Beiträge von Aulus Furius Saturninus

    Ich war erstaunt, wie schnell Annaeus Vindex tabula rasa machte, und grinste, während der Verkäufer perplex dreinblickte, die Hand aber auch nicht wegzog. Damit hatten die Annaeer Amor und Psyche UND Iuno ergattert.

    Ich nutzte die Gelegenheit, noch schnell die Pyxis zu kaufen, die preislich etwa dem entsprach, was ich hatte ausgeben wollen und danach standen wir alle drei vor der Taberna.

    "Valete bene Annaeus Vindex und Aennea Crispina!", sagte ich: "Auch mir war es eine Freude...und ich hoffe, dass ich euch bei der Hochzeit sehe."


    Verkäufer


    Kaum waren die Kunden weg, befahl der Verkäufer dem Sklaven Patrokles Andromeda und Perseus zurück in die Vitrine zu schleppen. Die mussten ja auch noch unter die Kundschaft, persische Stammmutter hin oder her.

    Unterwegs sah ich Florus' Klienten Saturninus erneut und nickte ihm zum Gruß zu. Später bei der Cena würde sich bestimmt Zeit zum Plaudern ergeben.


    Dieser dunkle Schopf war ihm wohlvertraut. Umwölkt von süßem Rosenparfum, schritt er durch die Reihen der Gäste hin zu dem Gast, der sich mit Annaeus Florus Minor einen stetigen Wettstreit in Biederkeit zu liefern schien. Furius Saturninus würde Ravilla riechen, bevor er ihn sah, sofern kein Schnupfen seine Nasengänge verstopfte, als der Seius von hinten eine Hand auf die Schulter des Mannes legte. Zu sprechen war nun nicht der richtige Zeitpunkt, so ersetzten die Geste und ein Lächeln den Gruß.

    Ich nickte der Annaea ebenfalls zu, sie sah heute besonders reizend aus. Vielleicht weil das Hochzeitspaar einen solch herzerwärmenden Anblick bot.


    Dann drang Rosenparfüm an meine Nüstern, und einen Moment lang dachte ich an die ebenso liebliche wie geschäftstüchtige Thalia, meine ...hüstel....Philosophielehrerin in Athen. Sie hatte auch immer nach Rosenöl geduftet.


    Aber die Hand auf meiner Schulter gehörte keiner holden Weiblichkeit, sondern Galeo Seius Ravilla, der eine Toga aus rosa Seide trug, und wieder einmal eine aparte Mischung aus Roma und dem Osten präsentierte.


    "Salve Ravilla", formten meine Lippen lautlos, um die Zeremonie nicht zu stören.

    Ich warf Tiberius einen Blick zu, als der Mann nun den Pseudo- Brutus gab und uns entgegen donnerte, dass wir uns vor den Iden des März hüten sollten. Auch ich hätte gerne eine Antwort parat gehabt, doch in einer Sache hatte der Träger der verrutschten Toga recht : Ich war jung, und ich war neu.

    Ich rettete mich in verwaltungsgemäße Sachlichkeit:

    " Roscius Fabiatus, du wolltest dich zur Wahl stellen?", fragte ich höflich den einen und den Unbekannten mit der großen Geste:
    "Und dein Einwurf war als Willenskundgebung zu verstehen, dass du ebenfalls kandidieren möchtest, Freund des Wagenrennsports - wie war bitte dein Name?"


    Roscius Fabiatus hatte sich jedoch die Rede von Tiberius angehört und erwiderte:

    " Nein, das wollte ich nicht, junger Freund. Ich bin auch nicht gegen Freund Flaccus, im Gegenteil, so wie ein Pferdegespann ein Leitpferd braucht, so braucht auch eine Factio einen Dominus, und das ist keine Dictatur! "

    Man sah dem Mann an, dass er das starke Wort hier für unangebracht hielt.

    " Ich hatte es so gemeint wie von Florus Minor beschrieben.", warf ich ein, denn ich hatte den Kaiser als Appelationsinstanz bezeichnet.


