Beiträge von Publius Matinius Sabaco

    Sabaco nickte Ruga zu, es wurde förmlich zum Abschied salutiert.


    Er freute sich so darüber, dass er seine Tunika hatte behalten dürfen, dass er vergaß, in Gedanken über Ruga herzuziehen. Er war vollends auf das Gute fokussiert, dass ihm heute widerfahren war und das ihn ablenkte vom Gedanken an die beiden gemeuchelten Tirones. Aber er hatte auch gesehen, was Nero in die Schale gegeben hatte, was die Flammen verzehrt hatten, was Asche und Rauch geworden und für immer von der Welt verschwunden war.


    Sabaco betreute seine Männer bei den noch anstehenden Aufräumarbeiten, ehe er sie in den wohlverdienten Dienstschluss entließ. Es war ein langer Tag gewesen und die meisten fielen vermutlich wie ein Stein ins Bett. Für ihn jedoch gab es noch etwas zu tun.


    Nachdem alle gegangen waren, nickte er dem Gubernator zu. "Ich muss mich noch in der Principia melden ..." Ihn zu verabschieden oblag dem Gubernator. Sabaco konnte nicht einfach gehen. Das mit der Schlangenkette tat ihm leid, doch das durfte er nicht sagen. Ihm kam ein Gedanke, den er für später verwahrte.

    Sabaco wanderte in dem Tempo, in dem Nero ihn schob, langsam rückwärts in Richtung Bett. Als er mit den Waden anstieß, ließ er sich niedersinken. Seine Hände glitten unter der Tunika entlang um Neros Hüfte herum nach vorn auf den Bauch. Jeden Fingerbreit befühlte er mit größter Aufmerksamkeit, denn was er fühlte, das war sein.


    "Zieh den Lappen aus", bat er, löste Neros Gürtel und ließ ihn fallen, ehe er wieder die Hände unter seine Tunika schob.


    Warm fühlte sich Neros Bauch an, trotz der Kälte, in der sie gestanden hatten. Sie hatten sich gegenseitig gut warm gehalten gegen den kalten Nachtwind. In Vorfreude leckte er, ohne es zu merken, seine Lippen. Er sah nach oben, hinauf zu Neros Gesicht, grinste und blickte dann erwartungsvoll nach unten, wo die Tunika sich vielversprechend wölbte. Er kannte Neros Körper, doch er kannte ihn nicht aus solcher Nähe.

    "Um mich zu vergraulen muss einiges passieren. Selbst wenn du merkwürdige Neigungen hättest, wäre das für mich kein Grund, denn was würde mich das angehen. Zum Glück sind sie ganz normal. Wir sind ein Wir", wiederholte Sabaco leise, während er fühlte, wie Nero sich an ihn schmiegte. Was sie nun beide wünschten, bedurfte keiner Worte. Sabaco spürte es und Nero spürte es auch. "Den Ort haben wir gefunden, wir mieten uns ein Zimmer hier in der Taberna. Hier treffen wir uns, wann immer uns danach ist und unser Dienst es erlaubt."


    Seine Hand suchte die Finger von Nero. Händchenhaltend herumzulaufen war ein Unding, aber er wollte die rauen, muskulösen Hände von Nero einen Moment halten und spüren. Das tat er auch, er liebkoste die kräftigen Hände und genoss den Augenblick, ehe er sich von Nero löste und mit dem Kopf in Richtung der Tür wies.


    ~~~


    Im Obergeschoss lagen die Übernachtungsmöglichkeiten. Als Sabaco die Tür öffnete, strömte ihm der Duft eines warmen Ofens entgegen. Leise knisterte das Feuer. Es hüllte den Raum in einen wandelbaren Vorhang aus Feuerschein und Schatten, der um sie tanzte. Die Öllampen waren auf Sabacos Geheiß nicht entzündet worden, weil sie rußten und stanken. Der Lohn des Verzichts war herrlicher, natürlicher Feuerduft und schummriges Dunkel, das kaum von den Augen durchdrungen wurde. Die Fensterläden blieben geschlossen, um die Wärme im Zimmer zu halten. Für die Verhältnisse von Mogontiacum war dieses Zimmer brauchbar, rustikal mit viel Holz und vor allem sauber. Das Bett war breit genug für zwei Personen und die Strohsackmatratze war vollständig mit flauschigen Fellen abgedeckt, die von unten wärmen würden. Zusätzlich standen warme Wolldecken zur Verfügung. Sabaco hatte nicht die billigste Variante eines Zimmers gewählt, sondern jene, die seinen Vorstellungen am nächsten kam. Der Preis war zweitrangig. Er schloss hinter ihnen die Tür und drehte den riesigen Schlüssel quietschend herum. Sie waren allein in Wärme und Dunkelheit.


    Sabaco zögerte nicht. Nero würde ihn bremsen, wenn ihm irgendetwas nicht gefiel. Es gab keinen Grund, irgendetwas schon im Vorfeld von dem unversucht zu lassen, wonach es Sabaco verlangte. Nichts war abtörnender als jemand, der sich schüchtern zierte. Sabaco trat dicht vor Nero und presste ihm die Lippen auf den Mund. Während er ihn innig küsste, schob er die Hand von hinten unter Neros Tunika und begann, seinen Körper zu streicheln.

