Beiträge von Publius Matinius Sabaco

    "Eine Strafe muss wehtun, Ocella", murrte Sabaco. "Sonst kann man sie sich auch sparen. Ich sage schon immer, dass man die aufmüpfigen Stämme an der Wurzel packen muss. Unser alter Legatus Aemilius ist viel zu nachsichtig, aber vielleicht ändert sich das jetzt. Sein Sohn ist umgekommen. Ich hoffe, nun wendet sich das Blatt und er lässt die Spielchen und wirft den Barbaren Roms ganze Härte entgegen.


    Meine Idee sieht so aus:


    Warum sich immer wieder mit den Germanen den Schädel einschlagen, wenn wir dadurch auf Dauer doch nur an der Stelle treten? Viel zu teuer, ineffizient. Kleine Trupps, die nach einer Ablenkung durch die Legio ihre Dörfer niedermachen bis auf die Grundmauern, während die Krieger im Feld sind, das wäre mein Ansatz. Marodeure statt Legionäre. Den Fehler, in großen Mengen gegen uns zu ziehen und das Hinterland ungeschützt zurückzulassen, begehen sie nur einmal, wenn sie bei der Heimkehr in Zukunft nur noch die zur Schau gestellten Leichen ihrer Eltern, Weiber und Bälger erwartet. Flächendeckend angewendet, würde mit dieser Strategie in einer Generation Ruhe sein und unsere eigenen Söhne würden bloß noch einen Bruchteil der Gegner auszumerzen haben, weil niemand mehr da ist, der sich noch vermehren kann. Dann wäre Roms Zeit gekommen, Germania Magna zu befrieden."


    Während er diese Dinge erzählte, wirkte er allerdings nicht, als würde er gerade vor Hass überschäumen, den sparte er sich dafür auf, wenn es ans Eingemachte ging. Über diese Dinge hatte er schon längere Zeit gründlich nachgedacht und der Grund dafür saß vor ihm, mit einer schlimmen Narbe am Bauch, die Sabaco weh tat, als wäre es seine eigene, wenn er nur an sie dachte.


    "Ich bin so und ich denke so, weil die Welt mich dazu zwingt", beantwortete Sabaco die Frage, warum er so sei. "Ich habe die Regeln nicht gemacht, ich spiele nur danach. Die Menschen sind von Grund auf verdorben." Manchmal tat es ihm weh, dass Ocella nicht sah, wie sehr Sabaco um ihn kämpfte. Doch er würde es weiter tun. Ocella war und blieb sein kleiner Bruder, ganz gleich, wie erwachsen er sich fühlte.


    Da erschien endlich der große Bruder und Sabaco strahlte wieder. Er kam auf die Beine und bevor Ocella Avianus auf einen Stuhl lotsen konnte, hatte der große Bruder schon Sabaco am Hals hängen, der ihn liebevoll drückte und klopfte, ehe Avianus sich setzen durfte. "Großer, du hast gefehlt. Schön, deine Visage mal wieder zu sehen. Ich wollte Ocella gerade fragen, was er unter Ehre und Ruhm versteht und warum er glaubt, dass diese etwas Gutes seien. Aber du darfst die Frage auch beantworten."


    Sim-Off:

    Pst. Sabaco ist der Einzige Bruder mit blauen Augen, die von Ocella und Avianus sind laut Charakterbogen braun.


    "Wer sagt, das Hass blind macht? Ich sehe sehr klar, Ocella. Die Gesetze der Welt liegen offen vor mir. Ich weiß, wie das Leben funktioniert, denn ich bin noch hier, andere sind es nicht. Hass fokussiert meinen Geist wie einen scharfen Dolch, der beim ersten Stich direkt ins Herz geht. Ich habe schon Germanen verdroschen, da warst du noch klein und süß. Ich habe sie geschlachtet, als meine alte Legio noch in Niedergermanien stationiert war, während du dir in der Ala bei einer gemütlichen Reitausbildung einen Lenz gemacht hast. Ich weiß, worauf es ankommt.


