Beiträge von Lucius Aelius Quarto

    Es hob nicht gerade Quartos Stimmung, als Livianus begann, die Todesfälle unter seinen Verwandten aufzuzählen.


    “Ja, es ist schlimm...“, brummte er, “Ein alter Mann wie ich sollte nicht erleben müssen, dass so viele Jüngere vor ihm gehen. Caius Aelius Archias war nur ein entfernter Vetter. Doch er lebte in meinem Haus und war mir ans Herz gewachsen. Das er sich selbst den Göttern überantwortete... ach... man kann es nur seinem überreich gesegneten aber auch zu dunklen Gedanken neigenden Geist zuschreiben...“
    Er nahm noch einen Schluck.
    “Marcus Vinicius Lucianus, der Ehemann meiner Base Aelia Paulina: vom Thronräuber hingerichtet. Mein Adoptivsohn Lucius Aelius Claudianus Marcellus, was hätte er noch alles erreichen können, ist ebenso sinnlos von mir gegangen wie seine liebliche Tochter, meine angenommene Enkelin Aelia Claudiana Dolabella. Meine Brüder: beide ermordet... Der jüngere, unser Imperator, mit Gift, seine Ehefrau, meine Schwägerin, ebenso wie mein Neffe, auf den ich so viele Hoffnungen gesetzt hatte... ach, Maioranus...“
    Ein weiterer Schluck Wein folgte.
    “Und wie du es sagst, auch der Ehemann meiner Nichte Vespa ist gestorben, Tiberius Prudentius Balbus, der Sohn meines alten Freundes und Klienten Gaius Prudentius Commodus, der auch schon nicht mehr lebt. Vespa, sie allein ist mir geblieben, sie und mein Sohn natürlich, Gaius. Sie sind mein Trost und die Gefäße meiner Hoffnung, sie und natürlich Vespas Sohn Gaius Prudentius, für den gut zu sorgen mir die Götter aufgetragen haben... die Götter, denen es gefallen hat, mir so viel Kummer zu bereiten...“
    Er seufzte vernehmlich.


    “Es ist wahrlich genug Tod um mich gewesen. Möge es mir gestattet sein, keinen anderen mehr ertragen zu müssen, als meinen eigenen.“

    “Mmh... ja, ja, wir müssen uns wohl einen klugen Sklaven kaufen. Leider habe ich zu viele dumme.“
    Er sah unverhohlen Nakhti an.


    “Einen klugen und gelehrten Griechen... ja, natürlich, denn Griechisch so gut zu sprechen, wie Latein, dass zu lernen, damit kann man nicht früh genug anfangen und dafür, natürlich, ist ein Grieche am besten. Es muss keiner aus Achaia sein. Die sind knapp geworden und inzwischen überschätzt. Ein alexandrinischer Grieche wäre auch recht, oder einer aus Asia.“


    Einen kleinen Augenblick dachte er weiter.
    “Später, wenn er ein junger Mann geworden ist, dann brauchen wir einen Senator, der ihn als Tiro fori nimmt. Ich kann es nicht mehr, ich bin schon jetzt zu alt und froh, wenn ich ich Gaius noch genug beibringen kann, bevor er sich zum ersten mal auf die Rostra begibt.“


    Noch einmal geriet er ins Stocken.
    “Wie alt ist der Junge denn jetzt überhaupt?“
    Im ging auf, dass er sich seinen Großneffen schon langen nicht mehr genauer angesehen hatte.

    “Ach, wenn Lysias nur... aber, nein, was rede ich... er ist lange tot und wäre er es nicht, wie alt wäre er dann? Bald neunzig Jahre, denke ich.“
    Kurz gedachte der inzwischen auch schon sehr alte Quarto seines noch älteren Lehrers, den er schon vor vielen Jahren nahe des Grabmals der Aelier beerdigt hatte.


    “Ist es denn schon so weit, dass der Junge Unterricht benötigt? Aber, gewiss, es kommt der Tag, da die Kindheit nicht nur aus sorglosem Spielen besteht. Und er ist ein Prudentius. Damit tritt er ein großes Erbe an und es geht ihm nicht anders als meinem Sohn Gaius, denn es gibt nicht mehr viele seines Namens.“

    Aelius Quarto erhob sich etwas mühsam von seinem Platz. Das Alter machte dem greisen Consular sichtlich zu schaffen. Er maß den Kandidaten mit prüfendem Blick und fuhr sich in gespielter Nachdenklichkeit über den Bart.


    “Lucius Tiberius... ähm... Lepidus. Ich habe dir gut zugehört und muss sagen... also... deine Bescheidenheit und deine Frömmigkeit haben mich sehr beeindruck. Ich rechne es einem Mann hoch an, wenn er sich um den Frieden mit den Göttern bemüht. Oh ja, den Frieden und die Eintracht... ähm...“


    Ein kurzer Seitenblick unterbrach seine Rede. Er galt Aurelius Lupus.


