Beiträge von Claudia Aureliana Deandra

    „Den Pferden ist hoffentlich nichts passiert?“ Besorgt sah ich Assindius an.


    „Ach, und … gibt es hier wilde Tiere?“ Ich hypnotisierte meinen Sklaven fast, weil ich brennend auf die Antwort wartete.

    „Drei Tagesreisen“, murmelte ich. Hm, ob es da sinnvoll war, noch am Nachmittag weiterzureisen? Diese Frage stellte ich mir, während ich in Macers Begleitung das Büro verließ.


    Ein Blick sagte mir, dass Assindius noch vor Ort weilte. Zur Verabschiedung drehte ich mich wieder Macer zu. „Danke für die Auskunft! Ich denke, ich habe gute Pferde. Sie stammen aus meinem Gestüt.“


    Ich lächelte dankbar. Immer wieder fand ich es schön, wenn ich Menschen traf, die um die Bedeutung der Götter wussten. Mir selbst war es nicht immer klar gewesen, jetzt wusste ich um deren Einfluss auf unser aller Leben.


    „Auch dir den Schutz der Götter. Mögen sie dich bei allen deinen Vorhaben wohlwollend begleiten.“

    Ganz in Anlehnung an den Titel ‚Fluchtburg’ ist dieser Thread zunächst vom Forum ‚Historia’ zum Forum ‚Allgemeines’ „geflohen“ und nun sogar wieder zurück. :D ;)


    Zurück zum Ernst. Danke für die Hinweise. Mir ist leider immer noch nicht klar, ob ich mir hinter diesen Palisadenmauern Zelte oder feste Bauten (ich glaube die waren bei den Germanen aus Lehm und Stroh in Fachwerkbauweise) und das wiederum eher in Form einer Siedlung oder in Form eines Militärlagers vorstellen soll.

    Die bildliche Vorstellung dessen reizte mich zum Lachen. Während Macer die Offiziere seiner Legion bei der Ausbildung beobachtete, würden wir uns nebenbei über das Phänomen 'Mann’ bzw. meine Einschätzung dessen unterhalten. Inmitten von Soldaten gar nicht einmal unpassend, wie ich fand.
    Innerlich schüttelte ich über mich selbst den Kopf. Wieder nur Blödsinn in selbigem.


    Kurz senkte ich den Blick, danach sah ich Macer lächelnd an.
    "Gewiss wäre es spannend das Thema zu erörtern und ich komme auch gern wieder in dein Büro. Heute jedoch, spätestens morgen reise ich allerdings erst einmal nach Colonia Claudia Ara Agrippinensium weiter. Ich möchte Florus sprechen. Dabei weiß ich augenblicklich noch nicht einmal in welcher Himmelsrichtung diese Stadt liegt und wie weit sie entfernt ist. Aber das wird sich finden. Ich habe einen gebürtigen Germanen bei mir.
    Auf jeden Fall freue ich mich auf ein Wiedersehen. Ganz gleich, wann es stattfinden wird.“

    Ich ignorierte ebenfalls die Störung, Macers' Worte beschäftigten mich. Vermutlich schaute ich ihn auch etwas verdattert an. Hatte ich zunächst die Konversation genossen und deswegen versucht, sie etwas auszudehnen, wobei ich nicht den Eindruck hatte, dass dies auf Gegenliebe stieß, klangen im Gegensatz dazu seine letzten Worte wie eine Einladung. Aus Männern soll einer schlau werden …


    Ich musste schmunzeln, als ich mich ebenfalls erhob. Eine kecke Entgegnung konnte ich nun nicht mehr vermeiden.
    „Findest du wirklich, dass dein Büro der geeignete Ort wäre, um sich über die Frage zu unterhalten: Was macht einen Mann aus und warum ist das wichtiger als sein äußerer Schein?


    Und ja, ich erwarte darauf eine Antwort.“
    Mein Lächeln verstärkte sich. Die Antwort auf seine Frage musste für den Moment warten.

