Beiträge von Publius Matinius Sabaco

    Im Sacellum lag heilige Stille. Die Feldzeichen waren an der Rückwand des Heiligtums aufgestellt und flankierten eine Statue des Kaisers, glänzend, denn sie war vor der Zeremonie noch einmal rituell gereinigt worden, so wie auch die Feldzeichen und alles andere, was sich in diesem Raum befand, einschließlich des Raumes selbst. Es warteten bereits zwei weitere Auxiliaranwärter auf ihre Vereidigung. Leise redend standen sie im vorderen Bereich, ihre Gestalten verschwammen im Nebel. Schweres Räucherwerk reinigte die Luft von Miasmen.


    In den Schatten stehend wartete auch Sabaco, bis der letzte Tiro eingetroffen sein würde.

    Mit Ausnahme des Dolches, den ein römischer Soldat nie ablegte, außer, er wäre entehrt worden, und den er im Gegensatz zum Schwert selbst in die Taberna oder das Lupanar mitschleppte, händigte Sabaco selbstverständlich seine Waffen aus.


    Er machte sich Sorgen, was die Stimmung von Avianus betraf, der meist eher für sich sein wollte, und sich vielleicht wenig über sein Erscheinen freuen würde. Sabaco konnte mit Ablehnung nicht wirklich umgehen und während das Treffen mit dem Centurio eine Routineangelegenheit sein würde, machte ihn die Aussicht, den großen Bruder zu treffen und ihn mit schlechter Laune vorzufinden, extrem nervös, ja, sie machte ihm Angst. Er hatte nur noch diesen einen Bruder.


    "Ich bin so weit, Legionarius", erklärte er. "Darf ich eintreten oder bringt mich jemand hin?"

    Es war ärgerlich mit dem alten Klepper. Sabaco brauchte ein neues Pferd. Eines zu erwerben war nicht das Problem, aber er wog als großer Mann recht schwer, das Pferd musste entsprechend stabil gebaut sein. Zudem waren die Anforderungen an den Ausbildungsstand und das Wesen eines Kriegspferdes hoch. Als Offizier wollte er ein Pferd reiten, das perfekt zu ihm passte und bisher war er mit keinem zu hundert Prozent zufrieden gewesen. So ritt er noch immer auf seinem alten Schwarzbraunen, sprang vor der Porta ab und suchte einen Wachmann.


    "Salve. Decurio Matinius Sabaco von der Ala I Aquila Singularis. Ich muss dringend mit zwei Männern sprechen. Erstens mit Matinius Avianus und zweitens mit Centurio Duccius Ferox!"

    "Gut. Ich bin sicher, ihr werdet die an euch gestellten Anforderungen erfüllen. Die Fragen ergeben sich vermutlich dann später", brummte Sabaco. Dazu koordinierte man schließlich den ganzen Kram, um ein effektives Ganzes daraus zu formen.


    "Andriscus." Auch zum Ausbilder wurde eine Tabula herübergeschoben. "Deine Aufgabe ist es, die Soldaten der Turma Secunda zu schleifen, bis sie bluten. Folgendes habe ich im Sinn: eine Gefechtssimulation mit allem Drum und Dran.


    Du schnappst dir die Turma Secunda und marschierst mit ihr hinaus in die Wildnis. Dort sollt ihr ein Lager aufbauen, eine Nacht verbringen und wieder umkehren. Irgendwo unterwegs werdet ihr überfallen und der Angriff wird heftig. Wir üben im Kleinen, was uns im Großen bevorstehen wird und stellen unsere Taktik auf den Prüfstand.


    Ich möchte, dass bei der Gefechtssimulation Holzwaffen verwendet werden, die auch hart eingesetzt werden, ein Treffer soll wehtun, denn im Ernstfall wäre ein solcher Fehler der Tod des Soldaten.


    Ziel ist, Sicherheit und Routine in die Abläufe reinzubringen und die Gruppe besser aufeinander abzustimmen. Es gab ja einige personelle Änderungen. Auch ich werde dabei sein und alles im Auge behalten, aber der Leiter der Übung bist du.


    Traust du dir das zu?"

