Beiträge von Ein Praetorianer

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    Ein Lakei, der der Verbindung zwischen der Torwache und der Administratio diente, erschien in der Finanzabteilung und berichtete:
    "Vor dem Tor steht ein Senatorenvilicus, sehr manierlich aber ohne Termin, habt ihr Zeit ihn zwischen rein zu schieben? Hier, er sendet diese Tabula an dem Primicerius..."




    Ad
    Titus Decimus Varenus
    Primicerius a rationibus


    Salve Titus Decimus Varenus,


    ich möchte dich bitten mich zu empfangen. Ich bin im Auftrag des Praetoriers Kaeso Annaeus Modestus hier, um ein Angebot für einen Betrieb zu machen, der sich momentan im Besitz des Pasceolus Imperialis befindet. Falls du momentan keine Zeit für mich hast, würde ich dich bitten mir einen Termin deiner Wahl geben.


    Vale bene,
    Kaeso Annaeanus Apollodorus

    Ein beiderseitiges Verstehen, eine elegant kaschierte Übergabe, ein prüfendes Betasten der Münzen, und das satte Zucken eines Mundwinkels. Unberührt von der Schmeichelei, doch zufrieden mit der Summe, sprach der Wächter gönnerhaft:
    "Dann wollen wir mal sehen was wir für dich tun können, Annaeanus."
    So reibungslos, geradezu tänzerisch leicht wie dies geschehen war, ebenso fließend ging es von da an weiter. Der geschmierte Gardist schickte einen Lakeien los, dieser eilte mit der Tabula geschwind ins Innere des Palastes....





    FDS

    Die Nase des Prätorianers zuckte einmal, als näme ein Hund Witterung auf, dann reckte sie sich zwei Fingerbreit höher in die Luft.
    "Das ist unüblich, Annaeanus." erklärte er schneidend. "Ausgesprochen unüblich. Und auch wenn du eine Tabula abgibst. Wie schnell geht da was schief, auf dem Weg durch die Administratio. Ein Labyrinth ist das. Und die Amtsdiener sind so... nachlässig. Die Herren Beamten so... beschäftigt. Und dann die Zuständigkeiten. Es verzögert sich. Manches geht ganz verloren. Man weiß nie. Ohne Verbindungen. Viele warten schon lange. Sehr lange."
    Ein feines Lächeln spielte um den Mund des Kameraden, der neben ihm, doch stetig weiter geradeaus blickend, das Tor hütete.
    Der Sprecher nahm nun eine etwas kooperativere Miene an und riet:
    "Besser, du versicherst dich von anfang an kundigen Beistandes."
    In einer ganz kleinen und dezenten aber doch eindringlichen Bewegung begann die Spitze seines Zeigefingers über die Kuppe des Daumens zu reiben.






    FDS

    Die kaiserliche Familie war komplett versammelt, und der Kaiser führte die seinen nun gen Rostra. Dessen nicht achtend, scharwenzelten noch immer einige Würdenträger um die Herrscherfamilie herum.
    Die Reihen der Garde formierten sich nun leicht um, und die zwei Centurien, die zuvor wie eine martialische Mauer vor den Stufen des Senates aufgeragt hatten, bewegten sich unter den knappen Kommandos von Tribun und Trecenarius mittig vorwärts. Schaulustige wurden beiseite gedrängt und Raum sowie Sicherheitszone für die kaiserliche Familie geschaffen, sodann schwenkten die Reihen an den Rändern akkurat ein und wandelten sich zu einem die Rostra umschließenden Karree.





    FDS

    "Salve werte Aelia." grüßte ein breitschultriger Wächter, der sich noch gut an die Jahre erinnerte, in denen die Familie der Aelier selbst auf dem Palasthügel residiert hatte. Die Zeiten änderten sich.
    "Dein Besuch ist uns angekündigt. Wenn wir dich und deine Begleitung kurz kontrollieren dürften? Reine Routine."
    Die Sicherheitsvorkehrung waren nun mal streng. Doch um den edlen Damen, die nun sicher wieder in größerer Zahl auf den Palatin strömen würden, nicht allzu sehr zu nahe zu treten, gab es eine kleine Innovation bei der Palastwache. So war es nun eine der Dienerinnen des hohen Hauses, eine vierschrötige Frau, die herbei trat und die Besucherinnen pflichtbewußt auf Waffen kontrollierte. Darauf wurden Aelia Vespa und ihre Sklavin zu den Gemächern der Augusta geleitet.




