Beiträge von Lucius Aelius Quarto

    “Mmh. Salinator ist ein Narr!“, sagte er gerinschätzig.


    “Ob er ihn kennt? Ich meine, ob Salinator den praefectus Aegypti wohl persönlich kennt?
    Nein, dass glaube ich kaum. Selbst ich, als sein Patron, kenne ihn nicht besonders gut. Die meiste Zeit über war er in Germanien und nun ist er schon seit langem in Aegyptus. Nein, die beiden sind sich wohl nie begegnet. Aber Salinator ist kein solcher Narr, als dass er nicht herausfinden wird, dass Corvus mein Klient ist. Das ist er geworden, weil er der Vetter von Traianus Germanicus Sedulus ist, dem verstorbenen Adoptivvater meiner Frau.“


    Aelius Quarto überlegte kurz. Dann meinte er: “Wenn Germanicus Corvus tatsächlich zum praefectus praetorio berufen wird, dann wird das Statthalteramt in Aegyptus vakant. Mir wäre es gar nicht recht, wenn dort am Ende ein Mann säße, der Salinator ergeben ist. Denn wer Aegyptus kontrolliert, der kontrolliert das Getreide und die immensen Steuereinnahmen, die von dort nach Rom fließen.“


    Er schaute Balbus herausfordernd an, so als ob ihm gerade eine Idee gekommen wäre, über die nachzudenken sich lohnen könnte.


    “Bist du schon einmal in Alexandria gewesen?“

    “Das Volk, mein lieber Lucius Iulius, dass Volk ist ein schwer zu begreifenden Wesen. Es kann innig lieben und abgrundtief hassen. Das Volk, dass römische Volk ist zu unglaublichen Taten fähig und die Götter haben es in ganz besonders gern. Aber wenn es in Angst verfällt, dann wird es unruhig und wenn es unruhig wird, dann kann sich das in einer Gewalt entladen, die alles hinwegzufegen vermag.“


    Quarto schüttelte den Kopf.


    “Anteilnahme, Mitgefühl, selbst Gebete, sind nicht das, was ein Kaiser von seinem Volk braucht. Was er braucht, dass ist Vertrauen und Loyalität. Das Volk aber, vertraut auf Stärke und Durchsetzungskraft. Findet es das bei dem einen Mann nicht mehr, dann wendet es sich schnell anderen Männern zu, auch solchen, die nicht befähigt und nicht dazu ausersehen sind, Rom zu führen.
    Ich ziehe es vor, in der Öffentlichkeit nicht über das Befinden des Imperators Caesar Augustus zu reden oder gar zu spekulieren. Er wird sich in Campania erholen und dann nach Rom zurückkehren, um die Regierungsgeschäfte wieder in vollem Umfang wahrzunehmen.
    Das ist alles was ich dazu sage und mehr zu sagen steht mir auch nicht zu.
    Aber ich weiß auch, dass dies bald geschehen muss. Denn sonst wird aus Gerüchten mehr und das wird niemand verhindern können.“

    Der Senator wiegte den Kopf hin und her.


    “Nun ja. Das ist schon eine Entscheindung fürs Leben und es ist nicht auszuschließen, dass die Zugehörigkeit zum ordo senatorius dir in Zukunft einige Türen verschließen könnte, wenn sie zu Ämtern führen, die üblicherweise an Ritter gegeben werden. Darüber musst du dir schon im Klaren sein.
    Wenn du aber fest entschlossen bist, dann werde ich dem Imperator Caesar Augustus schreiben und für dich, als meinem Klienten, um die Standeserhebung bitten. Angesichts deiner militärischen Verdienste und deiner augenblicklichen Stellung denke ich, dass diese Bitte eine gute Aussicht auf Erfolg hat.“

    “Niemand sollte Politik machen, der nicht auch dazu geboren wurde. Es ist kein Handwerk, dass man erlernen kann. Es ist eine Gabe, die einem in die Wiege gelegt wird, etwas, dass man im Blute hat und das im besten Fall über Generationen vom Vater zum Sohn und weiter zum Enkel getragen wird. Ich beispielsweise, ich wurde dazu geboren, von den Göttern ausersehen, wenn ich das sagen darf, ohne anmaßend zu klingen. Meine Ahnen dienten Rom schon vor dreihundert Jahren im Senat und in meinem Haus hängen die Totenmasken vieler consuln, die vor mir den Namen Aelia trugen. Es ist nicht nur das Talent, es ist auch die Bestimmung.
    Natürlich, mittlerweile gibt es viele neue Männer im Senat. Männer, die aus keiner alten Familie der Nobilität stammen. Dagegen will ich nichts sagen. Es sind gute und fähige Männer darunter. Auch kann man Techniken erlernen. Man kann die Rhetorik studieren und das Recht und sich verschiedene Fähigkeiten aneignen. Doch am Ende zählt, ob man Anhänger und Förderer hat, ob man das öffentliche Interesse und das eigene in Einklang zu bringen vermag und ob man den Verstand und vor allem, dass Herz seiner Zuhörer gewinnt.
    Du bist ein Decimer. Deine Sippe hat Einfluss. Das würde dir gewiss helfen. Aber bist du auch ein Redner? Kannst du mitreißen? Kannst du überzeugen? Das musst du dich selbst fragen. Ich kann dir dazu keine Antwort geben.
    Vielleicht wäre eine ritterliche Karriere für dich der bessere Weg. Ja, dass könnte ich mir vorstellen.
    Aber wenn du dich für den cursus honorum entscheidest, dann verspreche ich dir meine Unterstützung.
    Zuerst aber, müsstest du dem ordo senatorius angehören. Das weißt du natürlich.“

