Beiträge von Publius Matinius Sabaco

    444-9752c594.jpg

    Porta


    Rekrutierung


    Bei Fragen und Problemen


    Wichtige Orte innerhalb des Castellums


    Wichtige Orte außerhalb des Castellums

    Sabaco spürte, dass sich etwas verändert hatte. Aus dem bissigen Gubernator Nero, der in Mordfantasien schwelgte, war ein zu Tode verwundeter Mensch geworden. Nero lag nicht länger, er saß nun, bereit zu fliehen. Sabaco aber blieb liegen, blinzelte und klopfte erneut auf die Decke.


    "Und ich dachte schon, du könntest meine Gedanken wirklich lesen. Ich habe dich auf diese Decke eingeladen. Erinnerst du dich? Ich wollte, dass du hier mit mir auf dieser Decke liegst. Andernfalls hätte ich keine Doppeldecke mitzubringen brauchen. Ich bin ein Dichter, Nero, kein sehr guter, aber ein Dichter. Alles, was ich sage und tue, hat eine Bedeutung. Die Decke, die Muschel, alles. Und was ich nicht sage, auch."


    Sabaco musste einen Moment mit sich ringen, bevor er weitersprach. Doch er konnte den sichtlich verwundeten Nero jetzt nicht sich selbst überlassen. Er kannte seinen Schmerz, sie teilten ihn, auch wenn er für jeden einen anderen Namen trug. "Es tut mir leid. Wegen Thalatio." Er schob seine Hand hinüber auf die andere Hälfte der Decke und hielt für einen Moment Neros Unterarm umschlossen.

    "Als ob es dir anders gehen würde. Du lebst bloß noch für deine Rache, falls du überhaupt noch lebst. Sobald Zambascha tot ist, wirst du Thalatio auf die andere Seite folgen. Ich soll dir helfen, den Weg zu ebnen, damit du endlich sterben kannst. Was du an mich heranträgst, ist der letzte Wunsch eines sterbenden Mannes. Du willst mir alles beibringen, wir werden gemeinsam Feinde jagen, trinken und viel Spaß haben, wir werden die beste Zeit unseres Lebens genießen. Und dann werde ich aufwachen und dein Abschiedsbrief liegt auf meinem Tisch."


    Sabacos Schweigen und sein düsterer Blick dauerten eine Weile an.


    "Natürlich gibt es Dinge, die ich gern hätte", gab er dann widerwillig zu, "aber alles, was ich mir wünsche, hatte ich schon mal. Ich besaß mal eine kleine Familie und als ich sie verlor, zog mich Stilo aus dem Feuer." Er klopfte auf die große Brandnarbe an seiner Flanke, wo die brennende Tunika sich in seine Haut gefressen hatte. "Doch Stilo ist nun auch fort. Außer Ocella gibt es keinen weiteren Grund, den ganzen Mist noch auf mich zu nehmen."


    Sabaco drehte sich wieder auf den Bauch und bettete das Kinn auf die Hände, den Blick auf die Grashalme gerichtet, die sich aus dem Sand ins Licht schoben. Er drehte den Kopf und sah Nero an.


    "Diese Decke ist nicht für mich allein so groß. Siehst du, dass ich dafür zwei Decken aneinander genäht habe? Die Hälfte, auf der du liegst, das ist die Stranddecke von Stilo. Als er schwimmen war, habe ich sie an meine genäht, damit er künftig nicht mehr allein zum Strand geht. Er hat gelacht und fand die Idee lustig. Nichts daran ist lustig, Nero, es war mir nie ernster. Als es hieß, er wird nach Cappadocia versetzt, hatte ich vor, ihm einen Finger abzuhacken, damit er dienstuntauglich wird. Wir hätten ihm eine Wohnung vor der Castra suchen können und im Ort gibt es genügend Arbeit. Aber er hat sich vom Acker gemacht, ohne auch nur darüber nachzudenken. Ich bin ihm weniger Wert als ein Finger, bei den Göttern, ich hätte mir die Beine abgehackt für ihn, mir das Herz mit bloßen Händen aus der Brust gerissen und ihm vor die Füße gelegt!"

    "Wie hast du dir denn dein Zubrot verdient?", hakte Sabaco neugierig nach. "Als Mietklinge?"


    Dann stutzte er. Er hatte eine Menge eier- und zahnloser Freunde im Leben gehabt.


