Beiträge von Lucius Aelius Quarto

    Quarto hatte inzwischen auf einer steinernen Bank platz genommen.
    “Ah, Antonius Tacitus. Sehr gut. Setz dich doch zu mir.“
    Er wies auf den freien Platz neben sich.
    “Ist es nicht erstaunlich? Diese Lilien dort blühen nun schon seit Iunius und scheinen den ganzen Sommer überleben zu wollen.“
    Versonnen schaute er noch einen Moment lang in die Blütenpracht, riss sich dann aber los.
    “Entschuldige, dass war nicht, weswegen ich mit dir sprechen wollte. Es geht vielmehr darum, dass ich in Kürze für einige Zeit nach Germanien verreisen muss. Meinen Leibsklaven Nakhti werde ich mitnehmen. Aelius Tubero wird noch hier sein, aber er ist ja selten zuhause. Das Haus wäre demnach in dieser Zeit in deiner alleinigen Obhut. Ich möchte dich auch darum bitten, mögliche Besucher bis zu meiner Rückkehr zu vertrösten.“

    “Das fällt dir aber schnell ein.


    Doch eigentlich weiß ich noch immer nicht, wovon du eigentlich redest.


    Ich habe bei keiner der Wahlen etwas Negatives über dich als Person öffentlich gesagt. Ich habe weder deinen Charakter hinterfragt, noch deine bisherigen Leistungen. Das einzige war, dass ich Didius Falcos Aussage öffentlich bestätigt habe, dass du deine Aufnahme in die Provinzcurie durch deine Arbeit hier gerechtfertigt hast. Das war gut und ehrlich gemeint. Deine Arbeit hier war besser als ich erwartet hätte. Aber du hast hier nun wahrlich auch nicht die Welt aus den Angeln gehoben und uns anderen mit der Großartigkeit deiner ‚Fähigkeiten’, wie du es nennst, vollkommen den Atem genommen.
    Du hast dich hier rege und überwiegend sachlich beteiligt, wie man es von einem Mitglied eines solchen Gremiums erwarten kann. Nicht weniger, aber auch nicht mehr!


    Was ich bei keiner der Wahlen gesagt habe war, dass du eine erbärmliche Quaestorin warst, die nichts, aber auch gar nichts Konstruktives oder Verwertbares hinterlassen hat. Das deine Vorschläge für die Standeserhebungen absurd und von reiner Boshaftigkeit geprägt waren, dass du keinen Strich an der Chronicusa Romana getan hast und das ich deine Arbeit komplett mit erledigen musste.


    Was ich bei der ersten Wahl getan habe wurde ja nun schon mehrfach öffentlich diskutiert. Aber ich sage es dir gerne nochmals: Ich habe von dem Recht eines jeden Bürgers gesprochen, auch keine Stimme abzugeben, wenn ihm keiner der Kandidaten zusagt. ICH habe das Wort Wahlboykott nicht geprägt und ich habe niemals dazu aufgefordert, eine bestimmte Wahl zu treffen oder gesagt, man solle doch bitte schön nicht zur Wahl gehen.


    Bei der jetzigen Nachwahl habe ich sogar ganz im Gegenteil dazu aufgefordert, bitte wählen zu gehen und es auch, falls dich das überhaupt interessiert, selbst getan. Das die Wahl erneut ungültig war, lag nicht an mir und ich bin sehr enttäuscht, dass es zu keinem klaren Ergebnis kam.


    Und du behauptest, ich habe dich ‚aufs Übelste bekämpft’?


    Aber das alles spielt ohnehin nicht wirklich eine Rolle, denn du hast dich aus freien Stücken auf die Rostra begeben. Bin ich schuld, dass dir der Wind dort zu kühl ist?
    Erstaunt es dich, dass die Bedeutung des Wortes ‚Wahlkampf’ auch im KAMPF liegt?
    Hat das irgendwas mit der Arbeit in dieser Curia zu tun? Nein, rein gar nichts!


    Aber bitte. Wenn du mich als Vorwand dafür brauchst, dich hier vor weiterer Arbeit zu drücken, dann stehe ich natürlich gerne zu Diensten. Nur zu, scher dich fort, ich bin es gewohnt von dir beschimpft zu werden und hinter dir aufzufegen.“

    “Für den Caesar trifft nicht nur zu, dass er Patrizier ist, er ist zudem auch ein Mitglied der kaiserlichen Familie. Die Tradition, auf die ich mich berufe, bezieht sich auf Tiberius Claudius Drusus Germanicus, den späteren Kaiser Claudius, der unter Kaiser Tiberius auch zeitweise Volkstribun war.“

    “Es ist eine Ausnahmesituation eingetreten. Ein Zustand, der in dieser Form aus meiner Erinnerung noch nicht da gewesen ist.
    Ich lehne zwar die Schlussfolgerung des Senators Decimus Lucidus ab, dass der Senat als Ganzes Schuld auf sich geladen hat oder den Zorn des Imperators verdient hätte, aber ich räume ein, dass in dieser Situation eine außergewöhnliche Maßnahme zu rechtfertigen ist und das es dem Senat gut anstehen würde, aktiv zu werden.


    Darum wiederhole ich einen Vorschlag, den ich bereits vor einiger Zeit auf der Rostra gemacht habe:
    Wir könnten dem Imperator vorschlagen, einmalig, nur aufgrund der besonderen Umstände gerechtfertigt, dass Prinzip zu durchbrechen, dass ein Magistrat vom Volk gewählt wird. Wir könnten ihm den Vorschlag unterbreiten, jemanden für den Rest der bereits angebrochenen Legislaturperiode zum Volkstribun zu ernennen.
    Es sollte eine Person sein, für die das Amt keinerlei Aufstiegszweck erfüllen kann. Jemand von hoher Akzeptanz in allen Schichten der Gesellschaft und jemand, dem der Imperator sehr vertraut. Jemand, dessen Ernennung im Einklang zu unseren Traditionen steht.


    Ich plädiere deshalb dafür, dass wir dem Imperator vorschlagen, seinen angenommenen Sohn, den Caesar Gaius Ulpius Aelianus Valerianus für diese Amtszeit zum Volkstribun zu ernennen.“

    “Oh, verzeih mir, Adria Germanica. Dein Hinweis war natürlich richtig und es lassen sich noch andere, unliebsame Szenarien vorstellen. Zum Beispiel, dass ein Kandidat bis kurz vor Meldeschluss abwartet und sich nur deshalb für ein ganz bestimmtes Amt aufstellt, weil er dort keinen Gegenkandidaten und damit keine Wahl zu befürchten hat, die er eventuell verlieren könnte.“

    “Ich bin ja neu hier, darum möge man mir meine Frage als die eines Unwissenden verzeihen: Ist es üblich das höhere Magistrate innerhalb des Senats ständig Zettelchen durch ihre Liktoren verteilen lassen?“

    “Für mich besteht überhaupt ein großer Unterschied zwischen der Mitgliedschaft in einer Provinzcurie und einem Magistratsamt.


    Die genannte Regelung im Lex Provincialis wurde damals durch die Provinzcurie Italias initiiert und ich habe es dort mit angestoßen. Ich halte sie in diesem Kontext auch für richtig.
    Aber für die Ämter des Cursus Honorum sollten meines Erachtens andere, nämlich höhere Maßstäbe gelten.“

    “Diese Neuformulierung soll also darauf abzielen, dass künftig im Umland von Rom sowohl der Statthalter, als auch die Cohortes Urbanae polizeiliche Gewalt haben. Also eine Überschneidung ihrer Kompetenzen, verstehe ich das richtig?“