Beiträge von Publius Matinius Sabaco

    Es sah wie ein Zufall aus, dass Sabaco ebenfalls ins Officium trat, doch es war keiner. Man hatte ihm vom Tor aus berichtet, wer gerade auf dem Weg zur Rekrutierung war. Nachdem er durch die Tür getreten war, wartete er den Gruß der Anwesenden ab, um ihn zu erwidern, ehe er vor den diensthabenden Offizier trat. Er machte eine kaum merkliche Kopfbewegung in Richtung Rupa, nickte einmal, plauderte eine Belanglosigkeit und verschwand genau so schnell wie er gekommen war.

    "Wenn die Ala deine Heimat werden soll, hast du das Herz auf dem rechten Fleck." Das war eine andere Motivation, als das Bürgerrecht oder der Zaster, wenngleich beides auch seine Berechtigung hatte. Doch würden entsprechende Soldaten eher selten im gleichen Maße heimisch werden wie jene, die den Eid aus tiefstem Herz heraus sprachen.


    Als Rupa sagte, er würde Sabacos bester Soldat werden, lachte der Decurio, doch es war ein gutmütiges Lachen, weil ihn der Überschwang amüsierte. In all der Tristesse, der er in den letzten Monaten ausgesetzt war, tat es gut, mal wieder jemanden zu erleben, in dem das Lebensfeuer noch derart heiß loderte. "An Motivation und Selbstsicherheit mangelt es dir jedenfalls nicht. Du hast die Messlatte mit deinen Worten hoch gesteckt, aber du wirst schon wissen, warum." Vielleicht war es ihm wichtig, einen guten Eindruck zu erwecken, vielleicht war er tatsächlich von seinen Leistungen derart überzeugt und vielleicht, nur vielleicht, war er das sogar zu Recht. Die Ausbildung würde es bald zeigen. "Na dann. Wir sehen uns."


    Noch durfte er ihn nicht mit "wegtreten" verabschieden, doch das würde noch kommen ... bald.

    Sabaco schloss vor Fangos Nase die Tür, bevor Rupa seinen Rapport machte. Der fiel ausführlicher aus als erwartet, so dass Sabaco anerkennend nickte. "Dass ein Aufstand ansteht, haben wir schon vermutet. Auch die Gründe sind uns bekannt. Gut zu wissen, dass endlich der verdammte Kopf und seine Helfer identifiziert werden konnten. Gute Arbeit. Dankwart also. Kannst du mir den beschreiben?"


    Dankwart, nie gehört. Der Kerl musste sich bisher gut verborgen haben, doch Sabaco zweifelte nicht am Wort des Iuniers. Er studierte die Karte, die von Rupa ergänzt worden war, und verglich sie mit seinen eigenen Erkenntnissen. Er hatte dem Kundschafter nur einen Bruchteil dessen verraten, was er selbst bereits wusste. Rupas Informationen fügten sich bestens in das Puzzle. Das half nicht nur in der Planung weiter, sondern diente vor allem dem Beweis von Rupas Vertrauenswürdigkeit. So stand einer weiteren Zusammenarbeit nichts im Weg.


    Sabaco war zufrieden, was man ihm ansah, als er wieder aufblickte. "Ich kann dich beruhigen, eine zweite Varusschlacht wird es nicht geben. Die Details zur Strategie aber müssen wir den Stabsoffizieren überlassen. Es wird sicher bald eine Besprechung geben, da die neuen Tribuni ihre Ämter angetreten haben. Ich bin nicht begeistert darüber, dass während der Vorbereitung eines Feldzuges das Personal wechselt, aber so ist es nunmal. Wir müssen uns mit den Gegebenheiten arrangieren. Was deinen Wunsch betrifft, so stehe ich zu meinem Wort."