    "Er klingt gut."


    Was für eine Untertreibung. Noch besser klang das L-Wort. Doch Sabaco hütete sich, das auszusprechen ... vielleicht irgendwann, doch nicht jetzt, nicht hier. Sabaco liebkoste Neros Glatze, fühlte die Stoppeln an den Schläfen, die nach oben hin aufzuhören schienen. Also doch - Nero hatte eine Halbglatze. Sabaco war in seinen ersten Fettnapf gelatscht. Er bettete die Wange auf der Halbglatze und grinste vor sich hin.


    "Mit Haut und Glatze verschlingen", korrigierte er. Er mochte Neros Glatze. "Dass du eifersüchtig warst, nehme ich als Kompliment. Ich glaube, das ist ebenso eine Uraufführung. Es geschah nicht so oft in letzter Zeit, aber ich bin gerade glücklich verwirrt, Nero."

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    Das Lararium


    Nirgendwo sonst fand man ein so unordentliches Lararium, dabei war es trotzdem gut gepflegt. Sabaco putzte es täglich. Der kleine Wandschrein quoll über vor Figürchen, die Sabacos Leute repräsentierten und vor Glücksbringern, die man ihm geschenkt hatte, da er sie nicht alle am Leib tragen konnte. Auch das kaputte Navigationsgerät von Nero befand sich darunter. Alles Personen und Dinge, von denen er wollte, dass die Götter ein Auge auf sie hatten. Er selbst fehlte auf diesem Schrein. Er bedeutete sich nichts. Aber scheinbar hatte jemand anderes einen kleinen tönernen Sabaco auf seinem Lararium stehen und bei den Göttern ein gutes Wort für ihn eingelegt. Ocella sicher, denn von ihm stammte die Tunika, die Sabaco noch immer in der Hand hielt.


    Er opferte Brot und Wein, die Schale dafür stand ziemlich gequetscht zwischen all seinen persönlichen Heiligtümern. Das Lararium war zu klein, ein Größeres musste an die Wand, mit dem Gehörnten Rhenus als zentraler Figur. Mal schauen, was sich machen ließ.

    Ich bin zu fett, dachte Sabaco.


    Die Keto schwankte, während er über Deck stapfte. Das Bier, der Met. Sie hinterließen mittlerweile ihre Spuren um seine Körpermitte. Auch beim Essen sah er keine Veranlassung, warum er aufhören sollte, wenn er noch nicht rundum satt war und noch etwas vor ihm in der Schüssel lag. Diesem griechischen Schlankheits- und Schönheitswahn sollten andere frönen. Es dauerte einen Moment, bis er realisierte, dass das Wanken des Schiffes nicht mit seinen Schritten übereinstimmte. Erschrocken blieb er stehen und sah ins Wasser in der Annahme, etwas Großes und Schweres sei mit der Keto kollidiert. Spontan stellte er sich die Leichen von Adalrich und Tiro vor, die ihnen mit der Strömung bis hierher gefolgt waren und es sogar geschafft hatten, um die Ecke in den Hafen einzubiegen. Vielleicht hatten sie sich mit irgendeiner Wasserpflanze am Ruder verfangen?!


    Doch als Ruga die rechte Hand hob und das Opfer damit unterbrach, hörte das Wanken mit einem Mal auf, so dass Sabacos Verdacht zu Ruga wechselte, doch der stand fest auf beiden Beinen und hatte nicht herumgewackelt. Sabaco begriff nicht, bis der Coronarius ihm erklärte, was Sache war. Die Götter wiesen die Tunika zurück. Terentius Ruga kam nun in den seltenen Genuss, einen überglücklichen Sabaco zu erblicken, der den zusammengefalteten Stoff an sein Herz presste, und nun rasch eines der ledernen Armbänder von seinem Handgelenk fummelte. Das Flechtband hatte ihm einst ein Kamerad als Glücksbringer geschenkt, es hatte keinen materiellen Wert, dafür symbolischen. Doch der reichte bei weitem nicht heran an den der Tunika.


    Es war das erste Mal, dass Sabaco glaubte, ein Gott würde es gut mit ihm meinen. Das musste der Gehörnte Rhenus sein, der hier große Macht besaß und der Sabaco gut kannte, weil er oft in seinen Fluten schwamm. Er war es, der mit den Wellen sein Urteil gesprochen hatte. Noch länger kannte er Ocella, der jeden Tag an seinem Ufer entlangritt und darüber wachte. Der Rhenus kannte sie beide und er hatte in ihre Herzen geschaut. Sabaco musste sein Lararium umbauen!


    Mit der freien Hand legte er das Armband zu den übrigen Opfergaben vor die Feuerschale, mit der anderen drückte er immer noch die Tunika an sich, als er zurücktrat und wartete.

    Hatte Sabaco schon zuvor verwirrt gewirkt, so war sein Geist nun ein einziges Wirrwarr. Als Nero sich an ihn drückte, bettete Sabaco den Kopf auf seiner Glatze, die sich kalt anfühlte bei diesem Wetter. Sie mussten beizeiten irgendwo rein, damit Nero sich nicht unterkühlte.


