Beiträge von Antonia Phoebe

    Phoebe seufzte, fast ein wenig resigniert klingend, und folgte Vindex vom Eingang der Werkstätte fort. Dann nickte sie. "Ja, du hast Recht. Langsam." Nicht, dass sie wirklich viel Ahnung von der Kunst des Bildhauens hatte, aber sie kannte ausreichend Statuen und wusste ja auch besser als der Künstler, wie ihr Vater aussah. Ohnehin kamen ihr da ein paar Zweifel. "Ich könnte mir gut vorstellen, dass mein Vater und dieser Aculeo sich dort drüben kennengelernt haben." Sie deutete zu der Gaststätte gegenüber. "Und Vater die Idee nach ein wenig Wein zuviel kam." Sie schüttelte den Kopf, schmunzelte dabei aber. In dieser Hinsicht kam sie leider sehr nach ihrem Vater.

    "Aber es hat ja auch etwas gutes, da hast du Recht." Und es war ja auch ihr sehr recht. Sie erwiderte Vindex' Lächeln. Es war schön, dass er sich freute.

    Phoebe folgte dem Jungen in den Hortus. Sie sah sich kurz und es gefiel ihr hier auf Anhieb. Warum auch nicht? Es war gepflegt und üppig, und vermutlich der richtige Ort, wenn man ein paar Schriften studieren wollte. Zumindest, wenn es nach ihr ginge. Sie nickte dem Jungen zu und setzte sich in die angebotetene Laube. Nur kurz wunderte sie sich über die Gesichtsfarbe des Jungen, war dann aber selbst zu nervös um sich mehr Gedanken als nötig darüber zu machen. Es war ihr ja eh rech egal, was dieser dachte. Stattdessen schaute sie einem Wasserspiel zu und trippelte mit den Fingern auf der Lederrolle herum.

    Die Antwort des Mannes war die Befürchtete. Nun, zum Teil zumindest: Er war offensichtlich noch nicht besonders weit, was aber ebenso bedeutete, dass Phoebe noch viel Zeit in Rom haben würde. Und das war doch gut!

    Sie nickte und überbrückte die Distanz zwischen sich und dem Marmor, ging einmal prüfend darum herum um den Stein scheinbar fachmännisch zu mustern. Aus ihrer Warte sah damit alles in Ordnung aus. "Und wann wird man .. etwas mehr sehen können?" fragte sie vorsichtig.

    "Oh, ich denke in nur wenigen Wochen wird man bereits erste Konturen erkennen!" stellte der Künstler stolz fest und nahm die Gelegenheit wahr, sich auf einen bereitstehenden Stuhl zu setzen um einen Schluck Wein aus einem Becher zu nehmen.


    Phoebe beobachtete das mit vielsagendem Blick und kehrte zu Vindex zurück. "Ich verstehe. Nun, ich werde von Zeit zu Zeit vorbei schauen, um euren Fortschritt zu bewundern, wenn das Recht ist?"

    Das war es anscheinend "Selbstverständlich," meinte Aculeo, offensichtlich mit sich und der Welt zufrieden.

    So verabschiedete man sich und fand sich bald wieder auf der Straße wieder.

    "Das war... in etwa das, was man von einem Künstler erwarten konnte, oder?"

    Prompt verzog die Weitgereiste den Mund ein wenig. Man hatte das zweifellos erwarten können, aber es war ja auch eine gute Nachricht verpackt: Sie war hier richtig, und der Dominus war im Hause. Der Rest war ja kein wirkliches Problem. Sie fing ihre Lippen wieder ein.

    "Einen konkreten Termin habe ich nicht, nein. Aber ich bin hier, um ein altes Versprechen einzulösen. Ich habe etwas für ihn." Womit sie auf die lederne Rolle an ihrer Seite klopfte. Immerhin hatte sie damals wirklich versprochen, mal Rom zu besuchen. Und ihm eine dieser Schriften mitzubringen, die er anscheinend tagelang studieren konnte. "Möchtest du das bitte ausrichten?"

    Fragte sie also noch etwas zuckersüßer.

    Nach einer eingehenden Musterung der Umgebung ging es also los. Mit Vindex im Schlepptau betrat Phoebe die Werkstatt und folgte den Klängen des Hammers. Oder war es ein Meißel? Nun, zumindest wurde recht schnell klar, weshalb man mit so einem Nachbarn eine Weinschwemme in der Nähe benötigte.

