“Oh, die Jugend muss irgendwann einmal den ersten Schritt tun. Alle, die heute im Senat sitzen, mussten das einst.
Wie alt bist du? Alt genug, sage ich.
Und unerfahren? Ach was! Ich habe mich erkundigt, nachdem ich deinen Brief erhalten habe. Du hast dir in Ostia gewisse Meriten erworben, warst magistratus und bist jetzt schon in der zweiten Amtsperiode duumvir. Außerdem wurdest du zum decurio der Stadt erhoben. Eine vorbildliche Karriere und die beste Schule, um den Schritt in den cursus honorum zu wagen.
Das solltest du tun. Ja, wirklich, du solltest kandidieren! Zu diesem Entschluss kann ich dir nur gratulieren. Es ist ganz bestimmt der richtige Schritt.“
Beiträge von Lucius Aelius Quarto
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“Du willst das consulat? Ein Jahr, gemeinsam mit Medicus Germanicus Aravarus?
Ihr währt in der Tat ein prominentes Gespann und könntet viel mehr schaffen, als die Männer, die in den letzten beiden Amtsjahren consuln gewesen sind. Das waren Kompromisskandidaten, ohne Profil und Durchsetzungskraft.
Avarus will es wirklich versuchen? Er ist umstritten, du sagst es. Aber er ist auch der Onkel meiner Frau und ich erachte ihn als Freund – manchmal als schwierigen Freund, weil er sehr streitbar und auch sehr streitlustig ist, aber letztlich als treuen Freund und loyalen Anhänger des Ulpischen Herrscherhauses.
Wenn du diesen Schritt wagen willst und deine Kandatur erklärst, ob gemeinsam mit Germanicus Avaraus oder auch alleine, dann werde ich dich natürlich gerne unterstützen.“ -
“Du wirst die entsprechenden Urkunden ausfertigen und öffentlich bekannt machen“, antwortete Aelius Quarto lächelnd, aber bestimmt.
“Die Namen lauten Titus Decimus Verus und Lucius Iulius Centho, zu erheben in den ordo senatorius.“
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“Salve Faustus Octavius Macer! Es freut mich, deine Bekanntschaft zu machen.“, wurde er von Aelius Quarto freundlich begrüßt.
“Es geht ihm hoffentlich gut, deinem Onkel? Seit dieser bösen Sache in... wo war es noch gleich? In... ah, in Nomentum, nicht wahr? Seit dem sieht man ihn nur noch selten im Senat.“
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“Flavius?“
Dieses nomen gentile war noch immer keines, mit dem man Quartos Herz gewinnen konnte. Eine alte Geschichte war das. Sie lag lange zurück. Der junge Beamte ihm gegenüber war damals zweifellos noch ein Kind gewesen, wenn er denn überhaupt schon geboren war. Er konnte nichts dazu.
Aelius Quarto rang sich ein Lächeln ab.
“Oh, wir kennen uns. In meinem Haus haben wir miteinander gesprochen?“Er sah sich den jungen Mann genauer an.
“Ja, dein Gesicht kommt mir bekannt vor. Aber in meinem Alter... nun, manchmal vergesse ich schon etwas.“
Er tat einen Schritt auf den primicerius zu und wedelte mit dem Papyrus, den er in der Hand hielt.
“Ich habe hier einen Brief des Imperators Caesar Augustus bei mir. Deshalb bin ich gekommen. Hier, du wirst ihn lesen wollen, bevor ich fortfahre.“
Damit reichte er dem Beamten das Schreiben:
Lucius Aelius Quarto
Palatinus Mons, RomaG. Ulpius Aelianus Valerianus fratri suo m.s.d.
Ich danke dir für deine sorgenvollen Worte, dich mich neben all der Post mit Pflichten und Fragen an die angenehmen Zeiten in Rom erinnert. Ich wollte, alle deine guten Wünsche wären schon wahr geworden und ich könnte zurück nach Rom kehren, doch die Besserung schreitet nur quälend langsam voran. Doch ich spüre, wie mir die Ruhe von Misenum gut tut. Meine Frau und mein Sohn sind tatsächlich bei mir und leisten mir Gesellschaft in den Stunden, in denen ich danach verlange.
So braucht auch das Volk nicht besorgt um mich zu sein. Man informiert mich über alles, was ich wissen muss und ich weiss Rom bei dir und Salinator in guten Händen. Welche schlechten Gerüchte auch immer über mich kursieren, wirst du sie schon zu zerstreuen wissen.
Bezüglich deiner Klienten scheint mir ein Aquarius ein recht niedriges Amt zu sein, um den Cursus Honorum zu beschreiten. Aber du wirst zweifellos wissen, was du tust und so soll die Kanzlei die nötigen Ernennungen ausstellen für jene Männer, bei denen du es für angemessen hältst.
