Beiträge von Titus Umbrenus Nero

    Nero packte Sabaco an der Schulter und riss ihn zu sich herum. Sie hätten Nase an Nase gestanden, aber Sabaco war gut einen Kopf größer als Nero. Dennoch funkelte er zu dem Subopito auf, packte ihn fest im Nacken und zerrte dessen Kopf nach unten. Er hatte nicht falsch geschaut. Für einen winzigen Moment hatte er gedacht, er hätte sich versehen, aber Sabas Kopf sah nicht nur aus dem Augenwinkel leicht anders aus.


    Der grimmige Blick von Nero wurde milde, ehe er die Beulen von Sabaco abtastete. Das musste ganz schön wehtun. Nun das Abtasten auch, stellte Nero fest und ließ Sabas Nacken los.


    "Was ist passiert? Kann ich Dich keine fünf Minuten aus den Augen lassen? Du bist ja schlimmer als ich und das heißt was. Ach und übrigens, ich will davon hören, also erzähle was passiert ist.


    Und ja die Therme sind eine gute Idee. Ich bin durchgefroren bis auf die Knochen und mir ist schlecht. Lass uns irgendwo etwas danach essen gehen. Ein schönes Brot oder Käse, dass wäre genau das Richtige. Wer hat Dir aufs Maul gehauen?", fragte Nero besorgt und half Saba beim Packen.

    Nero hörte stillschweigend zu, als Sabaco von seinem verschollenen Bruder sprach. Verschollen war ein falscher Ausdruck, er wurde weggelockt und kam nie wieder zurück. Dass was zu Sabaco heimgekehrt war, war eine leere Hülle. Gefüllt mit jenen Ansichten die ein anderer Mann vertrat. Was dort wirklich geschehen war, wussten die Götter allein. Aber der Schmerz der Sabaco ins Gesicht geschrieben stand, sprach Bände. Das er seinen Bruder liebte, stand außer Zweifel. Er liebte ihn sogar noch als die Person, die er nun war. Nero hatte Ocella nicht kennengelernt, er konnte den jungen Mann nicht einschätzen. Vielleicht wäre es gut, ihm einmal zu begegnen und einige Worte mit ihm zu wechseln.


    Sabaco war gedanklich nicht nur der Bruder von Ocella, er hatte alle Rollen übernommen, ebenso die des Vaters und des Kumpels. Dafür musste es einen guten Grund geben und Nero konnte sich diesen auch denken. Saba hatte von seiner Kindheit erzählt und Ocella war an seiner Seite gewesen. Er hatte ihn beschützt und durchgebracht, sie waren im Feuer der Straße zusammengeschmiedet worden. Und nun war Ocella fort.


    "Verstehe, dann bin ich zwischen Eure Front gekommen. Nun sei es drum, jetzt bin ich schlauer. Danke für die Aufklärung. Ja ich weiß wie schlimm das für Dich gewesen ist Saba, ich sehe es Dir an. Und ich weiß wie sich der Verlust eines geliebten Menschen anfühlt. Es reißt ein Loch in Deine Seele, eine klaffende Wunde die nicht genäht werden kann. Jeder Versuch lässt sie weiter ausfranzen und gräbt sie tiefer und tiefer in Dich hinein. Lass uns Deinen Bruder einmal besuchen, ich möchte ihn kennenlernen. Vielleicht ist er noch da Sabaco, gut versteckt aber da.


    Was meine eigene Wunde angeht, nein kein Organ verletzt, nur die Haut und eine tiefe Fleischwunde. Das mahnt mich zukünftig besser aufzupassen. Wäre etwas mit den Organen dann spürst Du es. Du merkst der Schmerz kommt tief aus Deinem Inneren. Und Du weißt Sabaco, dass ist jetzt kein Spaß. Das ist lebensbedrohlich, handele oder Du hast nie wieder Gelegenheit dazu. Solche Schmerzen sind... ich wünsche Dir dass Du sie nie erfährst, denn hattest Du sie einmal, wirst Du sie ein lebenlang fürchten. Meine jetzige Wunde dagegen ist lächerlich. Es ist ein beißendes, reißendes Ziehen, also etwas völlig anderes. Behandelt werden muss es trotzdem. Ich kann Dir nicht helfen, sonst lass uns lieber Hilfe holen. Entschuldige - meine Dummheit", murmelte Nero geschafft.

