Ich schaute die Legatin ruhig an:
Sicher, jeder Mann in Rom lacht darüber. Doch eins ist sicher: Die Religion unserer Ahnen überdauerte die Zeiten und jeder, der sich über sie lustig zu machen wagt, indem er glaubt, sich als Mensch über das Gottgebene hinwegsetzen und die überlieferten Riten in seinem Sinne mit einem Federstrich ändern zu können wird die erbarmungslose Strafe für seine Frevel und Schandtaten ereilen.
Seht es als Zeichen so Apoll sprach:
Und ich werde meine Urteile über sie sprechen wegen all ihrer Bosheit, daß sie mich und die anderen Götter verlassen und sich vor den Werken ihrer Hände niedergeworfen haben. Durchstreift die Gassen Roms, seht doch und erkundet und sucht auf ihren Plätzen, ob ihr jemanden findet, ob einer da ist, der Recht übt, der Treue sucht: so will ich ihm vergeben! Und wenn er sagt: So wahr die Götter leben! - so schwören sie darum doch falsch. - Iupiter, sind deine Augen nicht auf die Treue gerichtet? Du hast sie geschlagen, aber es hat sie nicht geschmerzt. Du hast sie aufgerieben, aber sie haben sich geweigert, Zucht anzunehmen. Sie haben ihr Gesicht härter gemacht als Fels, sie haben sich geweigert umzukehren. Iupiter aber sagte: Nur die Geringen sind so; diese handeln töricht, weil sie den Weg der Götter sind, das Recht ihres Gottes, nicht kennen. Ich will doch zu den Großen gehen und mit ihnen reden; denn sie kennen den Weg der Götter, das Recht ihres Gottes. Doch sie haben alle zusammen das Joch zerbrochen, die Stricke zerrissen. Darum schlägt sie ein Löwe aus dem Wald, ein Wolf der Steppen überwältigt sie, ein Leopard lauert an ihren Städten: jeder, der aus ihnen hinausgeht, wird zerrissen. Denn ihre Vergehen sind viele, zahlreich ihre Treulosigkeiten. - Weshalb sollte ich vergeben? Die Söhne Roms haben mich verlassen und schwören bei Nichtgöttern. Obwohl ich sie schwören ließ, haben sie Ehebruch getrieben und laufen scharenweise ins Hurenhaus und liebkosen das Verbotene. Feiste, geile Pferde sind sie; sie wiehern, jeder nach der Frau seines Nächsten. Sollte ich dies nicht heimsuchen? spricht der Apoll. Oder sollte sich meine Seele an einer Nation wie dieser nicht rächen?
Und ihre Häuser werden anderen übereignet, Felder und Frauen ebenfalls. Denn ich strecke meine Hand gegen die Bewohner des Landes aus, spricht der Apoll. Denn von ihrem Kleinsten bis zu ihrem Größten machen sie alle unrechten Gewinn. Und bis zum Priester üben alle Falschheit und sie heilen den Bruch der Tochter meines Volkes oberflächlich und sagen: Friede, Friede! - und da ist doch kein Friede. Sie werden zuschanden, weil sie Greuel verübt haben. Doch sie schämen sich keineswegs, ja, Scham kennen sie nicht. Darum werden sie fallen, wenn alles fällt. Zur Zeit, da ich sie heimsuche, werden sie stürzen, spricht der Apoll und er wird mit den anderen Göttern über sie kommen.
Ich schwieg eine Weile.
Wenn ich in Rom bin, werde ich als Erstes dem Pontifex maximus berichten. Er und das Collegium Quindecimvirii werden alles daran setzen, jeden noch so kleinen Zweifel an den Überlieferungen mit Feuer und Schwert zu tilgen. Ich kann doch auch auf eure Hilfe zählen Legatin im Sinne Roms und eurer Väter?