Beiträge von Aulus Iunius Tacitus

    Ich massierte meine Nasenwurzel mit meiner rechten Hand. Das wurde ja immer schlimmer.


    "Ist die immer so?" fragte der Schuster.


    Ich zuckte mit den Schultern.


    "Keine Ahnung. Ich habe sie eben erst gekauft."


    Der mitleidige Blick des Schusters hob meine Stimmung nur wenig.


    "Hör zu, wir können sie so nicht liegen lassen. Du und," ich drehte mich um, "Terpander, ihr bringt sie jetzt in die Werkstatt."


    Mit meiner Toga war ich zu sehr eingeschränkt, um irgend eine körperliche Arbeit zu erledigen. So ging es für Artemisia also in den Hinterraum, in dem der Schuster seine Werkstatt hatte. Auf mein Zeichen wurde die Sklavin auf einen Tisch gelegt.


    "Terpander, geh zum Domus Iunia, bring noch zwei Sklaven mit und eine Tunika."


    Den Blick, den ich von ihm erhielt, wusste ich zu deuten. Aber ich würde diese Sklavin behalten. Ich nahm mir vor, es als Forschungsprojekt zu sehen. Könnte man aus diesem Tollpatsch irgend etwas machen, das nicht eine Gefahr für alles in ihrer Umgebung war? Ansonsten könnte man sie immer noch an Feinde Roms verschenken. Die wären dann innerhalb kürzester Zeit handlungsunfähig bei dem Ausmaß an Zerstörung, das Artemisia anrichten konnte.


    Ich betrachtete sie, wie sie bewusstlos da lag. Eigentlich war sie ja recht hübsch. Dann fiel mein Blick auf ihre Füße. Sie waren leicht geschwollen. Ich seufzte.


    "Die Sandalen sind zu eng. Wir brauchen sie etwas größer. Nimm sie bitte ab und bringe größere."


    Der Schuster schaute mich ungläubig an.


    "Na los, mach schon. Dein Schaden wird es nicht sein."


    Der Schuster schüttelte den Kopf und nahm ihr die Sandalen ab. Ich dachte mir nur, dass es natürlich nicht sein Schaden wäre, denn es war meiner! Dann verschwand er kurz im Verkaufsraum und brachte neue, die er Artemisia auch gleich anzog. Sie schienen zu passen.


    Ich betrachtete ich das blutende Bein. Es sah etwas komisch aus. Vielleicht war es gebrochen? Was hatte ich nochmal am Museion dazu gelernt? Es war so lange her, und Medizin hatte mich recht wenig interessiert. So grübelte ich erst einmal, was zu tun war.

    Was bei allen Göttern hatte ich mir da ins Haus geholt? Der Schuster fluchte und rannte zum Schrank. Dabei sah er erst mich böse an, dann Artemisia. Ich selbst merkte, wie meine Selbstbeherrschung bröckelte. Ohne lange nachzudenken, schubste ich Artemisia in Richtung Schuster.


    "Ich entschuldige mich für meine Sklavin. Artemisia, hilf ihm, den Schrank wieder aufzustellen! Und mach keinen Fehler! Überhaupt, was stellst du hier an?"


    Jede Ruhe war aus meiner Stimme entwichen. Langsam wurde ich wütend. Ich hatte immer noch zu viel gezahlt. Viel zu viel.

    "Deine Aufgaben erfährst du im Domus Iunia."


    Ich blieb weiterhin ruhig. Allerdings nur, bis sie mir das mit dem Kleid erzählte und ich das Malheur sah.


    "Dann halte den Riss verdammt noch mal zu! Wir kaufen zuerst Schuhe, dann eine neue Tunika."


    Meine Stimme klang ein wenig genervt.


    Sim-Off:

    Wir machen im Thread "[Trajansmärkte] Calcei et amplius" weiter.

    "Mit Dominus, oder in ganz korrektem Latein, wenn du mich direkt ansprichst: Domine."


    Meine Stimme war ruhig und emotionslos. Sie würde lernen, da war ich mir sicher. Wer Fragen stellte, dachte nach. Das war ein gutes Zeichen.

    Ich war mir gerade nicht mehr sicher, ob ich eine Dummheit begangen hatte. Bevor Terpander allerdings reagieren konnte, intervenierte ich.


    "Der große Zenon von Kithion sagte 'Die Natur hat uns nur einen Mund, aber zwei Ohren gegeben, was darauf hindeutet, dass wir weniger sprechen und mehr zuhören sollen'. Und ich möchte ergänzen, dass mein Magister Alexios zu sagen pflegte, dass man immer zuerst gut nachdenken sollte, bevor man spricht. Beherzige diesen Tipp und du wirst es bei uns gut haben."


    Kurz sah ich Terpander an und mein Blick sagte ihm, dass er sich zurückhalten sollte. Noch wollte ich erst einmal versuchen, ob ich nicht die didaktischen Fähigkeiten, die ich zur Unterweisung der Studenten am Museion gelernt hatte, auch bei Sklaven einsetzen konnte.