    Sich einmal klar zu machen, dass es in jenem achtzehnten Anhang SPQR war, die den Princeps beauftragten und nicht eine Sache, die von Natur oder den Göttern her gegeben war wie bei anderen Völkern, das hatte ich zumindest noch nie bewusst getan.


    Vermutlich hing das damit zusammen, dass es seit Generationen einen Kaiser gab und dass die Verwaltung des riesigen Imperiums auch gar nicht mehr anders zu bewältigen war.

    " Ich persönlich halte unzufriedenes Militär für gefährlicher als einen unzufriedenen Senat.", warf ich ein: "Und unzufrieden war das Militär immer, wenn es an einer klaren und kompetenten Führung in Roma fehlte. Nach dem Tod Neros und nach dem Tod Domitians trat der Fall ein, dass Generäle von ihren Truppen zum Kaiser oder Gegenkaiser proklamiert wurden. "


    Ansonsten schrieb ich das auf, was Ravilla nun seinem persischen Sklaven sagte, denn da er es so schön formulierte, brauchte ich es nicht tun.

    "Wohin sie genau ist, weiß ich erst, wenn sie an mich schreibt.", erwiderte ich wahrheitsgemäß, denn meine Cousine war eine sehr unabhängige Dame.

    Reisen war immer gefährlich und man tat gut daran, die Omina zu beachten und Neptun zu opfern, aber Furia Stella war als Tochter Spartas nicht sehr ängstlich.


    Ich freute mich darüber, dass meine berufliche Laufbahn Sergia Severa zu beeindrucken schien.

    "Ich hatte einen Fürsprecher und Fortuna war mit mir.", sagte ich:

    "Was jedoch ist die Casa Sergia? Eine Villa oder gar eine Insula?"

    Wenn die Sergia ihr Haus alleine verwaltete und zudem noch Mieter aufnahm, musste sie eine ausnehmend tatkräftige Frau sein.

    Bei ihrem nächsten nächsten Satz fühlte ich mich auch wieder etwas wie der einfache Junge aus Parthenope, der das erste Mal die Hauptstadt betrat:

    "Ich kenne die Tempel, aber es wäre mir eine Freude, wenn du sie mir zeigen würdest, verehrte Sergia Severa.", sagte ich und warf einen Blick auf den grimmigen Makitros.

    Ich hätte der Freundin meiner Cousine zu gerne meinen Arm angeboten, doch ihr Custos schaute drein, als würde er ihn mir abhauen, sollte ich mich seiner Domina nähern:

    "Dein Leibwächter macht einen....tüchtigen Eindruck.", bemerkte ich.

    "Sergia Severa", es fiel mir wieder ein, und ich lächelte aus Freude und Erleichterung gleichermaßen: "Stella ist auf Reisen, und ich hoffe, dass es ihr gut geht, bis ich es sicher weiß, wenn ich einen Brief erhalte. Die Post ist heutzutage so schnell, da kann man nur staunen.

    Ja, und ich bin, seit ich aus Parthenope hergezogen bin, weit gekommen, würde ich sagen: Ich bin Primicerius ab Epistulis der kaiserlichen Administration."


    Das klang sehr gut, fast wie "Ein Mitarbeiter des Augustus", auch wenn es mehrere Primicerii gab und man dabei nicht reich wurde:

    "Außerdem bin ich am Lernen. Ich mache gerade einen Kurs über Rechtskunde, um mein Wissen zu erweitern. Das ist sehr interessant. Und mit welchen Aktivitäten gestaltest du deine Zeit, verehrte Severa? - Hättest du Lust, etwas spazieren zu gehen?"


    Ich wies auf das Forum.

    Ich gehörte zu den Klienten, die sich im Morgengrauen, im tadellos angelegten Ehrengewand des römischen Bürgers ins Gefolge des Senators Annaeus Florus Minor eingereiht hatten und ihn in die Domus Iulia begleiteten. Wir alle waren guter Stimmung; doch auch außerhalb aller Förmlichkeit freute ich mich für Florus Minor, der heute an diesem glücksverheißenden Tag seine Hand der hübschen und umsichtigen Iulia Stella reichen würde. Beide hatten lange und in Treue aufeinander gewartet, so weit ich wusste.