    Sabaco warf ihm ein Säckchen mit den Rest des vereinbarten Geldes zu. Rupa wirkte abgekämpft und hatte sich eine Pause redlich verdient. "Geh dich ausruhen und gönn dir so viel Wein, wie du willst, denn als Tiro wirst du die Castra nur dienstlich verlassen und hast keinen Ausgang. Bevor du nicht Eques bist, wirst du keine Taberna und kein Lupanar mehr von innen sehen, also lass ein letztes Mal die Sau raus. Wenn du dich bereit fühlst, melde dich erneut an der Porta und einer Rekrutierung steht nichts im Weg."

    Als es klopfte fuhr Sabaco mit einem derben Fluch auf. Ausgerechnet jetzt, nie hatte er Ruhe! Fast in der gleichen Bewegung war er in seine Tunika geschlüpft, schlang sich den Militärgürtel und den Waffengurt mit dem Dolch um die Hüften und stieg in die Schuhe, die er mit wenigen Handgriffen festzurrte und verschnürte. All das hatte nur wenige Augenblicke gedauert.


    "Du bleibst hier", befahl er Scato und es war ihm völlig schnurz, dass er nicht in der Position war, seinem Gast irgendetwas zu befehlen.


    Er schloss die Tür zu seiner privaten Stube hinter sich und marschierte zur Tür. Die öffnete er. Fango brauchte nichts sagen, Sabaco sah, wer neben ihm stand und öffnete sofort die Tür ganz. "Komm rein, Rupa." Sein Puls, der sich während der Behandlung zu entspannen begonnen hatte, schoss erneut in die Höhe. Er hoffte, der Mann hatte brauchbare Neuigkeiten! Auf gute Nachrichten hingegen hoffte Sabaco schon seit Wochen nicht mehr.

    Als er auf der Pritsche lag, entspannte Sabaco sich ein wenig. Es hatte ihn viel Überwindung gekostet, einen Arzt zu konsultieren. Die Spuren auf seinem Körper waren nur Zeugnis eines viel größeren Kampfes, den er jeden Tag ausfechten musste. Die Gedanken daran, was er mit seinem Körper anstellen könnte, gingen über das, was man sah, hinaus. Wenn sich nichts änderte, würde er diesen Kampf verlieren.


    "Diese Narben sind sehr alt. Ich hatte damit aufgehört, als Stilo mich mit zum Militär nahm. Man hätte mich nicht für tauglich befunden, wären sie frisch gewesen. Das war der einzige Grund." Er unternahm keinen Versuch zu leugnen, dass er selbst sich diese Schnitte zugefügt hatte. "Ich hatte vor einigen Wochen wieder damit angefangen, als das Fieber um sich griff. Die Dinge stehen nicht gut. Meine Männer liegen im Valetudinarium, und man macht mir keine Hoffnung. Kameraden ... Freunde ..."


    Und mehr. Er kniff die Augen zusammen, erzitterte leicht, und öffnete sie wieder, doch sie blickten ins Nichts. "Unser Kampf ist gerecht, unsere Aufgabe groß. Wir wollen die Turma Prima retten ... meinen Bruder, vor allen anderen ihn, und auch Subpraefectus Alae Germanicus Varro und seine übrigen Männer. Aber es scheint, wir ... können es nicht."


    Das Gefühl völliger Nutzlosigkeit und Vergeblichkeit überkam ihn erneut, weil alles schief lief, weil sie starben wie die Fliegen, weil irgendjemand da oben nicht wollte, dass Ocella überlebte oder dass Sabaco glücklich war.


    "Mein Cornicularius und mein Duplicarius liegen in diesem Moment im Sterben. Die Turma Secunda ist ein verstümmelter Rumpf, der nur noch einen einzigen Arm hat. Die Männer fragen mich, wie es weitergehen soll. Ich mache ihnen Mut, führe sie Tag für Tag. Jeden Sonnenaufgang lüge ich ihnen zum Appell ins Gesicht. Es ist nun schon Monate her, seit die Turma Prima davonritt, und wir haben kein Wort von ihnen gehört und keine Spur in Erfahrung gebracht. Der Tod ist durch den Limes gesickert und tötet uns auf unserem Heimatboden, ohne dass die Germanen auch nur die Axt erheben müssen."

