Beiträge von Maximus Decimianus Verus

    Durch Zufall kam ich genau die Strasse entlang in der auch der junge Mann von gestern aus der Casa Vinicia ging. Ich blieb schon in der Entfernung stehen und blickte ihn entgeistert an. Er hatte eine auffällige Ähnlichkeit mit meinem Herrn, die selben Gesichtszüge, nur um ein paar Jahre jünger, jugendhafter. Konnte es sein? Von einem Sohn des Meridius wusste ich nichts, es schien mir wie ein Zauber, oder eine Laune der Götter. Sollte der gleiche Mann zweimal geboren werden? Gab es sowas? Ich zweifelte stark daran. Dann trat ich näher und sprach den jungen Römer einfach an.


    "Salve, Römer! Darf ich einen Moment stören?"


    Ich war mir nicht sicher, ob es richtig war, was ich tat.

    Ich war auf der Suche nach meiner Unterkunft und betrat aus Versehen den falschen Raum, bemerkte den Irrtum jedoch erst, als ich vor den zwei Sklavinnen stand, die ich zuvor in dem Haus noch nicht gesehen hatte. Zuerst wollte ich sofort wieder umkehren, denn sie schliefen, doch da sie schliefen, dachte ich, würde es nicht eilen. Folglich trat ich näher.


    Die eine schlief friedlich wie ein Lamm, die andere wie eine Göttin. Ihr langes schwarzes Haar hing ihr verklebt im Gesicht, die Luft in dem Raum war auch nicht zum Besten, nichts desto trotz, sie musste eine Göttin sein. Ich öffnete behutsam das kleine Fenster und ließ ein bisschen Luft herein. Mit dem einfallenden Licht sah ich nun auch die Ketten.

    "Autsch!" Der Zusammenprall der beiden Gladiatoren musste auf alle Fälle weh getan haben. Es wunderte mich sowieso, warum Faustus diesen dicken Fleischklops von der Russata nicht schon längst fertig gemacht hatte. Er musste einen schlechten Tag haben und in der Tat ließ die Qualität der Kämpfe merklich nach, wenn man überhaupt von Qualität sprechen konnte. Ich blickte in die Menschenmenge, welche sich so langsam zu langweilen begann und dachte, irgendwie war dieses ganze Rom nur furchtbar krank. Angewidert erhob ich mich und verließ die Arena.

    Ich hatte mich ebenfalls in die Arena begeben und befand mich hinten auf den billigsten Plätzen für Dienstpersonal und die untersten Schichten der Gesellschaft. Es war eine merkwürdig aufgeheizte Stimmung unter den Menschen, die ihren Unmut und ihren Unwillen, den sie gegenüber den Aufständischen empfanden, auf die unterlegenen Gladiatoren übertrugen. Ich war mir sicher, dass es heute so gut wie keine Begnadigungen gab.


    Ich schloss meine Augen und dachte nach. Hatte ich nur unglaubliches Glück gehabt, dass mich Decimus Meridius freigekauft hatte?


    In den kleinen Arenen von Hispania zu überleben war nicht schwer. Doch hier in Rom? Die Laune des Publikums war die eigentliche Macht. Ich vermisste sie jedoch nicht und war froh über Vorkämpfe in den Provinzen nie hinausgekommen zu sein.

    Zitat

    Original von Quintus Decimus Mercator
    "Nein, da ich nun hier bin, kannst du ruhig nach Tarraco zurückkehren. Sag mir bitte nur, wo genau ich Tertia finde. Ich würde sie gerne besuchen. Oder hat sie gesagt, dass sie einmal vorbei kommt?"


    "Sie wohnt jetzt im Haus der Vestalinnen, Herr!
    Ob sie einmal vorbeikommt hat sie nicht gesagt!"

    Zitat

    Original von Quintus Decimus Mercator
    Er stand auf und wartete bis der Sklave das Atrium betrat.


    Ich betrat das Atrium und steuerte auf Decimus Mercator



    zu.