    Auf die Frage von Nero antwortete Sabaco mit einem Nicken. "Völlig freie Hand. Tu, was du für richtig hältst, um deinen Auftrag zu erfüllen. Diese Germanen sind keine Peregrini, die römischem Schutz unterstehen, sondern sind durch die Bank weg als Kombattanten zu betrachten. Entsprechend werden sie behandelt. Erfülle deinen Auftrag und erfülle ihn gut, mehr habe ich dir an Befehlen nicht zu geben."


    Sabaco fingerte am Stapel mit den übrigen Befehlen herum und wartete, während Scarpus seinen Einwand vorbrachte. Natürlich machten die Offiziere und Unteroffiziere sich Gedanken. Sonst wären sie falsch an ihrer Position. Dennoch war ihrer aller Entscheidungsgewalt begrenzt. Sie waren das Schwert des Imperiums, nicht das Hirn.


    "Die Einschätzung, wie ernst wir die Bedrohung nehmen, müssen wir den Herren Stabsoffizieren überlassen, Decurio. Wenn sie sagen, es wird Krieg geben, dann wird es das. Mir wurde die Operation Sommergewitter anvertraut, da man weiß, dass ich der geeignete Mann dafür bin."


    Und weil ein entsprechendes Sümmchen den Besitzer gewechselt hatte.


    "Das Exercitus nicht darauf warten, dass uns die Germanen mit Krieg überziehen, sondern mit der Operation Sommergewitter den Kampf in ihr Territorium tragen. Wir können nicht unsere verlorene Turma Prima ihrem Schicksal überlassen! Wir werden unsere Kameraden da rausholen, Decurio. Es ist keine Frage des Ob, sondern des Wie, das wir hier besprechen. Aber natürlich hoffen wir alle", sprach Sabaco gedehnt, "dass die Barbaren uns schnellstmöglich anbetteln, ihnen die Kapitulationsbedingungen zu nennen. Je mehr Schrecken wir verbreiten, umso früher gehen sie in die Knie.


    Duplicarius Umbrenus Cimber, dein Befehl." Sabaco schob ihm die Tabula zu. "Deine Aufgabe ist die Aufklärung im Feindgebiet. Das betrifft jedoch viel mehr als nur jene Aufgaben, bei denen du Umbrenus Nero unterstützen wirst. Auch mir wirst du zuarbeiten. Ich benötige deine Informationen für die Planung der Logistik, wenn wir nach Germania vordringen werden. Das betrifft zum Einen also das Gelände und", seine Mundwinkel zuckten, "die Versorgung unserer Truppen. Bei Freunden kaufen wir ein. Bei Gegnern bedienen wir uns. Sorge also dafür, dass wir Freunde wie Feinde haben werden. Und dafür, dass die einen die anderen hassen."


    Neid und Missgunst waren der Nährboden der Zwietracht. Zwietracht und Einigkeit schlossen einander aus. Cimber hatte also viel mehr zu tun, als nur der Logistik zuzuarbeiten. Er würde mit der Wahl von Freund und Feind dazu beitragen, die Einigkeit der Stämme zu untergraben und war folglich einer der wichtigsten Männer der Operation. Die Verantwortung für einen Duplicarius war gewaltig, aber Sabaco wollte es so. Er war der Überzeugung, dass Cimber dieser Aufgabe gerecht werden würde.


    "Fragen?!"

    Während Scarpus noch überlegte, schob Sabaco den ersten Befehl herüber: Er galt Titus Umbrenus Nero.


    "Du bist als Cornicularius verantwortlich für das Zusammentragen von allen Informationen, denen du habhaft werden kannst. Als Leiter der Schreibstube bist du dabei nicht allein, sondern hast Personal, dass dich dabei unterstützt.