    Ich bin derjenige, den sie vorschicken, wenn es schmutzig wird. Bei jeder einzelnen Strafexpedition war ich damals dabei und habe gehofft, dass Catualda mir vor die Klinge läuft. Ist er nicht, dafür habe ich seine Leute geschlachtet. Für solche Arbeiten braucht es keine Moralapostel, denen der Schwertarm versagt, sobald ein paar große Äuglein sie anschauen und ein paar Tränchen kullern, und die das Pack am Ende dann doch laufen lassen, nur weil es zufällig Frauen und Kinder oder ein paar Tattergreise sind. Da braucht es Männer, deren Herz schwer und schwarz wie Basalt ist. Die Strafexpeditionen, bei denen ich dabei war, haben ihren Namen verdient.


    Und die Kunst, Feuer zu legen, Ocella, die du verabscheust ... die hat Rom dort gute Dienste geleistet."

    Etwa die Hälfte des Heimwegs hatten sie hinter sich gebracht, als Nero nach ihm verlangte. Sabaco kam etwas umständlich auf die Beine. Er war groß und bulliger als die meisten. Das ergab ein ordentliches Gesamtgewicht. Seine Knie waren damit nicht ganz glücklich. Aber Sabaco war nicht der Typ, der eine Diät halten konnte oder wollte. Nachdem er sich hochgewuchtet hatte, stapfte er nach hinten, wo er beim Gubernator wieder in die Hocke ging. Auf der Wollkapuze, die am Wollmantel hing, lagen schmelzende Flocken. Der dicke Stoff war schwer und feucht, hielt aber noch dicht.


    "Hrrrm?"

    Der heilige Varro. Sabaco ging diese Vergötterung so was von auf den Sack, obwohl er genau wusste, dass er kein Deut besser war. Scheinbar brauchten sie beide immer irgendjemanden, den sie gerade anhimmeln konnten. Es nagte sehr an ihm, dass nicht er mehr der Inhalt dieser Apotheose sein durfte.


    "Die Legio ... ich war damals gern in der Neunten. Nun bin ich gern in der Classis. Ich lehre das Germanenpack dort als Ausbilder Zivilisation, gebe ihnen die Gelegenheit, ihren Wert für das Imperium zu beweisen und von Barbaren zu Menschen aufzusteigen. Jedoch, die anderen ... jene, die sich gegen das Imperium stellen ..."


    Seine Nasenflügel weiteten sich, als sein eisiger Blick an Ocella hinabglitt und auf dessen Tunika hängen blieb, an der Stelle, wo sich die schreckliche Wunde befunden hatte.


    "Sie haben dein Blut vergossen. Es wird keine Gnade geben, wenn mir einer von denen vor die Klinge läuft. Meine Aufgaben bei der Classis sind zumeist friedlich, Präsenz zeigen, Transportfahrten, Depeschendienst. Wenn ich dann höre, was immer wieder passiert, fernab meiner Reichweite ... zuweilen nagt es an mir, nichts tun zu können, ich trage Hass in mir, Ocella, viel Hass. Da wäre es doch passend, wenn er die Richtigen trifft."

    "Es ist kein Gerücht, Bruderherz, sondern Fakt. Woher ich das weiß ... Stilo ist in Cappadocia ... ich frage jeden aus, der was über die XV Apollinaris weiß. Und ich weiß deshalb, dass sie auch die XV ausschlachten. Ich hoffe", Sabaco musste wegsehen, weil allzu viel in ihm vorging, "dass sie ihn wieder hierherschicken. Nach Germania." Zu ihm. "Die XXII stocken sie jetzt vermutlich mit erfahrenen Soldaten in den Offiziersrängen und Mannschaften auf wegen der Sache mit dem Caesar. Der Überfall, das kam nicht gut. So was geht nicht, wenn wir im eigenen Land nicht mal den Caesar schützen können."


    Er schaute nun wehmütig.


    "Wäre ich dabei gewesen mit meinen Männern ... es ist ewig her, dass ich wem den Arsch aufgerissen habe. So richtig, meine ich, dass er nie wieder aufsteht. Ich sage schon lange, dass wir mit den Barbaren zu nachsichtig umgehen, es war klar, dass es so kommen musste. Ich bin froh, dass sie reagieren. Und da brauchen sie keine Frischlinge, sondern Altgediente, die wissen, wie man einen Barbarenpelz abzieht."