    "Herr, Tertia ist jetzt zu den Vestalinnen gezogen.
    Hast Du noch irgendwelche Anweisungen oder Aufgaben für mich,
    oder soll ich zurück nach Tarraco reisen?"

    Am anderen Tag kam ich wieder in das Zimmer zurück und holte die letzten Sachen meiner Herrin. Irgendwie konnte ich es noch immer nicht glauben. Sie wollte tatsächlich Vestalin werden. Für meinen Geschmack eine Verschwendung an Schönheit und Weiblichkeit. Aber man musste die Römer machen lassen. Doch dass ausgerechnet Tertia...


    Ich konnte mich noch gut an die Zeiten erinnern, als ich mit ihrem Bruder durch die Strassen von Tarraco zog. Wir waren noch Kinder, und während er Senator wurde, wurde ich Sklave. Schicksale konnten unterschiedlicher nicht sein...

    Ich war auf dem Markt unterwegs und hörte mich ein bisschen um. Ich wollte wissen, was an den Gerüchten dran war, dass feindliche Legionen im Süden von Italien gelandet waren. Noch mehr interessierte mich jedoch, ob irgendjemand wusste, ob Rom sicher war. Ich wollte vorbereitet sein, denn zur Not musste ich meine Herrin wohl evakuieren...

    Ich betrat das Zimmer. Die Herrin saß in einem Stuhl und starrte offensichtlich in Gedanken versunken vor sich hin.
    "Herrin..."


    Ich nickte ihr zu.
    "... meine Mission in Rom kommt nicht so recht vorran. Ich denke, dass ich völlig fehl am Platze bin. Ich bin ein Sklave, was soll ich also hier?"


    Ich blickte sie fragend an.
    "Kann ich wenigstens Dir irgendwie zur Hand gehen?"


    "Im übrigen ist heute Mittag diese Beerdigung der Vesuvia Pulchra. Ich denke, es wäre im Sinne von Meridius wenn wir hingehen würden..."

    Merkwürdig kam mir das ganze schon vor. Reiste der Senator bereits wieder ab, obwohl er erst vor kurzem hier zurüclgekehrt war? Ich zuckte mit der Schulter und betrat das Haus um nach meiner Herrin zu sehen. Der Diener an der Türe kannte mich schon aus dem Landhaus und wusste, dass ich zu Livia Decima Tertia gehörte und ließ mich daher passieren.

    Ich beobachtete die beiden Frauen, die Hand in Hand vor dem Feuer standen und nicht von der Seite wichen, bis der letzte Funken erloschen war. Waren sie ihre Schwestern gewesen? Oder ihre Freundinnen? Sie mussten sie sehr geliebt haben, dachte ich, denn sonst würden sie nicht so lange ausharren.


    Ich versuchte die ganze Atmosphäre in mich aufzusaugen, jede Blick in meinem Gedächtnis abzuspeichern, um meinem Herrn alles ausführlich schildern zu können.

    Nachdem die "Befreiung" meines Auftrages bei der Eiche offensichtlich gescheitert war und sich die gesamte Gesellschaft wieder nach Rom begeben hatte, beschloss ich, in der Hauptstadt meine Herrin aufzusuchen und auch Kontakt zu dem Volkstribunen Agrippa herzustellen. Vielleicht hatte ja dieser neue Informationen. Irgendwie kam ich mir hier jedenfalls fehl am Platze vor.

    Ich hielt mich im Hintergrund und sah zu, wie die Flammen die Geliebte meines Herrn verzehrten. Ich hatte sie selbst nicht gekannt, doch sie musste eine große Frau, eine leidenschaftliche Frau gewesen sein. Zumindestens stellte ich sie mir so vor. Wie unerklärlich doch das Schicksal war - Meridius hatte mich nach Rom geschickt um das Leben der einen Frau zu retten. Und nun stand ich hier und war Zeuge des Todes der anderen. Ich schüttelte den Kopf. Gab es so etwas wie Gerechtigkeit in dieser Welt? Und wo waren die Götter der Römer? Wo waren sie, wenn man sie wirklich brauchte?