    Nero saß auf einem Kissen auf dem Boden, hatte seine Tunika abgelegt und seine Wunde gerade selbst untersucht, als Sabaco eintrat.


    "Salve, schön dass Du da bist. Ein ganz schönes Loch in der Schwarte und im Fleisch darunter. Nicht so tief wie ich dachte, aber tief genug um zu schmerzen und die Bewegung einzuschränken. Meine besondere Tunika hat es auch erwischt", antwortete er müde und schaute zu Saba auf.


    "Setz Dich zu mir und schaue bitte nochmal nach der Wunde. Das war eine Fahrt nicht wahr? Der gute alte Rhenus hat Dich gemeinsam mit Neptun auf die Probe gestellt. Sie haben Dir alles entgegen geworfen, was sie an einem derartigen Tag aufbieten konnten. Unwetter und Feinde. Die Männer haben sich gut geschlagen Sabaco. Unser Schiff hat seinen Anteil an dem Ganzen geleistet. Bei den Fluten, wir waren eine verdammt gute Einheit, das Schiff, Du, die Männer und ich. Sie sind würdig als Mannschaft bezeichnet zu werden.


    Was mit dem Subpraefectus Alae Germanicus Varro losgewesen ist, erschließt sich mir immer noch nicht. Ich bin ihm gefolgt und dachte er wünscht eine Erklärung meinerseits oder eine Aussprache. Aber dem war nicht so. Nun vielleicht begegne ich ihm noch einmal und er verrät mir, was ihn gestört oder derart verärgert hat. Wir haben unser Bestes gegeben in der Schlacht, Schiff, Fracht und uns selbst verteidigt. Möglicherweise hast Du Recht und er hat eine ganz andere Disziplin erwartet. Doch das hätte er mir in Ruhe sagen können und ich hätte ihm erklärt, wie wir überhaupt in die Lage gekommen sind. Jedenfalls hätte ich es versucht.


    Du siehst geschafft aus Sabaco, möchtest Du was trinken?", bot Nero an.

    "Von mir ebenfalls Salve und vielen Dank für die Einladung an uns alle. Zur Frage, nein ich werde nicht zu den Landpferden zurückkehren. Sollte ich jemals meinen Dienst quittieren, dann werde ich mich irgendwo an der See niederlassen. Ein Pferd aus den Ställen des Umbrenus Gestüts ist ein sehr schönes und wertvolles Willkommensgeschenk Fango.


    Ansonsten schließe ich mich Euren Wünschen für das Elysium an. Was ich benötige um dort glücklich zu sein, wäre mein Seehund und jede Menge salziges Wasser. Ach und meine Schätze, andere würden Deko dazu sagen. Oder Schlimmeres", lachte Nero gut gelaunt.

    Saba versuchte ihn aufzumuntern, aber mit einem zusätzlichen Loch im Leib war das gar nicht so einfach. Auf der anderen Seite, über wen ärgerte er sich eigentlich? Im Grunde nur über sich selbst. Einerseits weil er sich hatte treffen lassen und andererseits, weil er sich wie der letzte Trottel vorkam als er versuchte freundlich zu sein. Was brachte es jetzt noch, wenn er sich ärgerte? Die Wunde schloss sich nicht von selbst, und der Prae würde auch morgen noch auf dem hohen Ross sitzen. Abhaken!


    Glücklich ist, der vergisst, was nunmal nicht zu ändern ist. Sie hatten alles gegeben und darauf war Nero stolz. Eike kam nach Achtern und versorgte seine Wunde mit dem passenden Druckverband. Der Druck des Verbandes, nahm den von Neros Seele. Etwas entspannter warf er kurz einen Blick über die Mannschaft, ehe seine Aufmerksamkeit wieder dem Rhenus galt. Er konnte den Heimathafen schon regelrecht im Wind riechen. Nicht mehr lang, dachte er inständig und hieß die Kälte willkommen. Sie kühlte Gemüter und Schmerzen.