    „Darum ging es mir, Macer. Um eine Einschätzung deinerseits, wer für einen solchen Posten das erforderliche Potential in sich trägt.“


    Tja, eigentlich waren sie am Ende ihres Gespräches angekommen. Noch wusste ich nicht, ob ich sofort Richtung Colonia Claudia Ara Agrippinensium weiterreisen oder anstatt auf der Strecke die erste Nacht in der Hauptstadt verbringen sollte, aber das würde sich finden.


    „Wenn sich die Gelegenheit ergibt, wäre es sicher interessant und amüsant zugleich, obiges Thema noch einmal aufzugreifen“, sagte ich lächelnd. „Ich kann mir denken, dass du derzeit wenig Sinn für Amüsement und Zeitvertreib hast. Ich werde dich aber daran zu erinnern wissen.
    Wenn du jetzt keine Anliegen an mich hast, die ich unter Umständen in Italia für dich erledigen könnte, will ich dann aufbrechen.“

    Aufmerksam folgte ich Macers Worten. Jeder einzelne Name war mir ein Begriff. Vielleicht mochte das manchen verwundern, aber zum einen besaß ich ein helles Köpfchen und zum anderen bedeutete der Rückzug aus der Politik für mich nicht das Aufhören geistiger Tätigkeit. Berührungspunkte zum Militär gab es seit meiner Kindheit genug. In meine Familie war annähernd jeder militärisch aktiv.


    „Danke zunächst für die umfängliche Auskunft. Es ist nicht weiter tragisch, dass du mir aus Germanien niemand benennen willst oder kannst. Wobei ich nicht weiß, ob du mit Germanien nur die Legio II meinst. Ihr Ruf ist nicht besonders gut, wie man hört. Vielleicht bessert sich das unter deiner Führung, aber so lange kann ich natürlich nicht warten.“


    Kurz ließ ich die gehörten Namen Revue passieren.


    „Marcus Decimus Livianus und Lucius Annaeus Florus sind mir persönlich bekannt. Sie kommen wohl aus dem Grund nicht infrage, weil sie bereits wichtige Kommandos innehaben. Germanicus Corvus und Caecilius Crassus, die beiden sind mir zwar weniger gut bekannt, einschätzen kann ich sie dennoch. Ich habe meine Zweifel, ob sie Rom und den Praetorianern den Rücken kehren würden. Dennoch werde ich wohl das Gespräch mit ihnen suchen. Da geht es einmal anders herum. Sonst sind es die Praetorianer, die Soldaten aus anderen Einheiten abwerben.“


    Ich musste lachen.


    „Lucianus, ein Vinicier, wenn ich nicht irre, der erscheint mir eine gute Wahl. Es bleibt eben abzuwarten, ob derjenige sich mit der Materie der Classis anfreunden kann, den ich je darauf ansprechen werde.


    Tja, der Weg nach Germania hat sich wirklich gelohnt. Auch wenn das Scherzen für meinen Geschmack zu kurz kam. Und um noch einmal auf deine Bemerkung von vorhin einzugehen … Es sollte keine Rolle spielen, ob ein Mann in einer Rüstung, einer Tunika oder einer Toga steckt. Nicht einmal, welche Gesichtszüge er trägt. Entscheidend ist, ob sich wirklich ein Mann unter diesen Hüllen verbirgt oder nur eine Imitation.“


    Zu erläutern, was ich unter Mann und was unter Imitation verstand, würde wohl zu weit führen. Außerdem nahm ich an, dass sich Macer dafür bestimmt nicht interessieren würde.

    Ich überlegte, ob ich mir den Kopf gestoßen hatte oder die Kutsche wirklich schief stand. Nach Halt suchend, balancierte ich mich nach draußen.


    „Ich hoffe, du meinst mit „wir“ jetzt nicht mich“, sagte ich beiläufig, während ich versuchte, mir selbst einen Überblick zu verschaffen.


