Fango senkte den Kopf. Ihm wurde bewusst, wie unsensibel er die traurige Information überbracht hatte, weil er selbst noch mit dem Verarbeiten beschäftigt war. Er hatte es korrekt machen wollen und dabei wie ein Arschloch geklungen, dem der Tod der Kameraden gleichgültig war. In Wahrheit stand er kurz vor dem Heulen und nur die Fassade der Korrektheit rettete ihn vor einem Nervenzusammenbruch. Die Fassade krümelte in sich zusammen, als er den Schmerz des Centurios spürte und die entgeisterten Blicke der Milites sah.
"Es tut mir leid", sagte er leise. "Als wir in der Station ankamen, empfingen uns Männer in der Ausrüstung von Milites. Sie wirkten verlottert und haben sich nicht militärisch korrekt benommen. Das ist nur, was ich später hörte, da ich zu dem Zeitpunkt nicht bei den Offizieren im Raum war. Ich glaube, unsere Offiziere haben gespürt, dass etwas nicht stimmte, jemand erzählte auch was von vergiftetem Wein. Nur Augenblicke später ist alles eskaliert. Es kam zu einem Gefecht und die Betrüger wurden vom Subpraefectus Germanicus und vom Vexillarius Matinius teilweise erschlagen, teilweise in die Flucht getrieben. Dann fanden die Kameraden auch die Leichen der echten Benefiziarier. Ich gehörte zu denen, welche die Flüchtigen verfolgen und einfangen sollten, mit partiellem Erfolg. Die Gefangenen wurden verhört und dann weiß ich nicht."
Er endete sehr schnell und leise, denn das war der Abschnitt, an den er sich nicht erinnern wollte, die Momente an der Schwelle zwischen Leben und Tod, als Menschen, die gerade eben noch geatmet und geguckt hatten, ausgelöscht wurden. Beim Gefecht zuvor war er nicht dabei gewesen, ebensowenig in dem Augenblick, als man die ermordeten Kameraden gefunden hatte. Doch den Moment des Verhörs hatte er miterlebt. Manch einer nahm ihm vermutlich übel, dass ihn das Schicksal der Feinde betroffener machte als das der eigenen Leute, aber das waren nun einmal die schrecklichen Dinge, die er selbst gesehen hatte, die er zum Teil auch selbst mit Blut gefüllt hatte. Fango presste die Lippen zusammen, so dass seine schwarzen Bartstoppeln sich aufrichteten, und blickte wieder voller Schmerz wieder auf. So viele Tote in nur einer Nacht.
"Wir haben die Toten anschließend getrennt. Die Körper der Gegner wurden notdürftig vergraben und mit Ästen und Steinen bedeckt, es brennt ja bei dem nassen Wetter nichts. Die gefallenen Kameraden wurden geborgen, würdig niedergebettet. Sie harren nun in einem der Räume ihrer Abholung und Bestattung."
Es fühlte sich schrecklich an, einen Körper ohne jegliche Körperspannung anzuheben oder zu ziehen. Drum hatte Zisimos die Toten in ihre Mäntel gewickelt und sie hatten sie, wann immer möglich, daran getragen, um nicht die Leblosigkeit der Körper spüren zu müssen, wobei er wohl vor allem auf Fango Rücksicht genommen hatte. Zisimos selbst kümmerte ja nichts. Er guckte kurz seine Armbänder an, die aus Zisimos' Filzsträhnen bestanden, und wünschte, sie würden etwas von dessen Unerschütterlichkeit auf ihn übertragen. Tisander hatte ja keins gewollt ...
Er blickte wieder auf.