    "Gemeinsam sind wir unausstehlich - auch wenn wir noch nie Gelegenheit hatten, unsere Unausstehlichkeit gemeinsam unter Beweis zu stellen. Dass du mich gegen einen anderen Mann verteidigen wolltest, ist so was wie eine Uraufführung in meinem Leben. Sonst ist es anders herum und ich muss mit den Fäusten dafür sorgen, dass Störfaktoren auf Distanz bleiben. Am meisten regt es mich auf, dass ich dann jedes Mal als Übeltäter hingestellt werde."


    Der Gedanke, nun selbst verteidigt zu werden, schmeichelte ihm. Mehr noch aber versprach er ihm Erlösung in seinem endlosen wie aussichtslosen Kampf gegen den Verlust. Jeden dieser Kämpfe hatte er verloren, jeden einzelnen, wie hart er auch versucht hatte, zu halten, was ihm gehörte. Hier nun hielt er einen Mann in den Armen - hielt ihn ein Mann in den Armen - der anbot, den Kampf auszutragen, der Sabaco zerfraß und ihn Jahr für Jahr mehr zerstörte. Es war Notwendigkeit, bisweilen Betäubung, manchmal auch der Wunsch einer intensiven, beinahe spirituellen Sinneserfahrung. Doch eines war dieser Kampf nicht: freiwillig. Nero versprach ihm das Ende, er versprach ihm ... Frieden. Sabaco hob den Kopf und suchte für einige Zeit die Lüge in Neros Augen. Er fand keine.


    "Du hast fast die gleichen Worte benutzt, wie ich sie verwende, wenn ich versuche, zu erklären, was ich mir wünsche." Was er verlangte. "Was ich ... mir wünsche", wiederholte er, "ist die Auflösung von Ich und Du, von der trennenden Dualität. Die Verschmelzung zu einem universellen Wir, das keine Kompromisse kennt. Ganzheit, Einheit. Das klingt schön, nicht wahr? Aber du weißt aus eigener Erfahrung, dass darin auch ein Risiko liegt. Der Schmerz, wenn ein Wir auseinandergerissen wird, ist vernichtend. Diese Wunde ist letal, man stirbt nicht sofort, doch blutet Tag um Tag ein Stück mehr aus. Wenn einer ... geht. Du hast recht, ich bin ein dicker, fetter alles verschlingender Seehund. Und ich will dich mit Haut und Haar, damit das nicht passiert."


    Der zweite Kuss ging von Sabaco aus und er war gierig, erinnerte an ein nagendes Etwas. Nero bekam Sabacos zerklüftete Zähne zu spüren, die an seinem Mund fraßen, seine Zunge, die von ihm kostete und die ihn scheinbar schlucken wollte. Sabaco wusste nicht, wie er ihm anders zeigen sollte, wie er empfand, was Nero erwartete, falls er das ernst meinte, wenn Nero Sabaco wirklich wollte. Außer Atem verbiss er sich danach in Neros Hals, nicht so fest, dass er ihn verletzte, doch stark genug, um ihn durch diesen Biss an Ort und Stelle zu halten, um wieder zu sich zu kommen. Er hatte sich gerade ziemlich angeheizt und musste kurz abkühlen.


    "Mein Bruder Avianus", sagte er schließlich, "und du, ihr hättet euch nicht geschlagen. Ich wäre dazwischengegangen. Da passe ich schon auf. Ich habe ihn in den Hintern getreten, weil ich ihn mag. Er ist mein Bruder. Ich musste es tun." Sabaco grinste schief. Wenn Nero selbst Brüder hatte, würde er das verstehen. Wenn nicht, war es müßig, das zu erklären. Wobei ihm auffiel, dass er Ocella nie grob behandelt hatte, nicht einmal im Spaß ... die brüderlichen Scherze hatten nur Avianus getroffen. "Ich küsse auch nicht jeden, Nero. Ich küsse nur aus tiefer Zuneigung."


    Er hatte den alten Grottenolm aus seiner dunklen, einsamen Höhle zurück ans Leben gezogen. Sabaco hatte die Initiative ergriffen mit seiner Dienstplan-Optimierungs-Offensive. Nun erhielt er die Antwort ... das Ja auf die Frage, die er niemals mit Worten gestellt hatte und von der er nicht erwartet hatte, dass Nero sie überhaupt wahrnahm. Er hatte sie nicht nur wahrgenommen, sondern auch verstanden. Und nun standen sie hier, Arm in Arm in der Kälte.


    "Meinst du das mit uns wirklich ernst?", fragte Sabaco leise. "Und was machen wir damit? Du bist mein Vorgesetzter ..."