    Annaea Crispina schaute hilfesuchend zu uns - sie glich in meinen Augen ein wenig einer lieblichen Andromeda, nur dass das Meeresungeheuer in Gestalt eines arroganten Verkäufers vor ihr aufragte......

    Nur wer würde ihr Perseus sein?

    Ich hatte gerade kein Medusenhaupt zur Hand, den Verkäufer zu versteinern; ich konnte der Annaea nur mein geöltes Mundwerk leihen:


    "Aber die beiden Herrschaften gehören zusammen, daher wäre es doch recht und billig, ihnen auch einen gemeinsamen Preis zu machen. Von der Werbung für deine Taberna ganz zu schweigen...." Ich senkte die Stimme und machte ein geheimnisvolles Gesicht: " ....Denn ja, es geht um Geschenke für die Hochzeit des Jahres."

    Ich sagte nicht, wer heiraten würde, das ging den Mann nichts an, denken konnte er sich ja, was er wollte. ...



    Verkäufer


    Der Verkäufer, der sich übrigens jeden Morgen seinen Mund mit der von Plinius Secundus empfohlenen Spülung aus Myrte, Mastixblätter, syrische Galläpfel und altem Wein ausspülte, auf dass sein Atem der Kundschaft angenehm sei, überlegte einen Moment und sagte dann zu Annaeus Vindex:


    "Beide Statuen zusammen für dreihundert Denare, das ist der äußerste Nachlass, den ich Dir und deiner Begleiterin geben kann. Ich verdiene zwar nichts mehr dabei, aber es geht mir auch darum, meine Werke in einem...nun gewissen niveauvollem Rahmen zu präsentieren."



    Ich überließ die Annaeer ihren eigenen Überlegungen, ob sie den Rabatt wollten, weil ich nun selbst ein lohnendes Objekt entdeckt hatte, es war eine große Pyxis, ein bronzener Behälter mit einem Deckel, in dem man Schmuck und andere Wertsachen unterbringen konnte. Sie war mit der Abbildung eines griechischen Hochzeitswagens geschmückt.


    Aber da meine beiden Bekannten die Verwandten des Bräutigams und ich nur ein Klient war, machte ich sie darauf aufmerksam und hätte ihnen bei Interesse den Vortritt gelassen.


    "Schaut einmal diese Pyxis, was soll sie kosten?"


    " Hundert Denare", erwiderte der Verkäufer.

    Wieder einmal stand ich auf dem Forum, diesmal in Diocles Begleitung, der aber stehen geblieben war, um sich eine Sandale zu schnüren.

    Und wie immer - auch wenn ich es mir nicht anmerken ließ - war das Forum ein Anblick, der mein Herz erwärmte.

    Denn hier schlug das Herz des Imperiums. Oft überquerte ich das Forum Romanum, wenn ich zur Arbeit ging oder von der Arbeit kam, und jedesmal hielt ich inne: Welch ein Geschenk der Götter, dass ich gerade jetzt leben durfte, in der großartigsten Stadt der Welt!....Solche Gefühle behielt ich aber für mich, ich wollte nicht als überdreht dastehen. Und doch... der Duft des Frühlings, die goldene Pyramide, ein Atemzug, ein Lächeln des Olymps...


    Kein Lächeln, aber ein Nicken... eine schlanke braunhaarige Dame mit blauen Augen in ihrem anmutigen Gesicht grüßte mich. Ich erinnerte mich ihrer, sie war eine sehr gute Freundin von meiner lieben Cousine Stella. Stella hatte sogar ihre Alexandriner Ferien im Haus der Sergier verbracht*. Sie war also nicht nur sehr anziehend,sondern auch wohlhabend. Nur....ich wusste jetzt zwar, dass sie eine Sergia war, aber ich erinnerte mich nicht an ihren vollständigen Namen. Severina? Selene? Nein, das klang beides nicht richtig, und meine Schwäche, die ich mit Namen hatte, würde mich bei der jungen Dame in Verlegenheit bringen.

