Beiträge von Lucius Aelius Quarto

    Der Sklave hielt Wort. Kurz darauf erschien Aelius Quarto und begrüßte Avarus mit ausgesuchter Freundlichkeit.


    “Medicus Germanicus Avarus, wie schön dich zu sehen! Es ist immer eine Freude, wenn du mich mit beehrst!“


    Es gab durchaus freundschaftliche Bande zwischen ihnen und der Mann war nicht nur der Onkel seiner Frau, sondern auch recht einflussreich und zudem ganz ausgesprochen reich, viel reicher auf jeden Fall, als Quarto selbst.

    Nun war es am Consul, sich erneut zu Wort zu melden.
    “Es lag und liegt ganz und gar nicht in meiner Absicht, die Schola als Institution, oder dich, Senator Germanicus Avarus, als deren Leiter, zu übergehen oder deine Kompetenzen zu ignorieren. Wenn dieser Eindruck entstanden ist, so möchte ich mich sehr dafür entschuldigen.
    Aber die Frage, ob Abschlüsse am Museion als gleichwertig mit denen an der Schola anerkannt werden können, erscheint mir grundsätzlich und hat direkten Einfluss auf die Möglichkeit, bei Wahlen kandidieren zu dürfen.
    Deshalb sehe ich den Senat durchaus als den geeigneten Ort an, darüber zu sprechen und Argumente dafür, oder dagegen auszutauschen.


    Das Museion unterscheidet sich in seinem Ursprung, seiner Struktur und vielleicht auch in seinen Bildungszielen von der Schola, dass will ich nicht bestreiten. Jedoch untersteht es der direkten Schirmherrschaft des Imperators Caesar Augustus. Ich will deshalb nicht glauben, dass dort eine Ideologie vertreten wird, die sich gegen die gottgewollte Vorherrschaft Roms in der Welt richtet. Das möchte ich nur angemerkt haben.“

    “Verehrte Senatoren, geschätzte Kollegen, vor einigen Tagen habe ich einen Brief bekommen. Er wurde von einem Mann namens Sosimos geschrieben, der zurzeit in Stellvertretung das Museion in Alexandria leitet. Der berühmte Tempel der Musen ist euch als Hort des Wissens und der Wissenschaft gewiss ein Begriff.
    Ich erlaube mir, diesen Brief nunmehr vor euch zu verlesen und bitte dafür um eure Aufmerksamkeit.“




    An Consul Lucius Aelius Quarto
    Palatium Augusti
    Domus Aeliana
    Rom, Italia


    Salve geehrter Lucius Aelius Quarto,
    hoch geschätzter und ruhmvoller Consul von Rom,
    geachteter Bruder des glanzvollen, gerechten und weisen Basileus des Römischen Imperiums,


    Aus dem fernen Alexandria entbiete ich dir meine respektvollsten Grüße. Die Grüße eines einfachen Gelehrten des Mouseion, dem großen Tempel und Hort des Wissens der bekannten Welt. Du wirst meinen Namen nicht kennen, doch ich vertrete zurzeit den Epistates tou mouseiou in den Amtsgeschäften des Tempels und der Schule. Schon seit längerer Zeit erwägen wir Gelehrte des Mouseion uns an einen der verdienten Männer des römischen Reiches in einer Angelegenheit der Gesetze zu wenden. Denn eines scharfsinnigen und erfahrenen Unterstützer unserer Angelegenheit wird es bedürfen. Doch ich möchte gleich und ohne Umschweifungen zu dem Anliegen kommen, hoch verehrter Consul.


    Der Anhang des Codex Universalis mit der Pars Tertia und der Lex Scholae Atheniensis regelt die Belange von Kursen an der Schola in Rom. Die Kurse sind ein elementarer Bestandteil für die Karriere eines jungen Mannes in der Politik. Hinwieder fehlt in dieser Hinsicht jedoch, inwiefern das auch für das Mouseion und den dort statt findenden Unterricht gilt. Wird die Lehre am Mouseion ebenfalls als Cursus Continuus vom Gesetzgeber, dem römischen Senat und dem Kaiser, anerkannt? Wäre es möglich, dem Mouseion ebenfalls einen festen Anker in dem großen und umfassenden Meer von Recht und Weisheit römischer Gesetzgebung zu verleihen?


