~~ Ravillas Vorstellung ~~~
Aemilius, Statthalter Germanien, blickte müde zur Türe.
"Intrare" ließ er den Wartenden wissen Eintreten zu dürfen.
~~ Ravillas Vorstellung ~~~
Aemilius, Statthalter Germanien, blickte müde zur Türe.
"Intrare" ließ er den Wartenden wissen Eintreten zu dürfen.
Nepos schüttelte den Kopf. Ungeachtet des schweren Verlusts musste er die Geschäfte weiter führen und dies bis Rom es sich anders überlegte Also winkte er kurz und meinte:" Lass es laufen, Duccia. Immer raus damit."
" Lass sie herein. Beide." Auch wenn Aemilius Laune am Boden war und sein Geist, getrübt vom trüben und gegorenen Traubensaft, machte es wenig Sinn sich weiterhin der Geschäfte und dem Leben zu entziehen.
Er selbst hatte feststellen müssen, aufgrund einer Selbstanalyse dass er nicht der beste Mensch war.
" Was gibt es denn, Duccia?" Sein Blick haftete auf der Frau.
Sein Neffe war da und dieser Nichtsnutz von Kimon sagte es ihm erst jetzt! Nepos, seit Bassus´Tod eher leger gekleidet und ein wenig verwahrlos stand halbwegs nüchtern vor der Porta des Cubicullums und rang mit sich. Er war der Legatus,...aber er war auch trauernder Vater. Hunderte Male hatte er sich gefragt warum er so unter Bassus´Tod litt, dem einzigen Sohn, der ihn nie wirklich interessierte, den eigentlich kaum kannte. Zj oft hatte ihn das Reich an alle möglichen Enden dieses Imperiums geschickt, sei es als Soldat, sei es als Diplomat. Für einen Sohn war da kein Platz,...keine Zeit. Genauso wenig für eine Ehefrau. Wozu auch? Am Ende der Welt interessierte es niemand ob man treu war oder nicht. Einem Mann in seiner Position lag die Welt zu Füßen. Und er hatte sie genutzt, diese Welt. Gab lieber seinen Trieben und Gelüsten nach als sich an Sitte und Moral zu halten.
Und da stand er nun, wagte kaum an die Türe zu klopfen, wagte kaum seinem Neffen gegenüber zu treten.
Skrupel keimten seit Bassus´Tod immer wieder in ihm auf. Skrupel die er erfolgreich ertränkte. Doch ließ der Rausch zuweilen nach und das Erwachen war umso schrecklicher. Tausend Höllenhunde jagten ihn, trieben ihn in die Enge und immer war es Kimons Gesicht was ihn in die Realität zurück holte.
Wie auch jetzt. Mit tränennassen Augen sah er Kimon an, der wie eine stumme Trauergestalt neben ihm stand.
Seine Blicke sprachen Bände. Nepos´Kopf sank hinab und ein neuerlicher Ansturm der Trauer ließ seinen Körper rhythmisch erzittern. Er ließ es zu, daß Kimon ihn am Arm nahm und ihn wegführte. Es war ihm egal,...alles war schrecklich egal.
Nepos hockte in seinem Sessel und nahm die Geschehnisse nur durch einen dicken Filter wahr. Sein Blick ruhte auf der Urne und seine Augen füllten sich mit Tränen. Wie unaufhörliche Backpfeifen schlugen seine Verfehlungen in sein Gedächtnis ein. Er sah sich seinen Sohn züchtigen, weil er nicht so funktionierte wie er es sich vorstellte.
Er sah den Leichnam seiner Frau, die es vorzog Gift zu schlucken als auch nur noch einen Augenblick in seiner Nähe zu sein. Er sah angstgeweitete Augen, Arme die zum Schutz hochgerissen wurden. Gesichter von Toten und Verratenen tauchten auf, blicklos, oder anklagend, manche feixten.
Er sah seinen Vater, seinen Bruder, die so anders waren als er. Man sagte er sei so wie der Großvater gewesen, der Konsul,...der Kriegsheld. Nepos schloß kurz die Augen. Alle wußten, daß er ein Feigling gewesen ist, ein sadistischen Mörder, ein Plünderer. Nicht umsonst waren die Umstände seines Todes mehr als mysteriös.