    "Und nun wollen wir dir erst einmal Schuhe organisieren, damit deine Füße nicht unnötig beschädigt werden. Die Straßen Roms sind nicht unbedingt gut zum barfuß gehen."


    So gingen wir dann zu den Trajansmärkten, wo ich einen günstigen Schuster kannte.

    Vom Sklavenmarkt kommend, kamen wir in den Trajansmärkten an. Unter den vielen Tabernae waren zwar mehrere Geschäfte für Schuhe, aber "Calcei et amplius" war der günstigste mir bekannte Schuster. Das lag sicher auch daran, dass er immer über ein Sortiment vorgefertigter Schuhe in verschiedenen Größen hatte.


    So betraten wir das Geschäft und ich sprach den Inhaber direkt an.


    "Salve, wir benötigen Schuhe für meine neue Sklavin. Sandalen, nicht zu teuer, aber haltbar. Optik ist nicht wichtig, so lange sie nicht zu billig aussehen. Und natürlich passen."


    Der Händler sah mich kurz an, dann Artemisia.


    "Für die da?"


    Ich nickte.


    "Verstehe, wartet einen Augenblick."


    Es dauerte nicht lange, bis der Händler aus einem Regal ein paar einfacher Sandalen aus Naturleder nahm. Die Sohle war genagelt, so dass sie länger halten würde.


    "Die sollten passen."


    Ich deutete Artemisia an, näher zu kommen.


    "Probiere sie an, Artemisia. Wenn sie passen, ist es gut, sonst müssen wir eben ein weiteres Paar anprobieren."

    Ich wandte mich an den iunischen Maiordomus.


    "Terpander, du wirst Titus Tranquillus das Geld noch heute überbringen."


    Dann wandte ich mich an den Sklavenhändler.


    "Du wirst Terpander," wobei ich auf Besagten deutete, "gegen das vereinbarte Entgelt die Kaufurkunde übergeben. Ich erwarte eine ordentliche Kaufurkunde, inklusive der Auflistung der Vorbesitzer. Auf jedwede Einrede bezüglich der Beschaffenheit der Sklavin verzichte ich. Du kannst also vermerken, sie sei gekauft wie gesehen, ohne besondere Eigenschaften."


    Schließlich wandte ich mich an Artemisia.


    "Es ist mir völlig egal, als was dich deine vorherigen Herren eingesetzt haben. Ich werde prüfen, welche Tätigkeiten du am effizientesten ausführen kannst. Eines merke dir: Du bist keine Lustsklavin. Ich erwarte, dass du dich dem Haushalt der Gens Iunia würdig erweist. Wir sind eine angesehene Gens. Insbesondere wirst du dich nicht ungefragt ausziehen. Die einzige Ausnahme ist die Körperpflege. Dazu muss man sich ja zwangsläufig ausziehen. Du wirst stets sauber und gepflegt aussehen. Deine Manieren werden wir, falls nötig, anpassen. Neben mir wird vor allem Terpander," ich deutete auf ihn, "für dich wichtig sein. Er ist unser Maiordomus. Was dir ein Iunier sagt, ist Gesetz. Ist kein Iunier da, dann ist das, was Terpander dir sagt, Gesetz für dich. Hast du alles verstanden?"

    Vom Campus Martius über die Via Flaminia kommend, erreichten wir das erste der Kaiserforen, das Forum des Traian. Genauer gesagt den äußersten Ausläufer, den Tempel Trajans. Hinter diesem war die imposante Trajanssäule zu sehen und die nicht minder imposante Basilica Ulpia. Rechts von uns befand sich der Tempel der Iuno Moneta und der Weg auf das Kapitol.


    "Hier sind wir nun, fast im Zentrum der Welt. Die Foren der Kaiser. Links von uns siehst du den Templum Divi Traiani und dahinter ist mein Arbeitsplatz, wenn man so will. Die Basilica Ulpia. Darin findest du die Exedra der Praetoren. Zwischen dem Tempel und der Basilica siehst du auch ein Gebäude. Das ist der eine Teil der Bibliotheca Ulpia. Sie verfügt über zwei Gebäude, eine griechische und eine lateinische Sammlung. Und zwischen beiden erkennst du die Säule, auf welcher der Senat die Leistungen von Divus Traianus ließ. Laut Inschrift zeigt die Säule an, wie hoch der Hügel an dieser Stelle war, bevor das Forum errichtet wurde. Es ist übrigens recht neu. Als ich nach Alexandreia ging, waren noch einige kleinere Bauarbeiten zu Gange."