    "Was ich mit eier- und zahnlosen Luschen will? Mit ihnen trinken. Was soll ich sonst mit denen wollen? Was willst du von ihnen? Ich habe keine Erwartungen an irgendwen. Und auch keine Pläne. Ich lebe für den Tag und versuche, nicht an die Vergangenheit zu denken. Mein Bruder hat mir den Posten bei der Classis verschafft. Wenn ich Scheiße baue, fällt das auf ihn zurück, drum muss alles funktionieren."


    Das war alles, was Sabaco im Moment zu irgendetwas motivierte. Sabaco schnaubte voll Verachtung für die Welt.


    "Ich sagte es dir doch schon, Nero: Ich habe keine Träume. Von denen abgesehen, die man unter der Bettdecke benötigt. Aber wenn du mich brauchst, werde ich da sein."

    Davon, dass seine Marini handfeste Mordfantasien gegen ihn hegten, ahnte Sabaco nichts. Im Gegenteil - er war zufrieden mit dem Erscheinungsbild seiner Einheit und klopfte sich gedanklich selbst auf die Schulter, wie gut er sie mit seinen Methoden hinbekommen hatte. Zu Feier des Tages sparte er sich sein übliches In Aciem dirigite1, da es bei dieser Reihe nichts auszurichten gab. Mit viel Fantasie konnte man das Schweigen an dieser Stelle als Wohlwollen werten, ehe Sabaco zum Wesentlichen kam.


    "Milites! Ich gebe euch jetzt die Einweisung für die Flusspatrouille, auf die wir uns in der letzten Zeit vorbereitet haben. Wir haben wegen des Starkregens in den letzten Wochen überdurchschnittlich hohen Wasserstand für diese Jahreszeit. Eine entsprechend starke Strömung erwartet uns, dafür haben wir ausreichend Platz, um das eine oder andere Manöver zu üben."


    Während er seine Ansprache hielt, ergötzte er sich an der menschlichen Perfektion, die er geschaffen hatte.


    "Wir rudern für den Hinweg flussaufwärts gegen die Strömung bis nach Borbetomagus. Auf dem Rückweg, wenn wir langsam ermüden, werden wir schneller sein und weniger Anstrengung benötigen. Die Wegstrecke bis nach Borbetomagus beträgt 40 Meilen2. Dann erwartet uns noch der Rückweg, macht also zusammen 80 Meilen, die wir heute bewältigen."


    Er rechnete das vor, da nicht jeder seiner Milites des Rechnens mächtig war.


    "70 Meilen3 schaffen wir normalerweise an einem Tag - 10 Meilen mehr müssen wir heute bewältigen, um zurück ins Castellum zu gelangen, bevor es dunkel wird. Wir sollten uns also beeilen."


    Die Milites würden so was von Abkotzen und dann würden sie auch noch in einen Regenguss kommen, denn zur Zeit schüttete es jeden Tag. Doch so, wie sie beim Marschieren mit ihrem Marschgepäck über unmenschliche Distanzen gequält wurden, musste das auch zu Wasser sein, wenn die Classis den hohen Ausbildungsstandard, der für das Exercitus Romanus maßgeblich war, aufrechterhalten wollte.


    "Fragen?!"


    Sim-Off:

    1 "Ausrichten!"

    Sim-Off:

    2 60 km

    Sim-Off:

    3 100 km

    Danke. Einige Bitten um Korrektur muss ich anbringen:


    Kann es sein, dass du meinen kleinen Bruder Ocella im Stammbaum unterschlagen hast? Ich habe zwei lebende und im Spiel aktive Brüder: den älteren Publius Matinius Avianus und den kleinen Servius Matinius Ocella (müssten beide also rot unterlegt sein).


    Zudem sind zumindest Ocella und ich im Ordo Equester (vom toten Vater geerbt, damals ging das noch).

    "Seeschlangen gehören zu den giftigsten Schlangen überhaupt. War deine Schlange eine Seeschlange?", erkundigte Sabaco sich. Wohl kaum ... denn sonst wären die beiden nicht in der kappadokischen Steppe geblieben, sondern hätten was Anständiges getan und wären zur See gefahren. Dann wäre Thalatio wahrscheinlich noch am Leben. Oder es war genau das, was ihn umbrachte - dass er nicht in seinem Element hatte jagen können.


