Ich hörte mir die Aussage an. Die Schatulle lag also nicht vor. Und der Rest waren nur Vermutungen, also nichts Belastbares. Bis auf eine Sache.
"Praetor, auf Grund des Geständnisses dieses Mannes erstatte ich Anzeige auf Grund des Verstoßes gegen Paragraph 114 Codex Iuridicialis in Tateinheit mit Paragraph 82 Codex Iuridicialis. Da er aber freimütig seine Verfehlung eingestanden hat, sollte lediglich die niedrigst mögliche Geldstrafe verhängt werden. Jedoch sollte in einem gesonderten Verfahren hierüber geurteilt werden."
Kurz wandte ich mich an Gideon.
"Ich bedaure, aber ich habe hier im Sinne der Rechtspflege keine Wahl. Es ist nicht persönlich und ich hoffe, dass es keine negativen Auswirkungen auf deine Anstellung in der Münzprägeanstalt haben wird."
Nach einem aufmunternden Lächeln wandte ich mich an den Praetor.
"Der Rest der Aussage hat leider wenig Erhellendes zu Tage gebracht. Dass die Subura keine gehobene Gegend ist, ist hinreichend bekannt. Religiöse Praktiken spielen keine Bedeutung, zumal die Hebräer mit ihrem eklatanten Mangel an Göttern hier sicher strengere Maßstäbe anlegen als der Rest der zivilisierten Welt. Es handelt sich also um eine subjektive Meinungsäußerung des Zeugen, die ihm durchaus zusteht. Nur leider bringt es keine Erkenntnis zu diesem Fall. Was die Schatulle anbetrifft, so stelle ich fest, dass diese nicht vorliegt und deshalb kein Beweismittel darstellt. Die Namensliste eines Lupanars wird einen Querschnitt durch unsere Gesellschaft darstellen, so wie bei jenen Einrichtungen oft üblich. Sollte diese als Liste von Verdächtigen für den Praetor als Beweismittel in Frage kommen, so bitte ich den Praetor darum, die Wohnstätten sämtlicher auf dieser Liste vorhandenen Namen zu veranlassen. Man sollte niemanden von vornherein ausschließen."
Natürlich wäre das politischer Selbstmord, so dass ich bezweifelte, dass der Praetor zu dieser Maßnahme griff. Würde er es doch machen, so hatte ich damit auch kein Problem. Es würde vielleicht Erkenntnisse bringen. Sicher war nur, dass es nicht nur meinen Mandanten, sondern die meisten Lupanare in Rom ruinieren würde.
"Ob es sich bei meinem Mandanten um einen Verteiler von Falschgeld handelt, wage ich zu bezweifeln. Mir ist nicht bekannt, dass eine große Menge an Falschgeld vorhanden wäre, noch wurde in irgendeiner Form eine Kenntnis meines Mandanten bewiesen, dass er um die Eigenschaft als Falschgeld wusste und dieses vorsätzlich verteilte. An dieser Stelle sollte nun mein Mandant den Sachverhalt aus seiner Sicht schildern."
Ich wandte mich an Kyriakos und flüsterte. "Sei präzise. Emotionen sind erlaubt, aber keine Wut und kein Hass. Enttäuschung ja, Verwunderung, Verzweiflung, das alles geht."