    Dein Auftrag besteht dabei aus zwei Säulen: Du wirst alle Informationen sammeln, welche den Verbleib der Turma Prima betreffen, aber auch die Stimmung bei den grenznahen Stämmen auskundschaften lassen. Fordere Informationen von allen Stellen an, von denen du glaubst, sie könnten etwas dazu wissen. Sprich persönlich mit den Leuten", er nickte an dieser Stelle Scarpus zu, wobei es diesem selbst oblag, zu entscheiden, welche Informationen er preisgab, "befrage Römer und Einheimische, greife aber auch auf Soldaten zurück, welche dich beim Umhören unterstützen. Schicke jemanden in die Taberne und ins Lupanar, um sich dort umzuhören." Dort war Ocella Stammgast gewesen, was Sabaco dem elenden Weibsstück Eila genüsslich aufs Brot geschmiert hatte. Vielleicht wussten die Huren etwas.


    "Duplicarius Umbrenus Cimber wird dich dabei als Kundschafter unterstützen, zu dem ich gleich komme. Fragen?!"

    "Ja, die Chatten. Inwieweit das für die anderen Stämme galt - da habe ich keine Ahnung. Es galt wohl nur für sie, da die Angriffe nie vollständig aufhörten. Nach Ablauf der Zeit nahmen sie allerdings wieder zu. Sprich, der momentane Druck geht wahrscheinlich von den Chatten aus. Hast du dazu Informationen vorliegen?"


    Scarpus schrieb keine Namen auf. Vermutlich durfte er keine nennen, um die Informanten zu schützen.


    "Uns fehlt bislang eine heiße Spur, sie kommen scheinbar aus allen Richtungen und ohne festen Anführer, doch das täuscht. Sie gehen taktisch klug vor und es ist ihnen gelungen, unsere Offiziere zu ermorden. Jemand plant und er weiß, was er tut. Diesen Jemand müssen wir finden und um die Last seines aufgeblasenen Hauptes erleichtern!

    Sabaco lehnte sich zurück und hörte aufmerksam zu. Die Angelegenheit wurde nicht einfacher, aber klarte auf.


    "Das sind wichtige Neuigkeiten, Decurio. Hört sich nach einer großen Angelegenheit an die da auf uns zurollt." Er schob Scarpus eine leere Tabula samt Griffel hinüber. "Wenn du kannst, schreib mir die Namen der germanischen Informanten auf und welchem Stamm sie angehören. Dann werde ich sie a) verschonen und b) werden sie uns in Zukunft weiter nützen dürfen."


    Ihm wurde bewusst, wie bedeutsam die Arbeit der Kundschafter in dieser undurchsichtigen Angelegenheit sein würde. Zwar hatte er entsprechende Vorkehrungen getroffen, doch er würde sie weiter ausbauen. Sein Blick streifte Nero. Wenn er jemandem die Verwaltung dieser sensiblen Informationen anvertrauen wollte, dann ihm. Nicht umsonst hatte er dafür gesorgt, dass er den Posten des Cornicularius bekam. Nero war eindeutig zu alt, um Sabaco an die Front zu begleiten. Stattdessen würde er sicher im gut beheizten heimischen Officium die eintrudelnden Informationen auswerten, damit Sabaco daraus seine Taktik weben konnte. Aber davon wusste Nero noch nichts.


    Sabaco schaute wieder zu Scarpus, ob der fertig war mit schreiben. "Weißt du, warum die Sueben nach Westen drängen und warum die Markomannen die Donau überschreiten wollen? Vor diesem vierjährigen Friedensvertrag, den der damalige Tribunus Laticlavius Flavius Gracchus Minor aushandelte, war es wohl Hunger. Missernten und so weiter."


    Sim-Off:

    Falls du dir noch keine Informanten ausgedacht hast, kannst du gern ein paar erfinden, auf die wir uns künftig beziehen können.

    "Erschüttert sind wir alle, Decurio. Die Legio ist natürlich bereits informiert worden. Wenn du dich aus persönlichen Gründen an der Bergung und am Abschied der Gefallenen beteiligen möchtest, wende dich am besten direkt an die Legio, ich kann dazu nichts sagen."


    Einige Augenblicke schwieg Sabaco. Froh, dass er nicht den Tod seines Bruders mitgeteilt bekam, frustriert, weil er auch sonst nichts über Ocellas Verblieb erfuhr. Dann fing er sich. Der einzige Weg war, diese Operation mit brutaler Effizienz durchzuziehen.


