“Mann, Mann, Mann,…,“ regte ich mich auf. Wie kamen Leute bloß auf die Idee, im Dezember zu heiraten? Nicht dass es der schlechteste Monat war. Immerhin lagen in diesem die Saturnalien. Die mochte ich natürlich. Was ich aber gar nicht mochte war der kühle – nein, für mich schon sehr kalte Wind – der mir nun um die Nase pfiff, während Dominus Selenus beliebte, alleine rein zu gehen und mich draußen stehen zu lassen. Gehörte sich wohl nicht. An der Porta war bestimmt ein Schild mit lauter Sklavengesichtern drauf, auf denen stand: “Wir müssen draußen bleiben.“ Ich war ja nicht der Einzige. Noch vier oder fünf andere standen sich mit mir gemeinsam nun die Beine in den Bauch oder tigerten wahlweise auf und ab, während die ankommenden Gäste beobachtet wurden. Allesamt hohes Volk, gut angetan mit Kleidung. Machte schon was her! Nichts desto trotz hatte ich mir nun die Hände unter die Achsen geklemmt, schlatterte ein bisschen im Wind, der gerade wieder aufkam und trat dann ein Häuflein Blätter weg, die irgendein umsichtiger Mensch der Casa hier zusammengekehrt hatte. “Ob wir den ganzen Tag hier rumstehen müssen?“, wollte einer
meiner Mitstreiter im Wett-Warten wissen.
Ich zuckte nur mit den Schultern.
“Schaut so aus...“, sagte der rothaarige Cursor, dessen Nase mit seinem Haar ob der Winterfrische schon eine arge farbliche Konkurrenz
war. Er schniefte ja auch ständig.
“Arschkalt hier!“, mischte ich mich ein, bedachte die andren mit einem Blick, als ob sie was dafür könnten und trollte mich wieder einige Schritte.
Meine Laune war auch schon ganz frostig, aber das blieb dann wohl nicht aus. Immerhin roch es auch verdammt gut nach Essen. Essen, welches ich auch nicht bekommen würde und Dominus Selenus würde sich sicher den Bauch vollschlagen, den ein oder anderen heben
und seine Freude haben. “Falls was ist, brauche ich einen Boten….“, äffte ich die Worte meines Herrn in Gedanken nach
und schnaubte dann abfällig. Nicht, dass ich meinen Herrn verhöhnen wollte… nur die Worte. Die waren so… lapidar! Das Wort
hatte ich mir gemerkt! Seit ich beinahe Meister Awidanos geworden wäre, hatte ich mir in den Kopf gesetzt, tatsächlich in der Wortwahl etwas ellenbolier… elebornier...elaboriert… - ich nickte mir selber zu, als auch dieses Wort mir wieder einfiel – zu werden. Ich war mir sicher, dass mir das wunderbar bekommen würde. Was mir nicht besonders gut bekommen würde, erfuhr ich in dem Moment, in dem ich nun eine Stimme hinter mir hörte.
“Ey du! Bist du nicht eine von den kleinen Huren vom Kaeso?“
Wus?
Meine Augen weiteten sich spontan und ich fuhr herum. “Oh!“, entkam es mir. Ich erkannte sofort den blonden Griechen, den die liebliche Helena so anhimmelte. Ich wusste das, weil ich wiederum ja sie schon so lange anhimmelte. Leider war der Grieche nicht so schön wie sie. Der anderen, hünenhaften, aber sehr schlanken und drahtigen Gestalt entkam auch etwas:
“Söhne von Dis! Du Mistvieh warst es doch, er mir das Armband geklaut hat!?“ Unter die Entrüstung mischte sich nun auch ein breites, echt fies aussehendes Lächeln, einem Kröterich nicht ganz unähnlich. Da war es auch egal dass der Kerl adrett gekleidet und wohl einer der Custodes war, der grade mit einem weiteren Gast eingetroffen war. Hatte der nicht in einer Therme gearbeitet?
