Beiträge von Lucius Aelius Quarto

    “Jetzt kaum noch. Du könntest natürlich auf das Forum gehen und eine flammende Rede an die Müßiggänger halten, die dort gerne die Mittagsstunden verbringen. Dein Name würde bekannter werden, aber ob es die Senatoren gutheißen? Schließlich willst du Vigintivir werden und nicht bereits Volkstribun.“

    “Salve Lucius Eprius... ähm... Seleucus? Sei mir willkommen.“, sagte Aelius Quarto routiniert, bei dem ihm bisher unbekannten Namen kurz stockend, aber durchaus freundlich.
    “Bitte, nimm doch platz. Darf ich dir etwas bringen lassen? Wein? Eine Kleinigkeit zu Essen?“

    Quarto wurde wohl bewusst, dass er diesen Mann nicht so einfach abwimmeln konnte. Auch wollte er den Auctor der Acta, immerhin ein geachteter Senator, nicht enttäuschen, oder gar für die nächste Zeit eine Schlechte Presse riskieren.
    Also ergab er sich in sein Schicksal und machte eine etwas müde Geste, mit der er bedeutete, Columnus möge es sich bequem machen.


    Zu seinem Sklaven gewandt sagte er: “Bring meinem Gast einen Becher Wasser.“

    “Salve Caius Columnus!“, begrüßte Quarto den Mann mit einer Mischung aus Überraschung, Irritation, Belustigung und Skepsis.


    “Du kommst also im Auftrag von Marcus Aurelius Corvinus? Als Schreiber der Acta Diurna, ja?“


    Das war es also! Vielleicht kam ihm der Name Columnus deshalb geläufig vor.
    Er runzelte die Stirn.


    “Du willst mit mir reden und alles was ich sage schreibst du dann auf, so dass ich es in der nächsten Ausgabe der Acta wiederfinden kann?“


    Noch mehr Stirnrunzeln.

    Aelius Quarto wunderte sich über seinen Sklaven. So aufgeregt? Dieser Besucher musste ja wirklich außerordentlich sein, oder aber, so gut kannte er seinen langjährigen Leibsklaven inzwischen dann doch, vielleicht auch nur ganz ausgesprochen verstörend. Der groß gewachsene Aegypter war ein schlichtes Gemüt und leicht zu verwirren.


    “Columnus? Mmh... sollte ich ihn kennen?“
    Der Name kam ihm wohl bekannt vor, aber er konnte sich an kein dazu passendes Gesicht erinnern.


    “Nein, wohl nicht.“, entschied Quarto deshalb.
    “Aber wenn es so wichtig ist, wie er sagt, dann sollte ich ihn wohl anhören. Er soll zu mir kommen. Lass ihn herein!“


    Der Senator erhob sich, um den Gast zu begrüßen.

    Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso
    Er musste all seine Beherrschung aufbringen, um dem festen Blick nicht auszuweichen. Er schluckte, als der Senator ihm aufforderte, zu sagen, was die anderen Familienmitglieder von ihm dachten. Er ließ hastig die Augäpfel herumschweifen, als suche er nach einem Souffleur, der ihm die Lösung zu der verzwickten Aufgabe, eine Antwort zu suchen, helfen könnte. Doch da war niemand. Nur ein paar müde Notarii, die nichts von der Konversation zwischen Piso und Quarto mitbekamen.
    „Also... Gracchus hat mir gegenüber einmal impliziert, dass er es bedauert, wie unsere Gentes zueinander stehen. Als Feind sehen will er dich garantiert nicht, das hat er mir selbst gesagt. Über Aristides‘ Meinung weiß ich nichts Bestimmtes... aber er ist kein Typus von Mann, der Groll hegt. Er ist eine sehr amikable Persönlichkeit, und vor allem, friedvoll. Und dann noch Furianus... ich habe mich einmal mit ihm unterhalten, und es gibt so eine Persönlichkeit... wenn er zwischen dir und jenem anderen Mann entscheiden müsste, fiele seine Wahl auf dich, ohne Zweifel.“, vertraute er Quarto an. Vielleicht machte er damit den Fehler des Jahrhunderts. Vielleicht schuf er damit eine winzige Basis, auf der man aufbauen konnte.
    Es fiel ihm auf, dass es einen Flavier gab, über den Quarto nicht fragte. Piso wusste wenig über Felix, und es war wohl diese Tatsache, die ihm Vertrauen gab, dass man eine Brücke zwischen den Flaviern und den Aeliern schlagen könnte.