    Nero zog fragend eine Augenbraue hoch, als Sabaco seine Sicht erläuterte. Gefühlt warf seine Stirn Falten bis in den Nacken. Umbrenus blinzelte kurz und konzentrierte sich sich auf das Wasser.


    "Wir sind Krieger der See, denen man eine Schlacht an Land aufgezwungen hat. Wir haben ein Unwetter überstanden, wir haben einen Überfall bei miserablen Wetter- und Sichtverhältnissen überstanden. Ich glaube unser letztes Problem war, wie stramm wir stehen. Wichtig war, dass die anderen nicht mehr stehen!


    Unser Überleben war das höchste Ziel, Schiff und Ladung zu verteidigen. Die Formation halten, heißt überleben. Nach einer derartigen Schlacht, steht keiner mehr stramm Sabaco. Blutvergießen rückt die Weltsicht gerade. Ein Atemzug kann darüber entscheiden ob Du überlebst, oder mit dem Gesicht im Schlamm zurück bleibst. Letzteres hatte ich nicht vor.


    Es ärgert Dich, dass man uns unsere Strapazen angesehen hat?

    Mich ärgert es, dass sich jemand über uns ein Urteil erlaubt, der nicht mal ins Schwitzen kam!


    Die Equites haben noch etwa 20 Mann geholt, falls Du Dich nicht verzählt hast?

    Sabaco, Du hast Dich gewaltig verzählt.


    Vier Mann, ich wiederhole es gerne VIER Mann haben die Equites gestellt und aufgeknüpft!

    Glanzleistung, hoffentlich haben sie dabei keinen Mann oder noch schlimmer ein Pferd verloren.

    Nicht auszudenken!


    Keine Ahnung was den geritten hat, um bei den Equites zu bleiben. Alles was ich getan habe, war mich vorzustellen und dem Kerl zu sagen, dass ich an Bord unseres Schiffes der ranghöchste Offizier bin. Weshalb? Damit wir unter vier Augen in aller Ruhe klären können, was immer sein Problem gewesen ist. Deshalb meine Nachfrage, was sein Problem ist. Kein Interesse. Ich hätte mit dem Pferd sprechen sollen. Wenn ich schon versuche freundlich zu sein.


    Der schläft vermutlich senkrecht im Bett, wegen der Vorbildfunktion, so stramm steht der! Ich bin eindeutig zu alt für so einen Mist", antwortete Nero und betrachtete seine Wunde. Das Blut hatte bereits die Tunika an der Stelle durchnässt. Er hatte vergessen sich den Druckverband geben zu lassen. Mürrisch presste er sich die Faust auf die Verletzung und schnaufte einmal durch.


    "Zuhause brauche ich etwas heißes zu Trinken. Die Männer haben sich gut geschlagen, ich hoffe die Kohle wärmt alle durch. Wenigstens etwas hm?", brummelte Nero mit schiefem Grinsen.

    Nero schaute kopfschüttelnd der Gruppe hinterher. Das waren einsatzbereite Männer? Er hatte Respekt vermissen lassen? Lächerlich. Er dem Mann umgehend gefolgt, um in Erfahrung zu bringen, wo überhaupt das Problem gelegen hatte um dies in aller Ruhe klären zu können. Aber anstatt das der Subpraefectus mit ihm redete, hörte er sich nur selbst gerne reden und seine Männer beweihräuchern die vier... sagenumwogene VIER Germanen niedergemacht hatten. Tatsächlichen Bedarf an Klärung hatte es wohl nicht gegeben, außer seinen Unmut loszuwerden, weshalb diese Truppe sich die Mühe machen musste vier Flüchtlinge zu jagen. Sollte er das ruhig in seinen Bericht schreiben.


    Ebenso wie die Tatsache, dass ihn weder der Sachverhalt und die Vorkommnisse die zu ihrem Kampf geführt hatten nicht interessiert hatten.