Es musste etwas geschehen, sofort...er erhob sich und ging zur Urne seines Sohnen. Das Flackern des Kaminfeuers ließ die rubin rote Oberfläche wabern als sei sie flüssig, wie Blut.
Und beim Blut der Aemilier schwor er seinem toten Sohn ein besserer Mensch zu werden, sofern es seine Lebensspanne noch zuließ. Er legte die Hand auf den Deckel und war erschrocken, wie kalt er war.
Ein verschreckter Scriba öffnete die Türe und starrte gespannt auf einen schwarz gekleideten, finster dreinblickenden Glatzkopf der ihn entgeistert anstarrte. Geradeso als sei er zu überrascht um ihn spontan in zwei Teile zu schneiden.
Der Scriba beschloss als lebensverlängernde Maßnahme angesichts der versammelten Prominenz vor der Türe, diese möglichst elegant und würdevoll, falls dies bei einer Türe überhaupt möglich ist, zu öffnen und die Prominenz wortlos>> herein zu bitten.
Wer war er denn das Wort an die hohen Herren richten zu dürfen?
Nepos erhob sich verschreckt von dem krachenden Klopfen und scheuchte den Scriba an die Türe. Dieser wartete noch bis der LAPP sich in der Mitte des Raumes positioniert hatte und öffnete auf dessen Nicken die Türe.
Beim Anblick des Caesar und der Urne in seinen Händen verspürte er einen Stich in seiner Brust, sein rasiertes Kinn zuckte ein paarmal, doch nichts was sich nicht mit einem tiefen Atemzug bewältigen ließe. Er wartete bis sie alle eingetreten waren und der Scriba die Türe verschlossen hatte.
Dann trat er auf den Caesar zu.
Salve Caesar,…ich grüße dich und heiße dich in der Regia zu Mogontiacum willkommen!
Sein Stimme war ein wenig brüchig angesichts der kostbaren rotschimmernden Urne mit den Insignien des Kaiserhauses. Doch er war ein alter Fuchs, er fing sich rasch wieder und erwartete die Übergabe der sterblichen Überreste seines Sohnes den er am meisten vernachlässigt hatte als dieser ihn wohl am dringendsten gebraucht hatte.
Sie waren sich fremd geworden, sein Bruder Lepidus stand seinem Sohn näher, war eine Art Ersatzvater gewesen. Der Versuch ihn wieder an sich zu binden und ihm eine Stellung in Germania zu verschaffen war grandios gescheitert.
Nun es hat wohl nicht sollen sein, die Einvernehmlichkeit , die Annäherung,…nun war er bei den Ahnen und er, Nepos, gänzlich alleine.
Nepos wandte sich um und nahm die Kladde auf. Ungläubig sah er darauf und starrte danach Venusia entgeistert an.
Wenn nur diese paar traurigen Gestalten hier leben und Steuern zahlen dürfte es bald mit uns vorbei sein.
Fahrig legte er die Kladde auf den Schreibtisch und rieb sich mit geschlossenen Augen die Nasenwurzel.
Bei den Göttern, heute sollte der Caesar kommen, mit einer Abordnung der Truppen. Sicher würde er Zahlen wissen wollen. Er atmete hörbar aus...es war unübersehbar mühsam sich im Zaum zu halten. Nun, ich brauche die Gesamtpopulation , nicht nur die der römischen Bürger...Venusia...
Dabei blickte er sie an mit der großen Frage im Gesicht ob seine Wahl mit ihr wohl die Richtige gewesen ist.
...stante pede, ich brauche die Zahlen bis heute Mittag...und schick´mir Germanicus Cerretanus und Kimon...danke du kannst gehen.
Kimon würde sich um einiges kümmern müssen und dieser unnütze Germanicer, der ihm noch vor kurzem mit einem Grundstück auf die Nerven ging,...der sollte den Empfang organisieren.