Offenbar hatte er sich nun auch lebensmäßig verbessert. Aber eine wichtigere Frage wohl:
Gute Götter...sollte der etwa auch hier draußen warten? Das war nicht nur sehr ungünstig, das war richtig schei…
“Wo hast du das versetzt, du kleiner Sack?“
“Hab ich nicht! Ich meine… ich habe das nicht geklaut! Ehrlich!“
Verdammt! Flüchtete ich mich da etwa in Ausflüchte? Aber ich hatte das Ding ja gar nicht an mich genommen! Und eigentlich hätte ich doch viel seriöser reagieren müssen. So wie: Was willst du, guter Mann? Ich kenne dich gar nicht ich bin doch keine Nu...
Und schon wieder kam ich nicht einmal mehr zum Zuende denken.
“Also hab’ ich Recht!“
“Nein! Ich meine...“
Ein dunkles, fast schon gurrendes Lachen kam von dem Kerl. Fast hätte man meinen können, es hätte etwas Lockendes an sich gehabt. Aber sowas wäre trügerisch, also nahm ich das gar nicht erst an.
“Du schuldest mir dann was!“
“Sicher!“, sagte ich abweisend und natürlich nicht ernst gemeint, aber das hätte ich mir eigentlich sparen müssen, denn das ging nun völlig in die falsche Richtung. So sah das wohl auch der Custos, der nun die Hände in die Hüften stemmte und einen ganz überlegenen Eindruck machen wollte. Klappte auch recht gut, wie ich zugeben musste. Also wich ich vorsichtshalber schon mal zurück. Zum Glück war das alles hier am Rande, sodass die muntere, noch ankommende Gästeschar wohl nicht gestört werden würde.
“Ich werd’s dir zeigen!“, erklärte der Mann nun selbstbewusst.
“Das muss ein Irrtum sein!“, versuchte ich es noch einmal mit der Vernunft, aber wie immer hatte ich es mit der ja nicht so gut.
“Verwechslung, nech!? Du verwechselst mich eben mit jemand anderem!“
“Nen Arsch wie dich, vergess’ ich nich’“ “Hab’
keine Zeit, um mich geehrt zu fühlen!“, entfleuchte es mir schnell und ich schaute mich schon einmal nach einem geeigneten
Fluchtweg um.
“Zu dumm. Und ich würde mir keinen merken, der so aussieht wie du! Man sagt, hässliche Menschen bringen Unglück!“
Vielleicht hatte nun ich sogar recht damit. Der Hand, die nun nach meinem Kragen lange, verfehlte mich knapp, denn ich hatte schon auf dem Absatz kehrt gemacht. Das war eine meiner Paradedisziplinen.
“Komm her!“, schnauzte der Kerl.
“Leck’ mich!“, schnauzte ich zurück, aber nur halblaut.
Auf der Suche nach Sicherheit war ich die Stufen hinauf, wenn ich auch drinnen nicht willkommen sein würde und schlüpfte dann ins Innere, wo ich meinen Dominus suchen würde. Von dessen Nähe erhoffte ich mir nun die Sicherheit. Jedoch rannte ich nicht, sondern ging nur zügig und sagte jedem, der nach Sklave oder Wachperson aussah, dass ich eine dringende Nachricht für meinen Dominus hätte. Dabei schaute ich des Öfteren über meine Schulter und hielt Ausschau nach dem ehemaligen Kunden, der mir zu meinem Schrecken und mit finsterem Gesicht folgte. An der Seite der des Raumes und der Feierlichkeit boten wir uns nun einen schnellen Gang und zum Glück noch mit reichlich Abstand, an den Wänden entlang, lächelten, wann immer dies erfordert war und mühten uns nicht aufzufallen. Das erschien uns beiden wohl eine Notwendigkeit. Zwischendrin suchten meine Blicke meinen Dominus und erblickte auch das Brautpaar dabei. Gutaussehende Leute. Wohl von Einfluss. Aber das war für mich nur eine Notiz am Rande, denn ich
war ja noch beschäftigt.