    "Hrm. Wenn Zambascha einen intriganten Tuccius erlegen kann und einen Umbrenus aus der Provinz zu jagen vermag, ist er entweder noch gerissener oder noch entschlossener als ihr. Oder er hat mehr Geld, so dass er sich passende Freunde kaufen konnte. Ich habe bislang keinen Tuccius persönlich kennengelernt, aber Stilo und sein Kumpel Cimber haben manchmal über sie gesprochen. Sie haben ein Nest von denen in der Nachbarschaft und sind darüber wenig erfreut. Was mich zu der Frage bringt, was eure verfeindeten Gentes denn von deiner und Thalatios ... Freundschaft?! ... gehalten haben.


    Dass du die Einladung annimmst, freut mich. Wir gewöhnen dich langsam wieder an die Sonne, du kannst nicht für den Rest deines Lebens in deinem dunklen Officium versauern und der Vergangenheit nachtrauern. Dafür hast du nicht überlebt. Lass uns den Feierabend zusammen verbringen, das hält uns beide von dummen Gedanken ab.


    Und noch was."
    Sabaco sah Nero listig von der Seite an. "Glaub nicht, dass mir nicht auffallen würde, wenn du die eine oder andere Frage nicht beantwortest."

    Der Caesar interessierte Sabaco so wenig wie der Kaiser oder sonst ein Sesselfurzer. Davon, dass der Caesar hier vielleicht antanzen würde, hatte er nichts gehört und verschwendete folglich keinen Gedanken daran. Sein Augenmerk galt der Flusspatrouille - der ersten unter seiner Führung. Ohne zwei Flaschen Wein hätte er nicht schlafen können, doch am Morgen merkte man ihm davon nichts mehr an.


    Mit ausdruckslosem Gesicht beobachtete er, wie sie auf dem Campus eintrudelten.


    Die Mannschaft war pünktlich, nichts anderes hätte Sabaco ihnen geraten. Wer trödelte, wurde geschliffen, bis er blutete. Seinen eigenen Ausbilder, der ein Menschenschinder gewesen war und jemanden, der vor Erschöpfung zusammenbrach, auch schon mal auf der Müllhalde ablegen ließ, konnte Sabaco nun verstehen. Von positiven Erziehungsmaßnahmen hielt auch er nichts mehr. Seit Seppi ihn hatte abblitzen lassen, hatte Sabaco kein nettes Wort mehr zu irgendwem verloren und als Verantwortlicher für die Dienstpläne keinen Urlaub gewährt, der nicht durch im Vorfeld durch selbstzerstörerische Dienstbeflissenheit redlich verdient worden war. Die Mannschaft bekam, was sie wollte und Sabaco war es recht. Das Resultat war nach den ersten Monaten der Ausbildung eine Mannschaft, die Sabaco nur als Sadisten erlebt hatte, aber bestens gehorchte und selten nervte.


    "MILITES VENITE! MILITES STATE*", röhrte Sabaco.


    Sim-Off:

    *Soldaten, antreten! Soldaten, stillgestanden!

    Sabaco ließ etwas Vorlaufzeit, falls irgendjemand noch Fragen hatte oder ein Vorgesetzter meinte, an seinem ausgearbeiteten Ablauf herumnörgeln zu müssen:



    Flusspatrouille


    Die Besatzung der Keto hat sich am


    PRIDIE NON AUG DCCCLXXI A.U.C.

    (4.8.2021/118 n.Chr.)


    marschfertig auf dem Campus zum Appell einzufinden.


    Ausrüstung:

    Schweres Gepäck der Marineinfanterie.


    Gezeichnet

    Publius Matinius Sabaco

    clger-suboptioclassis.png



    Für seine Strandbesuche hatte Sabaco zwei Decken zusammengenäht. Das Ergebnis war praktisch und groß; eine Hälfte der Decke lag im Schatten, die andere im Licht, so dass man beliebig wechseln konnte. Und sie war groß genug für zwei. Schwerfällig kroch Nero in das kühlere Dunkel. Dort brach er zusammen. Erstaunt folgte Sabaco ihm und ließ sich bei ihm nieder, nur um mit einem für ihn unverständlichen Wort angezischt zu werden. Sabaco meinte, der Gubernator hätte einen Fluch ausgestoßen. So ähnlich war es auch, denn Zambascha entpuppte sich als der Name des Mörders - der Fluch, der Neros altes Leben gekostet hatte.


    "Zambascha ist kein römischer Name. Den Sauhund auszulöschen, sollte kein Problem sein. Hast du schon eine Liste mit seinen Freunden, Verwandten und Bekannten angefertigt, wenn du sie auch mit auslöschen willst? Peregriner Abschaum ... kappadokisches Geschmeiß."