    Falls es respektlos war, dass auf einen anderen höher gestellten Kameraden ruhig einging um ein Problem genauso ruhig zu klären, ja dann war er extrem respektlos.


    Seine Männer hatten zwei schwere Fahrten hinter sich, ein Unwetter, eine Abwetterung, einen Angriff und hatten 20 Germanen in den Dreck geschickt. Und dabei hatten sie keinen einzigen Mann verloren. Trotz beschissener Sicht- und Wetterverhältnisse hatten sie weder Schiff noch Ladung verloren. DAS war die Tatsache dieses Kampfes. Und da beschwerte sich dieser Sub darüber, dass er eine Frage stellte um zu erfahren wo das Problem lag um es zu lösen?


    Was war mit der Legion los, dass schon Beschwerden aufkamen wenn man bei ungemütlichem Wetter gezwungen war, Kameraden beizustehen?

    Nero schnaubte und ging zurück zu seinem Schiff.


    Umbrenus schaute über die Mannschaft und die Keto. Müde, abgespannte und abgekämpfte Gesichter. Männer auf die er sich verlassen konnte, Männer die ihr Schiff verteidigt hatten. Eine Mannschaft, war mehr als nur die Besatzung eines Schiffes. Und ein Schiff war mehr als nur einige Planken aus Holz. Aber was wussten die Schön-Wetter-Legionen davon? Nichts.


    "Anker auf! Klar zum Ablegen!", erteilte Nero lautstark seinen Befehl und begab sich auf Achtern. Er gab Sabaco ein Zeichen, dass sich dieser zu ihm gesellen sollte.

    Subpraefectus Alae Germanicus Varro war jener Mann der zu ihnen getreten war und nun mit ihm ein Vier-Augengespräch suchte. Sie hatten einige Probleme, scheinbar genau 20 und diese lagen nun im Schlamm mit dem Gesicht nach unten. Wer den Befehl an Bord des Schiffes hatte?


    Die Frage war vermutlich rethorischer Natur, denn jeder Mann der Legion wusste, dass der wichtigste nautische Offizier der Gubernator war, der Steuermann. Er kam dem 1. Offizier gleich. Achtern war sein Platz, wo sich ebenso der Schiffsführer befand. Natürlich bediente der Gubernator die Steuerruder nicht selbst, sondern hatte dafür einen oder zwei Rudergänger, abhängig von der Schiffsgröße.


    Nero blieb abseits von seinen Leuten mit Varro stehen und musterten diesen einen Augenblick lang. Worauf der Mann hinauswollte, war ihm im Moment nicht bekannt, aber das würde sich gleich ändern.


    "Korrekt, der Ranghöchste hat das letzte Wort. Als ranghöchster Offizier an Bord der Keto bin ich das", bestätigte Umbrenus Germanicus Varro.

    "Um was geht es genau? Den Vorfall und wie sich dieser zugetragen hat?", hakte Nero nach.

    Auf die Information hin, dass Cimber Sabaco verheiraten wollte, prustete Nero seinen Met einmal quer über das Feuer.

    "Was?!?", echote er baff und musterte Cimber für einige Sekunden grimmig, ehe er schlagartig grinste.


    "Nun dann ist der Kelch ja noch einmal an Dir vorrüber gegangen. Soll sich Stilo doch mit Madara rumschlagen. Die beiden haben des öfteren so außergewöhnliche Ideen. Was nicht heißt, dass diese Hirnfürze gut wären", antwortete der ältere Umbrenus. So weit käme es noch, dass er Sabaco an Madara verlor. Der Mann gehörte an seine Seite und auf die See und nicht in das Patschehändchen von Madara. Wie würde das enden? Sabaco ein Bild von einem Mann, völlig entstellt und verzärtelt, nicht mal mehr Wind und Wetter tauglich?


    Nero hätte Saba gerettet, notfalls gegen seinen Willen. Titus warf einen Blick auf Sabaco und grinste.

    Nero gesellte sich zu Sabaco und schaute ihn mit ernsten, großen Augen an. Er räusperte sich und trat so nah an Sabaco heran, dass nur dieser ihn hören konnte.