    So legte er den Gürtel und die Tunika ab, sogar das Schuhwerk, bis er nichts mehr am Leib trug. Alles legte er ordentlich auf einen Stuhl, die Schuhe schob er parallel darunter. Dann richtete er sich zur vollen Größe auf. Er überragte Scato um einen halben Kopf, war zudem massiger gebaut. Was die körperlichen Voraussetzungen betraf, sollten sie vermutlich tauschen, der Hänfling sollte Reiter werden und der menschgewordene Bulle Prätorianer. Aber das Leben folgte seinen eigenen Gesetzen.


    "Halsweh. Die Augen brennen, und Abends bekomme ich Fieber."


    Nervös zuckten seine Finger, denn es war offensichtlich, dass dies nicht alles war. An seinem Körper fanden sich zahllose Narben, Spuren und Wunden, die nicht dort hin gehörten, und Zweifel an Sabacos geistiger Eignung für seine Position als Decurio wecken könnten. Wie Sabaco bei diesem Gedanken mit erhobenem Kinn auf seinen Gast hinabsah, musste er aufpassen, nicht allzu bedrohlich dreinzublicken. Er wollte nicht, dass Scato das irgendwo ausquatschte, und konnte sich nur mit Mühe verkneifen, das auszusprechen.

    "Komm erstmal rein. Den Decurio kannst du heute stecken lassen, ich habe privat nach dir schicken lassen. Als ob die Ala dienstlich auf die Ärzte der Prätorianer zurückgreifen könnte."


    Er führte seinen Gast durch die angenehm kühle Unterkunft. Alle Fensterläden waren geöffnet, das Licht schien von draußen herein. Blaue Gardinen dienten als Sichtschutz und tauchten die Räume in ein kühles Licht. "Ich weiß nicht, was du für die Untersuchung brauchst", sagte Sabaco über seine Schulter hinweg, ein wenig nervös klang er vielleicht. "Tisch und Stuhl? Eine Liege?! Du musst mich rumkommandieren. Ich glaube, ich habe mir dieses verdammte Fieber eingefangen! Aber ich will nicht erst ins Lazarett, wenn ich nicht mehr kriechen kann. Die Frühzeichen müssen mit allen Mitteln bekämpft werden, ich habe eine Strafexpedition vorzubereiten."


    In seinem Schlafzimmer blieb er schließlich stehen und drehte sich zu Scato. Hier gab es alles, was zuvor aufgezählt worden war - ein Bett, ebenso auch einen Tisch mit zwei Stühlen, sowie eine Waschschüssel mit allem, was dazugehörte, Handtuch, ein Spiegel, Körperöl. In einer kleinen Extratruhe befand sich alles, was Sabaco sonst noch für die Körperpflege brauchte, wie Zupfer, Schaber, ein Toilettenbesteck und so weiter. Aber diese Dinge würden Scato wohl kaum interessieren.

    Die Plünderer waren diesmal schnell und ohne Blutvergießen vertrieben, kaum bewaffnete Halbstarke, die sich beim Auftauchen der Turma II versprengten und einzeln in die Dunkelheit flüchteten. Sie zu verfolgen war sinnlos. Für den Rest der Nacht blieb ein Wachtrupp an dem betroffenen Gehöft zurück, in den nächsten Tagen würde es verstärkte Kontrollen in der Region geben.


    Mehr konnten sie vorerst nicht tun, das Übel musste an der Wurzel gepackt werden und dazu benötigten sie die Informationen ihres geschrumpften und durchlöcherten Netzwerkes.


    Sabaco hoffte gedanklich auf Rupa, als er mit seinem Teil der Männer heim ritt.

    Der Einsatz hatte die Reiter um ihren Feierabend und um die halbe Nacht ihres Schlafes gebracht, doch immerhin gab es diesmal keine Verletzten.


    Trotzdem fühlte Sabaco sich nicht so fit, wie er sich fühlen sollte. Er streute heilsames Räucherwerk in die Feuerschale. Knisternd kräuselten die Blätter sich in der Glut. Den Gang ins Valetudinarium scheute er, doch er ließ nach Scato schicken mit dem Hinweis auf private Entlohnung. Seine Leistungsfähigkeit durfte nicht noch mehr leiden.