    Der Kuss kam unerwartet. Dass er nun stillhielt, war nicht selbstverständlich. Während er im Bett kaum wählerisch war, zeigte er sich äußerst mäklig bei der Entscheidung, wen er küsste. Ohne tiefe Zuneigung geschah das nicht, auch nicht ausnahmsweise. Seine Brüder und Freunde hatte er bisweilen geküsst, Liebschaften hingegen nur in zwei Fällen. Was den Gubernator anbelangte ... plötzlich veränderte der Kuss sich und Nero wurde zärtlich. Sabaco schnaufte durch die Nase, seine Finger gruben sich in Neros Tunika und er merkte nicht, dass er die Augen schloss. Als Nero ihn wieder freigab und ihn frage, ob er nun verstehen würde, öffnete Sabaco widerwillig die Augen.


    "Ich verstehe nur teilweise", antwortete er schließlich. "Ich verstehe deine Andeutungen nicht. Was bekomme ich von dir ab? Und was an mir bist du nicht bereit, zu teilen? Meine Freundschaft? Was, Nero?"


    Langsam kam er sich dumm vor, weil er trotz zig Nachfragen einfach nicht begriff, was Nero scheinbar die ganze Zeit versuchte, ihm mitzuteilen. Doch die Antwort musste warten, zunächst berichtete Nero von Thalatio. Während er erzählte, hörte Sabaco aufmerksam zu und machte sich gedanklich Notizen in seinem Versuch, Nero zu begreifen. Was der Gubernator von dem Toten zu berichten hatte, ging sehr tief. Welchen Schmerz er seit dem Verlust mit sich herumtragen musste, überstieg das, was ein Mensch schadlos ertragen konnte. Sabaco kannte vergleichbare Verluste, nickte hin und wieder, doch unterbrach ihn nicht. Er hielt Nero noch etwas fester in dem sinnlosen Versuch, ihm Halt zu geben. Es gab keinen Halt, wenn man seinen Anker verloren hatte ... Sabaco wusste das. Nur war er nicht das Boot, sondern der Anker, der samt seiner algenbesetzten Kette nutzlos im Uferschlamm verrostete.


    Er streichelte Neros Rücken und schmeckte den Kuss noch auf seinen Lippen. "Du behauptest von dir, nicht einfach zu ertragen zu sein. Das sagen andere von mir auch. Ich bin anders als Thalatio, völlig anders. Wäre ich eine Schlange, dann keine hübsche kleine Seeschlange, die sich fröhlich durch ein buntes Korallenriff windet und niemandem Vorschriften macht, sondern eine riesige fette Würgeschlange, die in der Dunkelheit lauert und alles packt, dessen sie habhaft werden kann." Er sah weg. "Ich meine ja nur", sagte er ohne Nero loszulassen. "Weil ich nicht weiß, was das hier werden soll oder nicht! Der fremde Kerl war übrigens mein Bruder. Nicht Ocella, nicht der Kleine von der Ala, der so verletzt war. Sondern Avianus, der Große. Er ist gerade aus Rom eingetroffen."

    Sabacos eben noch fragendes Gesicht verhärtete sich zu einer Wand aus Eis, als Ruga ihn auf diese Weise anstarrte.


    Du hast keine Freunde und niemand mag dich, Ruga, antwortete er gedanklich. Auf der Latrine setzt sich ein Neuankömmling stets auf den Sitz, der am weitesten von dir entfernt ist. Deine Vorgesetzten beachten dich nur, wenn du Unmenschliches leistest. Deine Kameraden reden nur mit dir, wenn du einen ausgibst und für jeden einzelnen Fick in deinem Leben musst du irgendwen bezahlen. Wenn du gehst, lästern die Huren über deine peinlichen Vorlieben und geben dir den Spitznamen, den du verdienst. Du behauptest, dass du dein Leben genau so willst, aber das ist eine Lüge. Du hast gelernt, dir dein Schicksal schönzureden. Du bist ein armes Würstchen, Ruga, das all die Jahre vergeblich gekämpft hat, und lässt deinen Frust an anderen aus. Dabei vergisst du, dass dein größter Feind dir aus dem Spiegel entgegenblickt.


    Doch die lebhafte Vorstellung von Rugas vermeintlich unerfülltem Dasein vermochte ihn heute nicht zu trösten. Das Wertvollste, was Sabaco bei sich hatte, trug er auf seiner Haut. Ohne Furcht hätte er den Gehörnten Rhenus um sein Opfer gebracht, läge es in seiner Macht. Doch seine dicke Untertunika, deren braune Ärmel bei dem warmen Wetter unter der blauen Diensttunika hervorlugten, hatte für neugierige Fragen gesorgt. Stolz hatte er von ihrer Qualität berichtet und woher er sie hatte. Jeder wusste, was diese Tunika ihm bedeutete.


    Eine Stunde später stand ein umgezogener Sabaco mit den anderen auf der Mole. Sein Gesicht war ausdruckslos und sein Zorn auf Ruga verflogen. In den Händen trug er zusammengelegt die braune Wolltunika, die er heute Morgen angelegt hatte, damit Ocella bei seiner ersten Fahrt auf der Keto dabei sei. Stoisch starrte er vor sich hin und ließ Ruga und dessen Assistenten ihre Arbeit machen.