    Zudem stellt sich die Frage der Ephebia und dem Cursus Res Vulgares. An unserer Schule wird der Cursus Res Vulgares schon seit längerem in gleicher Weise akzeptiert wie die Ausbildung am Gymnasion für unsere Jugend. Wird es umgekehrt auch bei der Schola anerkannt, wenn ein Hellene, womöglich sogar ein Römer, die Ephebia abgeschlossen hat? Oder wird er den Cursus Res Vulgares dennoch absolvieren müssen?


    Die Gelehrten des Mouseion verbleiben mit dem tiefsten Respekt und mit großem Dank für Deine Bemühungen und die kostbare Zeit, die Du unserem Anliegen widmest. Mögen die Götter über Dich wachen.


    Sosimos von Korinth



    Stellvertreter des Epistates




    “Ich denke, dass Ansinnen des Sosimos verdient eine genaue Prüfung. Sollen in Alexandria abgelegte Kurse im gesamten Imperium anerkannt werden und in welcher Form könnte das geschehen? Soll das auch für die alexandrinische Ephebia gelten, die junge Alexandriner jedoch nicht im Museion, sondern im Gymnasion von Alexandria erlangen können?


    Wer möchte dazu als erster etwas sagen?“

    “Wenn dem nicht so ist, dann wollen wir hier heute nicht länger ausharren als nötig ist. Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit.“


    Nachdem er das gesagt hatte, stieg Aelius Quarto wieder von der Rostra herab, wobei er erneut sehr darauf achtete nicht auf den tückischen Stufen auszurutschen.

    Der dritte Brief, mit dem sich der Consul zu befassen hatte, ließ ihn länger grübeln.




    An Consul Lucius Aelius Quarto
    Palatium Augusti
    Domus Aeliana
    Rom, Italia


    Salve geehrter Lucius Aelius Quarto,
    hoch geschätzter und ruhmvoller Consul von Rom,
    geachteter Bruder des glanzvollen, gerechten und weisen Basileus des Römischen Imperiums,


    Aus dem fernen Alexandria entbiete ich dir meine respektvollsten Grüße. Die Grüße eines einfachen Gelehrten des Mouseion, dem großen Tempel und Hort des Wissens der bekannten Welt. Du wirst meinen Namen nicht kennen, doch ich vertrete zurzeit den Epistates tou mouseiou in den Amtsgeschäften des Tempels und der Schule. Schon seit längerer Zeit erwägen wir Gelehrte des Mouseion uns an einen der verdienten Männer des römischen Reiches in einer Angelegenheit der Gesetze zu wenden. Denn eines scharfsinnigen und erfahrenen Unterstützer unserer Angelegenheit wird es bedürfen. Doch ich möchte gleich und ohne Umschweifungen zu dem Anliegen kommen, hoch verehrter Consul.


    Der Anhang des Codex Universalis mit der Pars Tertia und der Lex Scholae Atheniensis regelt die Belange von Kursen an der Schola in Rom. Die Kurse sind ein elementarer Bestandteil für die Karriere eines jungen Mannes in der Politik. Hinwieder fehlt in dieser Hinsicht jedoch, inwiefern das auch für das Mouseion und den dort statt findenden Unterricht gilt. Wird die Lehre am Mouseion ebenfalls als Cursus Continuus vom Gesetzgeber, dem römischen Senat und dem Kaiser, anerkannt? Wäre es möglich, dem Mouseion ebenfalls einen festen Anker in dem großen und umfassenden Meer von Recht und Weisheit römischer Gesetzgebung zu verleihen?


    Zudem stellt sich die Frage der Ephebia und dem Cursus Res Vulgares. An unserer Schule wird der Cursus Res Vulgares schon seit längerem in gleicher Weise akzeptiert wie die Ausbildung am Gymnasion für unsere Jugend. Wird es umgekehrt auch bei der Schola anerkannt, wenn ein Hellene, womöglich sogar ein Römer, die Ephebia abgeschlossen hat? Oder wird er den Cursus Res Vulgares dennoch absolvieren müssen?


    Die Gelehrten des Mouseion verbleiben mit dem tiefsten Respekt und mit großem Dank für Deine Bemühungen und die kostbare Zeit, die Du unserem Anliegen widmest. Mögen die Götter über Dich wachen.


    Sosimos von Korinth



    Stellvertreter des Epistates




    Schließlich, nachdem er nicht nur kurz, sondern ein paar Tage darüber nachgedacht hatte, diktierte er seinem Scriba folgende Antwort:


    An
    Sosimos von Korinth
    Museion
    Alexandria, Aegyptus


    Salve Sosimos!