Venusia,...ja,...Venusia...Nepos saß an seinem Tisch und betrachtete den Abgang seines Procurators. Man hatte ihn gewarnt den Posten mit einer Frau zu besetzen. Vielleicht hatte "man" ja recht und er war etwas zu progressiv. So wie es aussah war die Zeit noch nicht reif für Frauen in Führungspositionen.
Nepos studierte die Zahlen. Sie deckten sich in etwa mit dem was Kimon ihm zusammengestellt hatte.
Mit vielsagendem Blick legte er die Tabulae zurück und sah Venusia an. Nach einer Weile meinte er,
Nun, ist ja geradezu armselig. 100000 Sesterzen per anno Gewinn?
Er zog eine Schnute und lehnte sich zurück in seinen Sessel.
Das hatte ich in Aegyptus in einer Woche.
Nepos stand auf und begann einen Streifzug durch das Officium. Vor dem Fenster blieb er stehen und verschränkte die Hände auf dem Rücken.
...was sagtest du wie hoch die Bevölkerung ist?
Nepos blickte von Venusia auf seinen Pokal. Nun, sie kam recht schnell, gut für sie. Duccia Venusia begann er, wobei er sie nicht aus dem Blick ließ. Es ist Zeit für die Sachstandserhebungen,...ich bin sicher es dürfte dich vor keine großen Probleme stellen mir die Einnahmen und Ausgaben der Provinz zeitnah mitzuteilen?
Er wischte ein imaginäres Stäubchen von der Tischplatte, wartete einen Atemzug und fuhr fort.
Ferner brauche ich die Mannschaftsstärke der Ala, der Classis, der Legio II und den Aushebungsstand der Leg. XXII.
Inzwischen dürfte doch, zumindest was die XXII anging doch eine akzeptable Truppenstärke beisammen sein und die II abrücken können. Die Britannier warteten sicher nicht gerne auf die Verstärkung. Er musterte Duccia, wirkte sie nervös? Es war viel Zeit vergangen seit sie ihren Posten angetreten hatte, diese Aufgabe würde ihm zeigen ob sie es auch wert war, oder ob er sie besser wieder entlies. ...und das Ganze zeitnah,...Duccia Venusia. Kitzelte er noch ein wenig.
Nepos starrte auf die Anforderung aus Roma. Der Sachstandsbericht. Verflucht! War das Jahr schon wieder vorbei? Hatte er nicht genug zu leiden? Erst die Heimsuchung durch den Caesar, der wie Cerberus in seinen Nacken geiferte, der Verlust seines einzigen Sohnes, der ihm mehr fehlte als er zugeben wollte, die verfluchte XXII. deren Aushebung sich hinzog.
Nepos ließ die Stirn auf den Schreibtisch sinken und kühlte sich den Kopf am Granit der Tischplatte.
Na schön! er riss sich zusammen, immerhin war er der Vertreter des Imperators. Er setzte sich aufrecht hin, wischte sich über die kalte Stirn und rief nach einem Scriba. Dieser Nichtsnutz Kimon war nicht da, er war in einer Missio unterwegs. Immerhin dauerte seine Amtszeit hier nicht ewig, man musste Vorkehrungen treffen, Ressoucen bündeln. Kimon sondierte die Vermögensverhältnisse und begann mit der diskreten Rückführung nach Roma.
Scriba, hol mir Duccia Venusia hierher! Aber stante pede!
Bisher hatte er wenig bemerkt von deren Anwesenheit. Es war seltsam, dabei waren doch regelmäßige Besprechungen vereinbart, ebenso mit diesem schrundigen Nichtsnutz Germanicus. Der und sein Grundstück...hatte wohl nichts mehr dazu zu sagen!
Er wies mit dem Zeigefinger auf seinen Pokal, Mittagf war vorbei, da konnte er ruhig einen Schluck wagen.
Der Sklave huschte herbei und füllte den Pokal, zwei Finger breit unter dem Rand, ganz so wie es der Herr mochte.
Nepos betrachtete die Verbrennung als sei er nicht in seinem Körper. Es war ihm als hielten ihm die Götter mit dem Verlust des Sohnes einen Spiegel vor. Einen Spiegel für die Taten und sein Verhalten in den letzten Jahren.