    Terpanders Blick gab mir zu denken. Würdig wäre diese Sklavin sicher nicht. Oder noch nicht? Was seine Aussage über Lernfähigkeit anbetraf, so war ich nur bedingt seiner Meinung. Ich war eher davon überzeugt, dass jeder Mensch einen bestimmten Mix an Fähigkeiten von den Göttern erhalten hatte. Nach welchem Prinzip diese verteilt wurden, erschloss sich mir noch nicht. Fraglich war natürlich, welche Fähigkeiten man hatte. Die offenkundigen Fähigkeiten konnten auch nur ein Schein sein, hinter denen sich die wahren Fähigkeiten verbargen. Dies bezeichnete ich als Potenzial eines Menschen. Die Frage war: Hatte diese Sklavin Potenzial? Und das brachte mich zu Terpanders Frage. Sie treffend formuliert. Wog der Nutzen, oder das Potenzial, die notwendige Mühe auf?


    Die Erwägungen zu einer weiblichen Sklavin hatten natürlich auch etwas für sich. Doch war auch hier die Frage: Hatte genau diese Sklavin das nötige Potenzial? Andererseits konnte ich sie auch jederzeit verkaufen oder, zur Not, freilassen, wenn der Aufwand zu groß wurde.


    Langsam drehte ich mich zum Sklavenhändler.


    "Eine Lustsklavin suche ich nicht. Und doch bin ich bereit, sie zu erwerben. Nicht, weil sie es wert wäre. Auch nicht, um dir eine Freude zu machen, Tranquille. Ich will nur diese unsägliche Situation beenden. Denn die Vestalin hatte Recht. Es ist eine unsägliche Situation. Danke Fortuna, dass die Vestalin auftauchte. Ohne sie wäre ich einfach gegangen. Doch 500 Sesterzen sind zu viel. Ich biete 250 Sesterzen, dafür nehme ich sie auch direkt mit. Angezogen, versteht sich. Alternativ biete ich 300 Sesterzen, wenn du sie noch mit Sandalen zu ihrem Chiton ausstattest und zur Domus Iunia bringst. Deine Entscheidung."


    Der Gewinn wäre bei der zweiten Option größer, konnte man doch bereits für 20-30 Sesterzen halbwegs brauchbare Sandalen erwerben.


    "Wenn die sie zur Domus Iunia bringst, erwarte ich allerdings, dass sich ihr Zustand nicht verschlechtert."

    Das war ja ein hervorragendes Timing! Nun gut, wir mussten ohnehin weiter.


    "Folge mir."


    Ich ging wieder auf die Via Flaminia. An einer Hausecke in einer Seitengasse standen Amphoren, die eigens für den von Stilo benötigten Zweck hier aufgestellt waren. Es stand auch gerade jemand davor und erleichterte sich, was bei dem Gedränge nicht ganz einfach war. Und der hatte keine Toga an.


    "Pass auf deine Toga auf!" sagte ich noch und meinte es ernst.

    Als sich die Sklavin entkleidete wandte ich mich ab. So etwas war definitiv nicht die Art von Sklavin, die der Gens Iunia würdig war. Jedoch kam ich nicht weit, da eine Vestalin meinen Weg kreuzte. Die Reaktion der Vestalin entsprach ziemlich genau meiner, doch war ihr Ausruf, ob den niemand dem Treiben Einhalt gebieten wollte, etwas, das irgendwie in meinem Kopf hallte. Theoretisch könnte man dem Tun sehr leicht einen Riegel vorschieben. Man müsste die Sklavin nur kaufen, und das Problem wäre zumindest aus der Öffentlichkeit. Doch wieso sollte ich so etwas tun?


    Dann erblickte ich Terpander, dessen Nicken ich kaum merklich - er würde es dennoch merken - erwiderte. Und so ging ich auf ihn zu, während die Sklavin noch einmal ihre Fähigkeiten bewarb und zumindest versuchte, ihren Körper zu bedecken. Nun gut, da schien eine gewisse Stufe an Lernfähigkeit zu sein. Dennoch... und dann sprach mich Tranquillus an. Er konnte mir schriftlich geben, was er wollte, 500 Sesterzen waren mir für diese Sklavin immer noch zu viel. Schließlich erreichte ich Terpander.


    "Was sagst du als unser Maiordomus dazu? Besteht irgend eine Hoffnung, aus ihr eine anständige Sklavin zu machen, die unseres Hauses würdig ist?"


    Ich wusste es wirklich nicht.

    Die Erfüllung sexueller Bedürfnisse interessierte mich eher wenig. Meine Philosophie lag eher in der Enthaltsamkeit, so lange man keine Kinder des eigenen Standes zeugen konnte. Der Rest... jagen und häuten - uninteressant. Wäsche waschen, putzen, Geschirr spülen - wenig interessant, aber wenigstens nützlich. Vielleicht doch ein Geschenk für Matidia? Nur, was war mir eine Sklavin ohne besondere Fähigkeiten wert?


    "Du würdest das ganz hervorragende Latein als Eigenschaft in einen Kaufvertrag schreiben?"


    Auf die Antwort war ich schon gespannt.

    Ich wartete erst einmal ab. 600 Sesterzen waren zwar ein guter Preis für eine gesunde Sklavin, aber da ich nicht unbedingt Bedarf hatte, hielt ich mich erst einmal zurück. Das Interessanteste war, dass er ihre Herkunft als Makedonin pries. Ob das der Wahrheit entsprach, würde sich zeigen. Andererseits fand ich es nun schon fast juristisch interessant, einmal nachzufragen.