    Die Werkstatt machte einen guten Eindruck, und letztlich stand man also in einem kleinen Innenhof, in dem der Künstler wohl seine Werke erstellte. Offenbar bot das Tageslicht die besten Bedingungen dafür. Ein drahtiger Mann mittleren Alters mit nur noch wenigen Haaren auf dem Kopf stand dort vor einem noch kaum behauenen Marmorblock und schien wahllos Schläge mit einem Meißel zu verteilen.

    "Salve! Seid ihr Meister Volusus Tadius Aculeo?" Fragte Phoebe zwischen zwei Schlägen. Promt zuckte der Mann zusammen, wirbelte herum und blickte die Zwei fragend an.

    "Ja.... Ja, Salve, der bin ich. Was kann ich für euch tun? kam die Antwort, während er die Neuankömmlinge kritisch musterte.

    "Mein Name ist Antonia Phoebe. Ich bin die Tochter von Faustus Antonius Nerulinus, und bin hier, um die Erstellung seiner Statue zu ... überprüfen." Sie reckte das Kinn ein wenig.

    "Antonia... Antonius Nerulinus." Er schien kurz zu überlegen, dann nickte er. "Freut mich. Nun, wie man sieht, ich bin bereits dabei, die Theorie in die Tat umzusetzen." Wobei er hinter sich deutete.

    Die Geschichte mit der Aufsicht über die Herstellung einer Statue, weswegen Phoebe eigentlich in Rom war, hielt zwar recht gut als eine gewisse Ausrede her, um Pergamon zu verlassen und für ein paar Wochen, Monate oder vielleicht auch länger fort zu bleiben, aber es war tatsächlich nicht der einzige Grund, weshalb die junge Frau hier war. Beziehungsweise, es gab zumindest noch etwas Anderes, was sie sich fest vorgenommen hatte, und worauf sie sich mindestens genau so gefreut hatte wie die Tatsache, die etwas verschlafene Stadt in Asia für eine Zeit hinter sich zu lassen.


    Es war schon an die zehn Jahre her und Phoebe war damals noch eine Heranwachsende gewesen, aber die Wochen im Winter hatten damals einen gewissen Eindruck auf das Mädchen gemacht. Der Geschäftspartner, der damals übergangsweise in ihrem Hause gewohnt hatte, um ein paar Schriften vor Ort zu studieren (oder so etwas in der Art, sie war, wie gesagt, noch recht jung gewesen), hatte ihr zunächst fast ein wenig Angst gemacht, doch als man irgendwann einmal ins Gespräch gekommen waren, hatte Phoebe mit Begeisterung seinen Erklärungen gelauscht, was er denn dort lese, und sie war für den Rest seines Aufenthaltes gerne immer wieder gekommen.

    Nun, der Kontakt wurde natürlich nicht derart intensiv aufrecht erhalten, als der Gast wieder abgereist war, aber noch oft, wenn die Rede von Rom gewesen war, hatte sie an den Mann gedacht, der so viel von seiner Heimat gesprochen und geschwärmt hatte.


    Und so war es auch gewesen, als sich ihre eigene Reise nach Rom herauskristallisierte. Sie wusste sofort, dass sie Gaius Aemilius Lepidus einen Besuch abstatten würde, das war gar keine Frage. Also hatte sie sich darauf vorbereitet, hatte, bald nachdem sie in Rom angekommen war, nach einem Wohnort gesucht, und diesen auch gefunden.

    Und nun war sie also da. Recht früh am Morgen war sie aufgebrochen, hatte sich per pedes auf den Weg gemacht und war dort nun am Vormittag nach etwas weniger als einer Stunde, sie hatte sich Zeit gelassen, angekommen. Die Villa Aemilia am Esquilin. Ein wenig abseits gelegen, aber das sagte ja nichts über das Haus selbst aus. Bei sich trug sie als Apophoreta eine kleine Amphore mit Falerner (sie hoffte, es war echter und der Händler hatte sie nicht über den Tisch gezogen) und eine Dokumentenrolle, welche sie eigens aus Pergamon mit sich brachte.

    Gekleidet in eine gegürtete Tunica, die Haare zurückgebunden, klopfte Phoebe an die Tür, und sollte man reagieren, würde sie sich als "Antonia Phoebe, aus Pergamon," vorstellen, "Ich möchte Gaius Aemilius Lepidus sprechen." Ein wenig nervös war sie ja durchaus.