    Die Frage war rhetorisch, denn was sollte Nero hier aus der Ferne tun? Sabaco wollte ihm vor allem Raum geben, auszusprechen, was in ihm tobte. Lange genug hatte Nero geschwiegen. Doch das, was Nero danach sagte und scheinbar selbst kurz verunsicherte, ließ Sabaco grinsen. Er ruckelte sich auf dem Rücken zurecht, um den Sand unter der Decke zu einer bequemen Liegemulde zu formen. Eine Hand schob er als Kissen unter seinen Hinterkopf.


    "Schlangen sonnen sich und Seehunde tun es auch. Letztere sind nur nicht so dünn und kalt und sie fressen gern Fisch. Wenn dich das nicht abschreckt, bist du eingeladen, wenn es mit unseren Dienstzeiten passt. Meine Decke ist groß genug für zwei und ich bin täglich am Strand."


    Das war besser, als in der Stadt, wo die Versuchungen lauerten. So nahm Sabaco nie Geld mit aus der Castra, um sich zu zügeln. Der Ruf von Alkohol und Huren war stark, wenn man ihm oft genug gefolgt war, ein Selbstläufer, eine Gewohnheit, für die man am Ende zu viel bezahlte. Sabaco wusste, dass er sich damit nicht nur finanziell ruinierte. Die meiste Zeit war das ihm allerdings egal. Es gab solche und solche Phasen.


    Entspannt ließ Sabaco seinen Kopf niedersinken, drehte ihn in Neros Richtung und kratzte sich den enthaarten Bauch.


    "Ich bin schon erwachsen, Nero. Falls ich Ja sage - Ja dazu, einen an die Wand zu nageln und das Land zu erpressen ... Ja dazu, jemanden am Nasenring hinter mir herzuschleifen - was dann?"


    Vor allem war die Frage interessant, um wen es dabei gehen sollte.

    "Hör auf, meine Gedanken zu lesen!"


    Dem Mann konnte man nicht mal eine Muschel schenken, ohne dass er sofort Bescheid wusste! Sabaco blickte sich rasch um und lauschte nach den Vögeln - nichts, sie waren nach wie vor allein. Sabaco beruhigte sich wieder. Tief atmete er die heiße Sommerluft ein. Nero hatte ihm seine Geschichte im Vertrauen erzählt und Sabaco würde sie nicht weitertratschen. Trotzdem machte ihn das Wissen nervös und so schwelgte er in blutigen Fantasien.


    "Wenn du den Scheißkerl fängst, helfe ich dir, ihn zu zerlegen. Wie heißt er, kommt man an den ran? Wir schicken der Hure, die ihn auf die Welt geschissen hat, seine abgezogene Visage. Den Rest nageln wir irgendwo hin. Seinen Schädel nutzen wir als Galeonsfigur."


    Er musterte Nero. Dessen Gesicht, Schultern und alles schien ihm käsig. "Du bist blass für jemanden, der zur See fährt." Er selbst war von Kopf bis Fuß braun gebrannt, da er gern im Rhenus schwamm und zwischendurch am Ufer in der Sonne briet.


    "Komm mal mehr in den Schatten, sonst verbrennst du dich. Für einen Tribun braucht es mehr als guten Willen, Nero. Ich war noch nicht mal mit dem Schiff unterwegs. Und woher soll ich das Stück Land nehmen? Einen Patron bräuchte ich auch, der tut mir jetzt schon leid."

    Sabaco presste sich flach auf den Bauch, ließ den Kopf aber in Neros Richtung gedreht, und beobachtete ihn. Er war es nicht gewohnt, dass ihm Leute vertrauten und suchte misstrauisch im Gesicht des anderen, ob der ihn verarschte. Doch Sabaco sah nichts, dass gekünstelt wirkte. Zumal Stilo den Wahrheitsgehalt bezeugen könnte, wenn sie beide ihn kannten.


    "Ich bin kein Küken. Ich bin innerlich steinalt, Nero. Ich habe so viel erlebt und getan, dass es für drei Leben reicht. Dir geht es wie mir, wir sind dazu verdammt, unseren Weg allein zu gehen, während um uns herum alle sterben oder andere Wege einschlagen. Wir sind allein. Hatte ich dir schon erzählt, dass ich Stilo am Strand von Tarraco kennenlernte? Du scheinst recht damit zu haben, dass der Ozean einem manchmal Schätze vor die Füße spült, auch wenn man sie nicht gleich als solche erkennt."