    "Eine Makedonin, sagst du? Spricht sie Koine? Hat sie einen Dialekt? Kann sie überhaupt Latein?"

    Die Sklaven sah hinreichend interessant aus, damit ich in Erwägung zog, sie zu kaufen. Eine Frau im Domus Iunia wäre vielleicht gar nicht schlecht. Vielleicht würde ich sie aber auch nach Germanien mitnehmen und meiner Schwester schenken. Falls ich sie denn kaufen würde. Noch war ich skeptisch.

    "Nun, ehrlicherweise muss ich sagen, dass ich mein Wissen über das Theater des Pompeius und seine Geschichte von meinem Vater gelernt habe. Der hatte sie mir zum ersten Mal erzählt, als ich acht Jahre alt war und er mich über den Campus Martius geführt hatte."


    Es war eine schöne Kindheitserinnerung. Vor allem auch deshalb, weil mein Vater selten Zeit hatte und er sich bei den Führungen durch Rom immer viel Zeit genommen hatte. Entsprechend selten und wertvoll waren diese Momente für mich. Er freute sich sicher im Elysium, dass ich sein Wissen nun weitergab.


    Etwas erstaunt musste ich feststellen, dass auch Passanten gerne meinen Ausführungen zuhörten. Das erstaunte mich ein wneig, machte mich aber auch stolz.


    "Die Götter haben auf jeden Fall Rom stets geschützt. Und du hast Recht, dass die Götter uns in eine gute Zeit geführt haben."


    Mich freute es, dass Stilo das Wirken der Götter zu würdigen wusste. Obwohl ich selbst skeptisch war, ob es die Götter selbst waren oder nur ihr Logos. Diese philosophische Frage war aber nur wenig relevant, weil das Ergebnis identisch war und letztlich auch der Logos eines Gottes dessen Kern war, also durchaus ebenfalls identisch mit den wesentlichen Eigenschaften der Götter.


    "Die Götter sind übrigens ein gutes Stichwort. Der Mons Capitolinus ist nicht mehr fern. Folge mir."


    Mit diesen Worten ging ich weiter. Wie umrundeten den Häuserblock, in dem das Thermopolium war, und wandten uns nach links.


    "Das Theater dort wurde von Lucius Cornelius Balba Minor erbaut. Es ist nicht so groß wie der Bau des Pompeius, aber dafür ein recht schönes Theater. Weniger Protz, mehr Qualität."


    Wir gingen darauf zu, drängten uns aber durch den schmalen Durchgang zwischen dem Theater und dem Porticus Minucia. Wobei der Durchgang gar nicht so eng gewesen wäre, wären nicht die vielen Menschen gewesen, die sich in beiden Richtungen ihren Weg bahnten.


    Dann folgten wir der Straße zwischen Insulae hindurch, bis wir wieder auf die breite Via Flaminia trafen. Wir folgten ihr ein wenig nach rechts. Schließlich blieb ich stehen. Über den Resten der Servianischen Mauer thronte gut sichtbar das Kapitol, wobei der Tempel des Iuppiter Optimus Maximus ziemlich weit, am anderen Ende des Berges stand. Selbst auf diese Entfernung sah er aber imposant aus.


    "Hier, der erste Tempel nach der Mauer, ist der Tempel der Iuno Moneta. Und wenn du deinen Blick weiter nach rechts schweifen lässt, siehst du den Tempel des Iuppiter Optimus Maximus. Du erkennst ihn sehr gut am goldenen Dach."


    Das Dach glänzte hell in der Sonne. Ich fand es immer interessant, dass nichts den Glanz der Sonne so natürlich spiegelte wie Gold.

    Ich hatte mich ausnahmsweise einmal auf den Sklavenmarkt verirrt. Vielleicht war es Zufall, eine Laune oder ein Zeichen der Götter. Wirklichen Bedarf hatte ich nicht, dafür aber genug Geld. Und bekannt genug war ich inzwischen auch, zumindest, wenn man sich mit den Juristen in Rom auskannte. So stand ich, wie fast immer in Toga, da und wartete, was der Sklavenhändler präsentieren würde.


    Glücklicherweise war ich nicht offen in Erscheinung getreten, als es um Coira ging. Dass ich die Aurelier manchmal vertrat, war sicher bekannt. Doch hatte ich so viele Mandanten, dass dem kaum jemand Bedeutung bemessen würde. Ich tat es jedenfalls nicht, außer vielleicht als prestigeträchtige Referenz.

    "Wir sehen uns, Malorix," sagte ich zum Wirt, als wir gingen. Dann wendete ich mich an Stilo.


    "Ich danke dir für die Einladung zum Essen. Es wäre nicht nötig gewesen, aber ich weiß das zu schätzen."