    "Ich hatte mich erschrocken", gab Sabaco zu, wobei er noch immer versuchte, sein Herzrasen und sein Keuchen unter Kontrolle zu bekommen. Dass Nero ihn nun seinerseits so fest umarmte, beruhigte ihn nach einigen Atemzügen. Sabaco entspannte sich. Mit einem letzten Schnaufen sank sein Kopf gegen den von Nero und er schloss die Lider, bis alles wieder gut war. Dann richtete er sich auf, legte die Arme um Neros Schultern und sah ihm in die Augen.


    "So muss ich annehmen, dass du jetzt entweder eigener Wege gehen oder mich zu einem Mönch machen willst. Das haben wir beide gemeinsam: Ich teile auch nur dann, wenn mir sonst noch weniger bleiben würde."


    Teilen war ein Wort, das Sabaco gern und absichtlich falsch benutzte. Für ihn war dieses freundlich wirkende Wort ein Euphemismus. Teilen hieß kontrollieren, denn mit wem er teilte, der ging nicht woanders hin. Doch er glaubte nicht, dass sie beide dasselbe darunter verstanden. Nero wand sich in seinen Händen wie die Seeschlange, von der er das einst gelernt hatte, er war schwer zu greifen und bildete merkwürdige Knäuel, die Sabaco nicht begriff.


    "Wie war eigentlich Thalatio so, wenn er gerade keine Mordpläne schmiedete? Wie lief das zwischen euch?", erkundigte er sich und fragte in Wahrheit: Wer bist du wirklich, Gubernator Umbrenus Nero? Erzähle mir von dir.

    "Frag an der Porta der Castra Ala II Numidia nach. Dort dient unser Jüngster. Was die Flotte betrifft, so habe ich neulich zwei meiner Tirones mit durchgeschnittenen Kehlen im Rhenus treiben sehen. Harmlos ist der Dienst bei der Classis nicht, nein. Ich gebe mich keinen Illusionen hin, Avianus. Der Tod ist unser aller Handwerk und er kann uns eines Tages früher erholen, als natürlich wäre. Aber was diesen Germanicus betrifft ..."


    Sabaco sah erneut weg. Während er seine Faust ballte, spannten sich die Muskeln seinen Arm hinauf sichtbar bis zum Hals. Avianus konnte nicht wissen, dass die Aversion, die Sabaco für Varro empfand, gut zehn Jahre alt war und sehr tief reichte.


    "Es gibt gute Offiziere, weniger Gute und es gibt Arschlöcher. Ocella hat Besseres verdient als diesen kalten Fisch zum Decurio, nur das Allerbeste. Diesem Germanicus geht Ocella am Arsch vorbei. Unser Kleiner begreift nicht, dass er vollkommen ersetzlich für Varro ist. Varro hat ihn nur im Valetudinarium besucht, um mir den Besuch zu versauen. Leider hat es funktioniert ... Ocella war danach stinksauer. Und unser Bruder ... er hat mir gedroht, Avianus. Mir."


    Dass Sabaco den kleinen Bruder fast im Alleingang erzogen hatte, dürfte auch Avianus bemerkt haben. Entsprechend eng war die Bindung, zumindest von Sabacos Seite. Sabacos Blick fixierte die Wand, damit der Hass in seinem Blick niemanden traf, erst recht nicht Avianus. Erst, als er seine Mimik wieder unter Kontrolle hatte, sah er seinen älteren Bruder erneut an.


    "Wenn du Ocella siehst, grüße ihn von mir. Und vergiss nicht, mich ebenfalls zu besuchen, wenn du dich in Mogontiacum eingerichtet hast. Oder auch vorher. Ich hoffe, dass du eine Weile bleibst. Für meine Brüder nehme ich mir immer Zeit, wenn es mir möglich ist. Und in Notfällen finde ich einen Weg, um euch zu helfen. Du weißt, wo du mich findest. Pass auf dich auf. Ein verletzter Bruder genügt."


    Sabaco erwiderte die Umarmung. Für seine Verhältnisse war sie zärtlich. Er liebte seine Brüder und das zeigte er ihnen. Über den Spruch am Ende musste er wieder grinsen.


    "Nicht nur die Ohren, Bruder, nicht nur die Ohren. Das Leben ist kurz und wir sind jung."


    Freundlich klopfte er ihm die Schulter und nahm endgültig Abschied für heute.


    Kurz darauf stand Sabaco wieder allein auf der nächtlichen Straße. Kalt pfiff der Wind um seine nackten Beine. Die meisten Fensterläden waren geschlossen, so dass kaum ein Lichtstrahl die Gassen erhellte. Doch was er sah, genügte, um festzustellen, dass Nero nicht gewartet hatte!


    Entsetzt ächzte er, blickte panisch nach links und nach rechts. Nicht schon wieder!


    Doch da ... rechts war eine Silouette. Sabaco rannte in einer Geschwindigkeit auf sie zu, die sein Gewicht und seine Trunkenheit Lügen strafte. Er konnte kurzfristig extreme Energien entfalten. Zu seiner Erleichterung erkannte er Neros Glatze, die bleich wie ein zweiter Vollmond in der Dunkelheit schimmerte. Sabaco packte ihn beim Überholen von hinten mit einer Hand vor die Schulter und riss ihn herum, so dass Nero rücklings an die Hauswand gepresst wurde, während Sabaco eine halbe Drehung machte. An der Wand nagelte Sabaco ihn mit dem ganzen Körper fest, während er seinen Atem und seinen Herzschlag niederrang.