    Er schob sich die Arme unter seinen Kopf und verschränkte sie, so dass sie ein Kissen bildeten. Sie piksten, das war der Nachteil, wenn man sich der römischen Mode der Ganzkörperenthaarung hingab. Man sah ordentlich aus und fühlte sich an wie ein Igel.


    "Was ich bereit bin, für einen Traum zu opfern? Ich habe keine Träume, Nero, und keine Hoffnung. Ich hangle mich von Tag zu Tag, von Mission zu Mission. Blicke ich in die Zukunft, sehe ich nur den Tod. Sehe ich nach hinten, erblicke ich Verlust. Dinge, die ich nicht mehr habe. Was ist mit dir? War es dein Traum wert? Du sprichst in der Vergangenheit von Thalatio. Änderte er die Richtung seiner Schritte oder war sein Weg für ihn zu Ende? Man hätte euch beide für Hochverräter halten können, nach allem, was du erzählst. Bist du deswegen hier? Vor Anklage und Prozess geflohen? Oder bist du hier im Norden, weil der Wind in Cappadocia deinen Namen heult und dich daran erinnert, wer unter seinem Staub verdorrt?"


    Sabaco ließ eine kurze Pause, weil ihm seine eigenen Worte Schmerzen zufügten. Er wusste nicht mit dem Gesagten umzugehen. Er hob eine geöffnete, aber leere Muschelschale auf, die vor ihm im Sand lag, und legte sie vor Nero.


    "Ich würde Stilo für keinen Traum der Welt über die Klinge springen lassen, wenn ich Träume hätte. Ich würde demjenigen, der es versucht, die Eingeweide herausreißen und ihn damit erwürgen."

    "Komm mit auf die Decke. Was meinst du, warum ich mich an den Rand quetsche?" Sabaco klopfte neben sich.


    Mit den Zähnen entkorkte er seine Flasche, spuckte den Korken weg, erwiderte den Trinkgruß und nahm einen großen Schluck unverdünnten Wein. Und das zum frühen Nachmittag. Wie dekadent. "Weil du vorhin fragtest - ich bin siebenundzwanzig. Was dir an Haaren fehlt, wuchert mir für uns beide auf dem Kopf. Keiner aus meiner Familie neigt zu Haarausfall, dafür werden wir zeitig grau." Auch Sabacos Schläfen waren silbern gestichelt und in seinem Bart glitzerten die ersten weißen Stoppeln.


    "Ich weiß von Stilo, dass die Tuccii Schlangen sind. Ihre Worte sind wie süßes Gift, sagt man. Du trägst den gleichen Namen wie der sogenannte Wahlbruder von Stilo. Eigentlich ist es sein Vetter." Sabaco gab sich keine Mühe, seine Eifersucht zu verbergen. "Ansonsten weiß ich nicht viel über Cappadocia. Warum fragst du? Hat das was mit dir zu tun?"

    << RE: Officium Gubenator Titus Vorenus Nero


    Nicht alles ist so, wie es scheint. Ein finsteres Wäldchen barg ein Herz aus Licht. Dort breitete Sabaco im heißen Sand eine große Wolldecke aus.


    Zu ihren Füßen raunte und murmelte der Rhenus. Das Schilf bildete eine Pforte zum Wasser. Über weichen Sand führte der Weg ins kühle Nass, wenn ihnen danach war. Das Schilf am Ufer rauschte und übertönte die Geräusche aus dem Castellum, genau so wie den Lärm der Stadt. Weder hörten Sabaco und Nero die Dinge da draußen, noch würde man sie in ihrem Versteck hören können. Die Vögel in den Baumkronen waren zuverlässige Wächter und würden mit ihrer Nervosität jeden verraten, der sich auf dem geheimen Pfad näherte.


    Sabaco legte seine Kleider zusammen und machte es sich halb liegend in der Sonne gemütlich. Er wartete darauf, dass Nero die Getränke verteilte.

    Sabaco ließ sich ohne Widerstand aus dem Officium schieben, das Kleinod hielt er noch immer in der Hand.