    Auch wenn ich das Museion niemals mit eigenen Augen sehen durfte, und das versammelte Wissen und die Weisheit dieses ruhmreichen und entzückenden Ortes nur vom Hörensagen kenne, darf ich Dir meine Verbundenheit mit dem Tempel der Musen versichern.
    Ich glaube Dein Ansinnen zu verstehen und werde es dem Senat von Rom bei nächster Gelegenheit vortragen. Wenn der Senat einen Beschluss darüber gefasst hat, werde ich Dich davon in Kenntnis setzen.
    Bis dahin verbleibe ich mit den besten Wünschen.


    gez. Lucius Aelius Quarto



    ROMA - ANTE DIEM VI KAL IAN DCCCLIX A.U.C.
    (27.12.2008/105 n.Chr.)


    Als auch dieser Brief geschrieben und versiegelt war, rief Aelius Quarto nach seinem getreuen Sklaven Nakhti.
    Er überreichte ihm alle drei Briefe und trug ihm auf, sie zur Niederlassung des Cursus Publicus zu bringen.

    “Euer Vertrauen in die höchsten Magistrate des Cursus Honorum scheint nicht sehr ausgeprägt zu sein, obwohl sie doch von euch selbst gewählt werden.
    Aber gut, weniger Gestaltungsspielraum bedeutet auch weniger Spielraum für missbräuchliches Handeln, dass sehe ich ein. Das vierte Fünftel einer Amtszeit, wenn die Wahlen da durchgeführt werden müssten, könnten sich damit alle einverstanden erklären?“

    Als nächstes nahm Aelius Quarto sich diesen Brief vor:



    An
    Lucius Aelius Quarto
    Domus Aeliana zu Rom
    ITALIA



    Lieber Quarto,


    du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr es mich gefreut hat, etwas von der Familie zu hören! Mach dir keine Sorgen, ich verstehe, dass man als Konsul nicht viel zeit hat. Leider sind es ja teilweise auch nicht so gute Nachrichten, die du mir da mitteilst. Ich hoffe, dich erreicht der Brief noch rechtzeitig, denn ich würde es mir nicht nehmen lassen, zur Beisetzung meines Vetters nach Rom zu kommen. Du musst mir nur mitteilen, wann sie stattfinden wird. Bitte drücke auch den anderen mein Beileid aus. Es ist schade, dass Publius und ich bisher so gut wie keine Gelegenheit hatten, uns näher kennenzulernen.


    Glücklich bin ich über deine Zustimmung, was Decima Seiana betrifft! Ich denke, ich werde sie nun bald fragen. Sie ist sui iuris, aber sehr familienbewusst, so dass ich davon ausgehe, dass auch sie zunächst ihre Familie dazu befragen wird. Weilt denn der Senator Decimus Meridius noch in Rom oder ist er schon aufgebrochen, um seinen Verwandten zu suchen? Ich hatte da neulich sowas in der Acta gelesen. Natürlich werde ich euch auf dem Laufenden halten.


    Deinen Klienten, den Präfekten, habe ich schon ein paarmal gesehen. Als ich hier angekommen war, hatte ich eine kurze Audienz bei ihm, aber er wirkte recht beschäftigt. Vor zwei Wochen dann war ich über einen eher verzwickten Umweg zur cena sein Gast. Er hat auf mich ein wenig durcheinander gewirkt. [strike]Kann es sein, dass er sehr eifersüchtig ist?[/strike] Aber das ist sicher manchmal so, wenn man die Verantwortung für eine ganze Provinz trägt und den Kaiser nicht enttäuschen darf. Wie geht es ihm eigentlich? Die Acta schreibt ja kaum was über ihn, und Nachrichten aus Rom bekomme ich fast gar keine. Ein wenig enttäuscht war ich ja schon, dass Vespa nicht mal eine Karte geschickt hat, dass sie heiratet. Weißt du, ob sie mir in irgendeiner Weise sauer ist? Ich habe jedenfalls einen Brief und ein Geschenk geschickt, sobald ich von der Hochzeit erfahren habe (leider aus der Acta), aber sie hat nicht geantwortet. Kannst du mir dazu vielleicht etwas sagen?