    "Guter Mann. Vale."


    Dann nahm Sabaco die Beine in die Hand. Wenn hier in Mogontiacum die Cornicines durch die Nacht hallten, dann war das selten ein Probealarm. Trotzdem wirkte er zufrieden, wie er da als Letzter aus der Taberna trabte. Rupa hatte ihm etwas zurückgegeben, was er fast verloren hatte: Hoffnung. Wie wichtig der Auftrag nicht nur für die Ala war, sondern für Sabaco persönlich, würde Rupa noch erfahren, wenn sie sich wiedersahen. Sabaco hatte keinen Zweifel. Der Bursche würde sich gut machen.


    Bevor der Herbst kam, würden sie erneut miteinander sprechen.

    Sabaco lächelt unverbindlich. "Die zunehmenden Überfälle in der Provinz auf die römischen Truppen sind bekannt. Details dazu wird niemand erfahren, der nicht Teil der Einheit ist. Was deine Deckung betrifft: Für Rom kann ich nicht sprechen, ich bin Offizier, kein Politiker. Sprich, gedeckt bist du allein durch mich. Mir aber ist es ein ... ein persönliches Anliegen, die Sicherheit wieder herzustellen. Eine Familienangelegenheit. Für dich ist erstmal nur wichtig, dass ich dringend die Namen der Anführer und ihren Aufenthaltsort benötige, und dich dafür fürstlich zu entlohnen bereit bin."


    Das sollte Rupa zeigen, wie ernst Sabaco die Angelegenheit war, dass es hier nicht um irgendetwas ging oder darum, Rupa ins offene Messer laufen zu lassen, sondern um etwas Wichtiges und Großes. Der Decurio nickte. "Und was deinen Karrierewunsch betrifft: Bei deiner Rückkehr werde ich sehen, was ich für dich tun kann. Tüchtige Männer werden stets gesucht. Noch einmal: Ich kann als Decurio weder für Rom noch für die Ala sprechen. Es wäre Augenwischerei, dir irgendwelche Versprechungen zu machen. Aber ich kann ein gutes Wort für dich einlegen. Wenn alles gut geht und wir gemeinsam reiten, wirst du mehr erfahren. Mehr über die Überfälle, mehr über den Rest."


    Sabaco kramte in seiner Gürteltasche. Er blätterte in seinen Gedichten und Zeichnungen, bis er ein freies Blatt fand. Das legte er auf den Tisch. Aus dem Kopf zeichnete er mit einem Kohlestift eine Karte der ihm bekannten Grenzregion. Sie enthielt keine wesentlichen Details, wie sie dem Militär vorlagen, aber ein paar bekannte Landmarken zur Orientierung.


    "Hier, für dich. Wenn du Karten lesen kannst, dann trage die Aufenthaltsorte oder Wohnorte ein. Töten sollst du erstmal niemanden. Bring dich nicht unnötig in Gefahr, schließlich wollen wir sie noch verhören und dich lebend wiedersehen. Abgesehen von Notwehr empfehle ich dir, auf Konfrontationen zu verzichten." Befehlen konnte Sabaco ihm noch nichts. Was Rupa am Ende tun würde, lag in seiner eigenen Hand. Wie er an die Informationen kam, würde niemand nachprüfen, wichtig war nur, dass sie brauchbar waren. Sabaco legte ihm noch zehn Sesterze als Vorkasse dazu.


    "Verwandte hast du sogar mindestens zwei in Mogontiacum! Beide bei den Streitkräften, aber nur einer ist in meiner Einheit. Ich vermittle dir den Kontakt zu beiden, wenn du wiederkehrst. Sind zwei anständige Burschen."


    Plötzlich horchte Sabaco auf. Der Klang eines Horns schallte durch die Nacht. Durchdringend, die Melodie unverwechselbar. Jeder Soldat im Schankraum sprang auf die Füße, auch Sabaco. "Sind wir im Geschäft?", fragte er gehetzt. Hinter ihm rannten die Mitglieder der Ala bereits nach draußen.