    Diocles war auch keine wirkliche Hilfe, da er sie nicht kannte.


    Ich setzte mein freundlichstes Lächeln auf: "Salve verehrte Sergia....", und da erkannte ich an ihrem Blick, dass ich ihr bekannt vorkam. Ob sie auch nicht mehr wusste, wie ich hieß? Nun sagte ich:

    "Ich bin Aulus Furius Saturninus, der Cousin von Stella. Wir haben uns einmal bei uns zuhause kennen gelernt. Und du bist...."


    Ich hoffte so sehr, dass sie mir ihren vollständigen Namen nennen würde.


    Sim-Off:

    * hier

    Verkäufer

    "Einhundertfünfzig Denare, verehrte Dame.", schnöselte der Mann die Crispina an, denn da sie kaufwillig war, stieg sie nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, von der Kategorie "Banausen, die nur gucken kommen" zu " Geehrte kunstsinnige Kundin" auf:

    "Schau den exquisiten Faltenwurf und die Feinheit der Hände - dafür brauchte der Bronzegießer Monate, wie du zweifellos mit untrüglichem Kunstverstand erkennst, Nobilissima."


    Er wandte sich an Vindex:

    " Und ich hasse die Perser genauso wie Du!", beteuerte er: "Nieder mit Perseus! - Patrokles!", rief er nach einem Sklaven:

    " Entferne diese unsägliche Andromeda, Mutter unserer Feinde, aus der Vitrine. Sie beleidigt den Bürgersinn dieses stolzen Quiriten."


    Er wies auf "Amor und Psyche":

    "Eine Doppelstatue, daher etwas teurer als Iuno.", sagte er: " Zweihundertfünfzig Denare, tausend Sesterze, edler Käufer. Du wirst durch erlesenen Geschmack überzeugen, das versichere ich dir."



    Sieh mal einer an, das mit Perses hatte ich nicht gewusst. Da war ich Vindex regelrecht dankbar.


    Auch ich schätzte Florus Minor so ein, dass ihm aegyptische Götter zu exotisch waren, und zu den germanischen - er hatte ja lange Jahre in Germania verbracht - hatte wiederum Iulia Stella keinen Bezug.


    Ich schaute mich indessen weiter um. Dabei hörte ich die Preise und warf einen Blick zu meinem Sklaven Diocles. Ich sollte ihn freilassen und als Angestellten in solch eine taberna stellen, damit konnte man anscheinend richtig Geld verdienen, wenn man denn auch attraktive Ware hatte.



    Sim-Off:

    Die einzigen Preise, die ich fand, sind diese hier. Aber kleine Figuren von ca. 50 cm sind nicht dabei, daher habe ich die heutigen Preise in Denare bzw Sesterze übertragen, hoffe, dies ist in Ordnung.:)

    Die wichtigsten der römischen Rechtsschulen waren die Sabinianer, die ihren Namen von dem großen Masurius Sabinus herleiten und auf Gaius Ateius Capito zurück gehen und den Proculianern, die ihren Namen von Proculus herleiten und auf Antistinius Labeo zurück gehen. Letztlich gehen beide auf den Schülerkreis des berühmten Servius Sulpicius Rufus zurück. Sowohl Labeo als auch Capito wurden von Aulus Ofilius, dem Meisterschüler des Sulpicius Rufus, ausgebildet. Beide Rechtsschulen haben große Juristen hervor gebracht.

    Es sind die Rechtsgelehrten, nach deren Takt die Melodie des Rechts gespielt wird."


    Eine sehr gute und taktisch kluge Position. Zeichnet sich eine Entscheidung als Erfolg aus, wird der Berater auf sich verweisen. Versagt er, wir er auf die offizielle Amtsperson verweisen. Letztendlich ist es deren Entscheidung gewesen. Er steht also stets auf der Gewinnerseite.

