Die Keto glitt in die Mitte des Rhenus. Langsam nahm sie ihre Fahrt auf. Bald hatte sie auf normale Reisegeschwindigkeit beschleunigt. Sabaco schritt langsam durch die Reihen seiner rudernden Männer, seine Art der Inspektion. Schaute, wie sie zurechtkamen und was für Gesichter sie zogen. Schaute beiläufig auch, was sie so unter ihren Ruderbänken an Beute eingesammelt hatten, was er wohlwollend zur Kenntnis nahm, aber nichts dazu sagte. Ansgar gehörte zu denen, die sich kein Andenken mitgenommen hatten. Das war allein dessen Sache. Das Plündern war eine freiwillige Angelegenheit gewesen und kein Befehl, ein Geschenk des Suboptios an seine Männer zum Lohn für den guten Kampf. Er sah auch nach den Verletzten, sprach kurz mit Eike, inspizierte die Männer an den Buggeschützen, wanderte wieder zurück zum Heck, die Hände hinter dem Rücken. Alles war zu seiner Zufriedenheit.
Er ließ sich am Heck neben Nero nieder und verkniff sich, dessen Decke zurecht zu zupfen. Er ging davon aus, dass Nero die Wunde inzwischen, wie angewiesen, mit einem Druckverband gestopft hatte, so dass Sabaco sie daheim im Castellum in Ruhe nähen konnte. Er war, wie sie alle, inzwischen sehr müde, aber so viel Konzentration würde er schon noch zusammenkratzen.
"Ich denke, wir hätten vor dem Subpraefectus vielleicht noch strammer stehen sollen", überlegte Sabaco. "Zeigen, dass uns das Ganze nix ausgemacht hat, weißt du? Die kochen auch nur mit Wasser und wir hatten eine beschissene Fahrt und ein Gefecht bei Sauwetter hinter uns, die nur einen Spazierritt. Aber mich ärgert, dass man uns angesehen hat, wie fertig wir sind. Das nächste Mal machen wir das anders. Dem Germanicus hätte man durch Perfektion eins reinwürgen müssen, vor jedem einzelnen Satz Subpraefectus Germanicus bellen müssen, dabei wie eine Statue stehen. Machen wir das nächste Mal, aber so richtig. Dann werden wir Zeuge, wie ihm vor lauter Geilheit einer abgeht. Immerhin haben die Equites den Rest der Brut ausgelöscht, so hatte es auch was Gutes. Das waren noch etwa 20 Mann, wenn ich mich nicht verzählt habe. Die machen jetzt keinem mehr Ärger."
Sabaco blinzelte entspannt. Er rutschte langsam in den Feierabend-Modus und war sogar zu müde, sich über seinen Erzrivalen aufzuregen, fand die unerwartete Begegnung gerade eher unterhaltsam. Ein bisschen mussten sie noch durchhalten. Er grinste Nero an, was seine Augenringe vertiefte. Aber das Mundwerk funktionierte noch. So hielt er sich wach und seine Laune oben.
"Ich glaub, es hat den Varro gehörig angekotzt, dass er sich nicht traut, bei seinen Leuten auch mal die Zügel frei zu geben. Die liegen vermutlich nachts wie Bretter im Bett, weil sie sogar im Schlaf strammstehen. Plündern gibt es bei dem nicht, nur eiserne Disziplin rund um die Uhr. Nun haben sie aber gesehen, dass es bei uns anders zugeht. Dass unsere Männer auch mal Männer sein dürfen und nicht nur Werkzeuge des Krieges. Den Neid in ihren Augen. Das weiß er, drum sind sie auch so schnell wieder abgedampft, ehe sie allzu viel Blut lecken. Na. Soll er ruhig petzen gehen, dass wir erschöpft sind, wenn es ihn tröstet."