    Wir gingen zwischen dem Thermopolium und den Thermen des Agrippa hindurch und fanden uns dann auch schon vor einer Ecke des Porticus Pompeia. Ich führte meinen Vetter noch ein Stück weit nach links, bis wir fast zentral vor der östlichen Fassade des Porticus standen. Ein ganzes Stück, sicher 400 Pedes, weiter hinten konnte man die Rückwand der Scaena erkennen.


    "Wir stehen nun vor dem Portikus des Pompeius. Dahinter kann man die Skené erkennen."


    Dass ich den Begriff griechisch aussprach, fiel mir nicht auf. Ebensowenig, wie es mir auffiel, wenn ich den Namen Alexandrias mit griechischem Akzent aussprach.


    "Das Theater war das erste Theater in Rom, das aus Stein erbaut wurde. Der Erbauer war Gnaeus Pompeius Magnus. Es stammte also noch aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg nach der Ermordung Iulius Caesars. Eigentlich waren damals keine festen Theaterbauten erlaubt, aber Pompeius hatte ganz oben auf den Rängen einen Tempel der Venus bauen lassen, so dass das Gebäude streng genommen als Tempel galt. Wie du siehst, gibt es öfter einmal Möglichkeiten, ein Gesetz zu umgehen, wenn es nicht sauber formuliert wurde."


    Ich ließ das kurz sacken, bevor ich weiter dozierte.


    "Der Porticus ist recht interessant. Wir sind hier immer noch außerhalb des Pomeriums. Pompeius hatte deshalb eine Curia im Porticus errichtet, damit der Senat hier auch mit Senatoren tagen konnte, die das Pomerium nicht betreten durften. Und genau diese Curia ist in gewisser Hinsicht eng mit der Geschichte unserer Gens und zugleich auch mit Divus Augustus verbunden. Es war diese Curia, und nicht die Curia auf dem Forum Romanum, in der sich der Senat an jenen schicksalhaften Iden des März versammelte, an denen Divus Iulius ermordet wurde."


    Ich zeigte auf das Gebäude, dessen Dach über die Außenmauer des Porticus ragte.


    "Dort, genau dort, wurde Divus Iulius ermordet. Genau dort war es Marcus Iunius Brutus Caepio, der zusammen mit anderen Verschwörern Gaius Iulius Caesar erdolchten. Sie mochten wirklich im Glauben gehandelt haben, die Res Publica zu schützen. Anderen ging es vielleicht nur um Macht. Doch bewirkten sie damit nur, dass die Res Publica endgültig zerbrach und Bürgerkriege ausbrachen. Und jetzt kommen wir zu Divus Augustus. Er, und nur er, Adoptivsohn Iulius Caesars, hatte es geschafft, die Bürgerkriege zu beenden, die Res Publica wiederherzustellen und ein goldenes Zeitalter des Friedens zu schaffen. Ohne diesen schicksalshaften Moment der Geschichte hier im Porticus Pompeia hätte die instabile Res Publica womöglich noch länger bestanden und wäre in viel schlimmeren Bürgerkriegen untergegangen. Vielleicht wäre dann jemand anderes als Sieger hervorgegangen, der die Res Publica nicht wiederhergestellt hätte. Doch zum Glück wurde alles so gefügt, dass wir eine stabile, modernisierte und bessere Res Publica erhalten haben. Dieser Ort hier war der Anfang der Transformation in diesen modernen Staat. Bedauerlicherweise wurde dafür das Blut des Divus Iulius vergossen."

    Ich musste lächeln, als die Begeisterung mit Stilo durchging und ihm dann erst in den Sinn kam, nach meinen Verwandten zu fragen. In Alexandria war ich nicht viel anders. Nur, dass meine Abenteuer eher in der Bibliothek anzusiedeln waren.


    "Meine Mutter scheint verletzt zu sein und bedarf der Pflege, aber lebensbedrohlich scheint es nicht zu sein. Meine Schwester sollte eigentlich ihren Verlobten heiraten, doch leider ist er vor der Hochzeit verstorben. Deshalb ist sie bei Mutter geblieben. Aber so weit scheint es meiner Schwester gut zu gehen. Ich mache mir eher Sorgen um die armen Bewohner von Mogontiacum, nun schutzlos meiner Schwester ausgesetzt zu sein."


    Lachend hob ich meinen Becher und nahm einen Schluck.


    Meine Portion neigte sich ihrem Ende und auch bei Stilo leerte sich der Teller.


    "Ich denke, dass wir gleich am Theater des Pompeius vorbei in Richtung Capitolinus gehen und weiter zum Forum Romanum. Was meinst du?"

