[Officium I] Legatus Augusti pro Praetore

  • Was sollte denn das nun? Wollte der kleine Scheisser ihn verarschen? Er hatte doch schon hunderte Urkunden ausgestellt, er kannte sich aus. Nepos beschloss das Ganze unabhängig und vor allem gleichgültig zu behandeln.

    Der erste Schluck war der schlimmste,...den Würgereiz zu unterdrücken eine wahre Meisterleistung, dabei im Beisein des Germanicers keine Miene zu verziehen ein göttlicher Akt der Selbstbeherrschung.

    Er schluckte die Brühe herunter, redete sich ein es sein Nektar und Ambrosia zugleich und hielt danach Kimon mit Blitzschleudernden Augen den Becher hin.

    Danke mein Guter,...du kannst gehen! sagte er mit leicht pelziger Zunge und dir deine kleinen Nüsse plattieren lassen du Mistlurch. Kimon trat ab,...hatte der etwa gegrinst?

    Die Tür zog zu und Nepos war wieder Herr seiner Wahrnehmungen.

    Nun Germanicus,...du brauchst einen Nachweis, daß das Grundstück dir gehört, du brauchst einen Nachweis, daß du keine Hypotheken auf diesem Grundstück hast, und du brauchst die Zusage des Varro, daß er Willens ist das Grundstück anzunehmen,...also ob der das nicht wüßte. Nepos sah Cerretanus mit hochgezogener Augenbraue an...Na...? Hast du das ?

  • Nepos starrte auf die Anforderung aus Roma. Der Sachstandsbericht. Verflucht! War das Jahr schon wieder vorbei? Hatte er nicht genug zu leiden? Erst die Heimsuchung durch den Caesar, der wie Cerberus in seinen Nacken geiferte, der Verlust seines einzigen Sohnes, der ihm mehr fehlte als er zugeben wollte, die verfluchte XXII. deren Aushebung sich hinzog.

    Nepos ließ die Stirn auf den Schreibtisch sinken und kühlte sich den Kopf am Granit der Tischplatte.

    Na schön! er riss sich zusammen, immerhin war er der Vertreter des Imperators. Er setzte sich aufrecht hin, wischte sich über die kalte Stirn und rief nach einem Scriba. Dieser Nichtsnutz Kimon war nicht da, er war in einer Missio unterwegs. Immerhin dauerte seine Amtszeit hier nicht ewig, man musste Vorkehrungen treffen, Ressoucen bündeln. Kimon sondierte die Vermögensverhältnisse und begann mit der diskreten Rückführung nach Roma.

    Scriba, hol mir Duccia Venusia hierher! Aber stante pede!

    Bisher hatte er wenig bemerkt von deren Anwesenheit. Es war seltsam, dabei waren doch regelmäßige Besprechungen vereinbart, ebenso mit diesem schrundigen Nichtsnutz Germanicus. Der und sein Grundstück...hatte wohl nichts mehr dazu zu sagen!

    Er wies mit dem Zeigefinger auf seinen Pokal, Mittagf war vorbei, da konnte er ruhig einen Schluck wagen.

    Der Sklave huschte herbei und füllte den Pokal, zwei Finger breit unter dem Rand, ganz so wie es der Herr mochte.

  • Kimon, gerade vom Portus zurück gekehrt wurde vor dem Officium fast über den Haufen gerannt. Der arme Lucius, kalkweiß entschuldigte sich stotternd. Kimon beruhigte ihn und fragte, Was isn? Hat der gute LAPP wieder einen schlechten Tag?

    Abgesehen von seinem Mitleid wegen Bassus war und blieb seine Haltung gegenüber Nepos ambivalent.

    Lucius, keines gescheiten Wortes fähig stammelte etwas von Duccia und herholen und stante pede...

    Naja, stante pede war Standard. Am besten lungerten die Weisungsempfänger immer in Griffweite um den guten Nepos.

    Na,...ich mach´das, geh zurück an deine Arbeit...nu geh schon. Beruhigte er den Scriba, der deutlich besser in der Kunst des Schreibens als in der Kunst der Neposbändigung war.

    Dankbar trollte sich der Junge und Kimon machte sich auf zu Venusia.

    Die Informationen über Nepos Geschäfte hatten Zeit, bestimmte Kimon mal für sich.