    “Und ich bin mir sicher, dass du viel von deinem Patron gelernt hast. Obwohl, ich muss gestehen...“, kurz geriet Quarto ins Stocken. War das Absicht oder hatte er den Faden verloren? Dann: “Nein, ich kann mich an keine politischen Großtaten des Haruspex Primus erinnern. Womit hat er ein gutes Beispiel abgegeben, von dem man lernen konnte, als Senator und seit er nach Rom zurückgekehrt ist? Ich weiß es nicht. Und davor? Nun, wann wurde unserer junger Kollege ein Mitglied des hohen Hauses? War es nicht erst kurz nach dem Tod meines Bruders, des Imperators Caesar Augustus Gaius Ulpius Aelianus Valerianus? Da kam dann bald der Bürgerkrieg und es galt Schlachten zu schlagen, ich sehe das ein.“


    Nach diesen Worten, die man vielleicht eher als Angriff auf den Aurelier werten konnte, widmete sich der Consular wieder ganz dem Kandidaten.


    “Wie dem auch sei: du warst hier! Das, ähm, sagtest du doch, ja? War es nicht schwer, einerseits den Frieden der Götter zu erbitten und andererseits zu sehen, dass sie sich zweifellos von Rom abgewandt hatten? Waren wir nicht von ihnen verlassen? Waren wir nicht alle verflucht? Und musstest du nicht fürchten, dass es nur dem Unrecht dient, wenn du deinen Dienst gut verrichtest, hier, in Rom? Es waren schwierige Zeiten, komplizierte, nicht wahr? Schwer für uns alle, ob wir nun gingen oder blieben.“

    Aelius Quarto erhob sich und verlangte damit das Wort.


    “Senatoren Roms, hohes Haus, wir alle wissen, worüber mein Klient Marcus Decimus Livianus soeben gesprochen hat. Unruhige, schlimme Zeiten liegen hinter uns. Wie ich hörte, war es hier recht leer geworden. Mit eigenen Augen habe ich es nicht gesehen, denn wie viele andere war ich gezwungen, die Stadt für einige Zeit zu verlassen. Meine Heimat, verlassen, ich, ein Mann der Rom drei mal als Consul gedient hat!“
    Die letzten Worte sprach er mit einem zornigen Tonfall.


    Dann wurde er wieder sanfter.
    “Nicht anders erging es Marcus Decimus. Doch nun ist er zurückgekehrt, wie ich und wie viele Andere. Er bietet sich uns an und kandidiert für das höchste und verantwortungsvollste Amt, dass wir zu vergeben haben. Und kennen wir ihn nicht gut? Bringt er nicht die umfassendste Erfahrung mit, die man von einem Kandidaten erwarten kann? Er hat drei verschiedenen Legionen in drei verschiedenen Provinzen befehligt, war Kommandeur der Cohortes Urbanae und hat den Cursus Honorum bis zum Praetor Urbanus beschritten. Kaum einer kann auf eine solche Karriere zurückblicken und einen so großen Erfahrungsschatz vorweisen.
    Darum sage ich: er ist der richtige Mann. Ich werde Marcus Decimus Livianus wählen und ich rufe euch auf, es mir gleich zu tun!“

    Aelius Quarto erhob sich mindestens ebenso mühevoll wie sein Vorredner.


    “Hohes Haus, ich habe diesen jungen Mann vor einiger Zeit kennen gelernt, nachdem ich zuvor schon manch Gutes über ihn gehört hatte. Ohne Abstriche kann ich sagen: er hat mich nicht enttäuscht und hat alles bestätigt, was mir über ihn berichtet wurde. So zweifle ich nicht daran, dass wir richtig handeln, wenn wir ihm unsere Stimmen geben. Ebenso wie mein hoch geehrter Kollege, der Consular Marcus Vinicius, unterstütze ich deshalb die Kandidatur von Marcus Iulius Dives!“


    “Ach, naja, tatsächlich ist es so, dass sich ein paar alte Freunde an mich erinnert haben... auch ein paar neue und dazu Männer, die sich etwas von meiner Bekanntschaft erhoffen.“


    Er machte eine Geste, dass sich seine Nichte doch bedienen möge.


    “Aber wie ist es dir ergangen? Du bist gut hierher gekommen, ja? Konntest du dich bereits ein wenig einleben?“



    Sim-Off:

    Imbiss per WiSim-Angebot

    Die Anordnung der Liegen wich ein wenig vom Idealtypischen ab, denn man hatte eine vierte hinzugefügt. Aber Quarto steuerte dennoch zielsicher auf einen Platz zu, nämlich den, der dem lucus consularis am nächsten kam.
    “Ich denke hier, ja?“


    Zu Paetus gewandt: “Komm' mein Sohn, hilf deinem alten Vater.“
    Dann ließ er sich, gehalten und gestützt, auf der cline nieder.


    “Ja, richtig“, nahm er das Gespräch wieder auf, “wir wohnen zurzeit bei den Germanii am Circus Flaminius. Sie sind sehr gütig zu uns und verlässliche Freunde in diesen Tagen.“

    Tatsächlich hatte das Husten und Röcheln des Sklaven, bei dem man fürchten musste, er müsse noch auf dem Weg nachhause elendig am Straßenrand verrecken, tatsächlich also hatte es dieser gespielte Anfall vollbracht, Quarto zu wecken.


