Die Geschichte mit der Aufsicht über die Herstellung einer Statue, weswegen Phoebe eigentlich in Rom war, hielt zwar recht gut als eine gewisse Ausrede her, um Pergamon zu verlassen und für ein paar Wochen, Monate oder vielleicht auch länger fort zu bleiben, aber es war tatsächlich nicht der einzige Grund, weshalb die junge Frau hier war. Beziehungsweise, es gab zumindest noch etwas Anderes, was sie sich fest vorgenommen hatte, und worauf sie sich mindestens genau so gefreut hatte wie die Tatsache, die etwas verschlafene Stadt in Asia für eine Zeit hinter sich zu lassen.
Es war schon an die zehn Jahre her und Phoebe war damals noch eine Heranwachsende gewesen, aber die Wochen im Winter hatten damals einen gewissen Eindruck auf das Mädchen gemacht. Der Geschäftspartner, der damals übergangsweise in ihrem Hause gewohnt hatte, um ein paar Schriften vor Ort zu studieren (oder so etwas in der Art, sie war, wie gesagt, noch recht jung gewesen), hatte ihr zunächst fast ein wenig Angst gemacht, doch als man irgendwann einmal ins Gespräch gekommen waren, hatte Phoebe mit Begeisterung seinen Erklärungen gelauscht, was er denn dort lese, und sie war für den Rest seines Aufenthaltes gerne immer wieder gekommen.
Nun, der Kontakt wurde natürlich nicht derart intensiv aufrecht erhalten, als der Gast wieder abgereist war, aber noch oft, wenn die Rede von Rom gewesen war, hatte sie an den Mann gedacht, der so viel von seiner Heimat gesprochen und geschwärmt hatte.
Und so war es auch gewesen, als sich ihre eigene Reise nach Rom herauskristallisierte. Sie wusste sofort, dass sie Gaius Aemilius Lepidus einen Besuch abstatten würde, das war gar keine Frage. Also hatte sie sich darauf vorbereitet, hatte, bald nachdem sie in Rom angekommen war, nach einem Wohnort gesucht, und diesen auch gefunden.
Und nun war sie also da. Recht früh am Morgen war sie aufgebrochen, hatte sich per pedes auf den Weg gemacht und war dort nun am Vormittag nach etwas weniger als einer Stunde, sie hatte sich Zeit gelassen, angekommen. Die Villa Aemilia am Esquilin. Ein wenig abseits gelegen, aber das sagte ja nichts über das Haus selbst aus. Bei sich trug sie als Apophoreta eine kleine Amphore mit Falerner (sie hoffte, es war echter und der Händler hatte sie nicht über den Tisch gezogen) und eine Dokumentenrolle, welche sie eigens aus Pergamon mit sich brachte.
Gekleidet in eine gegürtete Tunica, die Haare zurückgebunden, klopfte Phoebe an die Tür, und sollte man reagieren, würde sie sich als "Antonia Phoebe, aus Pergamon," vorstellen, "Ich möchte Gaius Aemilius Lepidus sprechen." Ein wenig nervös war sie ja durchaus.