    "Schön zu hören, dass es Musa gut geht." Sabaco hatte sie noch nie gesehen, und so fehlte ihm in Wahrheit der Bezug. Es war für ihn nur irgendeine Base. Aber er freute sich, wenn Avianus sich über ihr Wohlbefinden freute. "Aber Ocella geht es nicht gut! Er war verletzt ... Bauchstich. Ich war ihn im Valetudinarium besuchen, er sah so blass aus, Avianus, so blass und dünn."


    Sabaco sah weg, da er mit seiner Fassung rang. Die meisten hätten auf Ocellas Zähigkeit verwiesen, aber Sabaco sah ihn durch die Augen des großen Bruders. Für ihn war das Brüderchen nicht zäh, sondern nur tapfer und in Wahrheit hilfsbedürftig. Den Kleinen allein in der Obhut von Menschen zurückzulassen, für die Ocella nur ein Patient von vielen war, und nicht an seinem Bett wachen zu dürfen, war Sabaco schwergefallen.


    "Inzwischen ist er wieder entlassen, aber so eine Verletzung braucht ihre Zeit. Dieser Germanicus Varro ... du weißt schon, der Bekannte vom Alten, der mit den Pferden ... der ist jetzt Ocellas Vorgesetzter bei der Ala. Er schindet unseren Bruder, er sieht nicht, dass Ocella mehr gibt, als gesund für ihn ist und ausgebremst werden muss. Germanicus lässt sich für seine Siege preisen und feiern, doch das läuft alles auf dem Rücken seiner Männer. Er verschleißt sie, verheizt sie und streicht ohne mit der Wimper zu zucken die Lorbeeren dafür ein."


    Als Varro im Krankenzimmer aufgetaucht war, hatte Sabaco in dessen Augen nur Eis gesehen. Dieser Mann hatte kein Herz. Varro würde den jüngsten Matinier-Bruder bestenfalls als Funktionsträger schätzen, der ihn selbst in noch größerem Glanz erstrahlen ließ. Nie aber würde er Ocella so sehen, wie dieser sich das wünschte. All die Aufopferung war vergebens. Sabaco schüttelte den Kopf, um das Bild des blassen und abgemagerten Ocella im Krankenbett aus seinen Gedanken zu vertreiben, der selbst in diesem Zustand für den Eisklotz Dienst schieben wollte, doch das Kopfschütteln genügte nicht. Sabaco benötigte Ablenkung.


    "Bruder, ich muss los. Du besuchst mich bei der Castra Classis Sectioni Mogontiacum, ja?! Dann kannst du mir erzählen, was du hier in Germania treibst."

    Sabaco knuffte zurück.


    "Ja, ich bin ganz und heil, mir geht es blendend. Aber ein guter Bruder hätte mich nach all den Jahren der Trennung in die Arme geschlossen. Zumal ich frisch gebadet bin." Sabaco hatte sich extra schick gemacht heute, wenn auch nicht für Avianus, von dessen Ankunft er nichts gewusst hatte. "Schön zu wissen, dass du noch manchmal an deine Brüder denkst und uns besuchen kommst. Der Kleine ist auch hier in Mogo, weißt du?!"


    Was für ein grandioser Abend. Erst hatte er sich mit Nero angefreundet und nun waren auch noch alle drei Matinier-Brüder wieder auf einem Fleck vereint. Er grinste, wobei er sein Trümmergebiss blitzen ließ.


    "Also, was steht an bei dir und wie kann ich dir dabei helfen? Was für Arbeit erspart es dir, mich hier zu treffen? Lange kann ich gerade nicht reden, ich bin hier mit wem und wir wollten gerade aufbrechen, noch bisschen die Stadt unsicher machen. Wann hast du Zeit?! Aber die Fragen musst du mir noch beantworten, damit ich dir helfen kann, bevor wir uns mal in Ruhe auf eine Cervisia treffen."

    Das war doch ...! Über Neros Glatze hinweg sah Sabaco dem Mann nach, der an ihnen vorbeiging und auf die Tür zuhielt.


    "Warte. Nicht abhauen."


    Sabaco gab Nero frei und folgte der Gestalt, die soeben an ihnen vorbei in die Taberna gegangen war. Sabaco stellte sich genau hinter den Mann und trat ihm mit der Sandalensohle zärtlich in den Allerwertesten, damit er sich umdrehte. Der Minitritt war vollkommen schmerzfrei.

    Ah ja. Gut, dass die Mannschaft mitdachte. Fragend sah Sabaco Ruga an.


    "Würdest du das Reinigungsritual auf der Keto durchführen? Was benötigst du dafür?"