    „Wie lange wird das dauern? Ich denke gerade mit Grauen daran, hier übernachten zu müssen.“

    Lange war ich in Gedanken versunken. Die Unterhaltung mit Macer beschäftigte mich. Irgendwann bemerkte ich aber, wie ungewöhnlich schweigsam Assindius war. War er es, das schreckliche Klima hier im Norden oder meine eigene teilweise bedrückte Stimmung? Ich blickte ihn schweigend an. War er doch der einzig Vertraute hier für mich. Ein Sklave als Vertrauter? Du meine Güte, wohin hat sich nur alles entwickelt? Sind wirklich die einfachen Menschen die aufrechteren? Haben Einfluss und Macht die anderen verdorben? Wieder blickte ich aus dem Fenster und wieder hing ich meinen Gedanken nach.


    Plötzlich krachte es furchtbar im Gebälk und ich wurde nach vorne geschleudert.


    „Bei den Göttern! Was war das?“, fragte ich mit großen Augen, als ich mich wieder aufgerappelt hatte.

    Im Anschluss an die Gespräche in Mogontiacum machte ich mich in Begleitung meines Sklaven auf den Weg nach Colonia Claudia Ara Agrippinensium. Ich war auf der Suche nach Florus. Irgendwo in der Stadt musste seine Casa stehen. Da sie offenbar noch wenig bekannt war, irrte der Kutscher eine zeitlang ziellos durch die Straßen ...

    „Vielleicht sollte ich zunächst berichten, dass ich bestrebt bin, nach Mantua das verschlafene Misenum zu erwecken. Ich habe überlegt, welcher Schwung dieser Stadt den meisten Auftrieb geben würde und bin zu dem Schluss gekommen, dass es die Classis ist. Meine Frage an dich, Macer, wäre die nach deiner persönlichen Einschätzung eines oder mehrerer Absolventen der Militärakademie, der sich aufgrund seiner Fähigkeiten für einen verantwortungsvollen Posten in der Classis Misenum eignen würde.
    Auch wenn das vor mir noch niemand gemacht hat, beabsichtige ich ein persönliches Gespräch mit eben diesen Absolventen zu führen. Ich würde sie bitten oder ermutigen, eine eventuelle Karriere in der Classis Misenum zu überdenken. Fragen kostet nichts und mit diesem Vorgehen breche ich zwar so annähernd jede Regel, aber da mein Engagement auf rein persönlicher Ebene abläuft, kann niemand behaupten, ich würde mich in Belange mischen, die nur den Kaiser angehen.“

    Nein, über Ernstfälle wollte ich jetzt nicht sprechen.


    „Verernstet nicht verernstelt. ;) Letzteres klingt wiederum zu niedlich.“


    Meine Augen blitzten vor Vergnügen. Das war ja auch alles kein Wunder, wenn man tagelang in einer Reisekutsche eingeschlossen sitzt und erstmalig wieder und dann noch einen geistreichen Gesprächspartner hat.


    Ich atmete einmal tief durch. Lachen kann auch anstrengend sein.
    Nu war es durchaus schwierig, wenn auch nicht unmöglich, wieder zu ernsthafteren Themen zurückzukommen. Die Frage war: Wollte ich das überhaupt?


    „Mein lieber Macer. Ich hatte weniger deine Art im Umgang mit deiner Truppe, als vielmehr die Art jener hochrangigen Soldaten im Umgang mit Frauen gemeint. Aber ich sehe, du hast das Lachen noch nicht gänzlich verlernt.


    Tja, nützt wohl nichts. Ich komme wohl nicht umhin, langsam zur Sache zu kommen, obwohl ich es durchaus genieße, hier so herumzuwitzeln.“

    Mit einer Neigung des Kopfes bedankte ich mich und nahm Platz.


    „Es gibt nichts zu verzeihen, schweif gerne ab, denn auch ich gedenke nicht sofort zur Sache zu kommen.“ :)


    Mit einem spitzbübischen Lächeln sah ich Macer an.


    „Ist es nicht gerade die nette Konversation, die uns die unwirtlichen Wetterverhältnisse in diesem Land vergessen lässt und von innen wärmt? Mir ist bewusst, dass deine Zeit knapp bemessen ist, so wie dir sicher bewusst ist, dass meine Anliegen immer unkonventionelle sind.“


    Wieder musste ich schmunzeln. Mir war klar, dass ich oft für Wirbel sorgte.


