Die iunischen Sklaven, Amytis, Sporus und ich standen vor dem Lararium. Es war Zeit. An Stelle von Weihrauch hatte ich etwas lignum aloes holen lassen. Mitgebracht hatte ich es von meiner Reise. Dass es teurer war, als Weihrauch, wusste ich. Und das war beabsichtigt. Ich wollte, dass die Götter aufmerksam wurden und gut zuhörten. "Sporus, du wirst mir assistieren. Du kommst einem Verwandten von Terpander am nächsten." Das war der eine Grund, weshalb ich ihm diese Aufgabe erteilte. Der andere Grund war, dass ich hoffte, ihm durch den Fokus auf die Aufgabe etwas Ablenkung zu geben, damit er seine Tränen kontrollieren konnte. Begoas gab daraufhin Sporus die Bronzeschale mit den Holzstückchen, die von schwarzen Tröpfchen durchzogen waren.
Die Opferschale vor dem Lararium enthielt bereits glühende Kohlen, so dass wir beginnen konnten. Ich zog meine Toga über meinen Kopf, so wie es sich für einen Römer gehörte, wenn er zu den Göttern sprach. Ich griff in die Schale mit dem Holz und legte ein Stück davon in die glühenden Kohlen. Kurz darauf stieg ein angenehmer, etwas süßlicher und zugleich auch holziger und fruchtiger Geruch auf. Ich hob die Hände zum Gebet. "Hermes, Bote der Götter. Du bringst die Toten zum Styx und überbringst Botschaften. Falls du es noch nicht getan hast, bitte ich dich, Terpander in seine neue Heimat zu geleiten. Sorge dafür, dass er sicher ankommt und sich nicht verirrt. Und falls ihm seine Münze abhanden gekommen ist, bitte ich dich, ihm eine Münze zu leihen. Ich werde dir deine Unkosten mit einem Aureus erstatten." Mit einer Drehung nach rechts beendete ich das Gebet.
Ich griff ein weiteres Stück Holz und legte es in die Opferschale, wobei ich mich zwangsläufig dem Lararium zuwenden musste. Als es zu rauchen begann, hob ich die Hände erneut zum Gebet. "Persephone, ich bitte dich und deinen Gemahl, Terpander als willkommenen Gast in eurem Heim zu empfangen. Bewirtet ihn und lasst ihm ein gutes Mahl zukommen. Zum Dank will ich euch ein schwarzes Schaf opfern lassen." Wieder drehte ich mich nach rechts, um auch dieses Gebet zu beenden.
Ein neues Stück Holz, ein neues Gebet. "Iustitia, Herrin der Gerechtigkeit. Du hast mich stets geführt. Nun bitte ich dich, leite die drei Totenrichter an, damit sie Terpander Zugang zu den elysischen Feldern gewähren. Ich habe dir bereits viele Opfer dargebracht und du weißt, dass du noch viele wertvolle Opfergaben von mir erhalten wirst. Deshalb weiß ich, dass du mir diese kleine Bitte erfüllen wirst." Kurz sah ich noch die silberne Statuette mit ihrem kupfernen Haar und den smaragdenen Augen an. Ich lächelte sie kurz an, bevor ich mich nach rechts drehte.
Ein letztes Gebet musste noch sein. Diesmal legte ich zwei Stücke Holz in die Opferschale. Ich hob die Hände zum Gebet und sah die Statuette von Apollon an. "Apollon, Herr des Lichts. Dir habe ich reichlich geopfert, mehr, als du es von einem Schüler deines Museions erwarten konntest. In meiner Bilanz steht noch ein Guthaben, möchte ich meinen. Verwende dieses Guthaben nicht für mich, denn ich werde dich auch in Zukunft reichlich bedenken. Verwende dieses Guthaben für Terpander. Sende ihm ein Licht, wenn um ihn herum Finsternis herrscht. Gewähre ihm eine schöne Melodie, wenn er trübsinnig ist. Und beschütze ihn vor den Gefahren der Unterwelt, bis er sicher in den elysischen Feldern weilt." Ein letztes Mal drehte ich mich nach rechts.
Doch diesmal drehte ich mich ganz um und sah die versammelten Sklaven an. Begoas kämpfte mit den Tränen, doch bis auf eine einzige Träne konnte er sie zurückhalten. Ich zog die Toga von meinem Haupt und richtete sie, so gut es ging, bevor ich sprach. "Ihr könnt gleich noch alle ein persönliches Gebet an die Götter richten. Es ist genug Räucherholz da. Aber ich möchte euch vorher noch etwas sagen. Die meisten von euch sind traurig, weil Terpander nicht mehr unter uns weilt und auch nicht mehr zurückkehren wird. Aber warum seid ihr traurig? Weil ihr glaubt, dass er euch in Zukunft fehlen wird. Die Zukunft ist aber für uns alle ungewiss. Die Vergangenheit hingegen ist für immer in unseren Erinnerungen. Wir sollten deshalb nicht trauern. Wir sollten uns lieber freuen, dass wir das große Privileg hatten, Terpander kennen zu dürfen. Wir sollten uns mit Freude an die Zeit erinnern, die wir unseren Lebensweg gemeinsam mit ihm gehen durften. Das ist ein großes Privileg, denn die meisten Menschen kannten ihn nicht. Den allermeisten Menschen wurde diese Ehre nie zuteil. Freut euch also über die gemeinsame Zeit und kümmert euch nicht um die Zukunft. Terpander wird es gut gehen, denn er wird auf den elysischen Feldern weilen." Ich trat einen Schritt zur Seite. "Und nun, wer will, möge zu den Göttern beten."