    Mit Vindex' Zustimmung verließ man den kleinen Zwischenstopp und machte sich weiter auf den Weg nach Südosten, gen Caelius. Der Weg viel nun noch etwas leichter, von dem Wein, und wenn es noch so wenig war, blieb man beschwingt. Wie man den Handwerker - oder vielleicht war es gar ein Künstler - finden würde, wusste sie nicht, aber es würde sich schon herausstellen.


    Als man dann schließlich im besagten Stadtteil ankam, war man zunächst etwas ratlos, doch die Lösung war dann recht einfach: Der erstbeste Passant wurde höflich und konnte auch direkt weiterhelfen. Nur um zwei weitere Ecken muss man noch gehen, und schon war man da, und, tatsächlich, man hört die verräterischen Schläge des Hammers. Und sofort ahnte Phoebe auch, weshalb ihrem Vater ausgerechnet hier die Idee gekommen war, sich selbst abbilden zu lassen: Direkt auf der anderen Straßenseite befindet sich ein weiteres, etwas edleres Gasthaus.

    Mit ein wenig Wein kamen einem manchmal die verrücktesten Ideen, das wusste sie selbst nur zu gut.

    Und tatsächlich fand sich an dem Haus, welches wohl ihr Ziel war, eine Inschrift: "Volusus Tadius Aculeo. Das wird es wohl sein," liest Phoebe vor und schaut zu Vindex. "Dann wollen wir mal."

    "Auf uns! Da bin ich mir sicher. es ist wirklich..." Sie schüttelte den Kopf. "Naja, fast wie früher. So vertraut." Sie nahm einen weiteren Schluck und betrachtete ihn über den Rand ihres Bechers hinweg. Es fühlte sich gut an, aber andererseits war es auch mehr als genug Wein für diese Stunde. Sie sollte sich zügeln, so ein Wildfang wie sie es manchmal war.


    "Nun, dann lass uns den Bildhauer aufsuchen, oder?"

    Sie zuckte mit den Schultern. "Ich gebe zu, ich kenne mich da nicht wirklich aus. Du wirst schon das richtige tun." Sie hob den Becher und stieß an. "Auf deine Karriere. Falls ich dir irgendwie helfen kann..."

    Phoebe machte große Augen, als Vindex seine Ziele verriet. Sie hielt es für weniger tragisch, dass er dies einfach so in der Öffentlichkeit tat, denn letztlich durfte ja jeder seine Wünsche haben, nicht wahr? Dennoch: "Oh, das ist wirklich ... ehrgeizig. Ein wenig mehr als die meinen," grinste sie vergnügt.

    Als er die Stimme etwas senkte, tat auch sie ihm das dann gleich und schüttelte den Kopf, dass die Locken nur so flogen. "Aber ganz und gar nicht! Pergamon... das wäre ja etwas! Ich bin mir sicher, wenn das jemand schaffen kann, dann du! Du warst schon immer so zielstrebig und fleißig!"

    Sie hob ihren Becher. "Lass uns darauf trinken!"

    Phoebe stutzte kurz bei seinem Kompliment, dann lächelte sie. "Danke, das ist nett von dir!" Letztlich würde aber auch das, selbst wenn dem wirklich so war, nur bedingt helfen, denn es ging beim heiraten ja meistens um Anderes. Dennoch waren die Worte wirklich nett. Dann lauschte sie seiner Erklärung. Nickte dabei einmal, zweimal. "Verstehe. Und nun möchtest du dieses Wissen hier in Rom anwenden?"

    Phoebe schwieg für einen Moment und blickte ihn nachdenklich an. Dann lächelte sie und winkte ab. "Es gibt keinen Grund für eine Entschuldigung. Es ist ja eben recht offensichtlich, und es hat keinen Sinn, es zu verschweigen. Ganz so wie du eben der Herumtreiber aus Asia bist." Zumindest für politische Gegner. Sie zwinkerte ihm zu und zuckte dann mit den Schultern. "Es ist nicht das, was man sich gemeinhin so vorstellt, aber ich werde damit leben müssen und das Beste daraus machen. In Pergamon habe ich es allerdings nicht mehr länger ausgehalten. Und vielleicht lerne ich ja hier jemanden kennen." Das würde sich ergeben. Oder eben nicht. Sie aß noch etwas mehr Käse.

