger vor."

    Der junge Furier dachte noch einmal nach, seufzte dann und sagte weiter:


    "Aber schaden kann es ja nicht. Du kannst dir das Pergament draußen ansehen."

    Valentinus stellte fester, dass er wohl etwas zu bescheiden gewesen war und den Maiordomus dadurch verunsichert hatte.


    "Du brauchst dich nicht dafür rechtfertigen, dass du Tinte von guter Qualität kaufst. Ich sollte eher erfreut sein, dass du als Maiordomus der Casa Furia so vorausschauend denkst."