    “Ganz genau.“, antwortete Quarto.
    “Die Krankheit eines Herrschers ist keine Privatsache. Es ist eine Staatsangelegenheit! Sein Aufenthalt in Campania dient seiner Genesung, damit er wieder zu Kräften kommt und Rom mit starker Hand führen kann. Natürlich ist das keine glückliche Situation und wie du sagst, könnten einige Leute in Versuchung geführt werden und mit ihrem Tun den inneren Frieden und die Stabilität des Staates gefährden.
    Aber es besteht kein Grund zur Sorge. Noch! Noch besteht kein Grund zur Sorge. Aber es besteht Grund, aufmerksam zu sein und sich vor gezielt gestreuten Gerüchten zu hüten.“

    “Mmh. Gut! Wenn du das sagst, dann wird es zweifellos so sein. Ich erinnere mich, ich habe ihn im Senat erlebt, während der Befragung seines Bruders, anlässlich seiner Befreiung und Rückkehr.
    Gut, also drei Namen; und wen favorisierst du? Dich selbst?“

    Quarto überlegte, wenn auch nur kurz.


    Dann sagte er: “Ich kann niemandem ernsthaft von diesem Schritt abraten, auch wenn es ein großer ist, der gut bedacht werden will. Und es ist ein weiter Weg, der voller Tücken sein kann. Auch würde ich mich an deiner Stelle wirklich nicht auf ein ganz bestimmtes Amt festlegen. Denn bis es so weit ist, dass du dafür überhaupt in Erwägung gezogen wirst, können sich die Gegebenheiten wieder verändert haben. Unser moderne Zeit ist so schnelllebig geworden.
    Dazu kommt, dass man heutzutage nicht mehr Senator sein muss, um wirklich bedeutende Ämter bekleiden zu können. Viele Ritter dienen Rom in höchst verantwortungsvollen Positionen.
    Aber grundsätzlich, ja, grundsätzlich spricht nichts dagegen den cursus honorum beschreiten zu wollen.“

    “Die Krankheit des Kaisers?“


    Aelius Quarto wurde hellhörig. Seit Monaten versuchte er nun schon, Valerianus' Gesundheitsprobleme klein zu reden. Aber es war nur eine Frage der Zeit, bis sich die Gerüchte verselbstständigten, die Runde machten und die Bevölkerung verunsicherten.


    “Wie kommst du darauf? Wieso sollte das ein Thema im Senat sein? Spricht man in der Stadt darüber? Was sagt man denn so?“

    “Germanicus Corvus, der praefectus aegypti? Er ist mein client. Sehr gut!
    Du selbst wärst natürlich auch eine gute Wahl, eine sehr gute sogar. Schön, sehr schön!
    Ich muss wohl kaum erwähnen, wie wichtig es für mich wäre, an der Spitze der Garde einen loyalen und umsichtigen Mann zu wissen, der dem Imperators Caesar Augustus in Treue verbunden ist.“


    ...und ein eigener Klient und Vertrauter wäre ihm natürlich am allerliebsten. Das sagte Quarto zwar nicht, aber so wie er den letzten Satz sagte, war dies auch gar nicht nötig.


    “Aber wer ist Decimus Magnus?“, fragte er und kratze sich am Hinterkopf.
    “Ist das dieser Decimus Magnus, der bei der Befreiung des Senators Decimus Livianus beteiligt war und den der Senat dafür ausgezeichnet hat?“

    Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus
    Ursus grinste breit. Es war ja nicht so, als würde es ihn nicht freuen, daß Quarto sogleich an ihn gedacht hatte. Aber im Moment sah er sich wirklich nicht dazu in der Lage, so eine Veranstaltung auf die Beine zu stellen. Und so war es nicht schlecht, den "Kürbis" der Verantwortung weitergegeben zu haben an die Albata. "Ja, sie haben ausgezeichnete Fahrer am Start, das muß der Neid ihnen lassen. Da wir jetzt nach und nach auf junge Fahrer umstellen, wird uns der ganz große Erfolg wohl erst einmal versagt bleiben. Zumindest, sobald Patroklos im Ruhestand ist. Aber die jungen Fahrer werden schon ihre Erfahrungen sammeln."