    Sabaco nickte dem anderen zu. Das Gespräch entwickelte sich in eine Richtung, die ihm gefiel. "Salve, Iunius. Interessant. Mein Name ist Publius Matinius Sabaco, Decurio der Turma Secunda, Ala I Aquilia Singularium. Ich habe einen deiner Verwandten in meiner Einheit, einen Iunianus Fango. Kennt ihr euch?" Sabaco plauderte leutselig, doch es gab noch etwas anderes, das ihn interessierte.


    Die Informationen des Mannes ließen ihn aufhorchen. "Du kennst dich also gut aus hinter den Grenzen von Rom? Das trifft sich. Mir ist mein Kundschafter abhanden gekommen ... das verdammte Fieber. Für ein paar Detailinformationen würde ich etwas springen lassen. Insofern kann es sich lohnen, seine Nase noch tiefer in gewissen Angelegenheiten zu versenken."


    Er hob vier Finger. "Vierzig Sesterzen, wenn du mir etwas über die Anführer dieser Aufwiegelung berichtest - je Kopf! Damit ich sie ihnen abschneiden kann. Das entspricht dem gesamten Monatslohn eines Eques. Den bekommst du, vielleicht sogar doppelt oder dreifach, wenn du dich noch einmal in die Wälder Germaniens wagst. Ich brauche ihre Namen, ihren Stamm, und wo genau sie wohnen - und alles, was sich nebenbei sonst noch in Erfahrung bringen lässt.


    Und wenn du mich mit deiner Leistung überzeugst", er schwenkte seinen Becher und betrachtete den kreisenden Wein, "habe ich vielleicht danach noch mehr Arbeit für dich."

    Man konnte ihm ja vieles vorwerfen, aber mangelnde Kameradschaft gehörte nicht dazu. Da der Bursche eine Spatha trug, ging Sabaco davon aus, dass er zur Ala gehörte - und wahrscheinlich noch recht neu war. Scheinbar handelte es sich um einen gerade zurückgekehrten Kundschafter. Unter dem Tisch trat Sabaco gegen den freien Stuhl, der schabend über den Steinboden schlitterte und einladend neben dem Fremden stehen blieb. Zeitgleich schnippte Sabaco nach einem zweiten Becher, der auch zügig gebracht wurde. Da ihm nach Gesellschaft war und er auf ein paar Informationen hoffte, war er nicht geizig. Er schenkte dem Fremden vom heißen Wein ein.


    "Salve, setz dich ruhig dazu. Ich warte auf niemanden", schnarrte er. Denn alle, auf die er warten könnte, weilten in großer Ferne oder kämpften Gegen das tückische Fieber, das in ihrer Einheit grassierte. Nein, es würde niemand kommen. Den Blick des anderen vermochte Sabaco richtig zu deuten, er selbst war auch nicht unbedingt ein zartes Blümchen, aber auch Raubeine konnten freundlich sein. "Gibt es Neuigkeiten von jenseits des Rhenus? Deine Einheit?" Er musterte den anderen, konnte aber im Dunkel außer der Spatha nichts Militärisches an ihm entdecken. Oder vielleicht war es ein Zuträger, der in Zivil unterwegs gewesen war.

    << RE: Turma II - Unterkunft des Decurio Publius Matinius Sabaco


    Die meisten Soldaten mussten sich mit Lora begnügen, alkoholarmem Tresterwein, sofern ihre Feldherren ihnen überhaupt den Weingenuss erlaubten. Bei der Ala hatten sie Glück. Sabaco aber war nicht nach dieser Plörre. Er brauchte schweren, süßen und gepfefferten Rebsaft gegen die zunehmenden Schmerzen in seinem Hals, und zwar heiß. Er saß an seinem üblichen Platz am Feuer, in die Flammen starrend, die dampfende Weinkaraffe auf dem Tisch und den Tonbecher in der Hand.