    "Wir holen uns was zu trinken aus der Taberna Pulchra Patria. Die Taberna Silva Nigra ist ja abgebrannt. Die Getränke kaufen wir in Flaschen und nehmen sie mit, dann lassen wir es uns am Rhenus gutgehen. Ich habe eine Stelle gefunden, bei der man ungestört ist, und sie hat sogar einen Sandstrand. Wie alt bist du eigentlich? Verrate es mir, bevor ich falsch rate und mir eine einfange."


    Bei Leuten mit Glatze war das immer so schlecht einzuschätzen, da man den Status ihres Haarausfalls und die Menge ihrer grauen Haare nicht erkannte. Sabaco holte eine Decke und einen Korb aus seiner Wohnung. Gemeinsam gingen sie einkaufen und marschierten dann vollbepackt zum Strand.


    Zwei Soldaten am Rhenusstrand >>

    "Mein Navigationsgerät", wiederholte Sabaco und betrachtete das Geschenk. Seine Finger umschlossen es fest und er drückte es an sich, nickte. Auf die Dinge, die Nero dann aufzählte konnte er nicht antworten. Nicht jetzt, nicht hier. Auch Wände hatten Ohren. Der Ausflug war eine gute Idee.


    "Lass uns aufbrechen. Von dir weiß ich praktisch noch nichts, außer, dass du eine poetische Ader hast, besser fischen kannst als ich und besondere Schätze sammelst. Du bist schlau, aber in einer Sache irrst du dich. Ich weiß sehr gut, wann ich aufstehen sollte. Die Frage ist - will ich das? Ich war müde und draußen wartete der Dienstalltag, also konnte ich guten Gewissens bis zur letzten Minute liegen bleiben. Und ich kam nicht zu spät. Worauf du stehst, darüber hatten wir noch nicht gesprochen, ich kann also nicht wissen, ob du Kastraten heiß findest."


    Sabaco grinste schamlos, wobei er sein Trümmergebiss offenbarte. "Also, wohin soll es gehen?"

    Sabaco wich nicht. Er sah Nero immer noch in die Augen, als dieser unmittelbar vor ihm stand. Den Blick wandte er erst von seinem Gesicht ab, als der Gubernator ihm einen seiner Schätze in die Hand drückte. Sabaco wünschte, er würde nicht verstehen, was Nero damit sagen wollte. Gern hätte er sich eingeredet, dass er sich die Botschaft nur einbildete, doch er verstand sie genau. Er wusste, was Nero sagen wollte und dass er sich nicht irrte.


    "Das vermeintliche Navitationsgerät. Die erste Geschichte, die ich schreiben soll, dreht sich darum, den richtigen Weg zu finden." Es war beängstigend, dass sie die Botschaften des anderen wortlos begriffen.


    Verdammt, dieser Nero! Er fühlte sich, als hätte der Kerl ihn ausgezogen. Sabaco schielte in Richtung Tür. Alles riss gleichzeitig in Sabacos Innerem: die Freude über einen Gesprächspartner, mit dem er so auf einer Wellenlänge war, und die Angst davor, wie gut sie sich verstanden. Wer einem nah war, erfuhr früher oder später die dunklen Geheimnisse, von denen Sabaco viele hatte. Das war nicht gut, denn mit seiner Vita, wäre sie bekannt, würde ihn keine Armee genommen haben. Nero würde früher oder später herausfinden, wo Sabaco verwundbar war. Auf der Straße war so etwas egal, notfalls gab es Konsequenzen ... aber hier hing sein Beruf daran. Sabaco würde seinen Vorgesetzten nicht gewaltsam zum Schweigen bringen können. Sabaco war hier nicht Phoca, war nicht der König der Straße. Hier in der Classis hatte Nero die Macht, Sabacos Leben zu vernichten.

    Sabaco verschlug es die Sprache. Er wusste nicht, was er antworten sollte. Er hatte nicht erwartet, dass Nero nach seiner schroffen Erklärung etwas Freundliches zu ihm sagen und ihm damit den Wind aus seinen schwarzen Segeln nehmen würde. Mehr noch, der Kerl umschwamm sämtliche seiner Barrikaden, alle Untiefen und Klippen. Er setzte den Fuß auf sein Schiff, stand direkt vor ihm und berührte den Rest des roten Herzens, der innerhalb des schwarzen Klumpens lag, der in seiner Brust schlug. Das Gefühl war beängstigend, ihr Blickkontakt intensiv.


    "Ich weiß nicht, was ich jetzt sagen soll, Nero. Es gelingt nicht vielen, mir den Wind aus den Segeln zu nehmen."