    Die Belehrung des Gubernators nahm Sabaco wohlwollend zur Kenntnis. Ein Gutmensch war er, der Umbrenus Nero. Ein Offizier des alten Schlages. Glaubte noch an Ehre und irgendwelche alten Werte. Sabaco würde mit ihm nicht darüber diskutieren, jetzt erst recht nicht und später auch nicht. Er mochte diese gute Eigenschaft und wollte sie nicht mit seiner eigenen Verderbtheit kaputtreden. Lieber genoss er schweigend, dass Nero noch nicht so verroht war wie er selbst. Der Offizier, dem Sabaco gern gefolgt wäre, war nicht er selbst, er saß vor ihm, dick eingepackt und beschützt.


    "Jawohl, Gubernator. Ich nehme mir deine Worte zu Herzen und es wird geschehen, wie du sagst."


    Die Bestätigung klang vielleicht etwas sanfter, als man von Sabaco gewohnt war. Er gab sich keine Mühe, zerknirscht zu schauen, das war er nicht, seine gute Laune war völlig regeneriert.


    Nach dem Signal, dass er wegtreten durfte, marschierte er zurück durch den Mittelgang, eine Faust hinter dem Rücken, zufrieden das hässliche Wetter betrachtend. Langsam kroch ein fahleres Grau über die Baumwipfel, doch die Sonne würde heute nicht scheinen. Ach, irgendwie ergriff ihn Nostalgie ... Sehnsucht nach seinen Kameraden von der Legio IX Hispania, Stilo, Speckpansa, Helga. Und doch war er froh, heute hier zu stehen.


    Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, so ist es noch nicht das Ende.


    Derlei positive Binsenweisheiten wäre ihm früher nie in den Sinn gekommen. Doch nun war er glücklich. Sabaco war rundum glücklich. Er hatte seinen Platz gefunden. Hier in der Classis Germania, auf dem schlanken hellen Leib der Keto, inmitten seiner Männer, auch wenn er es ihnen nicht leicht machte, ihn zu mögen.


    Gegen Mittag erreichten sie Confluentes. Grau und Kalt blies der Wind von Süden. Die Luft roch nach Frost, die Gesichter glommen rot.


    Die Rast war kurz, genügte gerade zum Pinkeln und Proviant mampfen, während die Kohle eingeladen wurde. Keinesfalls würde es eine Übernachtung geben. Sabaco war kein netter Kerl, aber Leistung bringen und verlangen, das konnte er. Seine Männer mochten ihn zähneknirschend an ihrer Spitze dulden, doch er holte alles aus ihnen heraus, vergeudete kein Potenzial. Sie waren warm eingepackt und er organisierte Kohle, damit sie nicht froren. Wenige würden seine Sorge richtig einordnen können, doch sie war ehrlich.


    Auf dem Rückweg öffnete Germania seine Himmelsschleusen. Der Wind fauchte ihnen ins Gesicht, schleuderte Schneeregen auf sie hinab, den ersten dieses Jahres. Sabaco musste lachen, verkniff sich aber einen weiteren antigermanischen Kommentar. Er machte es sich vorn bei den Bordschützen bequem und genoss die intensive Sinneserfahrung, die ihm alle Sorgen aus dem Geist fegte wie ein reinigender Regen.


    Was für ein Leben!

    Das markerschütternde Gebrüll von Nero riss Sabaco aus seiner guten Laune. Was hatte er denn jetzt schon wieder falsch gemacht. Durch den Mittelgang stapfte Sabaco nach hinten, wo er sich hinhockte, damit er nicht auf seinen Vorgesetzten herunterblickte.


    "Hm?"