    Auch wenn Florus Minor diese Aussage gleich wieder abmilderte, mich faszinierte sie, und ich machte mir eifrig Notizen über die verschiedenen Schulen. Tiberius Aussage klang fast wie Werbung für den Beruf des Juristen. Ich bedauerte es fast, weder die Akribie noch das Sitzfleisch dafür zu haben und auch nicht Tiberius' Verstand.


    Ich bin sicher, sie würden sich ihre Position nur ungern von einem Berater streitig machen lassen und auch ich bin darauf bedacht, bei allem Gewicht dieser Rechtsgelehrten, aus ihren Auslegungen meine eigene Meinung zu formen und nicht bloss ihre Worte weiterzugeben.

    "Ich gehe davon aus und hoffe auch, dass die Mehrheit der Berater doch integer ist.", sagte ich: " Und dann ist es doch gut, dass Politiker von Juristen beraten werden.


    Ich wandte mich an unseren Magister:


    " Eine Frage bitte: Was ist der Unterschied zwischen den Rechtsschulen der Proculianer und Sabinianer?"


    Verkäufer:


    Der Verkäufer blickte die Herrschaften immer noch an. Er verkaufte KUNST, keine... was hatte die Dame gerade gesagt: MIETSHÄUSER AUS BRONZE? ...obgleich, vielleicht war das NEU, der Markt war ja durchaus schnelllebig - außer es waren Repliken von Skulpturen berühmter griechischer Künstler. Diese verkauften sich jahrhundertelang gleichermaßen.


    "Vielleicht etwas Hiesiges - ein Werk von Dolios, edle Dame?", schlug er Annaea Crispina vor.

    Dolios hatte seine Werkstatt an der Via Flaminia in der Nähe des Porticus Divorum, und der Meister war angesagt; seine Kunst war allerdings eher ....brachial... monumental.... nicht gerade lieblich.


    "Oder diese reizende Iuno nach einem Original von Hera?" , näselte er und dann zu Saturninus:

    " Ein glückliches Paar, Amor und Psyche vielleicht. Oder Perseus und Andromeda, Perseus hat Andromeda vor einem Ungeheuer gerettet und geheiratet. Oder das Höchste der verehrten Götterpaare selbstverständlich: Iuppiter und Iuno?

    Oder wenn es was Exotisches sein soll: Wie wäre es mit Isis und Osiris? Ihr Mann wurde zerstückelt und sie hat ihn wieder zusammengefügt, Stück für Stück, das nenne ich Liebe und Treue."


    Dann sah er Annaeus Vindex an: "Gnädiger Herr auch auf der Suche nach einem Hochzeitsgeschenk?"

    "Meine Argumentation bezog sich auf die von dir formulierte These:

    Das römische Recht fusst damit wortwörtlich auf Blutvergiessen und Brudermord!" verehrter Florus Minor.", sagte ich in sehr sanftem Tonfall:

    "Verzeih es meiner Jugend, wenn eine solche Polemik deinerseits auch Polemik von meiner Seite, von der ich gar nicht wusste, dass sie mir innewohnt, herausgefordert hat. Nach wie vor halte ich es freilich für unser großes Talent, alles zu assimilieren, was uns nützlich erscheint und es römisch zu machen. Du hast freilich Recht, dass das ein anderes Thema ist, ich wollte auch nur erstens aufzeigen, dass nicht nur Brudermord und Totschlag die Basis des römischen Rechtes bilden, sondern andere Einflüsse prägender waren und zweitens, dass gerade das Verständnis einer Rechtsgemeinschaft vor individuellen Entscheidungen stehen soll; über letzteres waren wir uns schon einig, auch hier hast du selbstverständlich Recht."


    Ich lächelte, trank noch einen Schluck Wein und hob den Becher leicht in Florus Richtung.


    Ich nickte zu des Flavius Worte, denn auch wenn ich selbst Plebejer war, so war ich doch noch lange kein "Volksfreund".