    Überraschung fuhr in die markigen Züge, als der Miles sich mit einem mal einem Geschöpf gegenüber sah, so viel hübscher als er es erwartet hätte. Ein seltener Anblick war das, hinter diesen Mauern, und fesselte ihn derart, dass er für anderes gerade keinen Blick übrig hatte.
    "Nicht da?" echote er die resoluten Worte, "Aushändigen. Ja."
    Er reichte Beroe eine Tabula, und schärfte ihr ein:
    "Aber nicht vergessen!"
    Noch ein anerkennender Blick für das hübsche Mädchen, dann stapfte er wieder davon.
    Auf der Tabula stand in das Wachs geritzt:



    Salve Centurio A. Iunius Avianus,


    Melde dich bitte ID IUN DCCCLXV A.U.C. zur hora quarta in der Amtsstube des Tribunus Cohortis Praetoriae F. Decimus Serapio.


    Gez. P. Verulanus Vitulus
    Beneficiarius tribuni



    Mit kraftvoll in sich ruhenden Schritten stapfte ein Prätorianersoldat über die Lagerstraße, bog ab zur Behausung des Urbanercenturios Iunius Avianus, wo er mit seinen schwieligen Fingerknöcheln gut vernehmbar an die Türe pochte.
    "Centurio Iunius Avianus?" ertönte die resonante Stimme. "Eine Nachricht."



    [Blockierte Grafik: http://www11.pic-upload.de/02.05.15/lpkh2ywkrefl.jpg| Der Praefectus Praetorio: Sextus Maevius Mussidianus


    Hektisch hatte Maevius die Boten losgeschickt – einen schnellen Läufer hoch zum Palast, und den Tribun Decimus zur Augusta – dann wich er dem Kaiser nicht mehr von der Seite.
    Wie eine Sonnenblume sich nach dem Himmelsgestirn richtet, so postierte Maevius sich stets neben ihm, während dieses öffentlichen Auftrittes, ließ hin und wieder einen schmeichlerischen Kommentar fallen, und sonnte sich genießerisch, mit aalglatter Miene, in der Nähe des Erhabenen. Zu kommandieren überließ er dem Trecenarius. Maevius repräsentierte.




    Ein Palastwächter führte den Besucher vom Tor zur Amtsstube des Primicerius ab epistulis S. Curiatius Falto und meldete ihn schnarrend:
    "Der Lagerpräfekt der Ersten Legion, Iulius Licinus, er kommt persönlich zum Statusbericht!"




    "Salve Präfekt Iulius!" erklang die Antwort. Die Wächter, die vorher durchaus auch aufrecht gestanden hatten, standen nun in Angesicht des Praefectus castrorum noch ein wenig gerader, führten grüßend die Faust zur Brust.
    Nachdem sie ihn auf Waffen kontrolliert hatten, führte einer der Männer ihn hinein in den Palast, um ihn bei der Amtsstube des Primicerius ab epistulis abzuliefern (und später auch wieder hinauszubegleiten.)