Er ging in sich, betrachtete die steile Rauchsäule und fragte sich was nun werden würde. Lepidus hatte ihm bereits kondoliert und seinem Sohn den Auftrag erteilt die Asche Bassus nach Roma heim zu holen. Das war auch in Nepos´Sinne. Bassus sollte nicht hier, fernab der Ahnen ruhen.
Die Ahnen, die ihm letztlich in der vergangenen Zeit herzlich egal waren. Sein Vater tauchte vor seinem geistigen Auge auf, verschwommen, vorwurfsvoll. Seine Mutter, die Güte in Person, freundlich lächelnd mit dem Gesicht einer Göttin.
Nepos bekam ein schlechtes Gewissen. Zumindest glaubte er das, denn als Sproß einer alten Adelsfamilie war er geneigt zu glauben er stünde den Göttern gleich. Sein Selbstverständnis wurde ihm zur Passion und zum Menetekel für all jene die ihm ausgeliefert waren.
Sein Blick glitt über die Männer der Ala, will willfährige, raue Kriegernaturen, die sich mit dem Dienst in der Ala ein kleines Stück dessen erhofften was ihm in die goldene, daunengepolsterte Wiege gelegt war.
Er blickte auf Varro, jenen Germanicer, der so ganz anders war als die schleimerische Kreatur in seiner Regia.Varro verkörperte den wahren Römer. Das hatte wohl nicht nur der Terentier erkannt, sondern auch Bala, der ihm, Nepos, in jungen Jahren nicht unähnlich war, wenngleich hundertfach potenter und wesentlich gefährlicher.
Es musste sich etwas ändern, es würde sich etwas ändern. Beschloss Nepos und es war ihm als falle eine Last von seinen Schultern. Derart in Gedanken bemerkte er erst spät, daß die Scheiterhaufen nur noch glimmten.
Auch Nepos begab sich vom Podium. Langsamen Schrittes, so ein Toga war eigentlich nichts zum großartig herumlaufen, trat er vor den Scheiterhaufen auf dem der Leichnam seines Sohnes aufgebahrt lag. Ein Mann übergab ihm eine brennende Fackel, die er annahm aber entgeistert anstarrte.
Sein Blick glitt von der wabernden, züngelnden Flamme zu dem Körper seines Sohnes.
Einmal mehr begriff er den Verlust, doch diesmal erfüllte ihn keine Verlustangst, keine abgrundtiefe Trauer. Es kam ihm so vor als halte er eine Laterne , um den in finsterer Nacht herumirrenden Sohn den rechten Weg zu weisen.
Zwischenzeitlich hatten Priester des Mars, des Honos und der Virtus ihren Segen gesprochen. Es war soweit. Nepos trat ein wenig näher an den Scheiterhaufen heran und entzündete ihn an vorgegebener Stelle. Das Feuer fraß sich langsam ins Innere, Nepos gerade soviel Zeit lassend um zurück zu treten. Dann entzündete sich das Reisig und die Pechbesprenkelten Holzbalken. Ein Knacken und Zischeln ertönte als das Feuer wuchs.
Die Flammen erfassten den Umhang Bassus und Nepos erkannte den Körper seines Sohnes. Sein Gesicht war mit einer Maske abgedeckt und seine Hände hielten sein Schwert.
Er war im Kampf gestorben. Das Feuer wuchs, fraß sich durch Holz und Fleisch.
Nepos wandte sich ab und ging zurück zum Podium.
Als er oben angekommen war brannte auch der große Scheiterhaufen. Zwei Feuer verbreiteten eine große Hitze und den Gestank von Qualm, Pech und verbrennendem Fleisch.
Die Männer der Ala sangen eine ihm unbekannte Weise,...irgendetwas Germanisches. Doch es passte, die Melodie und das prasselnde Feuer schienen zueinander zu gehören.
Sein Blick fiel auf die Equites,...harte Männer, härter als er es je war. Ob Bassus mit ihnen zurecht gekommen wäre?
Er sah dem aufsteigendem Rauch nach, hinauf in den blauen Himmel.
Ja,...er hätte auch ihre Herzen gewonnen.