    “Was... mmmh...?“, er blickte erschrocken auf. “Bei den Göttern, schaff' einer diesen Kerl da raus! In dem brodeln doch die schwärzesten Säfte!“


    Dann hörte er, worüber Duccius Vala gerade sprach.


    “Das ist richtig. Ehrbare Familien wie, nur als Beispiel – wir, haben schon immer Privatlehrer beschäftigt und die haben uns auch gute Dienste geleistet. Wer aber weder eine beachtenswerte Herkunft vorweisen kann, noch das nötige Geld für einen guten Lehrer hat, na, wozu sollte sich so einer denn Kenntnisse der Rhetorik aneignen, was könnte er mit Agatharchides' 'Asiatika' anfangen und wozu sich dann mit Xenophons 'Hellenika' herumschlagen? Sehr richtig: Bildung ist Privatsache und nicht für Jedermann nütze!“

    “Ach ja, Decimus Livianus, sieh an, sieh an...“


    Quarto schloss die Augen und erinnerte sich seines Klienten, den er schon sehr lange nicht mehr gesehen hatte.


    Die Pause dauerte etwas länger. Wieder einmal schien es fast, als wäre er über seinem Nachsinnen eingeschlafen. Aber dann, plötzlich: “Natürlich, ja, ja, wir sollten diese Einladung wahrnehmen, keine Frage! Du wirst mich begleiten, mein Sohn. Der Mann ist ein weiterer Senator, den du kennenlernen solltest.“


    Er drehte sich mühsam zu Nakhti um: “Laufe zum Haus der Decimer. Es ist auf dem Caelimontium. Sag' bescheid, dass ich die Einladung annehme und Gaius mitbringe. Wann...? Mmh... sagen wir übermorgen, zur cena, wenn das genehm ist.“

    Quarto saß auf einem stabilen und bequemen Stuhl. Er ließ sich gerade ein nicht allzu reichhaltiges prandium – ein Mittagsmahl – servieren.


    “Ah, Vespa, meine liebe Nichte!“, rief er aus. “Wirst du mir nachsehen, wenn ich sitzen bleibe und dich nicht im Stehen begrüße, wie es die Höflichkeit eigentlich gebietet? Meine alten Knochen...“
    Er machte eine theatralische Geste, die wohl bedeuten sollte, wie übel sein alter Körper ihm mitspielte.
    “Willst du mir vielleicht Gesellschaft leisten und etwas mit mir essen, mmh? Nur eine Kleinigkeit, ja?“

    “Na, was... ähm... was hast du denn da?“


    Quarto nahm das Schreiben, hielt es weit von sich gestreckt und versuchte mit zusammengekniffenen Augen zu entziffern, von wem es kam.
    Aber kaum begonnen, gab er das Unterfangen auch schon wieder auf: “Ach, diese gekünstelte Schrift und meine schlechten Augen... Gaius, lies du es mir vor, ja?“


    Damit reichte er es an seinen Sohn weiter.

    DAS gehörte nun nicht zu den Dingen, die sie vorher besprochen hatten. Aber natürlich fühlte sich Quarto sichtlich geschmeichelt, als er Sedulus' Vorschlag vernahm. Denn er war nicht ganz frei von Eitelkeit.
    Dem zum Trotz faltete er bescheiden die Hände und sah in gespielter Verlegenheit zu Boden.
    “Das ist eine große Ehre und wäre doch gar nicht nötig gewesen.“, murmelte er.










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    “Ich stelle fest: dem ist nicht so! Also haben wir einen neuen Princeps und einen Mann, der ihn als Vicarius Principis vertreten wird.
    Ich gratuliere Quintus Germanicus Sedulus und Marcus Iulius Dives!“


    Quarto lächelte und präsentierte die beiden noch einmal mit ausladender Geste.


    Noch immer lächelnd: “Dann darf ich dir, mein Freund Quintus Germanicus, hiermit die weitere Versammlungsleitung übertragen.“


    Er tat einen Schritt zurück und überließ Sedulus das Feld.








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    SODALIS - FACTIO VENETA

    Quarto nickte Paetus nach dessen kurzer Rede lächelnd zu.


    Dann wandte er sich wieder an das Auditorium: “Ich habe mit dem ehrenwerten Senator Quintus Germanicus Sedulus gesprochen, der bereits seit Jahren als Vicarius Principis Factionis mein Stellvertreter ist. Er hat sich bereit erklärt, für meine Nachfolge zu kandidieren.“
    Quarto wies auf Sedulus.


    “Und auch mit unserem jungen Freund, dem Praeceptor Marcus Iulius Dives habe ich gesprochen. Er stellt sich als Nachfolger für Senator Germanicus Sedulus zur Verfügung und würde ihm gerne als neuer Stellvertreter zur Seite stehen.“
    Jetzt wies er auf Dives.


    “Möchte noch einer von euch für eines der Ämter kandidieren oder ein Mitglied aus unserer Mitte dafür vorschlagen?“






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    PRINCEPS FACTIONIS - FACTIO VENETA