"Ach, mit Schlawinern kann ich umgehen, keine Sorge," grinste sie. Dabei amüsierte sie sich weniger darüber, dass der Diener anscheinend immer noch jungen Frauen nachstarrte, sondern vielmehr, dass die beiden älteren Herren sich sicherlich einander brauchten, auch wenn das hier gar nicht danach klang. Vermutlich gab es regelmäßig ein paar Frotzeleien, aber ohne das Gegenstück würde jedem sicher auch etwas fehlen. Ein wenig wie ein altes Ehepaar eben. Phoebe fand dies allerdings recht sympathisch. Man musste sich nicht immer nur Honig ums Maul schmieren.
Der Grund, weswegen sie sich an ihn lehnte war keinesfalls Mitleid oder gar die Hoffnung, dass sie damit etwas erreichen könnte, was auch immer das sein sollte. Nein, es war einfach Ausdruck einer gewissen Verbundenheit und Dankbarkeit, die sie spürte, und wenn es nur so war, weil er nicht über sie urteilte oder sie zurechtwieß, weil sie noch nicht wieder verheiratet war. Stattdessen hörte er zu, verstand ihr Problem und machte ihr sogar Mut. Das tat einfach gut und es fiel ihr ein Stein vom Herzen. Denn er hatte ja Recht, sie war wirklich noch jung und noch lange war nicht aller Tage Abend.
Auch sein Ratschlag war praxisnah. Dinge geschahen, eben einfach so, aber es lag an einem selbst, was man daraus machte, ganz richtig.
Die Segel richtig setzen, die Karten auf der Hand richtig ausspielen, seine Ziele den Umständen anpassen. Dies alles sagte letztlich das Gleiche aus, und alle Analogien stimmten gleichermaßen: Es war nicht immer alles so, wie man sich das wünschte, aber man war selbst seines Glückes Schmied und musste das Beste daraus machen. Und genau das hatte Phoebe ja auch vor. "Tja weißt du, deshalb bin ich ja nach Rom gekommen. Ich brauchte eine Veränderung. Vater hat mich da zum Glück unterstützt." Und das rechnete sie ihm hoch an. Sie war nichtmal sicher, ob ihm überhaupt irgendetwas an der Statue lag oder ob das nur ein Vorwand für sie war.
"Ich hätte dich gerne auch früher gekannt. Wäre gerne mal mit dir um die Häuser gezogen." Sie schaute ihn einen Moment nachdenklich an, dann wandte sich die Aufmerksamkeit aber ihrem Geschenk in der Laube zu. Die Zeit verging, und manches kam eben nie wieder. Auch hier musste man eben das Beste daraus machen statt solchen Dingen nachzuhängen, es führte ja zu nichts.
An der Laube löste sie sich von ihm - durchaus darauf achtend, dass sie ihn nicht aus dem Gleichgewicht brachte - und trat zu ihren Mitbringseln. Zunächst hob sie die handliche Amphore "Ein wenig Falerner. Ich glaube, du hast mir mal davon erzählt." Nicht, dass er ihn sich nicht selbst leisten könnte, aber wie so oft zählte die Geste allein.
Nicht so bei ihrem anderen Geschenk. Ein wenig nervös, da sie sich damit wirklich bemüht hatte, hielt sie ihm die Lederrolle entgegen. "Es ist eine Abschrift von Krattipos von Pergamon. Es war gar nicht so leicht, so etwas zu finden." Sie nestelte ein wenig nervös mit der freien Hand am Stoff ihrer Tunica. Phoebe hatte extra bei einem Schriftgelehrten angefragt, der ihr dieses Dokument besorgt hatte und dafür eine Menge Münzen bezahlt. Dabei konnte sie unmöglich sagen, ob es sich wirklich um das handelte, was sie sagte oder eine Fälschung war. Auf jeden Fall berichtet auf der Notiz angeblich besagter Krattipos von einem Traum, in dem er eine verflossene Liebe wiedergetroffen hatte und diese Liebe erneuert hatte. Wie genau, beschreibt er nicht, sondern deutet höchstens an. Am Morgen verspürte er dann eine große Sehnsucht nach der Frau, die er schon ewig nicht mehr gesehen hatte.