Nepos atmete tief ein, der Morgen war freundlich, die Luft frisch. Ein idealer Spätsommertag. Er ließ die Arme wieder sinken, hatte er doch nun die Aufmerksamkeit der Männer.
Equites,...Männer der Ala II Numidia! begann er mit kräftiger Stimme. Einer Stimme die es gewohnt war zu reden, auch wenn es ihm heute unendlich schwer fiel.
Wir stehen hier um ein weiteres Mal einen Sieg zu feiern,...einen Sieg über eine große Gefolgschaft plündernder Barbaren, deren Zahl die 100 weit überschritt!
Es war nichts ungewöhnliches für die Ala auch gegen größere Rotten zu kämpfen und zu siegen, weshalb dann der Zinnober hier? Würde sich mancher dieser Lederärsche da unten fragen.
Dieser Sieg der durch eure Prima unter Decurio Germanicus Varro errungen wurde verwundert euch bei Nennung des Namens wohl kaum?!
Ein Raunen ging durch die Reihen. Die Prima unter Varro war ihr ganzer Stolz und ihr Ruhm strahlte auf alle ab.
...doch diesmal errang er nicht nur einen Sieg über Barbaren,...diesmal rettete die Prima unseren Caesar!
Wieder ein Raunen, manche der Pferde schnaupten und stampfen mit den Hufen. Es war ein unwirkliches Szenario dachte sich Nepos.
Die Gruppe, die von den Barbaren angegriffen worden war und der die Prima zu Hilfe eilte,...er mußte schlucken, dann wandte er sich halb um und wie mit seiner Hand auf Caesar ...diese Gruppe tapferer Männer die sich verzweifelt gegen eine vielfache Übermacht wehrend dem Untergang näherte,...diese Gruppe wurde von Caesar geführt, im Vertrauen auf die Sicherheit unserer Grenzen. Ein heikles Thema, gewiss... Waren es nun Zufall oder der Wille der Götter,...die Patrouille der Prima war in der Nähe und entsetzte Caesars kleinerwerdende Schar, sie taten das wozu sie bestimmt waren, sie suchten, sie fanden und sie vernichteten die Feinde Roms.
Wieder ein Raunen.
Der Sieg war glorreich, absolut und ehrenvoll. Doch nicht nur unzählige Barbaren ließen ihr Leben!
Sein Stimme wurde etwas leiser,...fast schon etwas brüchig,...doch er fing sich bald wieder.
Auch aus unseren Reihen verließen uns neun Kameraden ins Elysium,...neun eurer Kameraden, neun eurer Freunde, ...neun eurer Brüder.
Nepos schloß die Augen. Nichts war zu hören,...kein Geräusch, kein Atmen,...nichts.
...und mein Sohn, euer neuer Subpraefectus, Marcus Aemilius Bassus.
Stille...
Caesar trat vor und legte die Hand auf Nepos Schulter der in Trauer mit hängendem Kopf leise weinte. Es war Nepos gleich ob er sich blamierte, die Schuld die er sich einredete zerfrass seine Seele. Das Bewußtsein Bassus verloren zu haben entzog ihm Lebenskraft.
So trat denn Nepos vor an die Balustrade. Sein Blick glitt über die glänzenden Paraderüstungen der Alenreiter. Nichts rührte sich in ihm, er empfand nichts mehr, keinen Stolz, keinen Respekt. So großartig das Ganze auch anzusehen war, so sehr erschütterte ihn der Anblick der nahen Scheiterhaufen. Ein großer mit 9 eingewickelten Leichnamen und ein separater, einzelnen Körper der seiner Einäscherung harrte.
Vor seinem geistigen Auge sah er den kleinen gelockten Jungen, der wie im Zeitraffer wuchs. Zu oft trennten sich ihre Wege, weil Nepos in die Provinzen des Imperiums eilte um zu Schlichten oder Niederzuschlagen. Bald schon waren sie wie Fremde, Nepos stets schlecht gelaunt und mürrisch, Bala trotz allem bemüht seinem Ereuger Respekt und Ehre zu erweisen. Wahrschein war sein Bruder Lepidus, Bassus´Onkel nicht unwesentlich daran beteiligt den Kontakt zu pflegen.