    Hoch droben auf den Mauern des Kaiserpalastes standen zwei Gardisten und sahen hinunter auf das Forum Romanum. Der Lärm der jubenden Massen drang von dort wie ein fernes Rauschen an ihre Ohren.
    "Scheint sie haben es endlich geschafft." konstatierte der erste, wobei er nachdenklich an seinem Backenbart zupfte.
    "Hat lange genug gedauert." bemerkte der zweite.
    "Hast du etwa gedacht, Kamerad, die Senatoren machen mal was schnell und einfach wenn es auch sinnlos umständlich und im Tempo einer Schildkröte geht?"
    "Hast ja recht, Kamerad."
    "Parturient montes, nascetur ridiculus mus."
    "Häh?"
    "Sieh mal." machte der erste den zweiten auf einen schwarzen Fleck aufmerksam, der rasant den Hügel hinaufstürmte.
    "Jetzt werden wir erfahren wer es ist. Was glaubst du? Ich hab einen Wochensold auf den Aquilier gewettet."
    "Hauptsache wir haben wieder einen. Ich bin es leid einen leeren Palast zu bewachen. Was ist denn bitte ein Kaiserpalast ohne Kaiser? Ein leeres Gehäuse, ein Ding ohne Zweck, ein Körper ohne Herz, ein Memento des Zerfalls, der inmitten von allem bereits lauert. Da werd ich echt melancholisch von..."
    "Naja, dafür war's entspannt in der letzten Zeit."
    "...entspannt! Was ist denn bitte ein Leibwächter des Kaisers ohne Kaiser? Seines Zweckes beraubt, im sinnentlehrten Ritual des täglichen Dienstes gefangen wie im Räderwerk einer leerlaufenden Mühle..."
    "Halblang, Kamerad! Wir haben doch noch viel mehr Aufgaben. Aufklärung, Spitzelei, staatsfeindliche Tendenzen aufzuspüren und auszumerzen, und Training und Ausbildung, und Depeschendienst..."
    "Aber all das resultiert doch nur aus unserer obersten, edelsten und vordringlichen Aufgabe: den Kaiser zu beschützen. Ohne Kaiser ist das alles so sinnlos..."
    "Kopf hoch. Wir haben ja wieder einen. Und wer auch immer das Rennen gemacht hat... er wird besser sein als der letzte und wir werden gut auf ihn aufpassen."
    "Auf seine Vorgänger haben wir auch gut aufgepasst. Du entsinnst dich vielleicht: Partherpfeil. Giftnachtisch. Putsch. Und der sogenannte "Herzanfall". Das Schicksal ist ein mieser Verräter."
    "Griesgram. Ich sage dir: der hier wird uns alle überleben."
    "Dein Wort in der Götter Ohren."


    Sie verstummten und blickten zum Haupttor. Denn da hindurch sprintete soeben der ausgesandte prätorianische Bote in den Palasthof, krebsrot im Gesicht und rief keuchend:
    "Wir haben einen Kaiser! Der Senat hat gewählt! Den Tiberius Aquilius Severus, den Bezwinger der Dacier! Tiberius Aquilius Severus ist der neue Kaiser. Er zeigt sich jetzt dem Volk, dann kommt er hierher!"
    Der Bote schnappte nach Luft, und die Neuigkeit raste, wie ein fiebrige Aktivität entfachendes Lauffeuer, über die Höfe und Prachtbauten, durch Korridore und Treppenfluchten, Säulenhallen und Galerien, über schmale Stiegen und durch Dienstbotengänge bis in die muffigsten Archive und tiefsten Eingeweide des Palastes, zu Prätorianern und Procuratoren, Beamten und Kammerdienern, Küchenklaven und Stallburschen bis auch der allerletzte Bescheid wußte:
    Der Kaiser kommt!



    [Blockierte Grafik: http://www11.pic-upload.de/02.05.15/lpkh2ywkrefl.jpg| Der Praefectus Praetorio: Sextus Maevius Mussidianus


    "Zu gütig, zu gütig, mein Kaiser!" tönte es aus dem Munde Maevius', begleitet von einem weiteren Schwall des säuerlichen Hauchs.
    "Aber ja, es ist... - einen Augenblick, mit Verlaub, mein Kaiser..." Er huschte zum Eingang der Curia und spähte nach draussen, denn er war nicht unbedingt im Bilde, um diesen ganzen Wachdienst- und Aufmarsch-Kram da draussen hatte sich ja der Tribun gekümmert und Maevius hatte ihm die lästige Arbeit gerne überlassen.
    "Es ist alles bereit! Atemlos harren meine tapferen Männer deines Erscheinens." verkündete er dem Imperator dann stolz. Und zum Thema Boten schwadronierte er:
    "Jawohl, mein erhabener Kaiser, es wird sogleich alles so geschehen wie du es zu wünschen geruhst, auf dass die Freudenbotschaft in Windeseile überbracht wird!"
    Sowohl zum Palast als auch zur künftigen Augusta.



    FDS