    "Momentan brodelt die Gerüchteküche. Es ist nicht einfach, Gerücht und Tatsache voneinander zu trennen. Ich denke, für uns alle sprechen zu können, wenn ich sage, dass wir froh darüber sind, dass wir uns in dem Fall geirrt haben und dass du und deine Männer wohlbehalten wieder heimgefunden habt."


    Am Wahrheitsgehalt der Worte von Atius Scarpus zweifelte er keinen Augenblick, auch ohne schriftliche Belege, die ihn ohnehin nichts angehen würden. Das bloße Wort eines guten Kameraden galt für ihn und war über jeden Zweifel erhaben.


    "Da es eine geheime Operation war, ist es nicht an mir, Informationen von dir zu erbitten, Decurio. Aber falls es etwas gibt, von dem du meinst, dass es für die Operation Sommergewitter hilfreich sein könnt, dann wende dich an die Stabsoffiziere. Das musst du ja ohnehin tun, um deine neuen Befehle abzuholen. Sie werden dann entscheiden, ob sie mich ebenfalls über die Dinge in Kenntnis setzen wollen, die du ihnen mitteilst.


    Das wäre dann alles. Danke, dass du dir es so kurz nach deiner Heimkehr einrichten konntest, hier zu erscheinen."


    Das war nicht selbstverständlich, denn diese Besprechung ging den anderen Decurio von der Sache her nichts an und er hätte ihm genau so gut die kalte Schulter zeigen und seinen eigenen Angelegenheiten nachgehen können. Sabaco griff nach dem Stapel mit den Befehlen für die Turma Secunda, ein Zeichen, dass sich Atius Scarpus nun entfernen durfte.

    "Damit sind wir vollzählig." Da Scarpus in weiser Voraussicht die Tür geschlossen hatte, brauchte Sabaco das nicht zu tun. "Meine Herren Offiziere und Unteroffiziere! Wir haben uns heute hier eingefunden, um die Operation Sommergewitter zu besprechen." Allein der Name sollte jedem klar machen, dass es sich dabei nicht um eine Friedensmission handelte. "Ich zähle euch die schwersten Angriffe auf das Exercitus Romanus der letzten Monate auf:

    Sabaco ließ eine Pause, damit jeder das Ausmaß der Überfälle innerlich erfassen konnte. Dieses schweren Verluste schmerzten jeden, der ein Herz besaß. Zudem sollte jeder begreifen, dass die Zeit für den bisherigen Kuschelkurs vorbei war.


    "Nicht eingerechnet sind die zahlreichen kleinen Scharmützel, mit denen sich unsere Patrouillen inzwischen beinahe wöchentlich rumplagen müssen. Die erfolgreichen Angriffe auf unsere führenden Köpfe spricht eine deutliche Sprache, hier ist ein planender Geist am Werk, der enthauptet werden muss. Männer. Die kontinuierlichen schweren Angriffe auf unsere Truppen dürfen nicht länger nur mit Selbstverteidigung beantwortet werden. Der Stab hat klare Vorstellungen, wie ab sofort mit dieser Situation umgegangen werden soll."


    Sabaco klopfte auf den Stapel Unterlagen.


    "Ich habe hier unsere Befehle für die kommenden Monate. Die Angelegenheit wurde ganz oben geplant und ich habe mich freiwillig gemeldet als der ausführende Arm. Wir werden nichts dem Zufall überlassen.


    Doch bevor ich zur Befehlsausgabe komme, übergebe ich das Wort an Decurio Atius Scarpus, Überlebender der Turma Prima. Bitte berichte uns, was du in Germania erlebtest und ob du Hinweise hast, was mit dem Rest der Turma geschehen ist."


    Damit ließ Sabaco sich auf einem Stuhl nieder. In der Hoffnung, dass der Mann in dieser Angelegenheit Licht ins Dunkel bringen konnte.

    Schwere Schritte im Gang ließen erahnen, das eine eindrucksvolle Gestalt nahte. Mit einem Stapel Unterlagen kam Sabaco in den Besprechungsraum. Er marschierte um den Tisch herum zum Stirnende, wo sich an der Wand die große Schiefertafel befand. Den Stapel ließ er auf den Tisch plauzen. Er blickte in die Runde, musterte reihum die Anwesenden und sah jedem einmal kurz in die Augen.