    Die Warnungen des Ciceros vor der Ochlokratie, der Pöbelherrschaft, waren an mir nicht unbemerkt vorbeigegangen:

    Das warf ich ein:

    " Aus dem Volk selbst kommen keine Gesetze, von Natur aus ist es zügellos: Ich zitiere: Die Folge dieser schrankenlosen Frechheit, sagt er, ist dann zuletzt die, dass die Gemüter der Bürger so empfindlich und reizbar werden, dass sie, sobald nur mit den geringsten Ernst auf Befolgung eines Gebotes gedrungen wird, aufbrausen und es nicht ertragen können, worauf sie denn auch anfangen, die Gesetze nicht mehr zu achten, um ganz und gar keinen Herrn mehr über sich zu haben."*

    Pöbelherrschaft und Anarchie sind die Folge, wenn jeder meint, sein eigener Gesetzgeber zu sein. Aber gerade um dieses Bestreben zu verhindern, müssen die Gesetze...ja gerecht sein, so dass auch der geringste Bürger sich gerecht behandelt fühlt, und wie der verehrte Purgutius Lurco mir dankensweise zustimmte, auch klar und einleuchtend sein."


    Ich seufzte etwas, mein Patron Florus Minor machte es mir etwas schwer, da es kein guter Stil war, ihm vor Publikum zu widersprechen. Ich beschloss das Ganze als Ergänzung zu formulieren:


    " Mein verehrter Patron Florus Minor stellt die These auf, dass das römische Recht wortwörtlich auf Blutvergiessen und Brudermord fusst. Ich möchte anfügen, dass erstens Romulus ein König war....", ich sprach das Wort "rex" mit Herablassung aus, Könige waren im Unterschied zu unserem Kaiser höchstens für irgendwelche Klientelreiche oder Barbaren gut:

    "...und seine Tat keineswegs im Rahmen der damals geltenden Gesetze lag. Nur weil er König war, wurde er nicht bestraft. Und zweitens hatte sich Roma nicht im leeren Raum gegründet: Alba Longa war seine Mutterstadt. Das bedeutete, die Gründer brachten die albalongische Gesetzgebung mit. Und Alba Longa wurde von Ascanius, dem Sohn deines großen Stammvaters o Florus Minor..." Die Annaea führte bekannterweise ihre Abstammung auf den legendären Annaeas zurück ....:"gegründet, so das gewiss auch trojanische Sitte und Gesetze mit eingeflossen sind.

    Nicht auf Mord gründet sich das großartige römische Recht, sondern auf ein Geflecht der Regeln, die man als gedeihlich für das Zusammenleben angesehen hat. Später schlagen sich selbst die Solonschen Gesetze aus Athen im Zwölftafelgesetz nieder. Und gerade hier schließt sich der Kreis:

    Ausschlaggebend für die Unterscheidung von Recht und Unrecht war von da ab nicht mehr die individuelle Abwägung, sondern Gesetze und die durch sie gefestigte Rechtsgemeinschaft!"


    Wie gesagt, fand ich auch gut so.



    Sim-Off:

    * Den Text Cic.rep.1,65-68 zum Nachlesen ** Über die griechischen Einflüsse auf das Zwölftafelgesetz

    Ich überlegte, dann sagte ich:

    "Tatsächlich empfinde ich den Fall mit dem Kind noch etwas kniffliger: Denn garantiert würde es einen Unterschied machen, ob das gerettete Kind der Sohn eines Patriziers oder nur ein Sklave ist, was die spätere Bestrafung des Vigilen angeht.


    Ein Praefectus Urbis, der auf solche brachiale Weise gegen seine Mitbürger vorgeht, würde wohl selbst vor Gericht gestellt werden.


    Ein typische Beispiel ist ja: Ein Soldat missachtet den Befehl seines Vorgesetzten, aber sorgt für einen Sieg in der Schlacht. Sollte er belobigt oder hingerichtet werden?