    Sabaco hatte keine Ahnung, wie so etwas ablief und was dabei getan werden musste. Aus dieser Warte gesehen war es praktisch, dass er die Toten kurzzeitig an Deck geholt hatte, so konnte er dem Ritual beiwohnen und etwas lernen. Hatte die Keto eigentlich auch einen Coronarius? Sicher nicht, sonst hätte Ansgar nicht auf den Terentier verwiesen. Aber für die Zukunft wäre es sicher nicht schlecht, jemanden entsprechend auszubilden, nur für den Fall, dass Sabaco als Quasi-Landratte wieder mal mit beiden Füßen in das Fettfass des seemännischen Aberglaubens sprang und Ruga gerade nicht anwesend war, um die Sache zu retten.

    "Die Dienstpläne sind für die Augen jener bestimmt, die sehen, dass ich zu den unmöglichsten Zeiten bei dir ein und aus gehe. Sie sind die Antwort auf dumme Fragen, bevor sie gestellt wurden. Dein Angebot, einfach vorbeizukommen, werde ich annehmen. Heute möchte ich nirgendwo mehr hin gehen, Nero, ich stehe hier sehr gut. Aber du wolltest dir jemanden fürs Bett suchen, um nach hundert Jahren mal wieder ein wenig Spaß zu haben. Ich kann dir dabei helfen."


    Ihm selbst war der Bedarf vergangen, heute noch auf die Jagd zu gehen. Er hatte etwas viel Besseres gefunden.


    "Wenn du willst, kann ich dann auch mitkommen und wir teilen ... brüderlich."


    Nicht, dass er früher jemals erlaubt gehabt hätte, dass jemand seinem Bruder so nahe kam. Falls Ocella jemals irgendwen gehabt hatte in den guten alten Zeiten, dann wäre das nur heimlich hinter Sabacos Rücken möglich gewesen. Sabaco liebte Ocella abgöttisch und er hätte niemals freiwillig riskiert, dass jemand anderes es auch tat. Doch sie wurden alle älter ... Sabaco hatte gelernt, in kleinen, taktisch klugen Schritten zu denken und nicht mehr alles auf einmal zu wollen. Nicht sofort.


    "Also?", hakte er nach. "Wonach steht dir der Sinn?"

    "Jawohl, Centurio."


    Die verstorbenen Tirones in der Principia melden ... und bei wem? Sabaco würde vor Ort fragen. Vermutlich dem Centurio noch einmal formell, diesen ging es als erstes an, wenn seine Centuria dezimiert worden war. Andernfalls musste der ihn eben zum richtigen Offizier schicken.


    Weitermachen, so hatte der Centurio geendet ... Sabaco wartete auf das Signal von Ruga. Immerhin hatte dieser ihn gerade erst darauf hingewiesen, wo sein Platz war. Also wartete Sabaco darauf, ob der Optio spei noch etwas sagen wollte oder ob sie sich an die Reinigung der Keto machen konnten.

    Sabaco neigte das Haupt, so dass Nero bequem die Stirn an seine legen konnte. Sabaco Herzschlag wurde langsamer und seine Atmung ruhig. Seine notorisch versteinerte Gesichtsmuskulatur entspannte sich, seine Schultern sanken ein Stück herab. Sabaco fühlte sich nicht länger an wie eine eiserne Statue. Die brutale Umarmung, die Nero an Ort und Stelle gehalten hatte, nahm das Gefühl eines behütenden Nests an. Dass Nero kleiner war als er, gefiel Sabaco in diesem Zusammenhang. Noch etwas gefiel ihm - er hatte den Gubernator leise lachen gehört.


    "Was wir damit machen?", fragte Sabaco ruhig, ohne die Haltung aufzugeben. "Das, was du bereits vorgeschlagen hast - wir belagern uns künftig gegenseitig. Wobei ich damit schon begonnen habe ... normalerweise benötige ich nicht so viele Absprachen für den Dienstplan und frage auch nicht wegen jedem Scheiß drei Mal nach. Aber das weißt nur du. Du warst nicht dumm, Nero. Du hast ein selektives Gehör und hörst nur das, von dem du meinst, dass ich es sagen müsste. Du hörst nicht das, was ich tatsächlich sage."

    "Salve etiam, amicus Nero"*, erwiderte Sabaco.


    Vorerst antwortete er nicht, doch er bezahlte für sie beide. Heilige Scheiße, war er besoffen. Aber anderthalb Jahrzehnte Übung sorgten dafür, dass er trotzdem noch gerade aus reden konnte, was man von seiner Gangart nicht behaupten konnte. Langsam, um nicht zu auffällig zu torkeln, ging er nach draußen. Er hatte Glück, niemand lungerte bei der nächtlichen Kälte vor der Tür herum. Alles drängte sich in den Schankräumen. Vielleicht hätte er seinen Wollmantel mitnehmen sollen.


    Er blieb stehen, bis Nero ihm gefolgt war und hinter ihm die Tür ins Schloss fiel. Sie waren allein mit der Dunkelheit, während hinter der Tür gedämpft die Stimmen aus dem Schankraum drangen. Sabaco zögerte nicht, er umarmte er den Gubernator. Nicht zaghaft, sondern wie eine Schraubzwinge und hielt ihn dann fest. Dass er hier gerade einem Vorgesetzten seine Zuneigung aufdrängte, war ihm gleichgültig. Er hatte das Gefühl, Nero würde das jetzt brauchen. Er zog den kleineren Mann an sich und streichelte ihm wie zur Beruhigung die Glatze, über die er vorher noch gespottet hatte.