  • Wie von dem Servus des Legatus gewünscht, ließ Venusia ihre begonnene Aufgabe ruhen und machte sich auf den Weg zum Legatus, der sie umgehend sehen wollte. Da sie in den vielen Jahren gelernt hatte, dass es meist gut war, doch halbwegs vorbereitet zu sein, hatte sie noch nach einigen Wachstafeln und Schriftrollen gefriffen, die sie nun mit sich nahm und damit an die Porta des Officium klopfte, durch welche sie schritt als sie hereingebeten wurde. Sie schloß die Tür hinter sich und wandte dann ihren Blick auf den Legatus. "Du wolltest mich sprechen, Aemilius."

  • Nepos blickte von Venusia auf seinen Pokal. Nun, sie kam recht schnell, gut für sie. Duccia Venusia begann er, wobei er sie nicht aus dem Blick ließ. Es ist Zeit für die Sachstandserhebungen,...ich bin sicher es dürfte dich vor keine großen Probleme stellen mir die Einnahmen und Ausgaben der Provinz zeitnah mitzuteilen?

    Er wischte ein imaginäres Stäubchen von der Tischplatte, wartete einen Atemzug und fuhr fort.

    Ferner brauche ich die Mannschaftsstärke der Ala, der Classis, der Legio II und den Aushebungsstand der Leg. XXII.

    Inzwischen dürfte doch, zumindest was die XXII anging doch eine akzeptable Truppenstärke beisammen sein und die II abrücken können. Die Britannier warteten sicher nicht gerne auf die Verstärkung. Er musterte Duccia, wirkte sie nervös? Es war viel Zeit vergangen seit sie ihren Posten angetreten hatte, diese Aufgabe würde ihm zeigen ob sie es auch wert war, oder ob er sie besser wieder entlies. ...und das Ganze zeitnah,...Duccia Venusia. Kitzelte er noch ein wenig.

  • Venusia hatte dem Legatus versprochen zeitnah mit allen notwendigen Unterlagen wieder in seinem Officium zu erscheinen und sich dann von ihm verabschiedet.


    Nur wenige Zeit später betrat sie das Officium erneut, nachdem sie dazu aufgefordert worden war, und hielt die notwendigen Dokumente bereit, die der Legatus von ihr gefordert hatte.

    “Die Einnahmen und Ausgabe der Provinz findest du auf dieser Tabula,” erklärte sie und überreichte diese.

    Steuereinnahmen aus der Landwirtschaft: 650.000 Sz

    Steuereinnahmen aus der Viehzucht: 720.000 Sz

    Steuereinnahmen aus Bodenschätzen: 930.000 Sz

    Steuereinnahmen gesamt: 2.300.000 Sz

    Ausgaben für Militär: 1.200.000 Sz

    Ausgaben für Infrastruktur: 620.000 Sz

    Ausgaben für Verwaltung: 280.000 Sz

    Ausgaben insgesamt: 2.200.000 Sz

    Dann griff sie nach einer weiteren Tabula, welche sie dem Legatus überreichte.

    “Die letzte Bevölkerungszählung aus dem letzten Jahr. Durch den Abzug der Legio Secunda wird sich diese Zahl natürlich noch merklich reduzieren.” Der Legatus konnte dieser Tabula eine Zahl entnehmen, die der vom Bericht des Vorjahres sehr ähnlich war.

    “Bezüglich der Straßen und Wege in der Provinz können wir berichten, dass wir über 80 Prozent wieder in Stand setzen konnten. Durch die Aushebung der neuen Legion haben wir jedoch nicht alles so absolvieren können, wie wir es gern durchgeführt hätten. Im nächsten Jahr werden wir dafür umso härter arbeiten müssen.” Gespannt wartete Venusia nun ab, was der Legat zu ihren Ausführungen sagen würde.

  • Nepos studierte die Zahlen. Sie deckten sich in etwa mit dem was Kimon ihm zusammengestellt hatte.

    Mit vielsagendem Blick legte er die Tabulae zurück und sah Venusia an. Nach einer Weile meinte er,

    Nun, ist ja geradezu armselig. 100000 Sesterzen per anno Gewinn?

    Er zog eine Schnute und lehnte sich zurück in seinen Sessel.

    Das hatte ich in Aegyptus in einer Woche.

    Nepos stand auf und begann einen Streifzug durch das Officium. Vor dem Fenster blieb er stehen und verschränkte die Hände auf dem Rücken.

    ...was sagtest du wie hoch die Bevölkerung ist?