Doch Nepos langweilte sich schnell und suchte darum rasch nach neuen Aufträgen um der Villa Aemilia zu entkommen.
Bassus hatte sich hierher gemeldet, wollte...was?...einen neuen, einen vielleicht letzten Anlauf wagen?
Nun lag er dort, entseelt und bereits über die grünen Wiesen Elysiums reitend.
Nepos hob die Arme. Eine Rede,...bei den Göttern,...eine Rede...
Er stützte sich mit beiden Händen auf der Balustrade und starrte auf die beiden Insignien seiner Macht. Dem Ring des Legaten und dem Ring seiner Gens,...den Ring den dereinst Bassus erben sollte. Wie ein Tor zum Orcus öffnete sich die Schwärze seiner Seele, Hände schienen nach ihm zu greifen.
Er warf den Kopf hoch und starrte auf den Decurio der Prima,...jenen Varro der den Caesar gerettet hatte. Hätte er nicht auch Bassus retten können?
Was sollte denn das nun? Wollte der kleine Scheisser ihn verarschen? Er hatte doch schon hunderte Urkunden ausgestellt, er kannte sich aus. Nepos beschloss das Ganze unabhängig und vor allem gleichgültig zu behandeln.
Der erste Schluck war der schlimmste,...den Würgereiz zu unterdrücken eine wahre Meisterleistung, dabei im Beisein des Germanicers keine Miene zu verziehen ein göttlicher Akt der Selbstbeherrschung.
Er schluckte die Brühe herunter, redete sich ein es sein Nektar und Ambrosia zugleich und hielt danach Kimon mit Blitzschleudernden Augen den Becher hin.
Danke mein Guter,...du kannst gehen! sagte er mit leicht pelziger Zunge und dir deine kleinen Nüsse plattieren lassen du Mistlurch. Kimon trat ab,...hatte der etwa gegrinst?
Die Tür zog zu und Nepos war wieder Herr seiner Wahrnehmungen.
Nun Germanicus,...du brauchst einen Nachweis, daß das Grundstück dir gehört, du brauchst einen Nachweis, daß du keine Hypotheken auf diesem Grundstück hast, und du brauchst die Zusage des Varro, daß er Willens ist das Grundstück anzunehmen,...also ob der das nicht wüßte. Nepos sah Cerretanus mit hochgezogener Augenbraue an...Na...? Hast du das ?
Nepos stierte den Germanicer an. Wie überaus freundlich er doch war. Neben ihm stieg ein unwirklicher Geruch auf. Er entströmte einem Becher. Kimon und sein Wachmacher. Wußte der Geier woher er das Rezept für diese Tunke hatte, wahrscheinlich aus den Fluten des Styx. Nepos griff entgegen seiner olfaktorischen Alarmsignale den Becher und trank in aus,...langsam, es galt Würgereize niederzuringen, aber stetig. Er würde sich danach stundenlang den Schlund aussülen müssen . So musste es sein einen Toten im Hochsommer in der Verrottungsgrube abzuschlecken.
Nepos verzog kurz das Gesicht,...stellte den Becher zurück und massierte sich mit geschlossenen Augen die Nasenwurzel.
Doch entgegen aller Rationalität und Causalität wurde sein Verstand wieder klar und die Folgen der Nacht versiegten.
Mit wieder tückisch blitzenden Augen sezierte er Germanicus, richtete sich in seinem Sessel auf und war ganz das was man sich gemeinhin unter einem Stellvertreter des Imperators vorstellte.
Er wischte Kimon weg und lehnte sich in seinem Sessel zurück.
Nun Germanicus,...worum geht es?
Hundertprozentig würde diese Amöbe an einer Made die Caesar/Germanicuskarte ausspielen.
Nepos, der überaus schlecht geschlafen hatte und ein wenig unleidlich war, was seine Sklaven bereits zu spüren bekommen hatten antwortete auf das unerhörte Klopfen mit einem gepeitschtem Intrare! Oh, wehe, wenn es nicht Wichtig und vor allen Dingen keinerlei Belastung für ihn war.
Bösartig stierend fixierte er die Porta und wer trat ein?