Zu den anstehenden Ludi Romani soll Brot und Wein in meinem Namen verteilt werden. Veranlasse das nötige, damit Rom weiß, dass ich tatsächlich bei ihr bin.
“Du erlaubst, wenn ich mich setze? Ich komme wegen des vorletzten Absatzes zu dir, wegen der Ernennungen. Gemeint sind die Ernennungen in den ordo senatorius.“
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“Das ihn niemand wirklich kennt und versteht ist doch kein Wunder. Der Mann ist nicht von hier. Er stammt vom Lande und aus einer geschichtslosen Familie. Seine Ahnen sind namenlos. Seine Abstammung unklar. Wie soll man so einen Mann einordnen?“
Der Senator schüttelte missbilligend den Kopf.“Im Augenblick mag die Lage noch ruhig wirken. Aber im Hintergrund, noch nicht offen, aber bereits vernehmbar, rumort es. Ich hoffe sehr, dass der Imperator Caesar Augustus bald wieder so gesund sein wird, dass er nach Rom zurückkehrt und dann die Amtsgeschäfte uneingeschränkt wahrnehmen kann. Aber bis dahin ist der Staat geschwächt und seine Herrschaft in potentieller Gefahr.
Darum ist nicht die Zeit, sich beruhigt zurückzulehnen. Diejenigen, die ihm unverbrüchlich treu sind und denen das Wohlergehen Roms am Herzen liegt, müssen Verantwortung übernehmen. Männer wie du und ich, Marcus Vinicius.
Ich wüsste dich deshalb gerne in einer verantwortungsvollen Position. Es gibt Posten und Ämter, auf die wird es ankommen, sollten die schlimmsten Befürchtungen wahr werden.
Zum Beispiel... nun ja... welche Legion ist Rom am nächsten? Die I. in Mantua, nicht wahr?“ -
Quarto betrat das Officium.
“Salve!“, grüßte er.
Da saß ein Beamter den er noch nicht kannte.
Also stellte er sich vor: “Ich bin Lucius Aelius Quarto und suche den primicerius a libellis. Habe ich ihn in dir gefunden?“ -
“Nun, was kann man sagen? In der curia Iulia selbst ist es zurzeit eher ruhig. Sehr viel ruhiger zumindest, als hinter den Kulissen.
Während meiner zwei Amtszeiten als consul habe ich mich um einige juristische Reformen bemüht. Aber meine Nachfolger waren und sind keine Männer von großem politischen Gewicht. Sie bringen wenig voran und stoßen praktisch nichts selbst an.
Es gab einige sehr leidenschaftlich geführte Debatten. Ja, doch, die gab es. Maßgeblich daran beteiligt waren die Senatoren Germanicus Avarus und Germanicus Sedulus auf der einen Seite und die Patrizier Tiberius Durus und Flavius Furianus auf der anderen. Aber ich hatte nicht den Eindruck, dass sie Ausdruck großer politischer Differenzen waren. Wenn den Senat momentan etwas spaltet, dann sind es wohl eher persönliche Feindschaften.
Der praefectus urbi ist nur selten Gast in der curia Iulia. Wenn doch, dann spricht er wenig. Einen großen Redner kann man ihn kaum nennen. Ich glaube auch nicht, dass er zahlreiche Anhänger unter den Senatoren hat. Allerdings erweckt er auch nicht den Eindruck, besonders viel Wert darauf zu legen.“ -
Von der domus Aeliana, wo Lucius Aelius Quarto wohnte, war es nur ein kurzer Fußweg zu dem Teil des weitläufigen Kaiserpalastes, wo die Beamten der Administratio Imperatoris ihren Dienstgeschäften nachgingen. Er kannte ihn gut, diesen Weg, aus seiner Zeit als Magister Domus Augusti.
So fand er auch sofort das Zimmer mit der Nummer XXIII.In der linken Hand hielt er einen zusammengerollten Papyrus. Mit der rechten klopfte er an.
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“Macer?“, antwortete Quarto und dachte zunächst an den Senator mit diesem cognomen.
Aber dann fiel es ihm wieder ein.
“Ach ja. Octavius Macer! Der duumvir von Ostia! Ja, natürlich, er hat mir geschrieben, dass er mich besuchen möchte. Lass ihn zu mir!“ -
“Mmh. Gut. Ich verstehe.“, sagte Aelius Quarto und versank kurz in Gedanken.