  • "Die Provinz war bisher nie besonders reich. Wir sind über die Runden gekommen, haben einige besondere ausgaben aber oft mit privaten Spenden umsetzen müssen," erklärte Venusia. Viel Geld gab es eigentlich nie. Sie reichte dem Legatus dann noch einige Schriftrollen sowie eine Tabula, auf der sie die einzelnen Meldungen zu den Einwohnern in Zahlen zusammengefasst hatte.

    "Das wären die Übersichten sowie einzelnen Zahlen."

    Bewohner:

    Aulus Aemilius Nepos

    Paullus Germanicus Cerretanus

    Duccia Venusia

    Lucius Celeripes [NSC]

    Gnaeus Petellius Agilis [NSC]

    Manius Pontidius Musca [NSC]

    Memmius Pomponius Agrippinus [NSC]

    Titus Numicius Macatus [NSC]

    Quintus Propertius Plautus [NSC]

    Petronia Octavena

  • Nepos wandte sich um und nahm die Kladde auf. Ungläubig sah er darauf und starrte danach Venusia entgeistert an.

    Wenn nur diese paar traurigen Gestalten hier leben und Steuern zahlen dürfte es bald mit uns vorbei sein.

    Fahrig legte er die Kladde auf den Schreibtisch und rieb sich mit geschlossenen Augen die Nasenwurzel.

    Bei den Göttern, heute sollte der Caesar kommen, mit einer Abordnung der Truppen. Sicher würde er Zahlen wissen wollen. Er atmete hörbar aus...es war unübersehbar mühsam sich im Zaum zu halten. Nun, ich brauche die Gesamtpopulation , nicht nur die der römischen Bürger...Venusia...

    Dabei blickte er sie an mit der großen Frage im Gesicht ob seine Wahl mit ihr wohl die Richtige gewesen ist.

    ...stante pede, ich brauche die Zahlen bis heute Mittag...und schick´mir Germanicus Cerretanus und Kimon...danke du kannst gehen.

    Kimon würde sich um einiges kümmern müssen und dieser unnütze Germanicer, der ihm noch vor kurzem mit einem Grundstück auf die Nerven ging,...der sollte den Empfang organisieren.

    Venusia,...ja,...Venusia...Nepos saß an seinem Tisch und betrachtete den Abgang seines Procurators. Man hatte ihn gewarnt den Posten mit einer Frau zu besetzen. Vielleicht hatte "man" ja recht und er war etwas zu progressiv. So wie es aussah war die Zeit noch nicht reif für Frauen in Führungspositionen.

  • Nepos erhob sich verschreckt von dem krachenden Klopfen und scheuchte den Scriba an die Türe. Dieser wartete noch bis der LAPP sich in der Mitte des Raumes positioniert hatte und öffnete auf dessen Nicken die Türe.


    Beim Anblick des Caesar und der Urne in seinen Händen verspürte er einen Stich in seiner Brust, sein rasiertes Kinn zuckte ein paarmal, doch nichts was sich nicht mit einem tiefen Atemzug bewältigen ließe. Er wartete bis sie alle eingetreten waren und der Scriba die Türe verschlossen hatte.


    Dann trat er auf den Caesar zu.


    Salve Caesar,…ich grüße dich und heiße dich in der Regia zu Mogontiacum willkommen!


    Sein Stimme war ein wenig brüchig angesichts der kostbaren rotschimmernden Urne mit den Insignien des Kaiserhauses. Doch er war ein alter Fuchs, er fing sich rasch wieder und erwartete die Übergabe der sterblichen Überreste seines Sohnes den er am meisten vernachlässigt hatte als dieser ihn wohl am dringendsten gebraucht hatte.


    Sie waren sich fremd geworden, sein Bruder Lepidus stand seinem Sohn näher, war eine Art Ersatzvater gewesen. Der Versuch ihn wieder an sich zu binden und ihm eine Stellung in Germania zu verschaffen war grandios gescheitert.


    Nun es hat wohl nicht sollen sein, die Einvernehmlichkeit , die Annäherung,…nun war er bei den Ahnen und er, Nepos, gänzlich alleine.

  • Bala hob die Urne ein wenig an und überreichte sie Aemilius Nepos mit den Worten,


    Der Imperator und das römische Volk danken dir für das höchste Opfer!

    Dein Sohn fiel im Kampf, getreu seinem Eid tapfer gegen eine hohe Übermacht kämpfend , das Leben seines Caesar und des Adlers der XXII. Legion verteidigend.