    "In meiner Tunika ist ein Loch und in meinem Fleisch darunter auch. Einer der Germanen hat mich erwischt. Könntest Du bitte drüberschauen und das nähen? Also das Fleisch, nicht die Tunika", schmunzelte er leicht gequält und zeigte unter der Hand Saba das Loch in der Tunika und die Wunde darunter.

    "Salve Lucius Duccius Ferox, Du bist also der Gastgeber. Es freut mich Deine Bekanntschaft zu machen, ich bin Tius Umbrenus Nero und der Onkel von Cimber. Was Du über Cappadocia gesagt hast, kann ich bestätigten. Ein seltsames, raues, aber auf seine Art wunderschönes Land. Unser Gestüt steht in Caesarea. Deine geschmückte Villa mit all den Gästen, den Speisen und Getränken, erinnert mich an meine alte Heimat. Wobei ich sie schon früher verlassen habe als Cimber.


    Nun ich bin ja auch einige Jahre älter und reisefreudiger. Und nicht ganz so mit den Pferden verhaftet, wie die meisten unserer Familie. Mich hat das Meer gelockt, also habe ich meine Heimat verlassen. Rom selbst hingegen, tja, Rom. Seltsam irgendwie, ein Moloch so sagt man. Lasst uns auf Germania trinken, unsere Wahlheimat, das Fest und auf unseren Gastgeber", schmunzelte Nero und leerte seinen Becher auf ex.

    "ROMA VICTRIX!", echote Nero.


    Das Unwetter hatte aufgegeben und sich verzogen. Es klarte auf, so wie sie für Klärung gesorgt hatten. Ein grimmiges Lächeln umspielte seine Lippen, während er seine durchstochene Tunika und den Schnitt in seinem Fleisch untersuchte. Einige Stiche mit der Nadel und beides wäre so gut wie neu.

    Nero schaute sich in der Villa um. Herrlich geschmückt war dieses Haus und erinnerte ihn an die guten, alten Tage in Cappadocia. Ihr Gestüt war zu jenen Tagen nicht weniger geschmückt. Die ganze Familie fand zusammen, Freunde, Verwandte und jeder brachte jemanden mit den er kannte. Ein lebhafter, bunter Trubel, greifbare Stimmung und gute Laune. Leckereien gleich welcher Art und welcher Herkunft im Überfluss, die Köche übertrafen sich mit ihren Künsten. Hier war es nicht anders, nein hier war es sogar besser. Germania, ein Land so unterschiedlich und wandelbar wie seine Gewässer und sein Wetter. Nero hatte hier sein Glück gefunden, zwar war er schon lange hier, aber das Glück hatte erst später Einzug gehalten. Nun besser spät als nie.


    Er nahm sich etwas von den köstlichen Speisen, schlenderte weiter und nahm sich einen Met, ehe er zwei bekannte Gesichter sah. Sabaco und seinen Neffen Cimber. Cimber hier in Germanien. Wie hatte es der Bursche hierher geschafft? Sein Pferd musste Jahrzehnte von Cappadocia nach Germania geschlendert sein! Bei ihnen stand ein Mann, den Nero noch nicht kannte, der aber einen freundlichen Eindruck machte.


    Gut gelaunt gesellte sich Nero zu der Gruppe und tippe Sabaco auf die Schulter.


    "Schau einer an, wen die See nach Germania gespült hat. Salve Neffe, Sabaco und natürlich generell in die Runde", grüßte Nero und nahm einen kräftigen Schluck Met. Diese Unterhose zwickte ihn noch immer. Was tat man nicht alles für die Gesundheit.

    Seine Männer waren hinter ihm, Sabaco und Ansgar hielten sich wacker und wichen keinen Fuß zurück. Es lagen mehr Germanen auf dem Boden als Römer. Nichts anderes hatte Nero erwartet. Sie waren ausgebildete Soldaten, dass vergaßen die meisten, sobald sie der Classis gegenüber standen. Den Fehler beging meist nur einmal. Auch diese Germanen stellten es fest.