    Meinen Glückwunsch auch zum neuen Klienten. Ich kenne zwar Decimus Livianus nicht persönlich, aber nach dem, was man so hört, muss er schon ein guter Mann sein, da kann sein Sohn kaum anders sein. Was das heimkehren betrifft... Weißt du, ich bin nun schon ziemlich lange hier in Alexandrien. Die Arbeit fällt mir leicht und macht mir auch noch Spaß, allerdings ist die Provinz eben doch etwas anderes als Rom. Das hatte ich damals in Germanien schon gemerkt. Naja, ich würde gern die Ritterlaufbahn einschlagen, auch um Seiana dann etwas bieten zu können, aber dazu fehlen mir der ordo und ein Patron, der mir dazu verhelfen könnte. Vielleicht hast du da einen Rat für mich? Oder vielleicht kannst du, als Bruder des Kaisers, auch ein gutes Wort für mich einlegen? Gäbe es denn vielleicht sogar eine Stelle am Kaiserhof, die man mir anvertrauen würde? Du kennst mich ja, ich bin ehrgeizig. Und ich würde damit ja auch eine Art Familientradition fortführen. Natürlich würde ich auch in Ägypten bleiben, wenn das taktisch sinnvoller wäre. Hier gäbe es schließlich auch gute Einstiegsmöglichkeiten was die Ritterlaufbahn betrifft. Die Straßenverhältnisse sind teilweise [strike]unter aller Sau[/strike] wirklich katastrophal, so dass ich mich auch gut als procurator viarum einsetzen könnte. Mit dem Militär hab ich's ja nicht so, wie du weißt. Ich wäre dir jedenfalls wirklich dankbar, wenn du mir da mit deiner Erfahrung aushelfen könntest, Quarto.


    So, dann will ich mal wieder. Grüße mir bitte alle ganz herzlich und passt auf euch auf! Und dir viel Glück für die Wahl!

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    ALEXANDRIA, PRIDIE KAL DEC DCCCLVIII A.U.C. (30.11.2008/105 n.Chr.)



    ...und das war seine Antwort:


    An
    Caius Aelius Archias
    Insula Angularis
    Alexandria, pars Neapolis (Broucheion), Aegyptus


    Salve Caius Aelius Archias, mein lieber Vetter zweiten Grades!


    In Deinem letzten Brief hast Du geschrieben, wie gerne Du zur Beerdigung Deines Vetters Pulcher gekommen wärst. Leider hatte die Verbrennung schon stattgefunden, als Dein Brief hier eintraf. Es ist eben unmöglich, von jenseits des Meeres rechtzeitig bei einer Bestattung zu erscheinen.
    Ob Vespa Dir Gram ist, nein, dass weiß ich nicht. Aber ihre Hochzeit war denkwürdig und sehr schön. Du kennst vielleicht ihren Ehemann, Prudentius Balbus? Er war bei den Cohortes Praetoriae und dient nun als gestrenger Procurator a libellis am Kaiserhof.
    Eine Karriere dort würde Dir ebenfalls gefallen? Ich werde sehen, ob ich da etwas für dich tun kann. Aber wie du schon selbst sehr richtig erkannt hast, müsste der Imperator Caesar Augustus Dich zuerst einmal zum Eques erheben, bevor solche Gedanken wirklich Sinn ergeben. Ich werde es ihm vorschlagen, aber Du wirst das nötige Vermögen benötigen, dass diese Erhebung erfordert. Hast Du das?
    Die Pflicht lastet schwer auf des Kaisers Schultern, aber er schultert sie. Die Acta schreibt wenig über ihn? Sie schreibt in letzter Zeit überhaupt wenig, wie ich finde.
    Du scheinst Dich ja sehr gut mit Germanicus Corvus, dem Statthalter von Aegyptus, zu verstehen. Es ist immer von Vorteil, wenn man sich die mächtigen Männer einer Provinz zu Freunden macht. Ich sehe schon, Du hast das nötige Geschick für eine politische Karriere.
    Sehr erfreut lese ich von Deinem Werben um das Decima-Mädchen. Sie hält die familiären Traditionen hoch? Das ist gut! Eine treue und keusche Frau ist viel wert. Wenn ich da etwas tun kann, vielleicht mit einem guten Wort, dann lass es mich bitte wissen. Senator Decimus Meridius werde ich jedoch nicht so bald aufsuchen können, denn er ist kürzlich tatsächlich aufgebrochen, nach Syria, oder Iudaea, wie ich glaube, gehört zu haben.
    Ich wünsche Dir das Beste und der Götter Segen.


    gez. Lucius Aelius Quarto



    ROMA - ANTE DIEM IX KAL IAN DCCCLIX A.U.C.
    (24.12.2008/105 n.Chr.)

    Mehrere Briefe stachen aus der Menge der Post heraus, die in letzter Zeit für Lucius Aelius Quarto abgegeben worden war.


