In den Sklavenunterkünften der Bruderschaft
Je mehr die Stunden verflossen und zu Tagen wurden, desto besser war dies für meinen körperlichen Zustand. Es gab Essen und auch ausreichend Ruhe, was ich als eine Wohltat empfand. Das Haus der Bruderschaft hatte ich natürlich in dieser Zeit ebenso wenig verlassen, wie Helena, mit welcher ich ja nun eine Unterkunft teilte. Natürlich nicht ganz, sondern getrennt durch eine Tür, welche Helena auch gerne von ihrer Seite streng verschlossen hielt. Geredet hatte sie mit mir nicht mehr, was ich nun auch nicht als tragisch empfand. Genauso wenig tragisch, wie den Umstand, Kaeso niemals mehr wiedersehen zu müssen oder das Lupanar „Zur Freude“, auch wenn mich mein finanzieller Verlust dort noch immer beschäftigte und ich auch schon in den eben sehr ruhigen Stunden meiner Genesung den ein oder anderen Plan zur Wieder-Erlangung der schönen Münzen gesponnen hatte. Einer jedoch war so unvollkommen wie der andere gewesen, doch noch war das Thema für mich eben nicht vergessen. So auch an jenem späten Abend, als sich die Tür zu Helenas kleinem Raum nun doch knarrend öffnete.
Ich lag nichts dergleichen ahnend auf dem Bett, etwas seitlich wegen meiner lädierten Rippen und pflegte meine Augen, indem ich sie geschlossen gehalten hatte. Mittlerweile konnte ich sogar beide wieder öffnen und mein Gesichtsfeld zur Linken war wieder auf seine normale Größe zurück gekehrt, auch wenn der Bluterguss natürlich noch deutlich sichtbar war. Als ich nun die Türe höre, öffnete ich jedoch meine Augen sofort.
[Blockierte Grafik: https://abload.de/img/helenaaca12kkf5.png]| Helena
“Awidan?“, tönte es leise zu mir herüber.
Spontan trat ein Lächeln auf meine Lippen, denn dies musste wohl ein Traum sein, den ich im Wachzustand die letzten Wochen des Öfteren gehabt hatte. Helena bei mir zu später Stunde. Und nun sollte er in Erfüllung gehen? Ding der Unmöglichkeit! Also runzelte sich nun meine Stirn und ich drehte mich unter den aufflammenden Schmerzen zischend ein wenig herum und starrte ihr entgegen. Das reichte wohl, um sie zu ermuntern, den Raum zu betreten.
“Können wir mal reden?“
Ich schnaubte trocken. Reden!?
“Worüber?“, wollte ich wissen, als sie auch schon näher kam und sich – oh süßer ehemaliger Traum! - auf meine Bettkante setzte und mich anschaute. Das betrachtete ich nun mit Skepsis, während ich versuchte die leise Freude, die in mir nun doch aufkeimte auf einem niedrigen Pegel zu halten. Weiber und so! Da dauerte die Enttäuschung niemals lang.
“Über… njaa….,“ begann Helena dann ein wenig ominös und strich sich eine ihrer dunklen Strähnen hinter das Ohr.
Ich rappelte mich ein wenig weiter in die Höhe und kam auf meinem Bett ein bisschen umständlich zum Sitzen.
“Über unser Leben…!?“
“Oh!“, entkam es mir. “… was meinst du damit?“ Der Umstand überhaupt noch eines zu haben, war für mich natürlich ein recht glücklicher. Aber was wollte sie!?
“Das von Glaucon und mir!“, führte sie weiter ihre zaghafte Rede fort, was mich auch augenblicklich zum Schnauben brachte. Sie brachte auch einen finsteren Blick, doch Helena schien das wenig auszumachen. Offenbar hatte auch sie die letzten Tage genutzt, um sich auch ein paar Gedanken zu machen. “Ich meine… ich werde ihn wohl niemals mehr wieder sehen, es sei denn… ich könnte irgendwie in die Therme...“ Sie seufzte nun und schluckte schwer.