    Unsere Vorfahren pflegten beides zu tun, wie der Historiker Livius in der Geschichte von Postumius Tubertus und von Manlius Torquatus, die beide ihre Söhne wegen militärischem Ungehorsam hinrichten ließen, berichtet.


    Ich sehe aber, Purgitius Lurco, dass du das Leben der Römer schützt, weil sie Roma selbst sind.


    Was dir damals während des Brandes - ich kenne die Geschichte nicht, da sie vor meiner Ankunft in der Urbs stattfand - geschehen ist, könnte bedeuten, dass die Sklavin Eigentum eines reichen Mannes war, und ja, ab und zu schützt das Gesetz Eigentum besser als menschliches Leben.


    Das ist es, was wohl verbesserungswürdig oder sogar schlecht ist - ich stimme mit dir und auch meinem verehrten Patron Florus Minor in der Zielsetzung überein.

    Dennoch halte ich es für besser, den langwierigen Weg über Gesetzesänderungen anstatt über individuelle Einzelfallentscheidungen zu gehen.


    Das bringt mich zu der Frage:

    Muss das Recht nicht so in Gesetze gefasst werden, damit es möglichst umfassend gilt? Damit sich gerade nicht der Einzelne ständig Gedanken machen und einmal so und dann wieder so entscheiden muss?"



    Ich zog eine Augenbraue hoch, da mein Patron dem Purgitius beipflichtete, denn ich war nicht einverstanden mit dem Gesagten.

    Wo kämen wir hin, wenn jeder Cornicularius die Maxime staatlichen Handels sozusagen in seiner eigenen Brust schlummern ließe?

    Ich hielt die Idee, dass ein jeder selbst entscheiden möge, ob ein Befehl gerade einmal dem wirklichen Willen von SPQR beziehungsweise dem Kaiser entspräche, unter bestimmten Umständen sogar für staatsgefährdend.*

    Nur wie konnte ich das milde ausdrücken? Der Purgitius war gewiss ein ehrenwerter Mann mit uneigennützigen Motiven, daran zweifelte ich nicht.

    Doch rein mit gutem Willen konnte man auch fehlgehen. Und diesen Punkt formulierte ich als Frage:


    " Wir Römer sind ein Volk, das sich nicht auf göttliche Gesetze beruft wie beispielsweise die Hebräer, sondern wir sind stolz darauf, dass unsere Vorfahren und wir bis zu dem heutigen Tag das Recht in Worte fassen, gewiss aus vielen Quellen, gewiss mit Irrtümern, zuweilen ausufernd, aber ganz klar menschengemacht.


    Woher möchte der einzelne wissen, was genau der Wille des Imperiums ist? Ist die Gefahr, fehlzugehen oder das Urteil ganz alleine zu fällen , und ich betone, mit den besten Absichten fehl zu gehen, nicht allzu groß?


    Der ehrenwerte Purgitius Lurco nannte den höchsten Wert Menschenleben, ich zitiere dich " Würde man diesem Befehl Folge leisten, wohlwissend dass dadurch Menschen zu schaden kommen oder sterben?"

    Stell dir vor, ich sei ebenfalls Urbaner."...ich dachte bei mir, dass sich der Purgitius das bestimmt nicht vorstellen wollte:


    "Ich meine aber jetzt, dass der Erhalt der Staatsrason über Menschenleben steht und damit gewisse Personen sterben müssen.

    Auch ich meine ja, das höhere Wohl zu vertreten.

    Wer aber entscheidet, wer Recht hat?"