    “Ich glaube zu wissen von wem du sprichst, auch wenn du den Namen nicht nennst. Zwar hoffe ich, dass sich dein Verwandter niemals wird entscheiden müssen, zwischen dieser Person und mir, unter welchen Umständen auch immer. Aber deine Zusicherung höre ich gerne und werde mir deine Worte merken.“


    Quarto strich sich nachdenklich über den Bart.


    “Also gut. Ich bin zur Aussöhnung bereit. Die Zeiten erfordern es und die Dinge, die geschehen sind, liegen lange zurück und sollen die Jüngeren nicht mehr gegeneinander einnehmen. Wenn die Deinen zu einer Annäherung bereit sind, dann werde ich mich dem nicht verweigern.“

    “Potitus Vescularius Salinator mag zurzeit viele Gemüter bewegen und kann als Stellvertreter des Kaisers hier in Rom allerlei tun. Aber allmächtig ist er nicht.
    Ich bin sehr froh, dass dein Mann nun Praefectus Praetorio ist. Er kennt die Garde gut und die Männer werden ihm zweifellos willig folgen. Und an seiner Treue besteht kein Zweifel. Ach, was rede ich – schon das zu erwähnen ist zu viel gesagt und erweckt den Eindruck, als müsse das noch gesagt werden. Doch in Wahrheit muss es nicht.
    Die Praetorianer unter seiner Führung lassen mich wieder ruhiger schlafen. Wenn schon sonst nichts und niemand, dann wird er dafür sorgen, dass Salinator auf keine falschen Ideen verfällt und sich mehr Kompetenzen aneignet, als ihm zustehen.“


    Tatsächlich hatte aber auch Quarto sich gewundert, dass der Praefectus Urbi keinen vehementen Versuch unternommen hatte, Balbus als neuen Prätorianerpräfekten zu verhindern. Er konnte nur hoffen, dass Salinator nicht schon eigene Männer bei den Staabsoffizieren der Garde installiert oder für sich gewonnen hatte, die Balbus das Leben schwer machen konnten.


    Aber diese Bedenken sprach er nicht aus. Vielleicht war er nur ein skeptischer, alter Mann und er wollte Vespa nicht unnötig beunruhigen.


    “Mach' dir keine Gedanken, meine liebe Nichte. Dein Mann ist wacker und weiß was er tut. Er ist der richtige Mann auf diesem Platz.
    Sei nur selbst vorsichtig, mit wem du sprichst und was du sagst. Als Ehefrau des Gardepräfekten wird man deinen Worten Beachtung schenken und allzu aufmerksame und fantasievolle Zuhörer lauern in Rom an jeder Straßenecke.“

    “Zu einem Menschen kennt man wohl niemals alle Fakten.“, wandte Aelius Quarto ein.
    “So steht unser Urteil über einen Mann immer auf unsicherem Grund, ob es nun positiv ausfällt, oder negativ.“
    Er lächelte väterlich.
    “Aus dir spricht der Idealismus der Jugend. Das ist gut. Es wäre schlimm, wenn schon die Jungen reden und denken würden wie wir Alten.“

    “Ein Sohn der zum Manne wird überwirft sich oft mit dem Vater. Viele von uns kennen das zweifellos und man könnte meinen, es gehört fast zum erwachsen werden dazu. Gewöhnlich kommen Vater und Sohn nach einiger Zeit wieder zusammen. Leider haben die Götter deinen Vater vorher zu sich gerufen, bevor ihr euch aussöhnen konntet. Das ist bedauerlich.
    Aber ist es nicht so, Lucius Iulius Centho, dass du aufgrund dieses Zerwürfnisses mit deinem Vater auf dich alleine gestellt warst und das du dir fast alles, was du heute vorweisen kannst, selbst erarbeitet hast, mit Fleiß und Tatkraft, und mit einem offenen Ohr für die Sorgen und Nöte deiner Mitbürger?“

    “Wenn du erlaubst, Praetor urbanus.“, meldete sich dann auch tatsächlich Aelius Quarto zu Wort. “Ich habe eine Frage.“


    “Advocatus, verstehe ich dich richtig? Dein Mandant hat also aufgrund seiner Herkunft ein ganz besonders ausgeprägtes Ehrgefühl und damit verbunden, sehr hohe Ansprüche an sich und seine Mit-Senatoren, was ihn in die Lage versetzt, besser als das Gesetz und der Imperator Caesar Augustus in seiner Eigenschaft als Censor zu beurteilen, ob ein Mann würdig ist, dem Senat anzugehören?“