    „Bevor ich dich mit meiner Anfrage überrasche, gestatte mir noch eine Frage. Wie kommt es eigentlich? Alle Soldaten, die ich jemals traf, zumindest ab dem Dienstgrad Offizier, waren auf merkwürdige Weise sehr verernstet.“


    Ich schmunzelte über meine Wortkreation, die den Zustand jedoch treffend beschrieb.


    „Bringt das der Dienst mit sich? Vielleicht die Verantwortung?“

    Ich musste schmunzeln. War es nun eine Stärke oder eine Schwäche der Männer, dass sie oft derart nüchtern und sachlich urteilten?


    „Dann lass uns darauf einigen, dass dein Fortgang ein Verlust für mich ist und DAS, Soldat, kannst du nicht widerlegen.“
    Immer noch leise lachend, sah ich mich nach einer Sitzgelegenheit um.


    „Du hast nach dem Grund meines Besuches gefragt. Ich nehme an, dir würde nicht reichen, wenn ich behaupte: Ich wollte dich einfach einmal besuchen.“


    Nun, ja. Der Anflug von Bestürzung war fort, die gute Laune zurück. Da war der Schalk nicht weit, zumindest bei mir.

    „Siehst du, Macer – ich nenne dich jetzt einfach so und du weißt hoffentlich, dass es kein Zeichen von Unhöflichkeit ist – genau das habe ich mich die letzten Tage gefragt.“


    Kurz schaute ich zum Fenster, obwohl ich nicht aufnahm, was ich dort sah. Es war ein Moment des gedanklichen Sammelns, bevor ich Macer erneut anblickte.


    „Ich habe in meine Gebete und die Bitten an die Götter in letzter Zeit nur meine Familie einbezogen, dabei Mantua und deine Bedeutung für diese Stadt vollkommen vergessen. Und weißt du“, ich schaute erneut für einen Augenblick zur Seite, „es ist der Lauf der Dinge, dass den Menschen oft erst nach einem Verlust die Bedeutung eines anderen klar wird. Ich hatte angenommen, du und Mantua – das ist untrennbar! Wie leichtsinnig, mich darauf zu verlassen“, fügte ich leise an.


    Verwunderung und noch immer etwas Bestürzung drückte mein Gesicht aus. Es gab zwei Gründe, weswegen ich einst Mantua als Stadt für die Traditionalisten erwählte. Einer davon war Macer. Natürlich wusste er das nicht.

    Zitat

    Original von Assindius
    "Ich warte draußen, Herrin!"


    Bereits im Gehen erwiderte ich meinem Sklaven: „Ja, Assindius. Ich bitte darum.“
    "Bitten" brauchte ich ihn eigentlich nicht, aber hier war das was anderes und zwar aus zweierlei Gründen. Einerseits wollte und brauchte ich seine Anwesenheit bei der Unterredung mit Macer nicht. Andererseits sollte er sich aber auch nicht von der Stelle rühren. Ich war auf seine Hilfe in diesem fremden Land angewiesen.


    Beruhigt verließ ich das Vorzimmer. Seine nachfolgende Bemerkung hörte ich bereits nicht mehr. ;)

    Alles in diesem Landstrich wirkte dunkel auf mich - selbst diese Räume. Ich war gespannt, ob diese Atmosphäre bereits auf Macers Gemüt übergegriffen hatte. Mit dem mir eigenen Lächeln betrat ich sein Arbeitszimmer.


    „Salve, Purgitius Macer.“ Ich freute mich, ihn zu sehen. „Wenn mir vor Wochen jemand gesagt hätte, dass ich bis nach Germania reisen muss, um dich zu treffen, hätte ich ihn ausgelacht.“

    Na, das war doch mal eine gute Nachricht. Erfreut lächelte ich den Scriba an.


    „Natürlich, mein Name.“ Kein Wunder, dass man durch den Wind ist in diesem unwirtlichen Land. Hoffentlich hatte ich meine Gedanken bei dem bevorstehenden Gespräch zusammen. „Du kannst Aurelia Deandra melden.“


    Gespannt, ob wohl die Regia in Germanien ähnlich ausgestattet war wie in Italia, folgte ich dem Scriba.