    Commentarius de Bona Fide, Mala Fide et Dolo Malo

    Auli Iunii Taciti



    Praefatio


    In der juristischen Arbeit begegnen einem immer wieder die Begriffe des guten Glaubens (Bona Fides), des bösen Glaubens (Mala Fides) und der arglistigen Täuschung (Dolus Malus). So kann eine Ersitzung beispielsweise nur in gutem Glauben erfolgen, da andernfalls die Voraussetzungen der Ersitzung nicht erfüllt sind, wozu man gerne auch in meinem Commentarius de Usucapione, Kapitel III, Absätze 12 und 13 nachlesen kann. Auch sei darauf hingewiesen, dass nach der Lex Iulia et Papia derjenige seinen Stand im Ordo Senatorius verliert, der mit einer Frau verheiratet ist, die den Eheverboten der Senatoren unterliegt, und dies wissentlich und in arglistiger Täuschung der Öffentlichkeit vorenthält. Ganz grundsätzlich haben auch sämtliche Rechtsgeschäfte in gutem Glauben und ohne arglistige Täuschung zu erfolgen.


    Bereits an dieser Stelle wird dem verständigen Leser klar sein, dass ein Verständnis der Begriffe „Bona Fides“, „Mala Fides“ und „Dolus Malus“ von großer Bedeutung ist. Dieser Kommentar soll dazu dienen, hier Klarheit zu schaffen. Hierzu werde ich in einer mir didaktisch sinnvoll erscheinenden Reihenfolge vorgehen. Zunächst erkläre ich den Dolus Malus, um anschließend die Bona Fides und abschließend die Mala Fides zu erklären. Am Ende werde ich mich zu den Rechtswirkungen dieser Begriffe äußern.



    Dolus Malus


    Bereits der Begriff des Dolus Malus zeigt zwei Merkmale auf, die erfüllt sein müssen. Der Begriff „Dolus“ zeigt, dass man sein Gegenüber täuschen muss. Diese Täuschung kann grundsätzlich in diverser Hinsicht sein. Bei den Rechtsgeschäften geht es hier typischerweise um eine Täuschung bezüglich der Eigenschaften einer Sache. Eine genaue Definition einer Sache würde im Rahmen dieses Kommentars zu weit gehen, daher sei an dieser Stelle auf die Institutiones des Tiberius Valerius Flaccus, Liber Secundus, Subpars I, verwiesen.


    Eigenschaften einer Sache sind in ihr selbst innewohnende Merkmale oder Besonderheiten, die untrennbar damit verbunden sind.


    Beispielsweise sind die Eigenschaften eines Sklaven, dass dieser ein Mensch ist, rechtswirksam versklavt ist und grundsätzlich zur Verrichtung von Arbeiten befähigt ist. Hieraus lässt sich ferner ableiten, dass er gesund sein sollte, aber auch verständig. Darüber hinaus können weitere, spezielle Eigenschaften gefordert sein. So soll ein Sklave, der als Hauslehrer gekauft werden soll, über eine gute Bildung verfügen, während ein Feldsklave vor allem kräftig zu sein hat. Liegt eine der Eigenschaften nicht vor und der Käufer wurde darüber nicht informiert, so liegt Dolus vor.


    Ein anderes Beispiel wäre eine Frau, die eine Mann aus dem Ordo Senatorius heiratet, jedoch diesem verschweigt, dass ihre Eltern Schauspieler sind. Auch hier würde Dolus vorliegen.


    Auch der Abschluss eines Kreditgeschäfts kann dem Dolus unterliegen, wenn der Schuldner falsche Angaben über seine Vermögensverhältnisse macht.


    Sehr viel einfacher sind Beispiele alltäglicher Sachen. So wäre es Dolus, wenn ein Silberlöffel verkauft würde, der aber in Wirklichkeit nur aus versilberter Bronze besteht, sofern auf diese Eigenschaft nicht hingewiesen wurde.


    Dolus liegt also immer dann vor, wenn die geforderten oder berechtigt zu erwartenden Eigenschaften einer Sache nicht den real existierenden Eigenschaften dieser Sache bestehen und die Sache Gegenstand eines Rechtsgeschäfts wurde.


    Die Forderung, dass die Sache Gegenstand eines Rechtsgeschäfts wurde, ist trivial. Denn wenn die Sache nicht Gegenstand eines Rechtsgeschäfts wurde, war sie schon immer im Besitz desjenigen, der sie verwendet. Da man sich über seine eigenen Sachen aber gewiss sein sollte, müsste man sich selbst täuschen. Das kann aber zumindest dann nicht der Fall sein, wenn man der Erschaffer der Sache ist.


    Nun besteht der Dolus Malus aber nicht nur aus dem Begriff des „Dolus“, sondern auch aus dem des „Malus“. Wie der Begriff des „Malus“ klar darstellt, bedarf es bei der arglistigen Täuschung also eines Grades an Bösartigkeit des Täuschenden. Das bedeutet, dass jemand, der sich eines Mangels an Eigenschaften der Sache nicht bewusst ist, auch nicht des Dolus Malus schuldig machen kann.