    Ja, wer? Die anderen? Die Götter? Gar die Geschichte? Oder was ich vorher angesprochen hatte, der Caesar Augustus als Appellationsinstanz, an die sich jeder römische Bürger wenden konnte, um ein Urteil überprüfen zu lassen?**


    Sim-Off:

    * Saturninus ist gewiss ein guter Mann, aber doch einer des 2. Jahrhunderts. Ich lege hier Wert darauf, dass ab hier die Meinung des Spielers RL und von Furius IR nicht übereinstimmen ;)

    ** Für Saturninus sind Menschenrechte Bürgerrechte. Das berühmteste Beispiel einer solchen Appellation ist der Apostel Paulus

    Ich freute mich aufrichtig, Varenus wiederzusehen, der ein alter Fuchs war, der alle Tricks kannte und mir gegenüber freundlich gewesen war: Er hatte mich, einen unbedeutenden Primicerius, bei der Generalaudienz einfach mal dem Caesar Augustus vorgestellt. "Salve Decimus Varenus", grüßte ich ihn.

    Er brachte die Annaea zum Lachen, was ihr reizend stand.

    Als er das über die Skulptur eines Mietgebäudes für Florus Minor sagte, musste auch ich mir ein Grinsen verkneifen, als ich mir das bildlich vorstellte.


    Ein recht schnöselig dreinblickender Verkäufer näherte sich nun, und musterte mich von oben bis unten, dann alle, bevor er das Wort an uns richtete.

    "Salvete die Herrschaften", sagte er: "Kann ich weiter helfen?"


    "Mir könntest du in der Tat weiterhelfen.", sagte ich: "Ich suche die Abbildung eines glücklich vermählten Paars. Keine Morde, kein Verlassen, kein Unglück. Hast du so etwas da?"


    "Adonis - war das nicht der Jüngling zwischen zwei Göttinnen, die beide gleichermaßen seine Gunst suchten - Aphrodite und Persephone?", fragte ich Vindex.

    Oder waren es Athene und Parthenope gewesen? Egal,der Glückliche, dachte ich bei mir, doch laut fuhr ich fort:

    "Der Bronzeladen sieht ansprechend aus. Vielleicht finden wir eine Skulptur der göttlichen Iuno, die so anmutig und doch gleichzeitig würdevoll ihre Hände über römische Eheleute hält..."

    Bei "anmutig" und "würdevoll" warf ich der Annaea einen bezeichnenden Blick zu, mir gefiel sie gut, und eine Bronzestatue mit ihrem hübschen Antlitz hätte ich sofort käuflich erworben.

    Brillant.

    Codizes, Gewohnheitsrecht und prätorisches Recht sind jedoch nicht die einzigen Arten der Gesetzgebung in unserem hervorragenden Gemeinwesen." Tiberius sah fragend in die Runde.


    Ravilla war selbst mit Kopfschmerzen schnell im Denken, dachte ich. Ich grüßte mit einem respektvollem Nicken Florus Minor.

    Dexter kannte ich nicht, aber es würde nicht ausbleiben, ihn näher kennen zu lernen.


    "Der Kaiser ist eine Appellationsinstanz. Und seine Decreta, kaiserliche Entscheidungen, können auch Gesetzeswirkung entfalten." warf ich ein - damit hatte ich in der Kanzlei schlicht am meisten zu schaffen.

    "Das Buch lohnt die Lektüre, verehrte Annaea Crispina", sagte ich. Eine zweifellos gebildete Dame war sie, wofür ich seit meinen Aufenthalten im Osten einen Faible hatte, und dann sagte mir Vindex, dass sie beide auf der Suche nach einem Hochzeitsgeschenk für Florus Minor und Iulia Stella waren.


    Ich lächelte: "Oh, genau das bin ich auch. Ich streife durch die Trajansmärkte und hoffe, ein Hochzeitsgeschenk zu finden.

    Ich dachte allerdings anstatt an ein staatstheoretisches Werk wie das des geschätzten Cicero eher an etwas Mythologisches. Vielleicht ein Gemälde oder eine Skulptur eines berühmten Liebespaars, wobei es aber auch kein Unglück bringen soll. Viele dieser Liebenden endeten ja furchtbar schlecht.

    Kennt ihr euch dabei vielleicht aus? Ich tu es nicht wirklich und Diocles leider auch nicht."


    Ich hatte die endgültigen Schicksale all jener mythologischen Paare nur sehr grob im Kopf.