    Der Übermut war gewichen, so wie die Germanen nun den Rückzug antraten. Sabaco und Ansgar stellten sich einen neuen Gegner, wie Nero für den Bruchteil einer Sekunde feststellte. Die beiden konnten auf sich selbst aufpassen. Jede andere Einschätzung war ihrer nicht würdig. Es war Zeit die Sache zu Ende zu bringen.



    Gerade noch wollte Gerbod innerlich Frowin zu seinem Streich beglückwünschen, der den Römer zurückzucken ließ. Die Klinge seines Freundes fraß sich nur ein Stück weit in den Stoff von dem alten Kerl. Das Schwert des Römers jedoch schoss wie eine Giftschlange nach vorne und fraß sich in das Fleisch von Frowin. Es versank in seiner Drosselgrube und ließ ihn augenblicklich verstummen. Mit Händen die ihm kaum noch richtig gehorchten griff Frowin nach der Waffe des Feindes, seine eigene war ihm entglitten. Da rutschte er schon von der Klinge des Römers, in den nasskalten Schlamm.


    Der Römer schien Frowin bereits vergessen zu haben, während er noch von der Klinge rutschte und zu Boden stürzte. Gerbod umfasste seine Waffe fester. Um ihn herum lagen seine Freunde im Dreck, Schnee fiel in offene, gebrochene Augen. Bedeckte mit einem sanften Schleier im Schmerz erstarrte Gesichter und vermischte sich mit dem Blut, dass den feuchten Boden tränkte.


    Sie waren es gewöhnt zu siegen, sie kannten es gefürchtet zu werden. Wohin hatte Herald sie nur geführt?

    In den Abgrund!


    Ein scharfer reißender Schmerz in der Mitte seiner Eingeweide. Gerbod schaute an sich herab, in dem Moment wurde das Schwert nach oben gerissen und er fiel.

    Er stürzte in die Schwärze und das Nichts.



    Nero schnitt dem Gefallenen die Kehle durch und begab sich danach sofort an Bord der Keto. Sein Blick huschte über ihre Männer und über das Schiff. Neptun war mit ihnen gewesen. Selbst ein Wintergewitter, konnte ein Geschenk sein. Man musste es nur zu deuten wissen.

    .... Gerbod schaute irritiert. Der Germane hätte vor dem Gegner Angst verspürt. Aber die Wut war ein allüberdeckendes Gefühl. Er durfte keine Angst vo

    diesem Römer haben, sie spielten sich in ihrem Land als Richter und Vollstrecker auf. Nun war es Frowin, der diesem dreckigen Römer Paroli bot. Er war
    gut, mehr noch er war ausgezeichnet. Der tote Blick Blick des Römers hatte sich gewandelt. Scheinbar war er es nicht gewöhnt, dass ihm jemand dermaßen gekonnt
    die Stirn bot.


    Der Feind den sie bekämpfte war wirklich ein Tier, eine Monstrum, eine Bestie.Und so kämpfte er auch. Aber gleichgültig dessen, zu was er im Stande war, Frowin war ein ebenso gnadenloser Kämpfer und er war nur halb so alt wie dieser Opa. Er kämpfte verbissen, mit dem Mut und der Wut eines Wolfes, der um die Jungen seines Rudels kämpft. In Frowins Augen loderte abgrundtiefer Hass.


    In den Augen des Römers stand etwas völlig anderes, etwas wofür Gerbod keinen Namen hatte, ein namenloses Grauen...



    An Manches kann man sich nicht erinnern. Manches kann man nicht vergessen.... das was Nero nicht vergessen konnte, war das was ihn antrieb. Frowin war gut und er war jung. Aber das was Nero nicht mehr an Jugend besaß, machte er mit Erfahrung wett und er trat an genau dass zu beweisen....

    Strömender Schneeregen rann in Sturzbächen an seiner Tunika genau wie an seiner Glatze herab. Regungslos verharrte er auf seinem Posten und verschmolz geradezu mit der Dunkelheit. Er nahm sich ein paar Sekunden Zeit, um den Platz einzuschätzen, der ihnen für ihren Kampf zur Verfügung stand, bevor er sich wieder umdrehte, um seine Feinde zu mustern. Sie verharrten, Nero ebenso. Allerdings nur körperlich, denn geistig ließ der Gubernator sein ureigenes Untier von der Kette.