    Er ließ die Worte ein wenig sacken, hoffte daß sie zumindest ansatzweise den Schmerz seines Vaters lindern konnten.


    Im Namen einer dankbaren Nation gebührt unser Respekt der Familie Aemilius!


    Salve Marcus Aemilius Bassus, mögen die Götter mit dir sein! Donnerte Bala heraus, ein wenig Phatos konnte nicht schaden.


    Die Führer der Teilstreitkräfte traten neben Caesar und salutierten vor einem sichtlich ergriffenem Amelius Nepos der sich an der Urne klammerte und plötzlich klein und greisenhaft wirkte.


    Nach dem Gruß tauchte der Raum in eine gespenstische Stille.


    Bala fing sich als erster und trat zu Aemilius. Er winkte Varro zu sich und übergab ihm die Urne, damit dieser sie auf einen vorbereiteten Tisch abstellte, während er selbst dem Aemilier den Unterarm schüttelte, was dieser seltsam passiv mit sich geschehen ließ.

  • Auch Varro stand mit erhobenem rechten Arm zum Salut, wenngleich neben Furius und seinen Praetorianern. Er hatte den LAPP in der Vergangenheit öfteren getroffen und ihn stets als aalglatt, feist und durchtrieben empfunden. Diesmal jedoch, wen wundert´s, wirkte er den Tränen nah und unendlich müde.

    Er ließ den Arm wieder sinken und blieb mit den Praetorianern im Hintergrund. Er gehörte nicht zu den Kommandeuren und er fragte sich ohnehin was er hier sollte.

    Doch dann winkte ihm der Caesar und er transportierte mit aller Vorsicht Bassus´Asche zu einem der Tische, prüfte den sicheren Stand und stellte ihn ab.

    Man kümmerte sich nun ein wenig um den LAPP, die Kommandeure erwiesen ihre Kondolenz und es wurden Getränke gereicht...Varro fragte sich einmal mehr was er hier sollte. Er hatte eine Patrouille vorzubereiten und saß förmlich auf heißen Kohlen.

  • Nepos hockte in seinem Sessel und nahm die Geschehnisse nur durch einen dicken Filter wahr. Sein Blick ruhte auf der Urne und seine Augen füllten sich mit Tränen. Wie unaufhörliche Backpfeifen schlugen seine Verfehlungen in sein Gedächtnis ein. Er sah sich seinen Sohn züchtigen, weil er nicht so funktionierte wie er es sich vorstellte.

    Er sah den Leichnam seiner Frau, die es vorzog Gift zu schlucken als auch nur noch einen Augenblick in seiner Nähe zu sein. Er sah angstgeweitete Augen, Arme die zum Schutz hochgerissen wurden. Gesichter von Toten und Verratenen tauchten auf, blicklos, oder anklagend, manche feixten.

    Er sah seinen Vater, seinen Bruder, die so anders waren als er. Man sagte er sei so wie der Großvater gewesen, der Konsul,...der Kriegsheld. Nepos schloß kurz die Augen. Alle wußten, daß er ein Feigling gewesen ist, ein sadistischen Mörder, ein Plünderer. Nicht umsonst waren die Umstände seines Todes mehr als mysteriös.

    Es musste etwas geschehen, sofort...er erhob sich und ging zur Urne seines Sohnen. Das Flackern des Kaminfeuers ließ die rubin rote Oberfläche wabern als sei sie flüssig, wie Blut.

    Und beim Blut der Aemilier schwor er seinem toten Sohn ein besserer Mensch zu werden, sofern es seine Lebensspanne noch zuließ. Er legte die Hand auf den Deckel und war erschrocken, wie kalt er war.

  • Varro hielt sich an seinem Becher fest. Der Vinum war erwartungsgemäß ausgezeichnet, aber erquickte ihn nicht wirklich. Dazu war die Stimmung zu gedrückt, die Gruppe zu offiziell um sich nahezustehen.

    Terentius Nero plauderte mit seinen Kommandeurskollegen, Bala stand beim LAPP und die Praetorianer standen grimmig in den Ecken des Raumes um ihn abzusichern.

