Mir fehlten die Worte für eine einigermaßen erträgliche Erklärung, denn nichts konnte die Tatsache seines Freitodes beschönigen.
Stillschweigend nahm ich ihre Hand und führte sie in das Zimmer des Antoninus.
Mir fehlten die Worte für eine einigermaßen erträgliche Erklärung, denn nichts konnte die Tatsache seines Freitodes beschönigen.
Stillschweigend nahm ich ihre Hand und führte sie in das Zimmer des Antoninus.
"Deandra..."
Es hatte keinen Sinn, sie über die Vorkommnisse im Unklaren zu lassen.
Mit ernster Miene sah ich sie an.
Sowohl Varus als auch Sarmaticus kannten Antoninus kaum. Wie jedoch würden die anderen auf diese Nachricht reagieren? Das fragte ich mich insgeheim.
"Mein Name ist Tiberius Cadior. Ich bin der Familie der Aurelier seit Jahren eng verbunden und Vertrauter der Aurelia Deandra", antwortete ich Aurelius Varus.
"Entschuldige meine überstürzte und unhöfliche Handlung soeben. Es hatte seinen Grund."
Dann wandt ich mich Sarmaticus zu.
"Deandra ist glücklicherweise im Moment nicht zugegen, weswegen ich die Situation nutzen möchte, um eine traurige Botschaft zu verkünden. Deandra erfährt diese noch früh genug. Sie wird betroffen sein, so viel steht fest."
Ich machte eine Pause, um mich zu sammeln. Die Neuigkeit, welche ich zu überbringen hatte, war denkbar schlecht geeignet, ein Familientreffen zu beleben.
"Die Familie verlor heute ein Mitglied aus ihren Reihen. Es war der Wunsch des Antoninus, dass ich ihn auf seine Reise zu den Göttern vorbereite."
Salve Fremder,
ich hörte nicht, wer du seist. Wie war noch mal dein Name?
Ich trat aus der Tür und wäre fast mit jemandem zusammengestoßen.
Geistesgegenwärtig griff ich den mir Fremden beim Arm und zog ihn mit mir fort. Wir betraten gemeinsam den Speiseraum.
Mehrere Augenblicke schaute ich Antoninus an, sah aber nichts als Entschlossenheit in seinem Gesicht. Schweigend nahm ich das Messer entgegen und legte es behutsam auf einen nebenstehenden Tisch.
Ich besorgte mir Binden, einige an der Zahl, und band mit diesen seine Armbeugen und Kniegelenke ab. Jede Unsauberkeit im Schnitt würde den ungehinderten Ablauf des Blutes stören und damit den Tod hinauszögern oder gar verhindern.
Ein letzter Blick, dann setzte ich die scharfe Klinge an. Leicht durchtrennte sie Fleisch und Vene des linken Armgelenks. Blut sickerte aus... und Antoninus zeigte keinerlei Reaktion.
Nachdem auch ein sauberer Längsschnitt die Vene der rechten Armbeuge eröffnet hatte, schnitt ich beide Venen der Kniegelenke auf. Mit dem Lösen der Binden trat das Blut gleichmäßig aus dem Körper aus.
"Grüße die Götter, deine und meine, wenn du bei ihnen bist."
Dann verließ ich den Raum.
"War das dein Auftrag, für den ich bei meinem Glauben an die germanischen Götter schwor?"
Mit unbewegtem Gesicht, aber innerlich mehr als überrascht, fragte ich das den vor mir sitzenden Antoninus.
Ich kniff iritiert meine Augen zusammen. Was sollte dieser unsinnige Wunsch?
Antoninus war mir außerdem nicht weisungsbefugt. Niemand war das mehr. Ich war frei.
Ich überlegte: Auf der einen Seite stand meine Abneigung gegen Anweisungen, auf der anderen die Tatsache, dass Antoninus nur eine Bitte geäußert hatte, wenn auch eine absonderliche.