    "Hmm, erst einmal eben bis die Statue fertig ist. Und dann..." Sie seufzte, verzog den Mund. "Dann werde ich ja sehen, ob es mir hier immer noch gefällt oder ob ich zurück nach Pergamon gehe um dort zu tun, was man von mir erwartet." Sie blickte Vindex an, er wusste natürlich, was sie meinte, er hatte es ja selbst angedeutet. Wieder heiraten, wen auch immer ihr Vater für geeignet hielt. "Ich weiß, dass es ungewöhnlich ist. Aber ich habe es mir ja nicht ausgesucht."

    "Du hast wohl Recht. Sicher ein komisches Gefühl, so ein Leben auf der Reise. Ich denke nicht, dass dies etwas für mich wäre," sinnierte sie und wechselte dabei wieder das Thema. Gerade nach der Reise hierher hatte sie erst einmal genug von Schiffsreisen, und über Land war es kaum angenehmer. "Aber wenn man hier in Rom ist, hat man ja vermutlich auch genug zu sehen für eine lange Zeit."

    Der Wirt stört nur kurz, aber am Wein ist nichts auszusetzen. Natürlich ist er einfach, aber eben das, was man hier und jetzt erwarten sollte. Mein alter Freund möchte ein wenig Zeit gewinnen, das denke ich mir zumindest.

    Dann aber erzählt er, und natürlich hat er Recht. Doch so leicht lässt Phoebe ihn nicht davon, das Thema ist zu interessant. Immerhin hat sie sich ihm ja quasi auch bereits offenbart. "Ein Jahr ist aber genug, um eine Frau kennenzulernen," schmunzelt sie. Welcher Art auch immer. "Naja, hier in Rom wird sich alles finden." So war es ja schon immer gewesen, nicht?

    Woher die Eile kam konnte sie selbst nicht sagen. Dabei war man doch schon längst über oberflächliches Geplauder hinaus und sprach über wirklich spannende Dinge. Ganz wie früher.

    Nein, natürlich gänzlich anders als früher, aber nicht weniger persönlich. Es war schön. Man hatte sich zehn Jahre kaum gesehen und konnte einfach so drauf los plaudern. Ein wenig Wein trinken und den Tag schon jetzt einfach dahinplätschern lassen.

    Phoebe lachte bei der Anekdote, es war eine lustige Vorstellung. Dann schaute sie nachdenklich zu Vindex. "Du hast ja Recht. Weißt du, je nachdem hättest du auch dort enden können. Immer wolltest du alles so genau wissen." Sie schüttelte den Kopf, nahm nun wieder etwas Wein und beobachtete ihn über den Rand ihres Bechers hinweg. Dann setzte sie den Becher ab, lehnte sich vor und stützte ihr Kinn demonstrativ auf ihre Hand. "Du bist meiner Frage ausgewichen. Warum bist du noch nicht verheiratet?" Sie hob eine Augenbraue.

    Vindex' Kommentar wurde erst einmal nur mit einem vielsagenden Blick und einem Lächeln bedacht. Phoebe achtete durchaus auf ihr Äußeres und ihre Erscheinung, und es war immer schön, so etwas zu hören. "Danke," hauchte sie schließlich. Auch wenn man sich seines Aussehens bewusst war, tat das gut.


    Die Pläne des Anderen klangen dabei auch sehr spannend und deutlich vielversprechender als die ihren. Sie selbst hatte erstmal die Nase voll von Plänen. "Also... wenn es einer schaffen wird, dann du. Da bin ich mir sicher." Und natürlich gehört dazu auch eine einflussreiche Frau, die Vindex sicher finden wird, keine Frage. Ob ihm das bewusst war oder nicht. Dass er nicht alles verraten wollte, war verständlich, so gut kannte man sich dann eben doch nicht. Und auch sie hatte ja nur einen groben Überblick gegeben. Phoebe nahm sich noch eine Scheibe Wurst und steckte sie in den Mund. "Nun, vielleicht sollten wir weitergehen?"

    Ein wenig in Gedanken nahm sich Phoebe ein paar Trauben und knabberte daran. Sie selbst hatte auch keine guten Erfahrungen mit Ephesus gemacht, daher konnte sie seinen Kommentar nachvollziehen, wenn wohl auch aus anderen Beweggründen. Sie war dort nur kurz glücklich gewesen und hatte länger gelitten.