    Darunter war dieser, der aus dem fernen und unwirtlichen Germania stammte:



    An den
    CONSUL
    Lucius Aelius Quarto
    Domus Aeliana
    Roma
    ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


    Salve Consul und Schwager,


    ich möchte gar nicht viel Gerede machen und komme gleich zum Grund meines Schreibens.


    Ich möchte dich darum bitten, dich, stellvertretend für mich, um den amtierenden Consul Titus Aurelius Ursus, der mein Klient ist, zu kümmern und dich für seine Erhebung in den Senatorenstand auszuprechen. Du weisst sicher noch besser als ich, dass er ein engagierter, ehrlicher und durchaus kompetenter Mann ist, der nur zu gut in die Reihen der Senatoren passen würde.


    Hab Dank im Vorraus nd mögen die Götter mit dir sein.





    Ein geübter und kundiger Schreiber stand Quarto zur Seite. Er notierte, was ihm sein Herr als Antwort diktierte:


    An
    Marcus Vinicius Lucianus
    Regia Legati Augusti pro Praetore
    Mogontiacum, Germania Superior


    Salve Marcus Vinicius Lucianus!


    Habe Dank für Dein Schreiben. Du hast darin Deinen Klienten Titus Aurelius Ursus erwähnt und bittest mich, dass ich mich für ihn einsetze und seine Ernennung zum Senator befürworte. Das will ich nur zu gerne tun. Wie Du bestimmt weißt, amtiert er nun bereits zum zweiten mal als Quaestor Consulum und ich habe seine Wiederwahl sehr unterstützt. Denn ich schätze Deinen Klienten sehr und bin davon überzeugt, dass ihm noch eine große Zukunft bevorsteht. Wenn sich eine gute Gelegenheit bietet, werde ich also meinen Einfluss gelten machen.
    Bitte grüß' meine Base Paulina von mir. Ich hoffe, euch geht es wohl und der schlimme germanische Winter, von dem man immer wieder hört, setzt euch weniger zu als man befürchten muss.


    gez. Lucius Aelius Quarto



    ROMA - ANTE DIEM IX KAL IAN DCCCLIX A.U.C.
    (24.12.2008/105 n.Chr.)

    “Vielleicht. Doch gebe ich zu bedenken, dass der Senat nach der Wahl gewöhnlich noch die Verteilung der Ämter diskutieren muss. Es sollte also eine gewisse Zeitspanne zwischen der Wahl und der neuen Amtsperiode liegen, damit deren Beginn nicht aus diesem Grund verschoben werden muss. Außerdem halte ich es für gut, wenn der Wahltermin nicht zu restriktiv vorgeschrieben wird.
    Dir behagt also die weite Spanne der von mir vorgeschlagenen Frist nicht. Welche würdest du vorschlagen?“

    Die Frage gelangte an des Consuls Ohr. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, bevor er – scheinbar sehr ernst – antwortete.
    “Nein, dass wird es nicht!
    Es ist wahr. Heute werden wir mit Kälte und Regen geprüft.
    Aber am Ende dieses Jahres, wenn ich erneut vor euch trete, da wird die Sonne scheinen.
    Zumindest... wenn die Götter meine Gebete gnädig erhören.“

    Einige Interessierte hatten sich dann immerhin doch zu seinen Klienten gesellt, die ihn ohnehin hierher begleitet hatten um ein leicht zu beeindruckendes Publikum abzugeben.
    Aelius Quarto erkannte auch mindestens zwei Senatoren, nämlich Quintus Germanicus Sedulus, der zu seinen Klienten gehörte, und auch dessen Onkel Medicus Germanicus Avarus.


    Ganz zufrieden fand er den Zeitpunkt günstig, mit seiner Rede zu beginnen. Er hob die Hände.


    “Mitbürger, Kinder der Wölfin, Römer!
    Hier stehe ich vor euch. Mein Name ist Lucius Aelius Quarto und mein Vater war Gaius Aelius Maccalus.
    Im vergangenen Jahr habe ich euch und Rom als Consul gedient und in diesem tue ich es auch wieder.
    Im vergangen Jahr habe ich die Sitzungen des Senats geleitet, viele Gesetzesänderungen eingebracht und für rechtliche Verbesserungen gekämpft, und in diesem Jahr tue ich es auch wieder.
    Im vergangenen Jahr habe ich mich dafür eingesetzt, dass der Bau des Ulpianums fortgeführt wird, damit wir mit seiner Vollendung bald den Divus Iulianus ehren können. Und in diesem Jahr tue ich es auch wieder, damit es voran geht.
    Im vergangenen Jahr, habe ich jederzeit ein offenes Ohr für eure Sorgen und Nöte gehabt und stets konntet ihr zu mir kommen und euch vertrauensvoll an mich wenden. Und in diesem Jahr soll es nicht anders sein und ihr seid herzlich eingeladen, dass Wort an mich zu richten.
    Wer will etwas fragen? Wer möchte eine berechtigte Forderung vorbringen? Es gibt kein Grund zum Zögern!“


    Quarto schaute sich um.