    “Die Weißen“, meinte Quarto daraufhin: “sie haben eine lange Durststrecke hinter sich gebracht. Es hat sie viel Geduld gekostet. Aber jetzt haben sie tatsächlich gleich zwei aurigae, die für Siege gut genug sind. Natürlich profitieren sie davon, dass viele alte Siegfahrer aufgehört haben. Aber die Albata hat die richtigen Männer zum richtigen Zeitpunkt, dass muss man ihr lassen.“

    “Oh. Das ist ein sehr ungewöhnliches Vorgehen. Also wird der praefectus urbi letztlich darüber bestimmen, wer praefectus praetorio werden soll? Ein Reichpräfekt soll einen anderen Reichspräfekten ernennen? Die Autorität meines Bruders zerrinnt schneller als ich dachte und befürchtet habe. Und er scheint das sogar noch zu befördern!“


    Man konnte Quarto seine Beunruhigung ansehen.


    “Aber immerhin – du hast das Vorschlagsrecht! Wen wirst du auf diese Liste setzen?“

    “Aquarius ist ein ehrbares und wichtiges Amt. Ohne funktionierende Wasserversorgung würde in Rom das Chaos ausbrechen. So viele Menschen leben in der Stadt und sind davon abhängig. Und sich mit den öffentlichen, technischen Bauten der Stadt auseinander gesetzt zu haben, ist sicherlich eine gute Vorbereitung für das Wahlamt eines vigintivirs.
    Aber in dem Punkt gebe ich dir recht: es ist nicht die ideale Ausgangsbasis, um vom Imperator Caesar Augustus in den ordo senatorius berufen zu werden. Nein, dass ist es sicherlich nicht.
    In deinem Fall, muss ich auf das Gewicht meiner Worte vertrauen und auf den Umstand, dass du mein client bist.“


    Quarto dachte kurz nach.


    “Der beste Weg, finde ich ganz persönlich, führt über die Provinzstädte Italias. Natürlich weiß ich, dass jeder Mann seinen eigenen gehen muss. Aber wer sich bereits in einer Stadt als magistratus und dann vielleicht sogar als duumvir bewiesen hat, der tut sich leichter, wenn er den Schritt in den cursus honorum wagt. Man kann selbstbewusst auftreten, wenn man bereits Wahlen gewonnen hat. Außerdem kann man sich dort eine vielleicht nur kleine, dafür aber treue Wählerschaft erwerben.
    Das ist nur ein möglicher Weg. Natürlich gibt es noch andere und eigentlich hast du auch bereits einen anderen gewählt. Außerdem braucht das Zeit und die hast du nicht, wenn du bereits bei der kommenden Wahl zum cursus honorum kandidieren willst. Nein, vermutlich ist das keine Option für dich.“

    “Das ist natürlich in erster Linie die Aufgabe der cohortes praetoriae. Du warst doch lange bei der Garde. Bestimmt hast du noch Kontakt zu einigen deiner alten Kameraden. Wie stehen die Prätorianer zum praefectus urbi und wie ist ihr Verhältnis zu den cohortes urbanae?
    Ich hatte niemals Grund, an ihrer Loyalität zum Haus Ulpia zu zweifeln. Doch was wäre bei einer innenpolitischen Krise? Wie leicht würde es Salinator fallen, sie für sich zu gewinnen? Was denkst du?“

    “Adria verbringt die Sommermonate mit unserem Sohn auf meinem Landgut in Campania. Es gefällt ihr dort sehr gut. Vielleicht bleibt sie sogar noch bis in den Herbst hinein. Verdenken kann ich ihr das nicht. Campania ist ein sehr schöner Landstrich und an der Küste weht immer ein kühlender Seewind, der die Gesundheit fördert. Aber, ach, was sage ich; du selbst bist doch kürzlich erst dort gewesen.“

    “Ich verstehe schon und was du sagst ehrt mich.
    Allerdings solltest du wissen, dass meine Frau Adria eine Adoptivtochter von Traianus Germanicus Sedulus war, dem verstorbenen Bruder von Senator Germanicus Avarus. Das ist kein gesetzlicher Befangenheitsgrund, denn wir sind meiner Auffassung nach nicht direkt verschwägert, könnte aber dennoch dazu beitragen, dass man mir als iudex misstraut.
    Wenn du trotzdem keine Bedenken hast, dann nehme ich an.“