    Auch hier helfen wieder Beispiele. Nehmen wir den zuvor genannten Sklaven. Angenommen, dieser leide an einer Krankheit, die weder im Alltag, noch durch sorgfältige medizinische Untersuchung feststellbar ist. Dann wäre diese Krankheit zwar ein Mangel, jedoch würde das Bewusstsein über diesen Mangel fehlen. Auch im Beispiel der Ehefrau wird klar, dass sie nicht arglistig täuschen kann, wenn ihr nicht bewusst ist, dass ihre Eltern der Schauspielerei nachgehen. Der Schuldner, der sich bei der Übersicht über seine Vermögensverhältnisse einem Irrtum unterliegt, kann ebenfalls nicht arglistig täuschen. Und auch dann, wenn man nicht wusste, dass der Silberlöffel, den man verkauft, nur versilbert ist, wird einem nur schwerlich eigene Bösartigkeit attestiert werden können.


    Nun könnte man davon ausgehen, dass man durch Unwissen generell davor geschützt wäre, des Dolus Malus schuldig zu sein. Dem ist aber nicht so. Denn es gibt auch die Pflicht, sich über die Eigenschaften seiner Sachen zu informieren. Diese Pflicht ist nicht umfassend, aber zumindest im Bereich des vertretbar Möglichen zu sehen. Bei vorsätzlicher Verletzung der Pflicht handelt man Dolo Malo, bei fahrlässiger Verletzung hingegen nicht.


    Auch hier mögen Beispiele beim Verständnis helfen. Wenn ein Sklave, der als Hauslehrer eingesetzt werden soll, kein Griechisch spricht, sollte das dem Sklavenhändler auffallen. Spricht der Sklavenhändler selbst kein Griechisch, so hat er zumindest einen des Griechischen mächtigen Gutachter anzufordern. Versäumt er dieses, weil er die Kosten des Gutachters scheut, so handelt er Dolo Malo.


    Auch die zuvor genannte Ehefrau sollte wissen, ob ihre Eltern als Schauspieler auftreten. Denn es ist nur schwer vorstellbar, dass heiratsfähige Kinder solche wichtigen Dinge von ihren Eltern nicht erfahren oder wenigstens auf Nachfrage erfahren können. Sie hat also ihre Eltern zu fragen. Antworten die Eltern vorsätzlich falsch, so handeln diese Dolo Malo, nicht jedoch die Ehefrau.


    Ein Schuldner hat seine Vermögensverhältnisse ordentlich zu dokumentieren. Also darf sich ein Mangel in der Darstellung nur auf solche Dinge erstrecken, die nur schwer oder gar nicht bei der Prüfung des Vermögens erkennbar sind. Wird absichtlich nur oberflächlich oder gar nicht geprüft, so liegt Dolus Malus vor.


    Der Maßstab bei der Pflicht, Eigenschaften kennen zu müssen, ist das, was ein durchschnittlicher Römer, der ein ähnliches Rechtsgeschäft abschließt, machen würde, um sich der Eigenschaften einer Sache zu vergewissern. Wie genau dieser Maßstab aussieht, muss im konkreten Einzelfall geklärt werden. Oft gelingt das nur vor den Gerichten.


    Dolus Malus liegt also dann vor, wenn eine Sache Gegenstand eines Rechtsgeschäfts wurde und der Veräußerer der Sache den Erwerber über die Eigenschaften der Sache getäuscht hatte, obwohl er den Mangel kannte oder kennen musste und die Unkenntnis auf Vorsatz beruht.


    Diebesgut und Raubgut gilt nach Tabula VIII, Lex XII Tabularum, nicht ersitzen. Doch liegt dieser Regelung die generelle Regelung des Mos Maiorum zu Grunde, dass Diebes- und Raubgut niemals ehrlich erworben wurde und deshalb stets nur in Dolo Malo veräußert werden kann.



    Bona Fides


    Auch bei der Bona Fides zeigt sich am Begriff, dass zwei grundsätzliche Eigenschaften erfüllt sein müssen. Zunächst ist hier das subjektive Element der „Fides“. Dieses bedeutet, dass man als kein umfassendes Wissen zu einer Sache hat, so dass man sich darauf verlassen muss, dass die Sache bestimmte Eigenschaften hat. Man muss also darauf vertrauen, dass der Mangel an umfassendem eigenem Wissen um Eigenschaften durch das Wissen des Veräußerers ergänzt wird.


    Ein einfaches Beispiel sei der Kauf eines Schiffs. Man geht davon aus, dass dieses seetauglich sei. Jedoch kann man nicht vor dem Kauf eine mehrtägige Probefahrt machen. Stattdessen kann man sich selbst vom Augenschein überzeugen, muss aber bezüglich der restlichen Unsicherheit mangels Probefahrt darauf vertrauen, dass das Schiff auch längere Strecken auf See übersteht. Selbst dann, wenn man eine Probefahrt übernimmt, kann man doch nur die Eigenschaften des Schiffs unter den Bedingungen der Probefahrt erkennen und muss die Eigenschaften unter anderen Bedingungen annehmen oder dem Veräußerer glauben.