    Denjenigen, die ihn noch nicht so oft gesehen hatten, würde wohl als erstes Sabacos große Gestalt mit dem ausgeprägten V-Kreuz auffallen, dann die eisblauen Augen unter den dichten schwarzen Brauen. Eine frische Narbe teilte die linke Braue in zwei Hälften. Sobald Sabaco sprach, bemerkte man das Fehlen etlicher Zähne auf der linken Seite, überhaupt war sein Gebiss ramponiert. Sabaco war eine raue Erscheinung, die vor Männlichkeit nur so strotzte. Doch verrieten tiefe Augenringe, dass er wenig schlief.


    "Salvete, die Herren. Die Spatzen haben vermutlich schon von den Dächern gepfiffen, wer ab sofort die Turma Secunda kommandiert. Mein Name ist Publius Matinius Sabaco aus Tarraco. Ich habe meine Grundausbildung bei der Legio IX Hispania absolviert, die später nach Niedergermanien versetzt wurde. Dort sammelte ich Fronterfahrung mit endlosen Scharmützeln und Gefechten. Nach einer Umstrukturierung habe ich als Optio in der Classis gedient, meine Schwerpunkte waren dort Ausbildungsbetrieb, Versorgung der Truppen und Grenzssicherung durch Patrouillenfahren. Dieses Jahr sollte ich zunächst als Ausbildungsoptio die Legio XXII Primigenia verstärken, wurde jedoch im Zuge der Ereignisse aufgrund meiner inzwischen recht umfangreichen Erfahrung von der Legio wieder abkommandiert und als Decurio hierher versetzt."


    Er gab den Männern Gelegenheit, die Information sacken zu lassen. Vor allem nahm er sich bewusst Zeit mit der Einleitung, da er noch auf das Erscheinen von Paullus Atius Scarpus hoffte.

    Sabaco presste die Lippen zusammen, bis sie blutleer waren. Die schwarzen Stoppeln um seinen vernarbten Mund richteten sich auf. Dann fing er sich wieder.


    "Du sollst deine Informationen bekommen. Zufällig ist für morgen früh eine Besprechung zu diesem Thema anberaumt. Wenn du dich erholt hast, finde dich mit im Besprechungsraum der Offiziere ein. Dort wirst du Antworten erhalten und uns hoffentlich auch ein paar geben können. Eine schlammige Porta ist nicht der richtige Ort dafür. Wenn du noch etwas brauchst, wende dich an Eques Seius Iunianus Fango und er wird es dir organisieren. Ich habe hier noch einen Wall zu bewachen. Vale, Decurio."


    Damit ging Sabaco um die Ecke. Man hörte noch seine schweren Schritte, als er, viel langsamer als auf dem Hinweg, die Treppe hinaufstapfte und über den Wehrgang nach Norden ging, um weiter hinaus auf den Wald zu starren.


    Für Decurio Atius Scarpus sollte inzwischen seine Stube fertig vorbereitet sein.

    << RE: Porta praetoria – Haupttor (Vor dem Betreten des Lagers bitte hier anmelden!)


    Sabaco ließ für Scarpus ein gutes Essen und heißen Würzwein zum Durchwärmen vorbereiten, außerdem legte ihm jemand heiße Steine ins Bett, damit es vorgewärmt wurde, lüftete noch einmal kräftig und heizte seine Stube an. Wenn Scarpus in seine Stube kam, würde es dort wohnlich für ihn sein und nach frischem, schweren Essen und heißem Würzwein duften.

    Von den harmlosen Ereignissen ahnte hier niemand etwas.


    Die Gerüchte, die sich um die Ereignisse um die Turma Prima rankten, waren entgegen der Bemühungen der Offiziere zu Monstrositäten gewuchert. Inzwischen war jeder sicher, dass Germanicus Varro samt seiner Männer und samt dem Goldenen Adler in die Hände rachsüchtiger Germanen gefallen war. Wer hätte je gedacht, dass ausgerechnet Varro so enden würde? Mit dem Verlust des wie ein Halbgott verehrten Subpraefectus assoziierten manche Equites den Untergang des Imperiums. An der Grenze würde es beginnen, wie eine Nekrose fraß der Untergang sich in Richtung seines Herzens, in Richtung Roma.