Nach endlos scheinenden Augenblicken ging in dann doch mit einem Stuhl zum Fenster. Mit gerunzelten Brauen blieb ich abwartend stehen.
"Sicher! Vibullius ist ein Freund der Familie geworden oder zumindest ein Freund von Deandra", schränkte ich sicherheitshalber ein.
"Bei den Manen der Aurelier kann ich schwören, denn der Familie fühle ich mich eng verbunden. Eine Herrin jedoch habe ich nicht."
Verwunbdert blickte ich auf den selten gesehenen Antoninus. Ernst erschien mir sein Anliegen, deswegen fügte ich noch hinzu:
"Heilig sind mir vor allem die germanischen Götter, wenn dir das Beruhigung ist..."
"Antoninus", begrüßte ich den seltenen Gast und dabei Familienmitglied der Aurelier.
"Deandra ist nicht hier, sie ist gerade auf dem Weg nach Rom. Wenn du jemanden sprechen willst, wirst du warten müssen, denn auch sonst befindet sich niemand außer mir im Haus."
Zurück aus Hispania, reichlich müde von der Reise und der ungewohnten Aufsicht über das Mädchen Parisaa, kam ich völlig erledigt in der Villa an.
Ich stellte die beiden Weinflaschen ab, legte den Brief an Deandra in das Schreibzimmer, übergab Parisaa einer älteren Sklavin und ließ mich auf ein Sofa fallen.
Wenigstens ein paar Augenblicke Ruhe. Die brauchte ich jetzt.
Ich nahm die Sachen in Empfang, nickte nochmals kurz zum Abschied und verließ mit Parisaa die Villa.
Das Wetter war bescheiden, um ehrlich zu sein. Fröstelnd eilten wir zum Hafen.
Mit Parisaa betrat ich erneut den Raum. Es drängte mich zur Heimreise und so erklärte ich ohne Umschweife mein Vorhaben.
"Ich möchte dann sofort aufbrechen, man erwartet mich schon ungeduldig zurück. Dank nochmals für Verpflegung und Hilfe. Einen Gruß an den Pater der Familie. Den Brief überreiche ich umgehend Deandra, sobald ich Ostia erreiche."
Mit einem Blick auf Parisaa bemerkte ich deren dürftige Kleidung.
"Ich benötige noch etwas wärmere Kleidung für Parisaa. Könnte mir jemand die Sachen des Mädchens zusammenpacken und eine Reisepalla für sie bringen?"
"So ist es."
Ich legte meine Hand auf die Schulter der Kleinen, drehte sie um und schob sie sanft vor mir her. Sie blickte zwar etwas verwundert, sträubte sich aber nicht.
Ich folgte der Sklavin, die mich zu einem kleinen Zimmer führte.
Dort blickte ich in ein mir bekanntes Gesicht. Die Schürfwunden waren abgeheilt, doch der Blick war traurig wie vor Wochen. Die kleine Sklavin berührte mein Herz, wie sonst kaum etwas in meinem bisherigen Leben.
"Komm, ich bringe dich zurück nach Ostia, zu deinem Onkel und wenn du Glück hast, zu deinem Herrn."
Auffordernd nickte ich Parisaa zu.
Ich nickte Helena Tiberia kurz zu, hob die beiden Flaschen an und sagte:
"Danke." Anschließend folgte ich der Sklavin.
Ich räusperte mich unauffällig. Noch immer stand ich im Raum mit den beiden Weinflaschen in der Hand. Offenbar hatte mich die Hausherrin bei dem starken Besucherandrang völlig vergessen.
Gern würde ich auch allein auf die Suche nach Parisaa begeben, jedoch wäre das unhöflich gewesen. Also wartete ich ab.
Mit einem leichten Lächeln nahm ich den Brief entgegen. Ich machte nie viele Worte um irgendetwas. Ein Nicken reichte völlig aus, um meine Verlässlichkeit auszudrücken.
Suchend schaute ich mich um. Ich wartete nur noch auf Parisaa.