    Der Kleine. Hatte nicht mal gemerkt, dass ein Wimpernklimpern gereicht hatte, um ihn zum willigen Werkzeug einer Peregrina mutieren zu lassen. So wenig, wie ihm aufgefallen war, dass die Barbaren in der Turma Prima Kahlschlag betrieben hatten, während sein hochverehrter Decurio einen vor lauter Auszeichnungen blendete, wenn er im falschen Winkel zur Sonne stand. Dabei bekam Varro schon seit Jahren nicht einen Kratzer ab, badete in Ruhm, Ehre und Donativa auf dem Rücken guter Männer wie Ocella, die den alten Fisch anhimmelten.


    Warum sein jüngerer Bruder so anfällig für Marionettenspielern war, wusste er nicht. Von Sabaco hatte er das nicht gelernt, denn der biss sofort zu, wenn jemand versuchte, ihn zu lenken, der kein Vorgesetzter war, und manchmal sogar dann. Die Beobachtung gab ihm recht, seinen kleinen Ocella nicht aus den Augen lassen zu dürfen und ihn zu retten, sollten irgendein Offizier oder irgendein Weibsstück es damit übertreiben, dessen Gutgläubigkeit auszunutzen. Sollte Ocella dafür doch schmollen ... wenn es sein musste, tötete Sabaco für seine Sicherheit und leckte sich danach das Blut von den Fingern.


    Er wünschte, er hätte irgendeinen Beobachter bei der Ala, der ihn rechtzeitig informierte, wenn bei Ocella was im Busche war ...


    "Gut", sagte Sabaco also freundlich. "Keine Ratschläge mehr." Nur noch Taten. Er trank selbst noch einen großzügigen Schluck des heißen Getränks. Danach leckte er sich genüsslich die Lippen. "Wenn die Germanen etwas können, außer ihre Töchter an uns zu vermieten, dann ist es Met brauen. Da soll noch einer sagen, es hätte sich nicht gelohnt, diese Provinz zu sichern."


    Alles, was sich künftig ändern würde, war die Perspektive ... Sabaco würde nicht mehr vor Ocella stehen, um ihm den Weg freizubeißen, sondern in scheinbarer Einsicht beiseitetreten, um ihm fortan zu folgen wie ein Schatten und dann vorzuspringen und zuzupacken, wenn Ocella es am wenigsten erwartete. Sabaco blinzelte sanft. Ocella würde nicht merken, dass Sabaco weiterhin über ihn wachte.


    "Einverstanden. Lass uns Brüder sein."

    Sabaco griff nun auch nach seinem Humpen, um ihn gegen den seines Bruders zu stoßen und einen großen Schluck zu nehmen. Der heiße Alkohol zog scharf an seinen ramponierten Zähnen, doch damit musste Sabaco leben, so lange er noch Zähne besaß. Er würde zu denen gehören, die als vollkommen zahnloser Opa endeten, falls er dieses Alter erreichte, woran er seine Zweifel hatte. Den taxierenden Blick seines Bruders erwiderte er mild.


    "Brüderchen, ich muss niemanden nach einer Beurteilung fragen. Ich beobachte lieber selbst und wer könnte dich besser einschätzen als ich? Du bist zu lieb und zu gut für diese Welt und ich habe mein Mögliches versucht, dir alles beizubringen, damit du trotzdem überleben kannst.


    Wer dich für sich so benimmt, wie die gerade, taugt nichts, oder meinst du, die ist nur zu dir so freundlich? Solche Schankmädchen machen jedem Kunden schöne Augen. Wer sich nett präsentiert, bekommt mehr Trinkgeld und kann vielleicht noch im Hinterzimmer was dazu verdienen. Drum sehen die auch immer gleich aus. Die Zeiten, da ein gemütlicher dicker alter Germane die Kunden bedient und die neuesten Gerüchte herumplaudert, sind in den Städten längst vorbei, ein Schankraum ist nur noch das Vorzimmer zu einem nicht angemeldeten Lupanar.


    Such dir eine anständige Römerin aus gutem Hause, da fallen solche niederen Beweggründe weg, weil sie Geld, Bürgerrecht und Einfluss über ihren Vater schon hat. Begehe bei den Göttern nicht den gleichen Fehler wie ich damals."

    << RE: Officium Gubenator Titus Umbrenus Nero


    Eine weitere Flusspatrouille stand an, die sie mit einer Transportfahrt verbinden würden. Confluentes war das Ziel.