“Ach!?“, schnappte ich, leidlich aufmerksam. “Dann los!“, ließ ich folgen. “ICH werde dich nicht aufhalten!“ Selbst wenn es natürlich unschön war, sie zu dem Griechen ziehen zu lassen, wie die Freude über ihre Anwesenheit ja mir zuflüsterte. Sie war eben so wunderschön. Dennoch. Sollten doch die Männer des neuen Dominus sie dann in ihrem Vorhaben stoppen. Ich hatte damit ja eh nichts zu tun!
“Nein, das ist mir schon klar!“, sagte sie noch immer mit ruhiger, ja beinahe schon leutseliger Stimme, was mich nun mehr und mehr beunruhigte. “Aber ich kann da ja nicht hin….“ Mit großem, treuherzig wirkendem Augenaufschlag schaute mich sie an. Und… war das da gerade ihre Hand an meinem Bein? Meine Augen weiteten sich. “… und ich meine, weil du ja so mutig bist und so...“
“MUTIG?“, hakte ich ungläubig und vernehmlich nach.
“Du traust dich halt was! Meine Güte!“, klang es nun schon unterschwellig kratzbürstiger, was eigentlich auch viel besser in das Bild passte, welches ich von Frauen hatte. Beruhigend war das nun aber nicht gerade.
“Ja… neee…,“ entkam es nun mir recht alarmiert.
“Doch, doch… und vielleicht findest du ja die Möglichkeit… nun… irgendwann… dass muss ja nicht sooooo bald sein…dass du vielleicht in die Therme....“
Mich schaudete, als ihre Hand nun doch in der Tat von meinem Oberschenkel hinfort nach oben, in Richtung noch intimerer Gefilde glitt, was das Etwas in mir natürlich irgendwie zaghaft auch sehr erfreute, da ich genau das ja auch immer ersehnt hatte. Das Etwas hätte sicherlich nun nichts dagegen unternommen. Der Stolz hingegen sehr wohl! Der schlug nämlich nun Helenas Hand beiseite und trug ein wütendes Funkeln in meine Blicke. Verdammter Stolz!
“Was machst du da?“, stellte ich die dümmste Frage, die jemand stellen konnte, sofern dieser Jemand nicht völlig unschuldig und naiv war.
“…. Dich bitten mir zu helfen!“, sagte Helena nun wieder recht weinerlich. “Und ich weiß doch, dass du gerne...“
“Vergiss es!“, schnappte ich nun rüde und brachte mich schnaubend vor Rippenpein vom Bett herunter und einen Schritt in den Raum hinein. “So billig kriegst du mich zu nichts!“, maulte ich weiter.
“Nur für fünf Asse, was?“, beschwor Helena wieder die Kröte in ihrer Tonlage herauf.
“DEIN GLAUCON KANN MICH MAL!“, erklärte ich nun resolut.
“DANN DU MICH EBEN AUCH!“, frazte Helena zurück, stand ebenfalls auf und stapfte zur Tür zurück. “Und ich dachte, du wärst ein Mann!“, fiel es ihr dann noch ein sagen zu müssen.
“Und ich dachte, du wärst eine Frau!“, meinte ich das nicht im Raum stehen lassen zu können. Obwohl… warum ich das so sagte, war mir nicht klar und ich runzelte wieder mein Stirn ein klein wenig.
“Doch! Und das mehr als du!“, kam es schon wieder weinerlich mit dieser unnachahmlichen weiblichen Note des Ärgers in der Stimme. Wie machte sie das nur?
"Häh?"
Wie auch immer. Frauen waren schwer zu verstehen. Im Allgemeinen. Im Besonderen. Und im Speziellen natürlich auch noch. Das konnte schon Blüten treiben. Auch in der Ansteckung!
Die Tür donnerte ins Schloss. Dahinter war dann aber doch noch etwas zu vernehmen. “Kaeso hatte recht! Du bist ein richtig feiger Hund, Awidan!“ Es tönte dumpf, wegen der Tür, aber es war noch deutlich genug. Ich schnaubte wieder auf und hielt wieder auf das Bett zu. Obwohl. Ich schwenkte um und ging zur Tür. Zur anderen dieses Mal. Einfach einen Moment woanders hin und wenn auch nur auf den Gang. Nicht dass sie noch wieder kam, auch wenn das Etwas in mir das noch ein bisschen ersehnen würde. Aber nicht unter diesen Voraussetzungen! Stolz war eine Sache, die kein Troja kannte!