    Varro sah aus dem Fenster und machte sich Gedanken über seine Patrouille, die anstand. Sie führte nach Borbetomagus, vorbei an die Stelle des Gefechts. Es störte ihn nicht, daß sie dort vorbeiritten, dann müsste ihn jeder Zoll dieser verdammten Strasse abschrecken, denn sie war in Blut getränkt. Überall entlang des Weges lagen Tierskelette in den Wald gezerrt um dort zu verrotten oder den Tieren des Waldes als Nahrung zu dienen. Mancher Hügel zeugte von menschlichem Inhalt, sei er nun römisch oder germanisch. Diese Land , diese Provinz zu befrieden war eine schier unmögliche Aufgabe. Die Grenze zu lang, zu unkontrollierbar. Man hatte zwar auf der gegenüberliegenden Seite des Limes die Bäume zwei Stadien weit gefällt um zu sehen was auf einen zukam, doch was war mit dem Rhenus?

    Tief in Dedanken versunken bemerkte er, daß sich jemand zu ihm gestellt hatte.

  • Trauernde sollte man nicht penetrieren. Man muss ihnen Raum lassen. Bala zog sich in einem geeigneten Moment zurück und nickte dem Leibsklaven des Aemilius kurz zu.

    Dieser würde sich ab sofort um seinen Herrn kümmern.

    Bala indess trat an die Seite von Varro, der ein wenig abseits stand und aus dem Fenster sah.

    Varro gefiel ihm, ein guter Mann, unaufdringlich, korrekt und wenig eitel. So ganz anders als die Sorte Männer mit der er sich sonst so umgab. Was gibt es denn da draußen so wichtiges zu sehen? fragte er und warf einen Blick auf den Trubel unter ihnen auf dem Forum. In der Ferne konnte man die Anlagen des Portus und das Castell der Classis erkennen.

    Was meinst du Germanicus Varro, wie lange wird es dauern bis wir wieder mit einer solchen Horde rechnen müssen?

    Sein Blick fiel auf das Profil des Germanicers. Dieser wandte sich zu ihm um und trat dabei einen Schritt zurück.

    Lächelnd hob Bala die Hand. Die Nähe war ihm nicht unangenehm. Mit einer Geste gab er dem Germanicer zu verstehen offen mit ihm zu sprechen. Er legte Wert auf dessen Meinung, wie er gehört hatte war auf seinen Kopf eine Belohnung ausgesetzt.

    Eine Belohnung von mehreren Stammesfürsten.

    Dafür wirkte er fast schon unnatürlich ruhig.

  • Varro nickte verstehend und sah wieder aus dem Fenster. Dann antwortete er,

    Normalerweise sind diese Gefolgschaften nicht so groß mein Caesar. Um eine Villa Rustica oder einen der kleineren Meiler aufzubringen bedarf es höchstens 15 bis 20 entschlossene Plünderer. Sein Blick fiel wieder auf den Caesar.

    Solange sich nicht ein paar Stammesführer zusammenraufen um die getöteten Stammesangehörigen zu rächen, brauchen wir uns keine Gedanken zu machen. Wieder sah er aus dem Fenster, sein Blick schweifte über die Stadtgrenzen hinaus.

    Die Grenze ist das Problem. Sie ist durchlässig und nur Abschnittweise gesichert. Das Aufspüren der Gefolgschaft war Zufall und nur möglich weil ihr sie aufgehalten habt, wäre das nicht der Fall gewesen, so wären sie unbemerkt auf die andere Seite verschwunden...so wie in der meisten Fällen.

    Es klang keine Hoffnungslosigkeit aus seinen Worten sondern nüchterne Darstellung der Lage.

    Uns fehlen schlicht die Leute um den Limes zu einer undurchlässigen Grenze zu machen,...aber als solche ist er ja auch nicht gedacht ...oder?

    Varro war kein Freund dieser Politik. Wenn man das Problem der Plünderer in den Griff bekommen wollte müsste man sie in der Annäherung erkennen und kanalisieren um sie mit dort postierten Truppen abzufangen oder zu vertreiben.

    Die Kultur Roms weckt Neid und die wenigsten haben das Talent um sich Reichtum zu erarbeiten, die meisten versuchen es auf die wenig elegante Form des Eigentumswechsels,...mit Schwert und Kampfbeil.

  • Bala sah den einfachen Decurio ernst an. In diesem Augenblick beschloß er nur noch Fachleute in seinem Beraterstab zuzulassen.

    Wie Varro blickte er auf die Menschen auf dem Forum, die sich trotzig Canabarii nannten. Denn obwohl Sitz der Provinzverwaltung war Mogontiacum eine canabae legionis. Die Administration und insbesondere die Finanzverwaltung unterstand der Verwaltung der Provinz Gallia Belgica. Was also tun?