    Sie wog den Kopf ein wenig hin und her bei seinen Worten. Dann starrte sie ihn an, den Mund leicht geöffnet. "Meinst du? Ich meine: Ja, das will er sicher. Immerhin weiß er ja, das... ach, ist ja auch egal." Dann grinste sie wieder. "An den Bildhauer hatte ich noch gar nicht gedacht." In den Augen leuchtete der Witz. "Vielleicht möchte er ja stattdessen mich in Stein meißeln?" Gespielt setzte sie sich kurz in Position, dann lachte sie. "Ach, ich glaube nicht. Es war mein Wunsch, hierher zu kommen. Um einfach mal etwas anderes zu sehen, das kennst du ja sicher."

    Sie nahm sich etwas Käse und schaute dann ihr Gegenüber an.


    "Nun, das ist es also. Nicht schön, aber zum Glück nun vorbei. Es kann weitergehen. Und was ist mit dir?" Und den Frauen, das meinte sie, sagte es aber nicht.

    Vindex merkte offensichtlich schnell, dass mir die Sache nah ging und ernst war, und damit lag er ja auch ganz richtig.

    Rasch verließ man den bisherigen Weg und suchte sich einen Ort, an dem man in Ruhe reden konnte. Zumindest etwas besser als einfach so im Gehen auf der Straße.


    Es fühlte sich auf jeden Fall besser an, als man an einem Tisch saß und man ein paar Kleinigkeiten zum Frühstück und sogar etwas Wein vor sich stehen hatte. Phoebes ernster Gesichtsausdruck hellte sich sichtlich auf, als Vindex seine Vermutung äußerte. Sie lehnte sich vor und schüttelte den Kopf, dass ein paar ihrer Locken flogen. "Oh, nein, keine Sorge. Ich bin geflohen, ja, aber nicht so, wie du denkst." Wobei die Vorstellung natürlich reizvoll, weil so verwegen war.

    "Es war leider weniger spannend, aber deswegen nicht weniger aufreibend." Nun seufzte sie wieder, wechselhaft wie die momentan verhasste See, so war sie eben.

    "Ich war verheiratet. Ganz ordentlich und mit besten Absichten. Manius Asinius Lenaeus hieß er, ein wenig älter noch als du, aber eine gute Partie für meinen Vater, Sohn eines Händlers aus Cappadocia, der die Familiengeschäfte in Asia führen sollte. Wir wohnten teilweise in Ephesus und verstanden uns gut." Sie nahm einen Schluck Wein und starrte in den Becher.

    "Ich mochte ihn, er sah recht gut aus und war erfolgreich." Wieder atmete sie tief ein. "Ich wollte ihm gerne Erben schenken. Viele, meinetwegen. Aber... es hat nicht sollen sein."

    Nochmal setzte sie den Becher an, stellte ihn aber wieder ab, ohne zu trinken. Blies die Luft aus dem Mund nach oben und damit eine störrische Locke aus dem Gesicht.

    "Es war nicht so einfach. Wir haben es vermutlich viel zu lange versucht und ausgesessen. Nun, und vor einem Jahr haben wir uns scheiden lassen. Vater war enttäuscht. Das hat er nicht so gesagt, aber ich wusste es. Es war schrecklich, wieder zu Hause zu wohnen." Sie schaute wieder zu Vindex.

    "Rom ist zum Glück weit weg von Pergamon." Letztlich erklärte dies wohl alles. Und auch, weshalb sie keine Eile hatte, mit dem Bildhauer.

    "Mein lieber Vindex, der strebsame Junge von damals hat ja bereits die ganze Welt gesehen!" Phoebe war ehrlich beeindruckt! Verständlich, denn für sie war bis auf ein paar wenige, kurze Reisen in die Umgebung Pergamon das Zentrum der Welt gewesen und geblieben. "Wo hat es dir denn am Besten gefallen? Und warum? Oh, und was genau hast du nun hier in Rom vor?" Womit sie auf seine gestrige Rede anspielte. Das war ja wirklich nochmals interessanter.


    Gerade wollte sie auch ihn fragen, wie es bei ihm in Sachen Ehe stand, als er ihr zuvor kam. Plötzlich verschwand das Lächeln aus ihrem Gesicht und sie verzog den Mund zu einer Grimasse. "Oh, Vindex..." seufzte sie und hielt im Gehen inne, versuchte, ihn am Arm zu fassen und zum Stehen zu bringen. "Das ist leider keine schöne Geschichte. Lass uns eine Kleinigkeit essen, vielleicht sogar einen Wein trinken. Bitte." Sie setzte einen flehenden Hundeblick an, der schon immer bei ihrem Vater gut funktioniert hatte.