Beiträge von Lucius Aelius Quarto

    “Du nimmst meine nächste Frage vorweg. Mmh…“
    Er las den Passus III nach.
    “Ahja, ich verstehe. Gut, dann habe vielen Dank. Vale.“


    Er machte seinen Liktoren wieder ein Zeichen und es ging weiter.
    Leise murmelte er kichernd in seinen Bart: “Calpurnius…Calpurnisu Piso... tztztz.“

    Quarto kramte in seinem langsam löchriger werdenden Gedächtnis.
    “Ah ja, ich erinnere mich dunkel an dein einen oder anderen Calpurnius Piso als Consul und hatte Iulius Caesar nicht einen Mit-Consul namens Calpurnius Bibulus?“
    Irgendwie schien sich sein Gegenüber lustig über ihn zu machen, fand Quarto.
    “Unter den Flaviern also das Bürgerrecht verloren… das kenne ich nur zu gut. Es ist tröstlich einem Schicksalsgenossen zu begegnen.“


    Dann entsann er sich des eigentlichen Grundes, weshalb er den Anderen angesprochen hatte.
    “Ja, ich habe noch Fragen.“
    Er fuchtelte mit dem als 'Regulatorium' bezeichneten Dokument herum und zeigte schließlich auf eine bestimmte Passage.
    “Wie ist das mit 'Socius Minor kann jeder römische Bürger werden der eine Abkunft von einem Geschlecht mit historischer Tradition nachweisen kann…' zu verstehen? Was ist mit 'historischer Tradition' gemeint?“

    “Du musst entschuldigen, doch ich war lange Jahre fort von Rom und mag manches nicht erfahren haben. Womit hat sich die Gens Calpurnia solchen Ruhm erworben, wie du sagst und wie kommt es, dass du nun augenscheinlich als Peregrinus vor mir stehst?“

    Aufmerksam las Quarto das ihm gereichte Dokument und blickte zwischendurch nur kurz auf, um zu fragen: “Wie ist dein Name?“


    Als er mit lesen fertig war, ging er zu den Anschlägen und las die Namen derer, die da aufgeführt waren.
    “Iulius…, Octavius…, Pompeius…“, brummte er um dann zu bemerken: “Da fehlen ja nur noch die Licinier, was?“

    Wie fast jeden Tag, kam der Consul auf seinem Weg zur Curia Iulia in Begleitung seiner Liktoren über das Forum Romanum, als er eines Mannes gewahr wurde, der allem Anschein nach gleich mehrere Bekanntmachungen anschlug. Der Consul machte seinen Liktoren ein Zeichen zu warten und sprach ihn an.
    “Guter Mann, was tust du da?“

    Tatsächlich meinte Quarto zu wissen, was zu tun war, auch wenn er schon seit einiger Zeit etwas aus der Übung war. Denn, puritanisch wie er sich gemeinhin gab, mied er Freudenhäuser ebenso wie willige Sklavenmädchen.
    So zog er rasch, wenn auch ein wenig ungeschickt, seine Tunika über den Kopf und schmiegte sich an sie. Er senkte sein Gesicht in ihre Halsbeuge und atmete genießerisch ihren Geruch ein. Sie duftete nach süßen Ölen, die er nicht hätte benennen können, und sie roch, wie nur eine Frau riechen konnte; Sinnlich, weiblich und begehrenswerter, als er es bisher bei ihr je wahrgenommen hatte.
    Da vermochten ihn auch ihre Worte vom ‚Befruchten’ nicht weiter zu irritieren, auch wenn er ganz kurz an die Pferdezucht eines befreundeten Senators denken musste.
    “Adria!“, murmelte er erneut und wenig originell. Dann legte er seine Hände um ihre Hüften, drehte sich auf den Rücken und zog sie auf sich.
    “Oh Herrin, Hüterin des olympischen Hortes, öffne die Pforten zur Glückseligkeit und lass ein, den stolzen Recken, auf das er seinen Speer in die fruchtbare Aue pflanze.“, flüsterte er atemlos, denn er war – das muss mal gesagt sein – in wirklich jeder Situation ein eifriger Schwätzer. Doch wo er einst diesen höchst trivialen Vers aufgeschnappt hatte, dass hätte er wohl auch nicht sagen können, wenn er mit etwas anderem beschäftigt gewesen wäre, als damit, besagte Pforte zu finden.

    Er war, wie gesagt, folgsam und Rom hätte schon in Flammen stehen müssen, um ihn abzuhalten ihr zu folgen. Das war nach Nero zum Glück schon länger nicht mehr der Fall gewesen.
    So ließ er sich neben ihr nieder, blickte ihr tief in die Augen, strich ihr eine Strähne aus der Stirn und ließ, wo er schon einmal dabei war, seine Finger langsam weiter ihren Hals hinab gleiten.

    Überrascht, doch folgsam, legte Quarto seinen Griffel auf das Schreibpult. Er drehte seinen Kopf zur Seite und küsste ihre Handfläche, die eben noch in seinem Nacken gelegen hatte.
    “Adria!“, sagte er leicht verunsichert, aber doch sichtlich nicht abgeschreckt.
    Er schielte zu seinem Schreibgerät. “Ich werde meinen Griffel heute nicht mehr brauchen?“




    Zwischen dem Forum Boarium und dem Circus Maximus erhebt sich in altem Glanze das Gebäude
    der Factio Veneta. Fest und solide gebaut sieht man ihm dennoch die vielen Jahre an, in denen
    es schon die ausschweifenden Feierlichkeiten seiner elitären Gönner beherbergt, oder sollte man
    eher sagen, vor gar zu neugierigen Blicken verbirgt?


    Denn der Zutritt zum Factio-Gebäude ist ausschließlich den Mitgliedern gestattet, oder bestenfalls
    noch Gästen, die in ihrer Begleitung erscheinen. Am Empfang werden sie von einem vornehm
    gekleideten, immer leicht herablassend wirkenden Freigelassenen empfangen, welcher sich
    auch um die Unterbringung von Sänften und eventuell mitgebrachten Sklaven kümmert.
    Der weitere Weg führt das Mitglied meist in die elegant eingerichteten Räume, welche zu
    angeregten Gesprächen in intimer Umgebung einladen. Das Herz der Factio schlägt jedoch im
    großen Versammlungssaal, in dem regelmäßig der Vorstand tagt und im dem die Vollversammlungen
    der Factio abgehalten werden.