    Die heutige Herausforderung bestand darin, dass sie auf dem Hinweg mit der Strömung fahren würden und dann, auf dem Rückweg, wenn sie schon erschöpft waren und die der Laderaum der Keto bis obenhin mit Holzkohle gefüllt war, ging es gegen die Strömung wieder nach Hause. Auch der Wind machte ihnen einen Strich durch die Rechnung - er blies auf der Hinfahrt in ihren Rücken und auf der Rückfahrt würde er ihnen ins Gesicht fauchen. Germania war keine freundliche Provinz.


    Es würde ein hartes Stück Arbeit werden, die veranschlagte Menge Holzkohle nach Mogontiacum zu bringen, doch das war nichts, was Sabaco seinen Marini nicht zutraute. Ein wenig Post hatten sie auch dabei. So schlimm war es nicht, sie würden das Ding schon schaukeln.


    Gleichmäßig tauchten die Ruder ins Wasser. Elegant glitt die Keto um die Kurve. Sabaco warf einen Blick auf Nero. In besonders dicker Kleidung saß er achtern auf einem Fell, einen dicken Stapel Formulare in den Händen, die Sabaco ihm vorbereitet hatte, damit es aussah, als würde er eine weitere Kontrolle von Sabacos Eignung als Suboptio Navalorum durchführen. Die Sonne war noch nicht aufgegangen und der Tag versprach, kalt, nass und grau zu werden. Meile um Meile glitt die Keto durch die Kälte in Richtung Norden. Stille lag über dem Land und kein Vogel sang.


    "Was für eine verschissene Drecksprovinz", lachte Sabaco.

    Sie verbrachten etwa zwei Stunden im Wasser, in denen sie ihren Bund erneuerten. Nicht mit ganzem Körpereinsatz, denn Nero war krank, doch Sabaco kannte Mittel und Wege. Nero brauchte nur stillzuhalten. Am liebsten wäre Sabaco danach in seinen Armen eingeschlafen, so wie bei ihrem ersten Abend in der Taberna Pulchra Patria. Doch das Wasser wurde langsam kalt und Nero musste noch warm eingepackt werden.


    So kletterte Sabaco als erster aus der Wanne, trocknete sich ab und zog sich an. Danach bereitete er das Bett vor und heizte den Ofen noch mal kräftig an, bevor er Nero aus der Wanne half, ihn abtrocknete, in die bereitgelegten dicken Sachen steckte und ihn dann zu Bett brachte. Als er mit ihm fertig war, schaute von Nero nur noch das Gesicht aus einer Walze von Decken und Fellen, in die er ihn eingewickelt hatte. Am Kopfende stand ein Scherenstuhl, der als Nachttisch zweckentfremdet wurde. Darauf hatte Sabaco heißen Met mit Honig und abgekochtes, dampfendes Trinkwasser platziert. Da Nero vollkommen eingepackt war, half Sabaco ihm vorsichtig, ein halbes Glas heißen Met zu trinken, von dem er selber auch nahm, ehe es an der Zeit war, für heute Abschied zu nehmen.


    "Die Wanne und alles lassen wir stehen. Den Krempel können die Arbeiter morgen wegräumen, während wir mit der Keto unterwegs sind. Ich hole dich ab und helfe dir beim Schleppen der Decken. Schlaf gut und kurier dich aus."


    Es dauerte noch einige Minuten, in denen er am Bett kniete und Nero von ihm vollgesäuselt, gestreichelt und geküsst wurde, ehe Sabaco zurück in sein eigenes Quartier kehrte. Der ganze verwüstete Raum und der Geruch des Feuers erinnerten daran, dass er da gewesen war.


    RE: Die Navis lusoria "Keto" >>

    Mit Raubtierblick beobachtete Sabaco, wie diese Eila mit sichtlicher Routine seinen kleinen Bruder für sich nutzbar machte und wie leicht dieser sich von ihr manipulieren ließ. In seinen Gedanken knirschte ihr Genick zwischen seinen Händen, als es brach. Dieses Exemplar war das Paradebeispiel einer germanischen Tavernenschlampe, wie Sabaco sie hunderte Male flachgelegt und in den Arsch gevögelt hatte. Wenn Ocella dieses Fickstück für die Liebe seines Lebens hielt, war ihm nicht mehr zu helfen.