    “Ich könnte mir in etwa folgende Neuformulierung für den § 40 Wahltermin vorstellen:
    (1) Die Wahlen zum Cursus Honorum finden im letzten Drittel das laufenden Amtsjahres statt.
    (2) Der Wahltermin wird von den amtierenden Consuln festgesetzt und bedarf der Bestätigung durch den Imperator Caesar Augustus. Anschließend wird er von den Consuln öffentlich bekannt gemacht und zwar spätestens 4 Wochen vor dem Beginn des ersten Wahltages.


    Bezüglich des § 49 schlage ich vor den zweiten Satz zu streichen. Denn er wiederholt wie gesagt nur noch einmal, was in § 40 ohnehin geregelt wird.“

    Aelius Quarto winkte ab.
    “Die Würfel sind mir nur selten zugetan. Ich bitte um Verzeihung, aber, versucht euer Glück ohne mich.“


    Er sagte nichts weiter dazu. Doch tatsächlich war er, was Glücksspiele und vor allem das Würfeln betraf, ein wenig altmodisch und neigte zu sittenstrengen Ansichten. Zwar war er Realist genug, um zu wissen, dass diesem ausufernden Laster kaum beizukommen war. Aber ein wenig anstößig fand er es schon, selbst wenn nicht um Geld gespielt wurde.

    Es war ein nasskalter, windiger und ungemütlicher Tag in Rom, kaum das Wetter, dass einen aus dem Haus trieb, wenn es nicht unbedingt erforderlich war. Es lud wirklich nicht dazu ein, dass Forum Romanum aufzusuchen, sondern eher, es sich an einem wohlig glühenden Kohlenbecken und mit einem guten und heißen Wein gemütlich zu machen.


    Doch der Consul Aelius Quarto hatte dessen ungeachtet seine schönste Toga angelegt, eine Schar Klienten um sich versammelt, und sein Heim auf dem Palatin zeitig und nach einem kargen Morgenmahl verlassen. Sein Weg hatte ihn hinunter zum Forum und zur Rostra geführt, der alten und ehrwürdigen Rednertribüne gegenüber der Curia Iulia. Die dunklen, metallenen Schiffsschnäbel, die ihr als Zierde dienten, schimmerten matt im fahlen Licht dieses trüben Tages.


    Das war ein gefährlicher Ort, der Respekt einforderte. Nicht wenige Männer hatten dort oben zumindest ihr politisches Leben verloren. Aber auch die Stufen hinauf waren voller Tücken und Quarto hatte gehört, dass dort schon mancher Mann – nicht nur im übertragenen Sinne – zu Fall gekommen war.
    Also stieg er vorsichtig hinauf.


    Oben angekommen strich er bedächtig die Falten seiner Toga zurecht, warf sich in Pose und schaute, ob sich trotz des schlechten Wetters einige Zuhörer versammeln würden.

    “Das deine aber,“, fuhr Quarto fort und sah dabei zum Bräutigam, “stammt von einem Bussard. Dieser Vogel zieht hoch am Himmel seine Kreise, hoch über den Niederungen der kriechenden und im Verborgenen kauernden Tiere. Er ist ein geschickter Jäger, der seine Beute mit scharfem Auge erspäht und mit kraftvollen Fängen schlägt. Fliege hoch, und dabei sollen Scharfsinn und Kraft immer auch deine Begleiter sein, dass wünsche ich dir von Herzen, und dieses Ei ist ein Symbol dafür.“

    “Dieses Ei,“, erklärte der Consul in feierlichem und gewichtigem Tonfall, “meine liebe Nichte, ist das Ei eines Pfaus. Seine stolze Schönheit und Pracht ist in der Welt der Vögel ohne Gleichen. Nimm es als Symbol meines Wunsches, dass deine Schönheit, dein Anmut und Liebreiz niemals vergehen möge und das du deinen Ehemann an jedem Tag eures Eheglücks erneut verzaubern wirst.“