    Doch genügt Fides alleine nicht. Vielmehr ist es notwendig, den Aussagen der Veräußerers auch berechtigt glauben zu können. Hier kommt der Begriff „Bona“ ins Spiel. Den „Bona“ bedeutet hier, dass man darauf vertrauen darf, dass der Veräußerer Gutes im Schilde führt. Man darf also berechtigt annehmen, dass kein Dolus Malus in Bezug auf die Sache vorliegt.


    Bona Fides beutet also, dass man darauf vertrauen kann, alle relevanten Informationen zu einer Sache zu erhalten. Ein arglistiges oder fahrlässiges Verschweigen von Mängeln der Sache darf nicht vermutet werden.


    Ganz grundsätzlich wird bei allen Rechtsgeschäften darauf abzustellen sein, dass diese in Bona Fide abgeschlossen werden. Weder muss der Erwerber damit rechnen, dass die Sache nicht über die berechtigt erwartbaren oder explizit geforderten Eigenschaften verfügt, noch muss der Veräußerer damit rechnen, dass man das vereinbarte Entgelt nicht entrichten kann. Hier greift die grundsätzliche Vorstellung der Gemeinschaft als auf ein gemeinsames Vorankommen ausgerichteter Versammlung von Menschen. Diese Vorstellung ist so unmittelbar im Mos Maiorum verwirklicht und auch sämtliche Gesetze zielen auf die Verwirklichung dieser Gemeinschaft ab.



    Mala Fides


    Die Mala Fides lässt sich aus Bona Fides und Dolus Malus ableiten. Sie liegt dann vor, wenn man berechtigt damit rechnen muss, arglistig getäuscht zu werden oder man sich der Existenz eines Mangels bewusst ist.


    Ein sehr einfaches Beispiel liegt im Erwerb von Sachen von einem bekannten Dieb. Dann kann man sich nicht mehr auf Bona Fides berufen, da man ja weiß, dass es sich um einen Dieb handelt. Entsprechend darf man dann auch nicht glauben, dass die Sachen, die der Dieb anbietet, nicht gestohlen sind. Vielmehr muss man mit Diebesgut rechnen. Man kann also nur bösgläubig erwerben.


    Ein etwas weniger einfaches Beispiel liegt vor, wenn man beispielsweise eine Insula erwirbt und erkennt, dass diese baufällig ist. Der Veräußerer handelt prinzipiell Dolo Malo, weil er den Mangel kennen müsste und vorsätzlich verschweigt, könnte aber auch fahrlässig den Mangel nicht kennen. Andererseits weiß man selbst um den Mangel. Dann kann man nur noch bösgläubig erwerben und muss die Konsequenzen des Mangels tragen.



    Rechtsfolgen


    Rechtsgeschäfte werden grundsätzlich gutgläubig (in bona fide) abgeschlossen. Das bedeutet, dass Erwerber und Veräußerer an das Geschäft gebunden sind. Eine Rückabwicklung des Geschäfts ist ebenso ausgeschlossen, wie eine Forderung nach Schadensersatz, so lange Gesetze oder Gerichte nichts anderes festlegen.


    Wenn eine Partei in einem Rechtsgeschäft die andere Partei arglistig täuscht (dolo malo), dann erhält die getäuschte Partei ein Recht auf Ersatz des entstandenen Schadens und kann das Geschäft als nichtig erklären. Nichtigkeit bedeutet, dass einerseits die Sache zurückgegeben wird, andererseits aber auch die gewährte Gegenleistung zurückzugeben ist. Wenn dennoch ein Schaden bleibt, so kann zusätzlich Schadensersatz gefordert werden. Die geschädigte Partei soll nach dem Geschäft nicht schlechter dastehen als zuvor.


    Auch bei fahrlässiger Täuschung entsteht ein recht auf Schadensersatz. Die Nichtigkeit des Geschäfts könnte entfallen, weil man nicht vorsätzlich geschädigt wurde. Allerdings kann es sein, dass der Mangel so gravierend ist, dass ein Gesetz oder Gericht die Nichtigkeit anerkennt.


    Ein Rechtsgeschäft wird aber nicht nichtig, wenn der Erwerber oder sonstwie Begünstigte sich des Mangels bewusst war oder bewusst sein musste. Denn dann hat er bösgläubig (in Mala Fide) erworben. Dadurch entfällt aber der Schutz, den der gutgläubig Erwerbende durch unser Recht erhält. Denn unser Recht setzt auch auf die Verantwortung des Einzelnen für seine Taten. Wenn man sich aber eines Mangels bewusst ist, und dennoch das Rechtsgeschäft abschließt, so ist das eine eigene, bewusste Entscheidung. Diese führt, so lange Gesetze oder Gerichte nichts anderes festlegen, zur Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts.


    Ob Mala Fides vorliegt, wird oft Gegenstand komplexer Untersuchungen vor Gericht und ohne die Anhörung von Zeugen häufig nicht zu klären sein. Im Sinne der Rechtssicherheit wird grundsätzlich immer von Bona Fides ausgegangen werden und Mala Fides durch die Partei, der Täuschung vorgeworfen wird, zu beweisen sein.