    Wie alle Soldaten trug er das Cingulum militare und den Pugio an der Seite. Vom Legionär unterschied ihn die Schuhtracht, denn bei der Ala trug man keine Sandalen, sondern geschlossenes Schuhwerk. Die grässlichen Hosen, die eigentlich dazugehörten, zog er allerdings, wie die meisten, in seiner Freizeit bei dieser Sommerhitze aus. Dass er zur Ala gehörte, war weithin sichbar, aber die meisten hier kannten den düsteren Gast sowieso bereits. Einen Stilbruch stellte allein die blaue Tunica dar, die sonst bei der Classis üblich war.

    << RE: [Valetudinarium] Die Seuche greift um sich


    Bis in die Nacht saß Sabaco im Vorraum seiner Unterkunft und erledigte den Papierkram, der sonst Nero zugefallen war. Bestellungen, Abrechnungen, Berichte, Korrespondenzen. Er fand seine eigenen Wachstafeln und Holzbrettchen mit Anweisungen und Hinweisen für seinen Cornicularius.


    Irgendwann klopfte es. Ein Capsarius brachte die gewünschte Liste mit dem Krankenstand. Sabaco nahm sie mit ausdrucksloser Miene entgegen. So viel Not und Elend, seine todkranken Männer, gepresst in eine seelenlose Tabelle. Er mochte seit diesem Tag keine Statistiken mehr. Hilflos starrte er darauf, nicht wissend, wie er solch einen Krankenstand noch kompensieren sollte.


    Ob die Hitze hinter seiner Stirn und seine wie Feuer brennenden Augen nur Zeichen seiner Überarbeitung waren oder ob er sich angesteckt hatte, vermochte er nicht zu sagen.


    Sola dosis facit venenum - Die Dosis macht das Gift >>

    Er stützte die Hände auf den Schreibtisch und betrachtete die erschreckend lange Liste. Sein Blick verharrte auf zwei Namen.


    Cornicularius Titus Umbrenus Nero.

    Duplicarius Appius Umbrenus Cimber.


    Seine Unteroffiziere ... und in einem Fall mehr. Sabacos Gesicht zeigte keine Regung, als er sich aufrichtete. "Ich benötige heute noch eine Abschrift dieser Liste. Zudem erwarte ich regelmäßigen Rapport, ohne dass ich dem Valetudinarium dafür hinterherrennen muss. Es geht nicht anders, ich bin Kommandeur, ich kann mich nicht ständig nur dem Zettelkram widmen! Und ich habe keinen Cornicularius mehr, der das für mich erledigt ... werde den Posten auch nicht neu besetzen, bis Umbrenus Nero genesen ist."


    Die Alternative würde er nicht aussprechen, nicht einmal an sie denken. "Du weißt, wo du mich findest. Ich bin Decurio der Turma II. Vale", schrie er den Medicus an und marschierte aus dem Valetudinarium. Draußen empfing ihn, kalt und nass, der erste Regen seit Wochen.


    RE: Turma II - Unterkunft des Decurio Publius Matinius Sabaco >>

    "Ja, ich habe verstanden. Du hast eine lange Reise hinter dir. Musst dein Gepäck abladen, die Sklaven instruieren. Brauchst dann noch etwas Ruhe." Dinge, die er auch brauchen würde, einen Ort, den er zu Hause nennen könnte, ein Privatleben. Vielleicht später wieder ... wenn alles gut ausgegangen war. Nicht weiter denken. Sabaco erhob sich. "Danke für das Gespräch. Es wird geschehen, wie du es vorgeschlagen hast. Bezüglich Tribun Seius Ravilla und bezüglich der Absprache. Ich gebe dir dann Bescheid."


    Sabaco füllte die Lungen und brüllte markerschütternd nach Zisimos, der sich irgendwo im Gebäude herumdrückte. Während er wartete, musterte er ein letztes Mal Scato, weil er diesem noch etwas Wichtiges sagen musste. "Dein Bruder Fango ist ein guter kleiner Kerl. Völlig falsch bei den Streitkräften, aber ich schleife ihn schon durch. Er wird nicht unter die Räder kommen."


    Damit drehte er sich weg und marschierte in Richtung Ausgang.