    Sabaco stand allein auf der Seite des Walls, die Germania zugewandt war. Seine Gedanken galten jemanden, dessen Namen bereits langsam unter de Soldaten verblasste. Keiner der namhaften Großen, die zu Ikonen stilisiert wurden. Einer von denen, welche vom Lauf der Zeit vergessen werden würden. Vor der Mauer zog Braun der Rhenus, breit und reißend von der Schneeschmelze. Er blickte über den kahlen Winterwald am anderen Ufer, der sich braun und dunkelgrün von Horizont zu Horziont erstreckte. Irgendwo in dieser endlosen Wildnis befand sich Ocella, tot oder lebendig.


    Die Meldung des hibbeligen kleinen Eques riss ihn aus seinen schwarzen Gedanken. Die Meldung hatte es in sich.


    Sabacos schwere Schritte polterten über den Wehrgang, dann die Treppe hinunter, vor zur Porta. Der Anblick, den er am Tor vorfand, erschütterte ihn bis ins Mark. War das alles, was von der Turma Prima übrig war? War der Rest ...


    Er würgte den Gedanken ab, gab Anweisungen.


    Calones wurden gerufen, Trossknechte, welche die Pferde in Empfang nahmen, um sie für die Soldaten in die Ställe zu bringen und zu versorgen. Wer ins Valetudinarium musste, wurde dorthin geleitet. Zudem organisierte Sabaco ein paar zum Lager gehörende Sklaven, welche sich um die ramponierten Soldaten kümmern würden. Wer wollte, bekam in den Thermen Hilfe, wurde massiert, geölt und gestriegelt und vor allem rasiert, frisiert und bekam die Nägel gestutzt. Auch die Zahnpflege würde übernommen werden. Außerdem würden die Sklaven sich um die dreckigen Kleider und die verlotterte Ausrüstung kümmern.


    Es dürfte selten sein, dass eine Einheit mit solcher Fürsorge empfangen wurde, doch wenn jemand sich das verdient hatte, dann die zum Rumpf verstümmelte Turma Prima. Für Scarpus als Decurio ließ Sabaco ein gutes Essen und heißen Würzwein zum Durchwärmen vorbereiten, außerdem legte ihm jemand heiße Steine ins Bett, damit es vorgewärmt wurde, lüftete noch einmal kräftig und heizte seine Stube an. Wenn Scarpus in seine Stube kam, würde es dort wohnlich für ihn sein und nach frischem, schweren Essen und heißem Würzwein duften.


    Nachdem das alles organisiert war, was trotz des Umfangs nur wenige Sekunden dauerte - wozu konnte man delegieren - stellte Sabaco sich vor.


    "Decurio Atius Scarpus! Decurio Publius Matinius Sabaco, Turma Secunda." Er musste sich einen Moment sammeln, während hinter ihm alles in Bewegung war, was anpacken und helfen konnte, um den traurigen Rest der stolzen Turma Prima zu empfangen. Dann konnte er sich die Frage nicht länger verkneifen: "Wo ist Vexillarius Matinius Ocella? Wo ist mein Bruder?"

    Besprechungsraum der Offiziere


    Das Herzstück des gut bezeizten Raumes bildet ein rechteckiger Tisch mit vielen Stühlen. Die hölzerne Tischplatte ist groß genug, um jedem anwesenden Offizier genug Platz zum Ausbreiten seiner Unterlagen zu bieten. An der Wand hängt eine große Schiefertafel, auf der mit Kreide Pläne veranschaulicht werden können. Öllampen sorgen während der in Germania oft herrschenden Dunkelheit für Licht. In den Ecken des Raumes frisst die Feuchtigkeit an der roten Wandfarbe, der Boden ist nicht mit Mosaik, sondern mit Natursteinen gefliest - ein deutliches Zeichen, dass man sich hier im Castellum einer Hilfstruppe in der Provinz und nicht bei der Legio befindet.