    "Vielleicht kapierst du es jetzt. Ich habe keine Berührungsängste, sie sind nicht vorhanden. Vermutlich wäre es gesünder, ich hätte welche. Ich bin nicht für meine Distanziertheit bekannt. Das ist das Problem, die Leute fühlen sich von mir belagert. Dass ich auf Abstand gehe, ist bei mir das geringste Risiko, Nero. Die meisten hätten sich vermutlich genau das gewünscht."


    Ein lichter Moment ließ Sabaco erahnen, dass Ocella sich aus diesem Grund von ihm losgerissen hatte. Es war nicht das Feuer gewesen, es war die Kette, an deren anderen Ende Sabaco schwerer hing als eine Eisenkugel und jeden seiner Schritte überwachte, damit Ocella nichts geschah, und ihn eifersüchtig abschirmte. Der Erinnerungsschmerz verdunkelte schlagartig den kurzen Lichtblick, der sich mit der Entspannung eingestellt hatte. Sabaco hätte damals auf sein Bauchgefühl hören und Varro damals rechtzeitig töten müssen. Dann wäre Ocella nie gegangen.


    Und nun stand Nero hier und bibberte, damit Sabaco blieb. Es war beinahe komisch. Nero kannte nur den Sabaco, der sich verstellte, um halbwegs gesellschaftstauglich zu sein. Er kannte nicht den Sabaco, der das Elysium niederbrannte und den Orcus auseinanderriss, um seinen Willen zu bekommen. Nicht den Sabaco, der seinen Kopf gegen eine Wand schlug, bis er umfiel, oder sich mit einem Gürtel bewusstlos würgte, weil sein Verstand nicht ausreichte, um sich davon abzuhalten, sein Leben mit einer Untat zu ruinieren. Der schiere Egoismus brachte ihn dazu, sich zu zügeln, keine Einsicht und kein Mitleid. In einer rechtsfreien Gesellschaft wäre er mit reinem Gewissen ein vielfacher Mörder. Wählte er nur die Flasche, nur eine Prügelei oder nur harten Sex, war das für seine Verhältnisse ein guter Schritt.


    "Ich kenne keinen Haufen langweiliger Pyromanen, sondern einen Haufen Typen, die sich mit anderen Typen vergnügen. Das war es, was ich meinte. Was mich selbst betrifft, so sagte ich bereits, dass ich keinen Unterschied mache, aber du hast es natürlich gekonnt überhört. Ich gehe nicht, Nero. Um mich loszuwerden, musst du schon andere Geschütze auffahren."


    Es klang wie ein Spaß, doch die Wahrheit dahinter erhob sich bedrohlich wie ein aufziehendes Unwetter. Noch immer hielt er Nero fest und fast hoffte er, dass dieser wütend reagierte.


    Sim-Off:

    *"Salve auch, Freund Nero."

    Das war also der Grund für Neros Geeier. Er hatte Sorge, dass Sabaco sonst auf Distanz ging. Zum Glück war Sabaco schon besoffen, sonst hätte er das jetzt nachholen müssen.


    "Deine Gedanken schlängeln sich auf merkwürdigen und verwundenen Pfaden. Hör auf, mir sagen, wie uninteressant ich für dich bin. Das beruhigt mich nicht, sondern macht mich mürrisch. Wer bekommt schon gern die eigene Ersetzlichkeit aufs Brot geschmiert? Du hast doch erkannt, dass ich nur gelästert habe, um dir eins reinzuwürgen. Warum erkennst du den Rest nicht? Hast du eine Ahnung, wie viele Typen ich kennengelernt habe, die so ticken wie du? Ich auch nicht - ich kann sie nicht mehr zählen. Du magst mich zum Freund haben? Hier bin ich."


    Er stieß ihre Becher aneinander.


    "Rom mit dir auf dem Thron wäre durchdachter als meine Version. Die Sache mit den kurzen Dienstwegen gefällt mir. Als ich zur Classis kam, war manches dort in einem maroden Zustand, doch die Keto ist eines der Dinge, die zeigen, dass jetzt endlich wieder was vorangeht.


    Ob man auch mit einem Finger weniger das Schwert führen kann, weiß ich nicht. Kommt sicher darauf an, welcher Finger das ist. Mit einem Ei kann man meines Wissens zur Legio, ob man ohne Eier die notwendige Leistung erbringen kann, weiß ich nicht. Eine Lösung wäre, überhaupt keine Einschränkungen vorzugeben und jeden männlichen Bürger zum Eignungstest zuzulassen. Der müsste dann entsprechend gestaltet werden, so dass sich die Spreu vom Weizen trennt und niemand darüber zu diskutieren braucht, ob man nun zehn Finger, neun oder acht benötigt, um effektiv Schild und Waffe zu führen, oder wie viele Eier jemand mindestens haben muss. Entweder man schafft den Test oder nicht."