    Das wozu Mogontiacum bestimmt war und von hier aus auf das rechte Rheinufer ziehen und das Imperium bis zur Elbe erweitern, wie es einst gedacht war? Wenn sie hier nur ausharrten, wer konnte ausschließen, daß sich drüben eine Streitmacht zusammenballte, die letztendlich hier alles niederrennen würde? Die Barbaren brauchten nur einen zweiten Arminius.

  • .....Er atmete hörbar aus...es war unübersehbar mühsam sich im Zaum zu halten. Nun, ich brauche die Gesamtpopulation , nicht nur die der römischen Bürger...Venusia...

    Dabei blickte er sie an mit der großen Frage im Gesicht ob seine Wahl mit ihr wohl die Richtige gewesen ist.

    ...stante pede, ich brauche die Zahlen bis heute Mittag...und schick´mir Germanicus Cerretanus und Kimon...danke du kannst gehen.

    Kimon würde sich um einiges kümmern müssen und dieser unnütze Germanicer, der ihm noch vor kurzem mit einem Grundstück auf die Nerven ging,...der sollte den Empfang organisieren.

    Venusia bestätigte, dass sie verstanden hatte und machte sich auf den Weg zu Cerretanus und auch Kimon und würde später mit der gewünschten Aufstellung zurückkommen. Nachdem sie die Aufstellung hatte, klopfte sie wieder an und betrat das Officium des Legatus nach der Aufforderung hereinzukommen. Diese wies 29.863 zivile Bewohner für die Provinz aus.

  • Die Zeit schritt voran. Es galt noch eine Patrouille zu planen. Varro wandt sich fast unter den Blicken des Caesars. Doch er hielt seinem stechenden Blick stand. Sollte er irgendetwas gesagt haben womit er den Caesar düpierte so konnte er daran auch nichts mehr ändern, doch es war nicht Ablehnung die er in der Miene des Caesars las.

    Varro wußte den jüngeren Mann nicht einzuschätzen. Weshalb war er tatsächlich hier? Zur Kontrolle des Limes schickte man keinen Caesar, zur Weihung eines Legionsadlers?...nun vielleicht.

    Er hatte Gerüchte gehört, Gerüchte um dessen Position im Reich. Von einem Exil in Cappadocia.

    Doch was ging es ihn an? Er war Decurio und führte Befehle aus.

  • Bala sah von Varro durch den Raum. Die drei Kommandeure der Teilstreitkräfte standen beisammen und unterhielten sich leise. Furius starrte alles und jeden im Raum an als warte er nur darauf losgelassen zu werden. Und Aemilius? Nun Aemilius sah so aus als brauche er vor allem etwas Distanz und Ruhe um sich mit seiner Situation zu arrangieren.

    Bala hatte genug. Er nickte Varro zu, schloß kurz die Augen und machte mit dem Kopf eine Bewegung in Richtung Ausgang.

    Sofort wunderte er sich über diese Vertraulichkeit, doch sie amüsierte ihn.

    Kurz darauf trat er zu Aemilius und legte dem trauernden Vater die Hand auf die Schulter.

    Aemilius?...wir werden uns nun zurückziehen.

    Bevor dieser reagieren oder protestieren konnte wandte Bala sich um und ging zügig durch die bereits von Furius geöffnete Türe. Die Kommandeure und Varro folgten und zurück blieb ein zerstörter Aemilius Nepos, in den Händen die Asche seines Sohnes und über ihm der Dank des Vaterlandes.

    Ein Sklave schloß leise die Türe. Bala wartete bis sich alle versammelt hatten und sprach dann die Kommandeure an.

    Meine Herren, ich werde in den folgenden Tagen die Einheiten, außer der Ala inspizieren. Ich brauche dafür Stammzahlen und eine Übersicht über den Bedarf an Männern und Material.

    Er nickte den Kommandeuren der Classis und der Legio II zu und entließ sie damit. Als die beiden abgezogen waren wandte er sich an Terentius Nero und Germanicus Varro.

    Ich erwarte euch beide nachher in meinem Wohnraum, es gibt noch etwas zu besprechen bevor ich in die Legatenräume der XXII. umziehe.

    Ein energisches Nicken und dann folgte er Furius den Gang hinunter.

    Die übrigen folgten einfach nur in seinem Sog.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!