Germanicus,...ooh, ihr Götter!
Er massierte sich die Nasenwurzel. Nachdem der Caesar die abendliche Cena kurzerhand storniert und sich ins Castellum der Ala zurück gezogen hatte, anstatt hier im Palast zu wohnen,...was für ein seltsamer Mensch,...hatte sich Nepos die Kante gegeben. Nachts wachte er auf, hatte Rückenschmerzen und einen dicken Kopf.
Diese beiden Übel suchten ihn noch immer heim und nun kam das dritte in Person des Germanicus über ihn.
Nepos bedauerte es sehr, daß man diesen Kerl nicht kreutzigen durfte.
...was gibt es Germanicus?
Er hatte sich im Griff,...niemand sollte ihm etwas nachsagen. Er klang trotz seiner Unpäßlichkeit formell und fordernd,...wie man es von einem LAPP erwarten konnte. Wer wußte schon wieviele Ohren der Caesar hier platziert hatte? Vielleicht war Germanicus ja einer von ihnen, jetzt wo sein Cousain eine große Nummer bei Caesar war?
Natürlich hatte dieser Varro einen Stein im Brett. Warum sagte der Brüllkäfer das? Weil er oder Nepos diesen Stein nicht in des Caesars oder des Kaisers Brett hatten? Glaubte dieser Parasit er sei aus Dummsdorf?
Nepos ignorierte das. Er starrte stattdessen den Germanicer an und ranzte;
Na dann lass uns doch mal nachrechnen...der Caesar,ich,...die 4 Kommandeure, Venusia und...du...also mach´hin, troll dich und versuch keinen Mist zu bauen... Nepos verdrehte die Augen und wandte sich seinen Unterlagen zu, er hob kurz den Kopf.
Wenn du Kimon bitte zu mir schicken würdest?
Nepos starrte ins Leere. Wie in Trance griff er nach seinem Pokal und trank den Rest Vinum daraus. Tief atmend stellte er den Pokal zurück und nickte. Ja,...das war Caesar, der Sohn des Imperators,...und wenn alles seinen Gang hat, unser nächster Imperator. Ein seltsam unangenehmer Mann, dieser Bala.Man hörte aber auch nichts was ihn in irgendeiner Form kompromittieren könnte.Er erschien unangreifbar, hielt sich an nichts auf, war Executor seines Vaters. Besser man stellte sich diesem Mann nicht in den Weg, wobei Nepos´untrügliche Empathie längs seinen eigenen Standort in Bala´s Weltordnung erkannt hatte. Wäre nicht Bassus gefallen und hätte nicht Bala Respekt vor derlei mortalen Finale und vor allem stünde Bala nicht seinem Bruder Lepidus so nahe, wäre es sicherlich sein, Nepos´, unrühmliches Ende gewesen.
In dieser Erkenntnis ballte er seine Faust. Er würde die Karte Bassus voll ausreizen und notfalls jeden, der auch nur ansatzweise seine Erwartungen, also jene um dem Caesar zu gefallen, nicht erfüllte über die Klinge springen lassen. Seine Mission sah er darin diese Provinz lebend und wohlhabend mit voller Reputation zu übergeben,..seine Amtszeit endete bald.
Ein Blitzen in seinen Augen zeugte von seinem neuen Lebenswillen. Wie die Katze eine Maus fixierte er den Germanicer.
Ja,...Germanicus Varro rettete Caesar! bestätigte er die Vermutung "...ihr Germanicer seid wohl immer dort wo es für euch nützlich erscheint..." dachte Nepos so bei sich. Ein unsägliches Talent. Er hatte es auch, doch es verflüchtigte sich mit der Zeit.
Caesar wird heute Abend in meinen Palast kommen,...organisiere alles dazu, aber kein Pomp,...nur was ordentliches zu Essen und die besten Getränke...keine Sklaven außer Kimon. Du wirst teilnehmen, die und sag´Venusia Bescheid... Nepos nickte und wischte Germanicus dann heraus...schick´mir Kimon herein!
Dieser Abend würde entscheident für den Verlauf seiner Karriere sein,...wenn nicht für sein Leben.