    "Sag mal, wo hast du deine Eier verloren?", fragte Sabaco, kaum, dass die Bedienung weg war.

    Ocella hatte Glück. Da Sabaco sich in den Flammen verloren hatte, war ihm die Ankunft seines jüngeren Bruders entgangen. So kam Ocella um die leidenschaftliche Umarmung herum, die ihm üblicherweise zuteilwurde. Wobei Sabaco das Gefühl hatte, dass der Kleine ihm neuerdings mit Absicht auswich und gar nicht mehr geknuddelt werden wollte. Er stutzte kurz. Wer sonst grüßte seinen Bruder bitte auf anderthalb Meter Entfernung?! Zumindest hätte Ocella ihm die Schulter tätscheln müssen. Sabacos Kiefermuskulatur arbeitete, doch ansonsten blickte er freundlich drein. Er freute sich trotz der kleinen Betrübnis sehr, Ocella wiederzusehen.


    "Salve, Kleiner. Schön, dass wenigstens einer von euch beiden pünktlich kommt, wenn eine Einladung steht. Vorbestellt habe ich nichts, nur den Tisch, damit ihr euch selbst aussuchen könnt, was ihr futtern wollt. Du siehst etwas besser aus als beim letzten Mal, nicht mehr so käsig. Aber die Beine. Junge! Es ist arschkalt. Zieh Beinlinge und Socken an!"


    Er schnippte nach der Bedienung.

    Nero hatte es gut, denn er bekam nun die Glatze massiert, während sie ein wenig plauderten. Irgendwann zog Sabaco sich ebenfalls aus und kletterte zu ihm in die Wanne. Langsam schob er die Beine über die des Gubernators, während er sein Gesäß zwischen dessen Füßen platzierte. Der Wasserspiegel stieg exakt bis zum Rand, sie mussten aufpassen, dass nichts überschwappte. Das heiße Wasser war herrlich. Ganz vorsichtig wusch Sabaco seine Haare und seinen Rest. Auf die Rasur verzichtete er heute, Stoppeln im Badewasser kamen nicht infrage. Mussten die Marini eben morgen seine Stoppelvisage ertragen. Da sein Bart schwarz war, sah man es immer besonders gut.


    "Wir machen das anders, du lässt dich erst übermorgen krankschreiben. Für morgen aber ändere ich deinen Dienstplan. Ich habe eine längere Fahrt vor mir und will dich nicht so lange hier in diesem Zustand allein zurücklassen. Wir packen dich richtig schön warm ein, du machst es dir in der Keto gemütlich, döst eine Runde und ich gebe auf dich Acht. Wie hört sich das an?"


    Er massierte unter Wasser Neros Zehen, die endlich eine normale Temperatur annahmen.

    Eigentlich hatte Ocella ja den Herrenabend organisieren wollen. Jedoch gab es viel zu tun bei der Ala, so lautete der offizielle Grund, warum Sabaco dann plötzlich doch an seiner Stelle die Organisation übernehmen sollte. In Wahrheit war Ocella noch nicht wieder gesundheitlich auf der Höhe, da war Sabaco sicher. Natürlich half er gern. Nicht ein Wort verlor er darüber, dass der Kleine noch schwächelte, reservierte den Tisch und gab seinen beiden Brüdern darüber Bescheid, an welchem Tag das Treffen anberaumt war und dass sie gefälligst auch beide kommen sollten.


    Damit gar nicht erst irgendjemand herumirren musste, traf Sabaco am besagten Abend zeitiger ein. Ordentlich zurechtgemacht, wie er neuerdings herumlief, nahm er Platz an dem Tisch in der Nähe des Feuers, den er für die Reservierung gewählt hatte. Er liebte den Geruch des Rauches, das Knistern und den Blick in die Flammen. Stundenlang konnte er in ein Feuer starren und auf das Prasseln lauschen, ohne sich zu langweilen oder in düstere Gedanken abzudriften. Doch heute vertrieb es ihm nur so lange die Zeit, bis seine Brüder eintreffen würden.