Er fuhr sich durch den Bart, kratzte sich hinter dem linken Ohr, sah auf und meinte schließlich: “Du solltest praefectus praetorio werden! Ja, wirklich, dass solltest du. Der Erste Reichspräfekt und der wichtigste, wenn es darum geht, das Regime vor seinen Feinden zu schützen, vor allem vor den Feinden, die sich als Freunde tarnen.“ -
“Oh, du bist nicht der Einzige der so denkt und nicht der Erste, der etwas in der Art zu mir sagt. Die das sagen, sind wie du, alles untadelige und honorige Männer an deren Loyalität zum Imperator Caesar Augustus es keine Zweifel geben kann. Er hat diese Wahl getroffen und Potitus Vescularius Salinator zum praefectus urbi gemacht und zu seinem formalen Vertreter hier in Rom, solange er fort ist. Er hat ihn mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet. Diese Entscheidung werde ich öffentlich nicht anzweifeln oder kritisieren.
Aber ich kann die Augen auch nicht davor verschließen, wie viel Ablehnung und Befürchtungen dieser Mann hervorruft und persönlich ist er mir, bitte verzeih' mir die offenen Worte, aber persönlich ist er mir zuwider. Mein Bruder vertraut ihm. Aber ich bin besorgt. Ich fürchte, er könnte dieses Vertrauen schamlos ausnutzen und missbrauchen.
Der persönliche Ehrgeiz dieses Mannes ist zu groß und ich argwöhne, dass er vor allem seinen eigenen Vorteil im Sinn hat. Man kann ihm nicht trauen!“ -
“Eine schlimme Geschichte.“, sagte Aelius Quarto leise.
“Quintus Germanicus muss untröstlich sein. Ein furchtbarer Schicksalsschlag!“Er schüttelte, scheinbar wirklich betroffen den Kopf.
“Ja, wirklich, eine Tragödie und du hast das alles mit ansehen müssen; nein, dass ist nicht gut.“
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“Du kannst unbesorgt sein. Was du hier, unter meinem Dach, in diesem Zimmer, im Vertrauen auf meine Verschwiegenheit sagst, dass wird auch unter uns bleiben.“, sagte Aelius Quarto beschwichtigend.
“Aber mit deinem Misstrauen bist du nicht alleine. Andere Männer, die dem Kaiser ohne jeden Zweifel treu sind, haben sich mir gegenüber schon ähnlich und noch viel deutlicher geäußert. Es gibt einige, die befürchten, Potitus Vescularius Salinator könnte seine eigenen Interessen über die des Staates stellen, die Wünsche des Imperators Caesar Augustus missachten und sein Vertrauen missbrauchen.
Wie würdest du darüber denken, wenn der Kaiser seinen Sohn Publius Ulpius Maioranus zum Caesar und designierten Nachfolger ernennt? Er ist noch ein Knabe und sicherlich viel zu jung, um bereits die schwere Bürde der vollen Verantwortung zu tragen. Aber wir alle hoffen schließlich, dass der Tag noch fern ist, an dem er seinem Vater nachfolgen muss.“ -
Wie er reagierte? Er wirkte neugierig und fragte: “Ein öffentliches Amt meinst du?“
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“Paulina, ja, ich habe mit ihr bei den ludi Apollinares darüber gesprochen. Es ist jetzt bald soweit, nicht wahr? Mögen die Götter sie beschützen. Männer sterben auf dem Schlachtfeld – Frauen im Kindbett. Wo neues Leben entsteht, da ist auch der Tod nicht fern. Ich bete für sie, dass sie diese Prüfung unbeschadet übersteht.“
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“Um offen zu sein, lässt das Verhalten des praefectus urbi im Senat für mich vor allem den Schluss zu, dass er für den Senat und die Senatoren ganz allgemein nicht viel übrig hat.
Denkst du er strebt an, dass der Imperator Caesar Augustus ihn zu seinem Nachfolger, also zum Caesar ernennt?“ -
“Meine liebe Nichte, du überrascht mich da aber mit allerlei Neuigkeiten.
Germanicus Sedulus?! Du meinst die Frau von Quintus Germanicus Sedulus, meinem Klienten?
Oh!
Germanica Paulina... mmh... habe ich sie gekannt? Nein, wohl nicht. Oder doch? Wenn, dann erinnere ich mich nicht.
Wie bedauerlich. Sie kann doch noch nicht alt gewesen sein. Weiß du, woran sie gestorben ist?“ -
“Vale, Lucius Iulius, vale!“, verabschiedete der Senator seinen Klienten und fügte nochmals hinzu: “Ich werde dir eine Nachricht zukommen lassen.“
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“Ich danke dir.“, antwortete Aelius Quarto und betonte dabei das 'dir'.
Dann geleitete er seinen Klienten persönlich hinaus und verabschiedete sich dabei wortreich, wie es so seine Art war.