    Er ergab sich bewusst diesem Zustand hin. Es war hätte er in seinem Schädel das Tor zu einem Irrenhaus aufgestoßen. Zusammenhanglose Schreie, einzelne Rufe, gekreischte Flehen, gestammelte Bitten aus zerstörten Kehlen seiner einzelnen Opfer brandeten in seinen Verstand und gaben dem Untier das benötigte Futter für den bevorstehenden Kampf.


    Das berauschende Gift der Wahrnehmung des Untiers übernahm die Kontrolle über seinen Verstand. Das Untier war geschmeidig, kraftvoll aber vor allem war es eines... es war schnell. Und es griff an....

    Nero zog seine Klinge und bezog ebenfalls Stellung, er war nicht zur Dekoration hier. Er stand seinen Männern bei. Die Formation war gut, jetzt hieß es abwarten. Lange würden sie nicht warten müssen. Da ertönte bereits der erste Warnruf von Ansgar. Dem Ruf des Kameraden folgte ein Pfeilhagel, der von einem Spitzbolzen unterstrichen wurde. Nero behielt die Gegend im Auge, sollte jemand durchbrechen, er passend in Empfang genommen.


    Erneut zuckte ein Blitz über den Himmel und der nachfolgende Donner ließ es ohrenbetäubend krachen. Für den Bruchteil einer Sekunde sah Nero die Feinde, ehe die Dunkelheit sie wieder verschluckte. Rhenus würde heute gut speisen, soviel stand fest. Sein Blick suchte für Sekunden den von Saba. Ein winziges Kopfschütteln, war die Botschaft die Nero seinem Sub übermittelte. Sie hatten das Schiff angegriffen. Keine Gefangenen.

    Als Sabaco auf die Beine kam, tat es ihm Nero sofort gleich. Die Augen von Saba waren besser als seine, wie es schien. Sofort wurde die Mannschaft eingeteilt und eine passende Formation gebildet. Sie würden die Feinde empfangen, wie es sich gebührte. Trotz Schnee, Gewitter und eisiger Kälte würde dies die Feuerprobe für die Mannschaft und ihren Sub werden. Nero überwachte die Aufstellung und pflichtete Sabaco gedanklich bei.


    er immer dort lauerte, musste sich in den Schein der Feuer begeben, um an sie heran zu kommen. Jetzt hieß es abwarten mit geschärften Sinnen. Ein letzter rückversichernder Blick über die Mannschaft, dann konzentrierte sich Nero auf die drohenden Schatten.

    Eine seltsame, schwere Anspannung hing in der Luft und diese hatte nichts mit dem Gewitter zu tun. Die Augen des Gubernators verengten sich zu schmalen Schlitzen, als er versuchte etwas in der Dunkelheit auszumachen. Das Gewitter verwandelte den Himmel für Sekunden in lichten Tag, ehe es krachend wieder Nacht wurde. Entweder war Bewegung zwischen den Bäumen, oder seine Sinne spielten ihm einen Streich. Nero schloss für einen Moment die Augen und versuchte auf die Umgebung zu lauschen. Sie waren auf dem Land, nicht auf der See und das Land hatte einen Vorteil, es schwieg wenn Jäger und Beute einander die Stirn boten.


    Doch das Gewitter machte es schwer, etwas auszumachen, das Schweigen dass möglicherweise hinter dem göttlichen Getöse steckte konnte dem Wetter-Wirken geschuldet sein. Nero drehte sich so, dass er langsam auf die Beine kam, aber in Hocke blieb. Wie ein lauerndes Tier hockte er dort in seiner triefnassen Kleidung und versuchte etwas in der Dunkelheit auszumachen. Das Feuer das ihnen sonst Wärme und Sicherheit spendete, war gerade alles andere als geeignet die Situation aufzuklären.


    "Saba", flüsterte Nero und nickte kaum merklich Richtung der tanzenden Schatten.