    "War ja klar", grummelte Sabaco, der eine erhöhte Temperatur an Neros Glatze spürte.


    Die Muskeln um seinen Mund arbeiteten. Als er die Hand wegzog, blieben ein paar schwarze Holzkohleflecken auf Neros Kopf zurück. Er befühlte Neros Beine, die nackt unter der Tunika herausschauten – sie waren natürlich eisig. Sabaco schaute wenig begeistert drein, war innerlich jedoch ganz in seinem Element. Ocella ließ sich nicht mehr betüdeln, weil er groß und undankbar geworden war. Doch nun stellte Sabaco fest, dass Nero seiner Fürsorge bedurfte. Er stürzte sich auf die Gelegenheit wie ein Raubtier, das sein Junges verloren hatte und jetzt ein anderes fand, das es in seinen Bau verschleppte, um es nie wieder herauszulassen. Dabei ignorierte er geflissentlich die Tatsache, dass das vermeintliche Junge ein sogar schon ziemlich alter Erwachsener war.


    "Natürlich hast du jemanden, der sich um dich kümmert – mich! Wir scheißen für heute auf die Therme, weil du sonst wieder durch die Kälte latschen musst. Warte hier."


    Er drückte Nero den Stapel mit den Tabellen in die Hände, damit er was zu tun hatte und wichtig aussah. Sabaco seinerseits verschwand für eine Weile.


    Kurz darauf öffnete sich die Tür. Herein kamen ein paar germanische Arbeiter, die für Arbeiten im Lager zuständig waren, auf welche die Soldaten keine Lust hatten. Da Sabaco sie für ihre Hilfe bezahlte, hatten sie durchaus gute Laune, als sie den hölzernen Zuber mitten im Officium platzierten. Dann ging ein Gerenne los, ständig kam einer rein oder ging wieder raus, jeder trug dabei einen schweren Ledereimer voll mit dampfendem Wasser. Sabaco heizte derweil den Ofen aufs Maximum hoch, wobei er gleich mal die neue Holzkohlelieferung prüfte. Es knisterte und loderte, bildete ein feuriges Glutkissen und wunderbare Wärme. Als der Zuber voll war und alles bereitlag, bezahlte Sabaco die Germanen, drückte ihnen auch noch eine Amphore Wein in die Hände, damit sie die Klappe hielten, und warf sie wieder raus. Hinter ihnen drehte er den Schlüssel herum.


    Langsam und mit sehr wichtigem Gesicht drehte er sich zu Nero um. "Na dann. Ausziehen, ab in die Wanne." Ihm selbst wurde schon brütend heiß. Es wäre doch gelacht, wenn sie Nero nicht durchgewärmt bekamen.

    "Scheiß auf die Datteln und die Tabellen! Kratzen im Hals?" Sabaco horchte auf. "Hast du die dicke Tunika immer getragen?! Beinlinge, Socken?! Meine Truppe habe ich aufgeklärt, wie sie sich anzukleiden haben, aber bei dir habe ich es vergessen!" Er blickte an Nero herab und kontrollierte dessen Kleiderwahl. "Du hast dir wahrscheinlich die verdammte Seuche eingefangen! Da passt man einmal nicht auf!"


    Manche sprachen auch von einem Fluch und langsam bekam Sabaco Sorge, dass dieser doch ihn betraf. Womöglich hatten die Götter oder die zornigen Manen gar nicht vorgehabt, ihn selbst erkranken zu lassen, sondern straften ihn auf eine Weise, die für Sabaco schlimmer war als der eigene Tod: Sie ließen alle um ihn herum elend zugrunde gehen, ohne dass er etwas tun konnte, damit er am Ende ganz allein übrig blieb.


    "Du gehst dann ins Valetudinarium und lässt dich krankschreiben. Notfalls prügel ich dich dort hin und glaub mir, das kann ich. Das Bestechungsgeld für die Krankschreibung bekommst du von mir, ich habe mir gerade mit Depeschendienst was dazu verdient, so verprasse ich es wenigstens nicht in Mogontiacum. Danach hütest du das warme Bett, ich lasse dir eine Kiste frische Holzkohle bringen. Hast du irgendeine Ordonnanz, die nach dir schaut, oder einen Sklaven? Aber erstmal gehen wir in die heiße Therme und wärmen dich durch. Ich muss auch noch hin, ich bin direkt nach dem Dienst hierhergekommen." Was nicht zu übersehen und auch nicht zu überriechen war.


    Eine dreckige, kalte Hand wanderte an Neros Stirn und maß Fieber. Die Tür abzuschließen hatte er keinen Nerv. Wer jetzt reinkam, den er erwürgte er einfach.

    << RE: Die Navis lusoria "Keto"


    Nachdem er seine Marini in den Dienstschluss entlassen hatte, schnappte Sabaco sich einen Stapel Wachstafeln mit Tabellen als Alibi und marschierte damit zu Nero. Er trat ein und schloss hinter sich die Tür, für die Leute draußen ein sicheres Zeichen, gefälligst zu klopfen und auf das Signal zum Eintreten zu warten, wenn sie was wollten. Er knallte den Stapel auf den Schreibtisch und salutierte mit der Faust auf dem Herzen, die er dann zur Seite wegriss.


    "Salve, Gubernator! Suboptio navalorum Matinus Sabaco." Er grinste, weil Nero auf dem Bett saß statt am Schreibtisch. "Ich habe hier ein paar Bedarfsberechnungen für Holz und Holzkohle erstellt. Vollständig umsteigen können wir nicht, so viel Holzkohle bekomme ich nicht ran, aber es sollte genügen, um die kältesten drei Monate damit die Stuben zu heizen. Die Genehmigung für weitere Transportfahrten habe ich schon, wir verbinden das mit den Flusspatrouillen. Wenn die Praxis mit der Theorie übereinstimmt, dann kommen wir damit preiswerter, verschwenden weniger Lagerraum und die Stuben sind obendrein wärmer. Willst du dir die Tabellen mal anschauen?!"

    Die Flusspatrouillen waren für Sabaco mittlerweile Routine. Meist fuhr man nicht nur den Rhenus entlang, sondern erledigte unterwegs noch Aufträge. Aufgrund ihrer Geschwindigkeit diente die Navis Lusoria unter anderem auch zum Depeschendienst. Oft transportierte Sabaco Nachrichten von einem Ort in den nächsten und verdiente sich dadurch etwas dazu.


    Da die Keto einen kleinen Laderaum besaß, verwendete man sie auch als Schnelltransporter. Jetzt, vor dem Winter, sollte die Keto Holzkohle für die Castra Classis abholen. Sabaco hatte das organisiert, er war in Sorge. Noch immer grassierte die Krankheitswelle, doch in seiner Einheit waren bisher keine ersten Fälle aufgetreten, nur Halskratzen und Schnupfen. Vermutlich, weil er penibel darauf achtete, dass seine Männer warm gekleidet waren und auch kein Genörgel duldete, wenn hier und da einer schwitzte. Alles war besser, als zu frieren. Jetzt gedachte er, es ihnen mit der Holzkohle anstelle des Brennholzes diesen Winter richtig schön warm und gemütlich zu machen.


    Er hatte sich informiert. Holzkohle hatte je Kubikmeter einen deutlich höheren Brennwert. Man sparte also Platz beim Transport und bei der Lagerung. Die Glut lag deutlich höher als bei Holz, was eine bessere Wärmeproduktion ermöglichte, und es musste seltener nachgelegt werden. Außerdem war es leichter, Kohle fürs Heizen zu lagern, da sie weniger empfindlich auf Feuchtigkeit reagierte als Holz, das nach Möglichkeit in einem absolut trockenen, geschlossenen Raum aufbewahrt werden sollte, ehe man es verwendete.


    Na, mal schauen. Sabaco war auf sein Experiment gespannt, diesen Winter die Stuben mit Holzkohle statt Holz zu heizen.


    RE: Officium Gubenator Titus Umbrenus Nero >>